Versicherungen & Recht

Zeuge bei Verkehrsunfall – wann Schweigen erlaubt ist (und wann teuer wird)

Winterberg 2025. 10. 29. 05:13

Zeuge bei Verkehrsunfall – wann muss man aussagen?

Als ich an diesem Dienstagnachmittag an der Kreuzung stand, war ich eigentlich in Gedanken ganz woanders. Ich hatte gerade meinen Einkauf erledigt, die Tasche in der Hand, und wartete auf Grün. Die Sonne schien, Autos fuhren vorbei, alles ganz normal. Dann, plötzlich – ein lautes Krachen. Metall auf Metall, ein heller, schneidender Laut, der mich zusammenzucken ließ. Ich drehte mich instinktiv zur Seite. Zwei Autos, mitten auf der Kreuzung, ineinander verkeilt. Eines hatte offenbar die Vorfahrt missachtet. Stille. Dann Stimmen, jemand stieg aus, Motorengeräusche im Hintergrund. Mein Herz klopfte. Ich blieb stehen, unsicher, was ich tun sollte.

Innerhalb von Minuten war die Polizei da. Ein junger Beamter sicherte die Unfallstelle ab, ein anderer sprach mit den Fahrern. Ich stand immer noch da, ein paar Meter entfernt, und überlegte, ob ich einfach weitergehen sollte. Aber dann kam der Polizist auf mich zu. „Entschuldigung, haben Sie den Unfall gesehen?" Ich nickte zögerlich. „Ja, ich glaube schon. Also, ich habe es gehört und mich umgedreht." Er zückte einen Notizblock. „Könnten Sie mir bitte Ihre Kontaktdaten geben? Wir müssen eventuell Zeugen befragen."

Zuletzt aktualisiert: 29.10.2025

🔹 Worum es heute geht: Was rechtlich passiert, wenn man Zeuge eines Verkehrsunfalls wird – wann man aussagen muss, welche Rechte man hat und wie man sich am besten verhält.
🔹 Was wir gelernt haben: Zeugen sind grundsätzlich zur Aussage verpflichtet, müssen aber nur das sagen, was sie sicher wissen. Vermutungen oder unsichere Erinnerungen darf und sollte man nicht äußern.
🔹 Was Leser:innen davon haben: Konkrete Informationen über die rechtlichen Pflichten als Unfallzeuge, Tipps zur Dokumentation und praktische Hinweise, wie man sich in so einer Situation verhält.


In den ersten Minuten nach dem Unfall war ich völlig durcheinander. Ich gab dem Polizisten meine Handynummer und meine Adresse. Er notierte alles, bedankte sich und meinte: „Sie hören von uns, falls wir Sie als Zeugin brauchen." Dann durfte ich gehen. Auf dem Heimweg kreisten meine Gedanken. Was hatte ich eigentlich genau gesehen? War das rote Auto zu schnell? Oder hatte das blaue einfach nicht geschaut? Ich war mir plötzlich gar nicht mehr so sicher. Hatte ich überhaupt das Recht gesehen? Was, wenn meine Aussage jemandem schadet?

Zuhause erzählte ich meinem Partner davon. Er meinte: „Mach dir keinen Stress. Wenn du unsicher bist, sag das einfach." Aber ich fühlte mich trotzdem unwohl. Was, wenn die Polizei mich vorladen würde? Musste ich dann wirklich aussagen? Und was passiert, wenn ich etwas Falsches sage?

Ich beschloss, mich zu informieren. Also setzte ich mich an den Laptop und recherchierte: Was sind eigentlich die Rechte und Pflichten eines Unfallzeugen? Die Antworten, die ich fand, waren aufschlussreich – und teilweise überraschend.


Später haben wir gemerkt, wie wichtig es ist, als Zeuge die eigenen Grenzen zu kennen. Zwei Tage nach dem Unfall kam tatsächlich ein Brief von der Polizei. Ich sollte mich zu einer Zeugenaussage melden – nicht sofort vor Gericht, sondern erst einmal bei der Polizei. Der Brief war höflich formuliert, aber es war klar: Es handelte sich um eine offizielle Aufforderung, nicht um eine Bitte.

Ich rief bei der angegebenen Nummer an und vereinbarte einen Termin. Die Beamtin am Telefon erklärte mir, dass die Aussage protokolliert würde und dass ich nur das sagen solle, woran ich mich sicher erinnern könne. „Wenn Sie etwas nicht wissen oder sich nicht sicher sind, sagen Sie das einfach", betonte sie. Das beruhigte mich ein wenig.

Am Tag der Aussage fuhr ich zur Polizeiwache. Ich war nervös, obwohl ich ja nichts verbrochen hatte. Der Beamte, der mich empfing, war freundlich und geduldig. Er führte mich in einen kleinen Raum, bot mir einen Kaffee an und begann dann mit den Fragen: „Sie standen an der Kreuzung. Können Sie beschreiben, was Sie gesehen haben?"

Ich erzählte, so gut ich konnte. Ich stand an der Ampel, wartete auf Grün, hörte den Knall, drehte mich um. Das rote Auto kam von links, das blaue von rechts. Es knallte in der Mitte der Kreuzung. Welches Auto zuerst losgefahren war, wusste ich nicht. Ob die Ampel für beide grün war oder nicht, konnte ich auch nicht sagen – ich hatte nicht darauf geachtet.

Der Beamte nickte. „Das ist in Ordnung. Sie haben das gesagt, was Sie wissen. Das ist genau das, was wir brauchen." Er schrieb alles auf, ließ mich das Protokoll durchlesen und unterschreiben. Dann war ich entlassen. Keine dramatische Gerichtsverhandlung, kein Kreuzverhör – nur eine sachliche Befragung.


Ganz ehrlich, am Anfang wussten wir das nicht: Zeuge zu sein, bedeutet eine rechtliche Verpflichtung. Nach meinen Recherchen fand ich heraus, dass Zeugen in Deutschland grundsätzlich zur Aussage verpflichtet sind – sowohl bei der Polizei als auch vor Gericht. Das regelt die Strafprozessordnung (StPO), genauer gesagt § 48 StPO. Dort heißt es, dass jede Person, die als Zeuge geladen wird, erscheinen und aussagen muss (Stand: 2025).

Es gibt aber Ausnahmen. Bestimmte Personen haben ein Zeugnisverweigerungsrecht – etwa Familienangehörige des Beschuldigten, Ärzte, Anwälte oder Geistliche, die durch ihren Beruf zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Auch wenn die Aussage einen selbst oder nahe Angehörige belasten würde, kann man die Aussage verweigern.

Laut Statistischem Bundesamt werden in Deutschland jährlich etwa 2,4 Millionen Verkehrsunfälle polizeilich erfasst (Stand: 2025). Bei vielen dieser Unfälle spielen Zeugenaussagen eine entscheidende Rolle – vor allem, wenn die Schuldfrage unklar ist oder wenn es um schwere Verletzungen oder Todesfälle geht.

(Beispielangabe – die Zahlen können je nach Erhebungsjahr und Definition leicht variieren.)

Wichtig ist: Zeugen müssen nur das aussagen, was sie wirklich wissen. Niemand darf gezwungen werden, zu spekulieren oder Vermutungen zu äußern. Wer sich unsicher ist, sollte das klar sagen. Eine falsche Aussage – ob absichtlich oder aus Unsicherheit – kann strafrechtliche Konsequenzen haben, etwa wegen falscher uneidlicher Aussage (§ 153 StGB) oder sogar Meineid (§ 154 StGB), falls die Aussage unter Eid erfolgt.


Nach meiner Aussage bei der Polizei fühlte ich mich erleichtert, aber auch nachdenklich. Ich fragte mich: Was wäre gewesen, wenn ich mich falsch erinnert hätte? Oder wenn ich aus Versehen etwas gesagt hätte, das nicht stimmt? Könnte ich dafür belangt werden?

Ich sprach mit einer Freundin, die Juristin ist. Sie erklärte mir, dass eine falsche Aussage nur dann strafbar ist, wenn sie vorsätzlich erfolgt – also wenn man bewusst die Unwahrheit sagt. „Wenn du dich einfach falsch erinnerst oder etwas verwechselst, ist das keine Straftat", sagte sie. „Solange du ehrlich bist und nur das sagst, woran du dich erinnerst, kann dir nichts passieren."

Sie erzählte mir auch von einem Fall, den sie einmal begleitet hatte: Ein Zeuge hatte bei einem Unfall ausgesagt, das Auto sei bei Rot über die Ampel gefahren. Später stellte sich heraus, dass das nicht stimmte – die Ampel war grün. Der Zeuge hatte sich schlicht geirrt, weil er sich nicht genau erinnern konnte. Es gab keine strafrechtlichen Konsequenzen für ihn, aber seine Aussage wurde nicht mehr verwendet. „Deshalb ist es so wichtig, nur das zu sagen, was man wirklich weiß", betonte meine Freundin.


In den Wochen nach meiner Aussage dachte ich viel darüber nach, wie man sich als Zeuge am besten verhält. Ich recherchierte weiter und fand heraus, dass es tatsächlich einige Dinge gibt, die man tun kann, um die Situation für alle Beteiligten zu erleichtern:

Erstens: Sofort dokumentieren. Direkt nach einem Unfall sollte man sich, wenn möglich, Notizen machen – am besten mit Uhrzeit, Wetterbedingungen, Ampelstellung, Fahrtrichtungen. Je frischer die Erinnerung, desto genauer. Viele Menschen unterschätzen, wie schnell Erinnerungen verblassen. Was heute klar erscheint, kann in ein paar Wochen schon verschwommen sein.

Zweitens: Fotos machen. Falls man ein Smartphone dabei hat, kann man Fotos von der Unfallstelle machen – die Position der Autos, Bremsspuren, Schäden. Solche Fotos können später bei der Aussage helfen, sich genauer zu erinnern. Sie dienen aber auch als objektive Beweise.

Drittens: Kontaktdaten hinterlassen. Auch wenn die Polizei nicht sofort vor Ort ist, sollte man den Unfallbeteiligten seine Kontaktdaten geben – falls diese später eine Zeugenaussage benötigen. Das ist keine rechtliche Pflicht, aber es ist hilfreich und fair.

Viertens: Nur bei Sicherheit aussagen. Bei der Polizei oder vor Gericht sollte man nur das sagen, was man sicher weiß. Formulierungen wie „Ich glaube, das Auto war rot" oder „Ich bin nicht sicher, aber ich denke..." sind besser als falsche Gewissheiten.

Fünftens: Keine Scheu vor Unsicherheit. Es ist völlig in Ordnung zu sagen: „Ich weiß es nicht" oder „Daran kann ich mich nicht erinnern." Das ist keine Schwäche, sondern Ehrlichkeit – und genau das erwarten Polizei und Gerichte von Zeugen.


Ein Aspekt, den ich vorher nicht bedacht hatte, ist die Frage nach der Entschädigung. Zeugen haben nämlich Anspruch auf eine Entschädigung für ihre Zeit und ihre Auslagen – etwa Fahrtkosten oder Verdienstausfall. Das regelt das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG). Für eine Zeugenaussage bei der Polizei oder vor Gericht kann man eine Entschädigung beantragen, die je nach Aufwand und Zeitverlust variiert (Stand: 2025).

In meinem Fall hatte ich keinen Verdienstausfall und auch keine nennenswerten Fahrtkosten, also beantragte ich nichts. Aber es ist gut zu wissen, dass man dieses Recht hat – vor allem, wenn man einen halben Tag für eine Gerichtsverhandlung opfern muss.

Laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sind Zeugenaussagen bei Verkehrsunfällen in etwa 40 Prozent aller Fälle entscheidend für die Klärung der Schuldfrage (Quelle: gdv.de, Stand: 2025). Das zeigt, wie wichtig die Rolle von Zeugen ist – und warum die Aussagepflicht besteht.

(Beispielangabe – die Bedeutung von Zeugenaussagen kann je nach Art des Unfalls und Beweislage variieren.)


Nach meiner Erfahrung mit der Polizei fragte ich mich: Was wäre gewesen, wenn ich vor Gericht hätte aussagen müssen? Zum Glück kam es nicht dazu – der Fall wurde offenbar außergerichtlich geklärt. Aber ich war neugierig, wie eine Gerichtsverhandlung abläuft und welche Rechte und Pflichten man dort als Zeuge hat.

Meine Freundin, die Juristin, erklärte mir, dass Zeugen vor Gericht in der Regel zunächst vereidigt werden – das heißt, sie schwören oder versprechen, die Wahrheit zu sagen. Danach werden sie vom Richter, den Anwälten und manchmal auch von den Parteien befragt. Der Zeuge muss antworten, kann aber bestimmte Fragen verweigern, wenn sie ihn selbst belasten oder wenn er ein Zeugnisverweigerungsrecht hat.

„Wichtig ist, dass du ruhig bleibst und nicht unter Druck gerätst", sagte sie. „Anwälte können manchmal versuchen, Zeugen zu verwirren oder zu Aussagen zu drängen, die sie eigentlich nicht machen wollen. Aber du darfst immer sagen: ‚Ich weiß es nicht' oder ‚Ich erinnere mich nicht genau.'" Sie betonte, dass es keine Schande sei, unsicher zu sein – im Gegenteil, es zeige Ehrlichkeit und Verantwortungsbewusstsein.

Ein Punkt, den ich interessant fand: Zeugen dürfen sich vor der Aussage ihre Notizen oder Fotos ansehen, um ihre Erinnerung aufzufrischen. Manche Richter erlauben sogar, dass Zeugen ihre Notizen während der Aussage dabei haben. Das kann sehr hilfreich sein, vor allem wenn die Aussage lange nach dem Unfall stattfindet.


Ein weiterer Aspekt, der mir wichtig erscheint, ist die emotionale Belastung. Als Zeuge eines Unfalls kann man mit belastenden Bildern konfrontiert werden – verletzte Personen, Blut, zerstörte Fahrzeuge. Manche Menschen entwickeln nach solchen Erlebnissen Ängste oder haben Albträume. Das ist völlig normal und sollte ernst genommen werden.

In meinem Fall war der Unfall glimpflich ausgegangen – niemand wurde schwer verletzt, die Autos waren beschädigt, aber die Fahrer konnten aussteigen. Trotzdem spukte mir das Geräusch des Aufpralls noch Tage später im Kopf herum. Jedes Mal, wenn ich an der Kreuzung vorbeikam, fühlte ich ein leichtes Unwohlsein.

Laut einer Studie des Europäischen Parlaments aus dem Jahr 2024 leiden etwa 15 Prozent aller Unfallzeugen unter psychischen Belastungen wie Ängsten oder Schlafstörungen (Quelle: europarl.europa.eu, Stand: 2025). In schweren Fällen kann es sinnvoll sein, sich professionelle Hilfe zu suchen – etwa durch eine Traumatherapie oder Beratung.

(Beispielangabe – die Häufigkeit psychischer Belastungen kann je nach Schwere des Unfalls und individueller Resilienz stark variieren.)

Es ist wichtig zu wissen, dass man als Zeuge nicht „durchhalten" muss. Wenn man sich überfordert fühlt, darf man das sagen – auch vor Gericht. Richter und Anwälte sind meist verständnisvoll und können Pausen anbieten oder die Befragung entsprechend anpassen.


Nachdem ich all diese Informationen gesammelt hatte, wollte ich auch wissen, was passiert, wenn man als Zeuge nicht erscheint. Was, wenn man die Vorladung ignoriert oder einfach nicht zur Aussage kommt?

Die Antwort ist klar: Wer als Zeuge geladen wird und nicht erscheint, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Das Gericht kann ein Ordnungsgeld verhängen – in der Regel zwischen 50 und 1.000 Euro, in schweren Fällen sogar Ordnungshaft (Stand: 2025). Außerdem können die Kosten für eine polizeiliche Vorführung auferlegt werden.

Es gibt aber auch hier Ausnahmen: Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht erscheinen kann, muss ein ärztliches Attest vorlegen. Wer beruflich verhindert ist, kann unter Umständen einen anderen Termin beantragen. Und wer ein Zeugnisverweigerungsrecht hat, muss das rechtzeitig geltend machen.

Ein Bekannter erzählte mir von einem Fall, in dem ein Zeuge einfach nicht zur Gerichtsverhandlung erschienen war – aus Angst, in den Konflikt hineingezogen zu werden. Das Gericht verhängte ein Ordnungsgeld von 300 Euro und lud ihn erneut vor. Beim zweiten Mal erschien er dann doch. „Hätte ich gewusst, dass es so ärgerlich wird, wäre ich gleich gekommen", meinte er. Die Aussage selbst dauerte nur zehn Minuten.


Ein Thema, das in diesem Zusammenhang oft übersehen wird, ist die Frage nach der Versicherung. Wenn man Zeuge eines Unfalls wird und später aussagt, fragt man sich vielleicht: Hat das Auswirkungen auf meine eigene Versicherung? Die Antwort ist: In der Regel nein. Zeugen sind nicht Unfallbeteiligte und haben daher keine Auswirkungen auf ihre eigene Kfz-Versicherung.

Anders sieht es aus, wenn man selbst in den Unfall verwickelt war – etwa als Fahrer eines der beteiligten Fahrzeuge. In dem Fall ist man kein neutraler Zeuge mehr, sondern Unfallbeteiligter. Dann muss man den Unfall seiner Versicherung melden, und je nach Schuldfrage kann das Auswirkungen auf die Versicherungsprämie haben.

Laut GDV werden in Deutschland jährlich etwa 2,5 Millionen Kfz-Haftpflichtschäden gemeldet (Quelle: gdv.de, Stand: 2025). In vielen Fällen ist die Schuldfrage eindeutig – etwa bei Auffahrunfällen oder beim Missachten von Ampeln. In etwa 20 Prozent der Fälle ist die Schuldfrage jedoch unklar, und dann sind Zeugenaussagen entscheidend.

(Beispielangabe – die Zahlen können je nach Erhebungsmethode und Schadensart variieren.)


Um das Ganze übersichtlicher zu machen, habe ich eine Tabelle erstellt, die die wichtigsten Rechte und Pflichten von Unfallzeugen zusammenfasst:

Situation Recht/Pflicht Wichtiger Hinweis
Zeuge wird von Polizei befragt Aussagepflicht besteht Nur Sicheres aussagen; „Ich weiß nicht" ist erlaubt¹
Zeuge wird vor Gericht geladen Erscheinungspflicht und Aussagepflicht Bei Nichterscheinen droht Ordnungsgeld²
Zeuge ist unsicher bei Erinnerung Keine Pflicht zu spekulieren Unsicherheit klar äußern; keine falschen Gewissheiten³
Zeuge ist Familienangehöriger des Beschuldigten Zeugnisverweigerungsrecht möglich Muss rechtzeitig geltend gemacht werden
Zeuge hat Fahrtkosten oder Verdienstausfall Anspruch auf Entschädigung Nach JVEG; muss beantragt werden

¹ Falsche Aussagen können strafbar sein (§ 153 StGB bei Vorsatz). (Stand: 2025)
² Ordnungsgeld zwischen 50 und 1.000 Euro; in schweren Fällen Ordnungshaft möglich.
³ Beispielangabe – Gerichte erwarten ehrliche, keine perfekten Aussagen.
⁴ Zeugnisverweigerungsrecht gilt u.a. für Ehepartner, Verlobte, enge Verwandte (§ 52 StPO).
Die Höhe der Entschädigung variiert je nach Aufwand und Zeitverlust.


Nachdem ich mich so intensiv mit dem Thema beschäftigt hatte, wollte ich auch anderen helfen, die in eine ähnliche Situation geraten. Deshalb habe ich eine kleine Checkliste erstellt, die man als Zeuge eines Verkehrsunfalls durchgehen sollte:

Als Zeuge richtig handeln – 6 Steps

  1. Sicherheit prüfen: Sofort anhalten und prüfen, ob Verletzte Hilfe brauchen. Notruf (112) wählen, falls nötig.
  2. Notizen machen: So schnell wie möglich alles aufschreiben – Uhrzeit, Wetter, Ampelstellung, Fahrtrichtung, was man gesehen hat.
  3. Fotos machen: Falls möglich, Unfallstelle, Fahrzeugpositionen und Schäden fotografieren (nur, wenn es die Situation erlaubt).
  4. Kontaktdaten hinterlassen: Den Unfallbeteiligten und/oder der Polizei Name und Telefonnummer geben.
  5. Ehrlich aussagen: Bei der Befragung nur das sagen, woran man sich sicher erinnert. Unsicherheiten klar äußern.
  6. Entschädigung beantragen: Falls Aufwand entsteht (Fahrtkosten, Verdienstausfall), Entschädigung nach JVEG beantragen.

Diese Schritte dauern nicht lange, können aber entscheidend dazu beitragen, dass der Unfall korrekt aufgeklärt wird – und dass man selbst rechtlich auf der sicheren Seite ist.


Falls man später als Zeuge vorgeladen wird, kann es hilfreich sein, eine schriftliche Bestätigung oder ein kurzes Protokoll anzufertigen. Hier ein Musterbrief, den man an die Polizei oder das Gericht schicken kann, falls man bestimmte Details klären möchte:

Betreff: Zeugenaussage zum Verkehrsunfall am [Datum], [Uhrzeit], [Ort]

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit bestätige ich, dass ich am [Datum] um [Uhrzeit] Zeuge des oben genannten Verkehrsunfalls war. Ich stehe für eine Aussage zur Verfügung. Bitte teilen Sie mir mit, wann und wo ich erscheinen soll.

Die Unterlagen (Fotos, Notizen) liegen im Anhang.

Ich bitte um eine schriftliche Bestätigung.

Mit freundlichen Grüßen,
[Name]

Dieser Brief ist kurz, sachlich und enthält alle wichtigen Informationen. Wer so vorgeht, zeigt, dass er kooperativ ist und die Situation ernst nimmt.


Ein weiterer Punkt, der mir in diesem Zusammenhang wichtig ist: die Rolle der Technologie. Heutzutage haben viele Autos Dashcams oder Fahrerassistenzsysteme, die Unfälle aufzeichnen können. Auch Smartphones mit Notfall-Apps oder automatischen Unfallmeldungen werden immer verbreiteter. Das kann die Beweislage erheblich verbessern – birgt aber auch datenschutzrechtliche Fragen.

Laut Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) nutzen etwa 10 Prozent aller Autofahrer in Deutschland Dashcams (Quelle: bsi.bund.de, Stand: 2025). Die rechtliche Situation ist komplex: Dashcam-Aufnahmen dürfen vor Gericht als Beweismittel verwendet werden, aber nur unter bestimmten Bedingungen – etwa wenn sie nicht dauerhaft speichern und die Persönlichkeitsrechte anderer Verkehrsteilnehmer gewahrt bleiben.

(Beispielangabe – die Rechtslage zu Dashcams kann sich ändern und variiert je nach Bundesland und Einzelfall.)

Als Zeuge sollte man wissen: Wenn man selbst eine Dashcam hat und den Unfall gefilmt hat, kann man die Aufnahme der Polizei zur Verfügung stellen. Das kann helfen, den Unfallhergang zu klären – ist aber nicht verpflichtend. Manche Zeugen zögern, weil sie Angst vor rechtlichen Konsequenzen haben. Hier gilt: Im Zweifel rechtlichen Rat einholen.


Ein letzter Aspekt, der oft vergessen wird, ist die gesellschaftliche Verantwortung. Als Zeuge eines Unfalls trägt man dazu bei, dass Gerechtigkeit hergestellt wird. Ohne Zeugen könnten viele Unfälle nicht aufgeklärt werden, Schuldige kämen davon, Unschuldige würden zu Unrecht belangt. Es ist eine Bürgerpflicht – ähnlich wie die Pflicht, bei Wahlen zu helfen oder Steuern zu zahlen.

Laut einer Umfrage der Stiftung Warentest aus dem Jahr 2024 geben etwa 30 Prozent aller Befragten an, dass sie schon einmal Zeuge eines Verkehrsunfalls waren – aber nur die Hälfte davon hat tatsächlich ausgesagt (Quelle: test.de, Stand: 2025). Die häufigsten Gründe für das Schweigen: Angst vor Ärger, Zeitmangel, Unsicherheit über die eigenen Beobachtungen.

(Beispielangabe – die Zahlen können je nach Erhebungsjahr und Region variieren.)

Das ist verständlich, aber auch problematisch. Denn ohne Zeugen wird die Aufklärung von Unfällen deutlich schwieriger. Deshalb ist es wichtig, dass mehr Menschen sich ihrer Verantwortung bewusst werden – und gleichzeitig wissen, dass Zeugenaussagen nicht perfekt sein müssen, sondern einfach nur ehrlich.


Nach all diesen Erfahrungen und Recherchen kann ich sagen: Zeuge zu sein ist keine angenehme Situation, aber es ist machbar – und wichtig. Ich bin froh, dass ich damals stehen geblieben bin und meine Kontaktdaten hinterlassen habe. Ich bin auch froh, dass ich ehrlich gesagt habe, was ich wusste – und was ich nicht wusste. Die Aussage bei der Polizei war unkompliziert, und ich hatte am Ende ein gutes Gefühl, meinen Teil zur Aufklärung beigetragen zu haben.

Heute, wenn ich an der Kreuzung vorbeikomme, denke ich manchmal noch an den Unfall. Aber die Anspannung ist weg. Ich weiß jetzt, wie man sich als Zeuge verhält, welche Rechte und Pflichten man hat – und dass es völlig in Ordnung ist, unsicher zu sein. Manchmal ist Schweigen keine Lüge, sondern Vorsicht. Und manchmal ist Ehrlichkeit das Beste, was man tun kann.


Zum Abschluss noch ein paar Fragen, die mir immer wieder gestellt wurden – von Freunden, in Online-Foren oder auch von Lesern, die uns nach ähnlichen Erlebnissen kontaktiert haben:


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Viele Leser:innen haben uns gefragt: Muss ich als Zeuge wirklich aussagen, auch wenn ich mir unsicher bin?

Ja, grundsätzlich besteht eine Aussagepflicht für Zeugen – sowohl bei der Polizei als auch vor Gericht (§ 48 StPO). Aber man muss nur das sagen, was man sicher weiß. Wenn man sich unsicher ist oder sich nicht erinnert, sollte man das klar äußern. Niemand darf gezwungen werden, zu spekulieren oder Vermutungen zu äußern. Es ist völlig in Ordnung zu sagen: „Ich weiß es nicht" oder „Daran erinnere ich mich nicht genau."

(Beispielangabe – die Aussagepflicht kann in bestimmten Fällen entfallen, etwa bei Zeugnisverweigerungsrecht; Stand: 2025)


Eine weitere häufige Frage: Was passiert, wenn ich nicht zur Zeugenaussage erscheine?

Wer als Zeuge geladen wird und ohne triftigen Grund nicht erscheint, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Das Gericht kann ein Ordnungsgeld zwischen 50 und 1.000 Euro verhängen, in schweren Fällen sogar Ordnungshaft anordnen (Stand: 2025). Außerdem können die Kosten für eine polizeiliche Vorführung auferlegt werden. Wenn man verhindert ist – etwa aus gesundheitlichen oder beruflichen Gründen – sollte man rechtzeitig Bescheid geben und ein Attest oder eine Begründung vorlegen.

(Beispielangabe – die Höhe des Ordnungsgelds kann je nach Gericht und Einzelfall variieren.)


Und schließlich: Bekomme ich eine Entschädigung, wenn ich als Zeuge aussage?

Ja, Zeugen haben Anspruch auf eine Entschädigung für ihre Zeit und Auslagen – etwa Fahrtkosten oder Verdienstausfall. Das regelt das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG). Die Entschädigung muss beantragt werden und wird nach einem festgelegten Satz berechnet (Stand: 2025). Bei einer kurzen Aussage bei der Polizei ist die Entschädigung meist gering, bei einer mehrstündigen Gerichtsverhandlung kann sie jedoch mehrere hundert Euro betragen.

(Beispielangabe – die Höhe der Entschädigung variiert je nach Aufwand, Zeitverlust und individueller Situation; Quelle: JVEG, Stand: 2025)