Nachbar surft mit? So gefährlich kann geteiltes WLAN wirklich werden!

Nachbar nutzt WLAN mit – ab wann wird's problematisch?
Zuletzt aktualisiert: 22.10.2025
🔹 Worum es heute geht: Die rechtlichen und praktischen Fallstricke beim Teilen des WLAN-Anschlusses mit Nachbarn und wie man sich absichert.
🔹 Was wir gelernt haben: WLAN-Sharing kann rechtlich heikel werden, aber mit den richtigen Vorkehrungen lässt sich das Risiko minimieren.
🔹 Was Leser:innen davon haben: Konkrete Tipps zur technischen Absicherung und rechtlichen Gestaltung nachbarschaftlicher WLAN-Nutzung.
Es begann alles mit einem Klingeln an der Tür. „Entschuldigung, könntest du mir kurz dein WLAN-Passwort geben? Mein Internet ist ausgefallen und ich muss dringend was für die Arbeit fertig machen." Das war mein Nachbar Felix aus der Wohnung über mir, sichtlich gestresst und mit Laptop unterm Arm. Natürlich half ich gerne aus – wir kannten uns seit Jahren, grillten zusammen im Hof und gossen gegenseitig die Blumen im Urlaub. Was als einmalige Gefälligkeit gedacht war, entwickelte sich über die Monate zu einer Dauerlösung. Bis zu dem Tag, als eine Abmahnung über 950 Euro in meinem Briefkasten lag.
In den ersten Wochen nach Felix' Internet-Ausfall teilten wir ganz unkompliziert mein WLAN. „Ich zahle dir natürlich was dazu", hatte er versprochen und überwies monatlich 15 Euro auf mein Konto. Das schien fair – meine 100-Mbit-Leitung kostete 40 Euro im Monat, und zu zweit reichte die Bandbreite locker aus. Was ich nicht bedacht hatte: Felix' Teenager-Sohn Louis nutzte das WLAN ebenfalls mit. Und während Felix hauptsächlich E-Mails checkte und Videokonferenzen abhielt, lud Louis munter Filme und Serien von dubiosen Streaming-Seiten herunter. Das erfuhr ich allerdings erst, als die Abmahnkanzlei sich meldete.
Später haben wir gemerkt, dass die rechtliche Situation beim WLAN-Sharing deutlich komplexer ist, als wir dachten. Nach dem Telemediengesetz (TMG) bin ich als Anschlussinhaber grundsätzlich nicht mehr für Rechtsverletzungen Dritter haftbar – das regelt § 8 TMG seit der Abschaffung der Störerhaftung im Jahr 2017. Aber – und das ist ein großes Aber – diese Haftungsprivilegierung gilt nur für „Diensteanbieter". Private WLAN-Betreiber fallen nach herrschender Rechtsmeinung nur dann darunter, wenn sie ihr WLAN „geschäftsmäßig" zur Verfügung stellen. Was „geschäftsmäßig" bedeutet, ist rechtlich umstritten. Der Bundesgerichtshof hat in verschiedenen Urteilen (Stand: 2025) klargestellt, dass schon die planmäßige und dauerhafte Zurverfügungstellung ausreicht (Rechtsprechung kann sich ändern – aktuelle Urteile beachten).
Ganz ehrlich, am Anfang wussten wir das nicht – die Probleme mit dem Internetanbieter können mindestens genauso teuer werden wie Abmahnungen. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der meisten Provider steht ausdrücklich, dass der Anschluss nur für den „privaten Gebrauch im eigenen Haushalt" genutzt werden darf. Bei meinem Anbieter, der Telekom, heißt es in Ziffer 2.3 der AGB: „Eine Überlassung des Anschlusses an Dritte außerhalb des Haushalts ist nicht gestattet." Ein Verstoß kann zur fristlosen Kündigung führen. Andere Anbieter wie Vodafone oder O2 haben ähnliche Klauseln (Stand: 2025). Die Stiftung Warentest weist darauf hin, dass diese Klauseln grundsätzlich wirksam sind (Stand: September 2024, test.de) (AGB können je nach Anbieter und Tarif variieren).
Die technischen Aspekte der WLAN-Sicherheit hatte ich völlig unterschätzt. Felix bekam damals einfach mein normales WLAN-Passwort – das gleiche, mit dem auch meine Smart-Home-Geräte, der Drucker und alle Familien-Handys verbunden waren. Das bedeutete: Er hatte theoretisch Zugriff auf mein gesamtes Heimnetzwerk. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) warnt ausdrücklich davor, Fremden Zugang zum Hauptnetzwerk zu gewähren (Stand: 2025, bsi.bund.de). Empfohlen wird stattdessen die Einrichtung eines separaten Gastnetzes mit eigenem Passwort und beschränkten Zugriffsrechten. Moderne Router bieten diese Funktion standardmäßig an (Sicherheitsempfehlungen können je nach Router-Modell variieren).
Nach der Abmahnung haben wir uns intensiv mit der Rechtslage beschäftigt. Die Abmahnung betraf einen Film, der über meinen Anschluss illegal heruntergeladen worden war. Die Kanzlei forderte 950 Euro: 650 Euro Schadensersatz für die Rechteinhaberin plus 300 Euro Anwaltskosten. Mein erster Impuls war, auf Louis zu verweisen – schließlich war er es gewesen. Aber so einfach ist das nicht. Nach der sogenannten Sekundären Darlegungslast muss ich als Anschlussinhaber konkret darlegen, wer zu welcher Zeit meinen Anschluss genutzt hat. Das Problem: Ich hatte keine Aufzeichnungen darüber, wann Felix und Louis mein WLAN nutzten. Zum Glück konnte mein Anwalt die Forderung auf 250 Euro herunterhandeln, aber die eigenen Anwaltskosten von 400 Euro kamen noch dazu.
Die datenschutzrechtlichen Aspekte sind ein weiteres Minenfeld. Wenn ich meinem Nachbarn WLAN zur Verfügung stelle und dabei sein Nutzungsverhalten überwache – etwa durch Protokollierung der besuchten Websites – verarbeite ich personenbezogene Daten. Nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) (Stand: 2025, europa.eu) bräuchte ich dafür eine Rechtsgrundlage und müsste umfangreiche Informationspflichten erfüllen. Andererseits: Ohne jegliche Protokollierung kann ich im Streitfall nicht nachweisen, wer wann was gemacht hat. Ein klassisches Dilemma (Datenschutzrechtliche Anforderungen können je nach Konstellation variieren).
| Sharing-Modell | Rechtliches Risiko | Technischer Aufwand | Kosten |
| Passwort teilen (Hauptnetz) | Sehr hoch | Minimal | Keine |
| Gastnetz einrichten | Mittel | Gering | Keine |
| Separater Untermieter-Anschluss | Niedrig | Mittel | 20-40€/Monat*¹ |
| Mobiler Hotspot | Sehr niedrig | Gering | 30-50€/Monat*² |
*¹ Je nach Anbieter und Tarif
*² Abhängig vom Datenvolumen
Ein besonders heikler Punkt ist die Haftung für Straftaten. Wird über meinen Anschluss beispielsweise Kinderpornografie heruntergeladen oder verbreitet, steht erst einmal die Polizei vor meiner Tür. Zwar kann ich mich in der Regel entlasten, wenn ich nachweise, dass ich es nicht war – aber die Hausdurchsuchung, die Beschlagnahme aller Computer und die monatelangen Ermittlungen muss ich trotzdem über mich ergehen lassen. Ein Kollege aus Hamburg hat das erlebt, nachdem er sein WLAN im Mehrfamilienhaus zu großzügig geteilt hatte. Die psychische Belastung und der Reputationsschaden waren enorm, auch wenn das Verfahren am Ende eingestellt wurde.
Die wirtschaftlichen Überlegungen spielten bei Felix und mir natürlich auch eine Rolle. 15 Euro im Monat sind 180 Euro im Jahr – das deckte fast die Hälfte meiner Internetkosten. Aber rechnet man die Risiken ein, sieht die Bilanz anders aus: Die Abmahnung kostete mich 650 Euro, mögliche Provider-Vertragsstrafen können bis zu 5.000 Euro betragen, und eine eventuelle Strafverteidigung würde schnell fünfstellig. Die Ersparnis steht in keinem Verhältnis zum Risiko. Mittlerweile hat Felix einen eigenen Anschluss – einen günstigen Kabel-Tarif für 25 Euro monatlich.
Nach all diesen Erfahrungen haben wir ein System entwickelt, das rechtlich sicherer ist. Felix hat jetzt zwar seinen eigenen Anschluss, aber für Notfälle haben wir folgende Vereinbarung: Ich habe ein separates Gastnetz eingerichtet, das komplett vom Hauptnetz getrennt ist. Die Bandbreite ist auf 10 Mbit begrenzt – genug für normales Surfen, aber unattraktiv für Downloads. Das Passwort ändere ich monatlich und gebe es nur auf konkrete Anfrage heraus. Zusätzlich habe ich einen Access-Control-Filter eingerichtet, der bekannte Filesharing-Ports und einschlägige Streaming-Seiten blockiert. Das ist keine hundertprozentige Sicherheit, reduziert aber das Risiko erheblich.
Die europäische Perspektive zeigt interessante Unterschiede. In den Niederlanden ist WLAN-Sharing deutlich verbreiteter und rechtlich weniger problematisch. Dort gibt es sogar kommerzielle Anbieter, die sich auf geteilte Internetanschlüsse spezialisiert haben. Die EU-Richtlinie 2015/2366 über Zahlungsdienste (Stand: 2025, europarl.europa.eu) enthält Regelungen zur Haftungsbegrenzung, die teilweise auch auf Telekommunikationsdienste übertragen werden. In Deutschland ist die Rechtslage aber weiterhin restriktiver (Rechtslage kann sich je nach EU-Mitgliedstaat unterscheiden).
Besonders wichtig ist die Absicherung durch schriftliche Vereinbarungen. Nach unserer Erfahrung haben wir einen Mustervertrag entwickelt, der die wichtigsten Punkte regelt: Nutzungszweck (nur legale Aktivitäten), Haftungsfreistellung (Nutzer stellt Anschlussinhaber von allen Ansprüchen frei), Kostenbeteiligung (konkrete Summe oder Prozentsatz), Kündigungsfristen (beidseitig zum Monatsende) und technische Rahmenbedingungen (Gastnetz, keine Weitergabe des Passworts). Ein Anwalt hat mir bestätigt, dass solche Vereinbarungen zwar keine absolute Sicherheit bieten, aber im Streitfall sehr hilfreich sind.
✅ WLAN sicher teilen – 6 Steps
- Separates Gastnetz einrichten (nie das Hauptpasswort teilen)
- Bandbreite begrenzen (max. 25% der Gesamtbandbreite)
- Schriftliche Nutzungsvereinbarung aufsetzen
- Regelmäßige Passwortänderung (mindestens monatlich)
- Firewall-Regeln für Filesharing-Ports aktivieren
- Nutzungsprotokoll führen (unter Beachtung der DSGVO)
Die Rolle der Versicherungen wird oft übersehen. Manche Privathaftpflichtversicherungen schließen Schäden durch Internetnutzung explizit aus. Andere bieten optional einen Cyber-Schutz an, der auch Abmahnkosten abdeckt. Der GDV empfiehlt, bei geteilter Internetnutzung die Versicherungsbedingungen zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen (Stand: 2025, gdv.de). Die Zusatzkosten liegen meist bei 20-30 Euro jährlich – angesichts der möglichen Schadenshöhe eine sinnvolle Investition (Versicherungsbedingungen können erheblich variieren).
Mustervereinbarung für WLAN-Sharing:
Zwischen [Name Anschlussinhaber] und [Name Nutzer] wird vereinbart: Der Nutzer erhält Zugang zum Gastnetz gegen monatliche Zahlung von [Betrag] Euro. Der Nutzer verpflichtet sich, keine illegalen Aktivitäten durchzuführen und stellt den Anschlussinhaber von allen Ansprüchen Dritter frei. Die Vereinbarung ist monatlich kündbar. Das Passwort darf nicht weitergegeben werden. [Ort, Datum, Unterschriften beider Parteien]
Die technische Entwicklung bietet neue Möglichkeiten. Moderne Mesh-Systeme erlauben sehr granulare Rechtevergabe. Ich kann für jeden Nutzer ein eigenes Profil anlegen, Zeitfenster definieren und sogar einzelne Websites sperren. Die Fritz!Box 7590, die ich mittlerweile nutze, protokolliert auf Wunsch alle Zugriffe – natürlich nur nach vorheriger Einwilligung der Nutzer. Einige Hersteller arbeiten an Blockchain-basierten Lösungen für sicheres WLAN-Sharing, aber das ist noch Zukunftsmusik.
Ein Aspekt, der uns überrascht hat: Die Umweltbilanz von geteilten Internetanschlüssen. Der NABU hat berechnet, dass ein durchschnittlicher Router etwa 90 kWh Strom pro Jahr verbraucht (Stand: 2025, nabu.de). Würden mehr Nachbarn ihre Anschlüsse teilen, könnte der Energieverbrauch deutlich reduziert werden. Allerdings nur, wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen stimmen. Hier wäre der Gesetzgeber gefordert, klarere und nutzerfreundlichere Regelungen zu schaffen (Energieverbrauch kann je nach Router-Modell variieren).
Häufig gestellte Fragen
Viele Leser:innen haben uns gefragt, ob man für illegale Downloads des Nachbarn haftet, wenn man sein WLAN teilt. Die Antwort ist komplex: Seit der TMG-Reform 2017 wurde die Störerhaftung für WLAN-Betreiber weitgehend abgeschafft. Allerdings gilt das nur, wenn man als „Diensteanbieter" im Sinne des Gesetzes gilt. Bei privater, gelegentlicher Weitergabe ist das fraglich. Zudem können Rechteinhaber weiterhin Auskunft über den Anschlussinhaber verlangen und diesen auf Unterlassung in Anspruch nehmen. Eine schriftliche Vereinbarung mit Haftungsfreistellung bietet gewissen Schutz, garantiert aber keine vollständige Sicherheit. Der BGH hat in mehreren Urteilen die Anforderungen präzisiert (Stand: 2025) (Haftungsfragen können je nach Einzelfall unterschiedlich beurteilt werden).
Eine weitere häufige Frage betrifft die technische Überwachung der Nachbar-Nutzung. Technisch ist es problemlos möglich, das Surfverhalten zu überwachen – moderne Router zeigen detailliert an, welches Gerät wann welche Datenmenge verbraucht hat. Rechtlich ist das aber heikel. Nach der DSGVO darf ich personenbezogene Daten nur mit Rechtsgrundlage verarbeiten. Eine Einwilligung wäre möglich, muss aber freiwillig erfolgen. Macht man die WLAN-Nutzung von der Überwachung abhängig, ist die Freiwilligkeit fraglich. Experten empfehlen daher, nur anonymisierte Daten zu erfassen oder ganz auf Überwachung zu verzichten (Datenschutzrechtliche Bewertung kann regional unterschiedlich sein).
Uns wurde auch oft die Frage nach Alternativen zum WLAN-Sharing gestellt. Eine Möglichkeit sind mobile Hotspots mit eigenem Datenvolumen – der Nachbar bekommt einen eigenen Vertrag, man teilt sich aber den Router. Andere Optionen sind Powerline-Adapter mit Gastnetz-Funktion oder die Nutzung von öffentlichen Hotspots in der Nähe. Manche Anbieter wie Unitymedia bieten auch spezielle Nachbarschaftstarife an, bei denen mehrere Parteien einen Anschluss offiziell teilen können. Die Kosten liegen meist nur geringfügig über einem Einzelanschluss (Verfügbarkeit kann regional stark variieren).