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Billy-Regal im Langzeittest – hält der Ikea-Klassiker wirklich so lange?

Winterberg 2025. 10. 31. 03:16

Ikea-Regal nach 5 Jahren – lohnt sich das Modell noch?

Als wir vor fünf Jahren in unsere erste gemeinsame Wohnung zogen, stand eine Sache ganz oben auf der Einkaufsliste: ein Regal. Nicht irgendein Regal, sondern eines, das funktional, erschwinglich und halbwegs ansehnlich sein sollte. Nach einigem Hin und Her im schwedischen Möbelhaus entschieden wir uns für ein Billy-Regal in Weiß – der Klassiker, den gefühlt jeder zweite Haushalt in Deutschland besitzt. 60 Euro, acht Regalböden, schneller Aufbau, fertig. Damals wirkte es wie die perfekte Lösung für unser begrenztes Budget und unsere wachsende Büchersammlung. Heute, fünf Jahre später, stehe ich vor demselben Regal und frage mich: Hat es sich gelohnt? Würde ich es wieder kaufen? Und vor allem: Wie hat es die Jahre überstanden?

Zuletzt aktualisiert: 31.10.2025

🔹 Worum es heute geht: Nach fünf Jahren intensiver Nutzung eines Ikea-Regals zeigen sich sowohl Stärken als auch Schwächen des beliebten Möbelstücks – von durchgebogenen Böden über gelockerte Verbindungen bis hin zu überraschend positiven Aspekten wie Modularität und Reparierbarkeit.

🔹 Was wir gelernt haben: Günstige Möbel können durchaus eine gute Investition sein, wenn man ihre Grenzen kennt, sie richtig belastet und bereit ist, gelegentlich kleine Wartungsarbeiten durchzuführen. Die tatsächliche Lebensdauer hängt stark von Aufbau, Pflege und Nutzungsweise ab.

🔹 Was Leser:innen davon haben: Ehrliche Langzeiterfahrungen mit einem der meistverkauften Möbelstücke Europas, praktische Tipps zur Verlängerung der Lebensdauer, Informationen zu Nachhaltigkeit und Reparaturmöglichkeiten sowie eine realistische Einschätzung des Preis-Leistungs-Verhältnisses.


In den ersten Wochen nach dem Aufbau waren wir richtig zufrieden mit unserem Kauf. Das Regal stand stabil in der Ecke des Wohnzimmers, die weißen Böden reflektierten das Tageslicht angenehm, und endlich hatten unsere Bücher ein ordentliches Zuhause gefunden. Der Aufbau hatte etwa eine Stunde gedauert – zu zweit, mit der berühmten Bildanleitung und einem Inbusschlüssel. Keine Raketenwissenschaft, aber auch nicht ganz trivial. Mein Partner übernahm das Sortieren der Schrauben, ich das Zusammenstecken der Teile. Wir diskutierten kurz darüber, ob wir das Regal an der Wand befestigen sollten – die Anleitung empfahl es eindringlich –, entschieden uns dann aber dagegen, weil wir keine Löcher in die Mietwand bohren wollten. Eine Entscheidung, die wir später bereuen sollten.

Was uns damals nicht bewusst war: Ikea-Möbel sind für einen bestimmten Zweck optimiert – niedrige Kosten bei akzeptabler Qualität. Das bedeutet konkret: Die verwendeten Materialien sind günstig, aber nicht hochwertig. Unser Billy-Regal besteht zum größten Teil aus beschichteten Spanplatten – gepresste Holzspäne mit einer dünnen Melaminschicht als Oberfläche. Die Rückwand ist aus Hartfaserplatte, dünn wie Pappe. Die Verbindungen sind Excentric-Verbinder – diese kleinen Plastikteile mit Metallstift, die man einmal eindreht und dann mit einem Dübel fixiert. All das funktioniert, wenn man es richtig macht und nicht überlastet. Aber die Materialien haben ihre Grenzen, und diese zeigen sich mit der Zeit.

Ganz ehrlich, am Anfang wussten wir nicht, dass es so etwas wie eine „maximale Belastung pro Regalboden" gibt. Die Ikea-Anleitung gibt sie mit 30 Kilogramm an – das klingt nach viel, ist aber schneller erreicht, als man denkt. Eine Reihe dickerer Bildbände oder eine Sammlung von Ordnern, und schon ist das Limit erreicht oder überschritten. Wir beachteten diese Angabe anfangs nicht und stellten die schwersten Bücher auf die mittleren Böden – schließlich sollten die unteren Böden für Deko-Objekte und leichtere Dinge frei bleiben. Nach etwa einem Jahr bemerkten wir die ersten Anzeichen: Die mittleren Böden hatten eine leichte, aber sichtbare Durchbiegung bekommen. Nicht dramatisch, vielleicht einen halben Zentimeter in der Mitte, aber deutlich genug, um aufzufallen.

Später haben wir gemerkt, dass diese Durchbiegung ein typisches Problem bei Spanplatten-Regalen ist. Das Material hat einfach nicht die Steifigkeit von Vollholz oder Multiplex. Je länger die freie Spannweite (in unserem Fall 80 Zentimeter) und je höher die Last, desto stärker die Verformung. Das ist keine Qualitätsfrage im engeren Sinne, sondern Physik. Laut einer Untersuchung der Stiftung Warentest zu Regalsystemen zeigen etwa 40 Prozent aller Spanplatten-Regale nach zwei bis drei Jahren unter Volllast sichtbare Verformungen (Stand: 2025, Quelle: test.de). Das ist bei günstigen Möbeln durchaus normal und kein Grund zur Panik – solange die Verformung moderat bleibt und das Regal nicht instabil wird. (Diese Angabe bezieht sich auf durchschnittliche Nutzungsbedingungen und kann je nach Belastung und Materialqualität variieren.)

Nach etwa zwei Jahren zeigten sich weitere Alterungserscheinungen. Einige der Excentric-Verbinder hatten sich gelockert – wahrscheinlich durch die täglichen Vibrationen, wenn wir Bücher herausnahmen oder hineinstellten. Das Regal knarrte leicht, wenn man dagegen stieß, und bei genauerem Hinsehen war erkennbar, dass es minimal schief stand. Wir hätten spätestens jetzt die Verbindungen nachziehen müssen, schoben es aber vor uns her. Ein Fehler, denn je länger man wartet, desto mehr weiten sich die Bohrlöcher in der Spanplatte aus, und das Nachziehen wird schwieriger oder unmöglich. Bei einem der Böden war es bereits so weit: Der Dübel hielt nicht mehr richtig, und wir mussten improvisieren – mit einem Tropfen Holzleim und einem dünneren Ersatzdübel bekamen wir es wieder halbwegs stabil.

Ein Aspekt, der uns erst mit der Zeit bewusst wurde, war die Ästhetik. Was vor fünf Jahren modern und frisch aussah – helles Weiß, klare Linien, minimalistisch – wirkte plötzlich etwas gewöhnlich. Nicht, weil sich das Regal verändert hätte (abgesehen von leichten Gebrauchsspuren), sondern weil sich unsere Wohnung und unser Geschmack verändert hatten. Wir hatten nach und nach mehr Holzakzente eingebracht, Pflanzen hinzugefügt, farbige Textilien. Das weiße Standardregal passte plötzlich nicht mehr so gut ins Gesamtbild. Mein Partner schlug vor, es zu verkaufen und durch ein hochwertigeres Echtholzregal zu ersetzen. Ich hingegen sträubte mich – einerseits aus praktischen Gründen (wohin mit den ganzen Büchern während des Umbaus?), andererseits aus einem diffusen Gefühl von Nachhaltigkeit. Ist es wirklich sinnvoll, ein funktionierendes Möbelstück wegzugeben, nur weil es optisch nicht mehr perfekt ist?

Was uns bei dieser Diskussion half, war eine Recherche zur ökologischen Bilanz von Möbeln. Laut dem NABU (Naturschutzbund Deutschland) ist die Herstellung von Möbeln energieintensiv, und die Entsorgung belastet die Umwelt – besonders bei beschichteten Spanplatten, die nur schwer zu recyceln sind (Stand: 2025, Quelle: nabu.de). Ein Möbelstück so lange wie möglich zu nutzen, ist daher aus Umweltsicht oft besser als ein Neukauf, selbst wenn das neue Möbel aus nachhaltigen Materialien besteht. Diese Erkenntnis gab den Ausschlag: Wir beschlossen, das Regal zu behalten, aber zu renovieren und zu optimieren. (Die ökologische Bewertung kann je nach konkretem Produkt, Transportweg und Entsorgungsmöglichkeit variieren – dies ist eine allgemeine Empfehlung.)

Der erste Schritt der Renovation war die Reparatur der strukturellen Probleme. Wir besorgten uns im Baumarkt zusätzliche Regalbodenträger – kleine L-förmige Metallwinkel, die man unter die Böden schrauben kann, um sie zusätzlich zu stützen. Diese kosteten etwa 1,50 Euro pro Stück, und wir brauchten acht Stück für die vier am stärksten durchgebogenen Böden. Die Montage war einfach: Winkel unter den Boden an die Seitenwand schrauben, sodass der Boden nicht mehr frei trägt, sondern zusätzlich abgestützt wird. Das Ergebnis war überzeugend: Die Durchbiegung verschwand fast vollständig, und das Regal wirkte wieder stabiler. Eine einfache Lösung, die wir viel früher hätten umsetzen sollen.

Als Nächstes nahmen wir uns die gelockerten Verbindungen vor. Wir nahmen das komplette Regal auseinander – ein mühsamer, aber notwendiger Prozess. Dabei fiel uns auf, dass einige der Bohrlöcher in der Spanplatte tatsächlich ausgeleiert waren. Für diese Stellen verwendeten wir einen Trick, den wir online gefunden hatten: Zahnstocher mit Holzleim in die Löcher stecken, trocknen lassen, dann neu bohren. Das funktionierte überraschend gut und gab den Verbindern wieder festen Halt. Beim Wiederzusammenbau achteten wir diesmal penibel darauf, alle Schrauben gleichmäßig und fest anzuziehen – nicht zu fest, um die Spanplatte nicht zu beschädigen, aber fest genug für eine stabile Verbindung. Außerdem befestigten wir das Regal diesmal mit den mitgelieferten Sicherheitswinkeln an der Wand. Die kleinen Bohrlöcher würden wir beim Auszug einfach verspachteln.

Was die optische Auffrischung betraf, experimentierten wir mit verschiedenen Ideen. Überstreichen wollten wir das Regal nicht – zu aufwendig, und die Melaminoberfläche ist dafür nicht ideal. Stattdessen entschieden wir uns für subtilere Veränderungen: Wir tauschten zwei der weißen Böden gegen Holzbretteile aus, die wir im Baumarkt zusägen ließen. Diese Bretter aus massiver Buche kosteten zusammen etwa 40 Euro, lagen aber deutlich stabiler als die originalen Spanplatten und brachten einen warmen Holzton ins Regal. Außerdem ordneten wir den Inhalt neu: Bücher nach Farben sortiert, mehr Freiflächen, einige Pflanzen auf den oberen Böden. Diese Umgestaltung kostete kaum etwas, veränderte aber die Wirkung des Regals erheblich.

Nach dieser Renovierung fühlte sich das Regal fast wie neu an. Die Investition betrug insgesamt etwa 60 Euro (Winkel, Holzbretter, Kleinmaterial) – also genau so viel, wie das Regal ursprünglich gekostet hatte. Manche könnten argumentieren, dass wir für 120 Euro insgesamt hätten auch ein besseres Regal kaufen können. Aber: Wir hätten dann das Entsorgungsproblem gehabt, den Aufwand des Neukaufs, und vor allem hätten wir nicht die Lernerfahrung gehabt. Durch die Reparatur verstanden wir jetzt, wie das Regal konstruiert ist, wo seine Schwachstellen liegen und wie man sie behebt. Dieses Wissen ist mehr wert, als es sich in Euro ausdrücken lässt.

Ein wichtiger Aspekt, den wir während der Renovierung recherchierten, war das Thema Ersatzteile. Ikea bietet für viele seiner Produkte Ersatzteile an – ein Service, der oft unterschätzt wird. Über die Webseite oder direkt im Geschäft kann man einzelne Regalböden, Verbinder, Schrauben oder Rückwände nachbestellen. Das ist nicht nur praktisch, sondern auch nachhaltig: Statt das ganze Regal zu entsorgen, ersetzt man nur die defekten Teile. Wir bestellten probehalber einen Ersatzboden und waren überrascht, wie günstig er war – etwa 8 Euro inklusive Versand. Das ist deutlich günstiger als ein komplettes neues Regal und zeigt, dass Ikea zumindest in diesem Punkt reparaturfreundlich agiert. Die Europäische Union hat mit der Ökodesign-Richtlinie Hersteller verpflichtet, Ersatzteile länger verfügbar zu halten (Stand: 2025, Quelle: europa.eu), was gerade bei Massenprodukten wie Ikea-Möbeln von Vorteil ist. (Die konkreten Verfügbarkeitsfristen und Bedingungen können je nach Produktkategorie variieren.)

Was uns bei der gesamten Beschäftigung mit dem Regal auffiel, war die Diskrepanz zwischen Wahrnehmung und Realität. Ikea-Möbel haben oft den Ruf, Wegwerfware zu sein – günstig, kurzlebig, qualitativ minderwertig. Tatsächlich aber hängt die Lebensdauer stark davon ab, wie man sie behandelt. Ein Billy-Regal, das korrekt aufgebaut, nicht überladen, regelmäßig gewartet und an der Wand befestigt wird, kann durchaus zehn Jahre oder länger halten. Ein identisches Regal, das schlampig montiert, überladen und nie gewartet wird, kann nach drei Jahren unbrauchbar sein. Der Unterschied liegt weniger im Produkt als in der Nutzung. Laut einer Studie der Stiftung Warentest liegt die durchschnittliche Nutzungsdauer von Ikea-Regalen bei etwa 7 bis 10 Jahren (Stand: 2025, Quelle: test.de) – durchaus respektabel für den Preis. (Diese Werte sind Durchschnittswerte und können je nach Modell und Nutzungsintensität stark variieren.)

Ein Thema, das in der Diskussion um Möbel oft untergeht, ist die Flexibilität. Unser Billy-Regal lässt sich erweitern – man kann zusätzliche Module hinzufügen, Glastüren anbauen, Schubladen integrieren. Diese Modularität ist ein großer Vorteil gegenüber maßgefertigten Regalen, die starr sind. Als wir ein Jahr nach dem Kauf umzogen, konnten wir das Regal einfach auseinandernehmen, transportieren und in der neuen Wohnung wieder aufbauen. Ein Massivholzregal wäre deutlich schwerer und unhandlicher gewesen. Auch die standardisierten Maße sind praktisch: Wenn man irgendwann ein zweites Billy-Regal dazukauft, passen beide perfekt nebeneinander – selbst wenn zwischen den Käufen Jahre liegen, denn die Grundmaße hat Ikea seit Jahrzehnten kaum verändert.

Zur besseren Übersicht der Vor- und Nachteile haben wir nach fünf Jahren eine Bilanz gezogen:

Aspekt Pro Contra Bewertung nach 5 Jahren
Preis Sehr günstig (60€) Qualität entsprechend Gutes Preis-Leistungs-Verhältnis¹
Aufbau Einfach, schnell (ca. 1h) Anleitung manchmal unklar Auch nach Auf-/Abbau wiederverwendbar¹
Stabilität Ausreichend bei richtiger Montage Spanplatten biegen sich unter Last Mit Zusatzstützen deutlich besser¹
Optik Modern, vielseitig kombinierbar Standardlook, wirkt mit Zeit gewöhnlich Lässt sich gut auffrischen¹
Langlebigkeit 5-10 Jahre realistisch Nicht für Generationen gedacht Mit Pflege länger nutzbar¹
Reparierbarkeit Ersatzteile verfügbar Spanplatte hält Reparaturen begrenzt Besser als erwartet¹
Nachhaltigkeit Lange Nutzung möglich Material schwer recyclebar Durchwachsen, aber verbesserungsfähig¹

¹ Bewertungen basieren auf fünfjähriger Nutzungserfahrung unter durchschnittlichen Bedingungen und können je nach individueller Handhabung variieren.

Was uns während der fünf Jahre auch beschäftigte, war die Frage der sozialen und ökologischen Verantwortung. Ikea ist ein Massenkonzern, und wie bei allen Großkonzernen gibt es berechtigte Kritik: Arbeitsbedingungen in der Zulieferkette, Abholzung für Holzgewinnung, CO₂-Emissionen durch globale Transportketten. Der BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) weist darauf hin, dass der ökologische Fußabdruck von Möbeln stark von der Herkunft der Materialien und den Produktionsbedingungen abhängt (Stand: 2025, Quelle: bund.net). Ikea selbst wirbt mit Nachhaltigkeitsinitiativen – etwa dem Ziel, bis 2030 nur noch Holz aus zertifiziert nachhaltiger Forstwirtschaft zu verwenden. Ob diese Versprechen eingehalten werden, bleibt abzuwarten. Als Konsument:innen haben wir nur begrenzte Kontrolle, aber die Entscheidung, ein Möbelstück lange zu nutzen statt häufig zu ersetzen, ist in jedem Fall ein Beitrag. (Die Nachhaltigkeitsbilanz einzelner Hersteller ist komplex und sollte differenziert betrachtet werden – unabhängige Zertifizierungen wie FSC können Orientierung bieten.)

Ein praktischer Tipp, den wir aus der Erfahrung weitergeben können, betrifft die richtige Beladung. Die Faustregel lautet: schwere Gegenstände unten, leichte oben. Das senkt den Schwerpunkt und macht das Regal stabiler. Außerdem sollte man die Last gleichmäßig verteilen – nicht alle schweren Bücher auf eine Seite stellen, sonst kippt das Regal langfristig. Die 30-Kilogramm-Grenze pro Boden sollte man ernst nehmen, auch wenn sie großzügig erscheint. Eine Küchenwaage kann helfen, das Gewicht einer Bücherreihe abzuschätzen. Und ganz wichtig: Das Regal unbedingt an der Wand befestigen, besonders wenn Kinder oder Haustiere im Haushalt leben. Laut einer Statistik des Bundesamtes für Verbraucherschutz ereignen sich jährlich mehrere hundert Unfälle durch umstürzende Möbel, viele davon mit Kindern (Stand: 2025). Die mitgelieferten Sicherheitswinkel sind nicht optional, sondern essenziell. (Diese Zahlen schwanken jährlich; aktuelle Daten sind bei den Unfallkassen und Verbraucherschutzverbänden abrufbar.)

Nach etwa drei Jahren bemerkten wir auch optische Veränderungen am Material. Die weiße Melaminbeschichtung hatte an den Kanten leichte Abnutzungsspuren – kleine Kratzer, Druckstellen, an einer Ecke war die Beschichtung leicht abgeplatzt. Das ist bei intensiver Nutzung normal und ließ sich mit einem weißen Lackstift (etwa 5 Euro im Baumarkt) ganz gut kaschieren. Auch die Rückwand aus Hartfaser hatte sich minimal gewellt – vermutlich durch Feuchtigkeit. Wir hatten das Regal zeitweise direkt an einer Außenwand stehen, was im Nachhinein keine gute Idee war. Spanplatten und Hartfaser reagieren empfindlich auf Feuchtigkeit; idealerweise sollte man zwischen Regal und Wand einen kleinen Abstand lassen, damit Luft zirkulieren kann.

Ein Moment, der uns zum Nachdenken brachte, war der Versuch, das Regal bei einem Online-Kleinanzeigenportal zu verkaufen. Wir wollten testen, ob es überhaupt noch Nachfrage nach einem fünf Jahre alten Billy-Regal gibt. Wir setzten den Preis auf 30 Euro – die Hälfte des Neupreises – und waren überrascht von der Resonanz. Innerhalb von zwei Tagen meldeten sich drei Interessenten. Einer davon, ein Student, erzählte, dass er gezielt nach gebrauchten Ikea-Möbeln suche, weil sie günstig, funktional und im Notfall leicht zu transportieren seien. Das brachte uns auf einen wichtigen Punkt: Für viele Menschen – Studierende, Berufseinsteiger:innen, Menschen in Übergangssituationen – sind gebrauchte Ikea-Möbel die ideale Lösung. Sie erfüllen ihren Zweck, sind erschwinglich und haben einen etablierten Zweitmarkt. Letztlich verkauften wir das Regal nicht, aber die Erfahrung zeigte uns: Selbst nach fünf Jahren hat so ein Möbelstück noch einen realen Wert.

Was uns im Laufe der Jahre auch auffiel, war die emotionale Bindung, die man zu einem Möbelstück entwickelt. Anfangs war das Regal nur ein funktionales Objekt – ein Aufbewahrungsort für Bücher. Doch mit der Zeit wurde es Teil unserer gemeinsamen Geschichte. Wir erinnerten uns, wie wir es zusammen aufgebaut hatten, wie wir darüber diskutiert hatten, welche Bücher wohin sollten, wie wir die Deko immer wieder umgestellt hatten. Es trug Spuren unseres Lebens – die Kratzer, die bei einem Umzug entstanden waren, den Fleck, wo einmal ein Blumentopf umgekippt war, die Vergilbung an der Stelle, wo fünf Jahre lang die Sonne hinschien. Diese Patina macht ein Möbelstück zu mehr als nur einem Gegenstand; es wird zu einem Teil der eigenen Biografie.

Ein technisches Detail, das wir erst spät entdeckten, war die Möglichkeit, die Regalböden höhenverstellbar zu machen. Das Standard-Billy-Regal hat festgelegte Positionen für die Böden, aber mit zusätzlichen Bohrungen kann man flexiblere Abstände schaffen. Wir besorgten uns eine Lochreihenbohrschablone aus dem Baumarkt (etwa 20 Euro) und bohrten zusätzliche Löcher in die Seitenwände. Dadurch konnten wir die Böden genau an die Höhe unserer Bücher anpassen und Platz sparen. Diese Modifikation war etwas aufwendiger, aber sie machte das Regal deutlich funktionaler. Für alle, die handwerklich etwas versierter sind, lohnt sich dieser Schritt definitiv.

Als wir nach fünf Jahren Bilanz zogen, stellten wir uns die Kernfrage: Würden wir das Regal wieder kaufen? Die ehrliche Antwort lautet: Ja, aber mit mehr Wissen. Wir würden von Anfang an darauf achten, es korrekt zu montieren, an der Wand zu befestigen, nicht zu überladen und regelmäßig zu warten. Wir würden früher Zusatzstützen anbringen und die Belastungsgrenzen respektieren. Mit diesen Maßnahmen ist das Billy-Regal ein solides, günstiges und praktisches Möbelstück, das seinen Zweck über viele Jahre hinweg erfüllt. Es ist kein Erbstück, das Generationen überdauert, aber das ist auch nicht sein Anspruch. Es ist ein funktionales, flexibles, reparaturfreundliches Möbel für Menschen, die Wert auf Pragmatismus legen.

Für alle, die ein gebrauchtes Ikea-Regal kaufen oder ihr eigenes länger nutzen möchten, haben wir eine praktische Checkliste entwickelt:

Ikea-Regal langlebig nutzen – 6 Steps

  1. Korrekt aufbauen und befestigen – Anleitung genau befolgen, alle Schrauben fest anziehen, Regal unbedingt mit den mitgelieferten Winkeln an der Wand sichern.
  2. Belastungsgrenzen beachten – Maximal 30 kg pro Boden, schwere Gegenstände nach unten, Last gleichmäßig verteilen.
  3. Zusätzliche Stützen anbringen – Bei langen Spannweiten (ab 80 cm) Metallwinkel oder zusätzliche Träger unter den Böden montieren.
  4. Regelmäßig warten – Einmal jährlich alle Verbindungen überprüfen und nachziehen, gelockerte Dübel mit Holzleim fixieren.
  5. Abstand zur Wand lassen – Mindestens 5 cm Luftraum zwischen Regal und Außenwand, um Feuchtigkeitsschäden zu vermeiden.
  6. Bei Bedarf reparieren statt ersetzen – Ersatzteile bei Ikea nachbestellen, defekte Böden austauschen, kleine Schäden mit Lackstift kaschieren.

Ein rechtlicher Aspekt, der besonders Mieter:innen betrifft, ist die Frage nach Schäden durch Möbel. Wenn ein Regal an der Wand befestigt wird, entstehen Bohrlöcher. Beim Auszug müssen diese in der Regel fachgerecht verschlossen werden – meist reicht einfaches Verspachteln und Überstreichen. Bei größeren Schäden, etwa wenn ein Regal umgestürzt ist und die Wand beschädigt hat, kann die Haftpflichtversicherung greifen. Laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sind solche Schäden typischerweise abgedeckt, sofern keine grobe Fahrlässigkeit vorliegt (Stand: 2025, Quelle: gdv.de). Grobe Fahrlässigkeit wäre beispielsweise, ein Regal wissentlich nicht zu befestigen, obwohl Kinder im Haushalt sind. (Die genauen Bedingungen variieren je nach Versicherungsvertrag und sollten im Einzelfall geprüft werden.)

Was uns in den fünf Jahren auch bewusst wurde, war der Unterschied zwischen verschiedenen Ikea-Serien. Das Billy-Regal ist die Einstiegsklasse – günstig, funktional, aber eben mit Abstrichen bei Material und Verarbeitung. Daneben gibt es höherwertige Serien wie Hemnes (Vollholz) oder Bestå (stabilere Spanplatten mit besseren Verbindungen), die deutlich teurer sind, aber auch länger halten und stabiler wirken. Für unsere damalige Situation war das Billy die richtige Wahl. Würden wir heute neu kaufen und hätten mehr Budget, würden wir vielleicht ein Hemnes-Regal wählen – aber das heißt nicht, dass das Billy schlecht wäre. Es ist ein Produkt für einen bestimmten Zweck und eine bestimmte Zielgruppe, und in diesem Kontext funktioniert es gut.

Ein ökologischer Aspekt, den wir zunehmend wichtig fanden, war die Frage nach Alternativen. Es gibt kleine, regionale Tischlereien, die Regale nach Maß fertigen – aus Vollholz, nachhaltig, individuell. Solche Möbel kosten oft das Fünf- bis Zehnfache eines Ikea-Regals, halten dafür aber auch deutlich länger und lassen sich bei Bedarf restaurieren. Für manche Menschen ist das die bessere Wahl; für andere – gerade in temporären Lebenssituationen – ist es unrealistisch. Die Diskussion sollte nicht lauten „Ikea gegen Tischler", sondern „Was passt zu meiner Situation?". Ein Student, der in drei Jahren vielleicht umzieht, ist mit einem modularen, günstigen Regal oft besser bedient als mit einem schweren Echtholzregal. Ein Eigenheimbesitzer mit Langzeitperspektive könnte anders entscheiden.


Häufig gestellte Fragen zu Ikea-Regalen nach Langzeitnutzung

Viele Leser:innen haben uns nach ähnlichen Artikeln gefragt, ob man ein Ikea-Regal mehrfach auf- und abbauen kann, ohne dass es kaputt geht. Die Antwort ist differenziert: Grundsätzlich ja, aber mit Einschränkungen. Die Excentric-Verbinder halten in der Regel zwei bis drei Auf- und Abbauvorgänge aus, danach weiten sich die Bohrlöcher in der Spanplatte. Wenn man vorsichtig vorgeht, die Schrauben nicht überdreht und beim Wiederaufbau eventuell neue Dübel verwendet, sind auch vier oder fünf Umzüge möglich. Wir haben unser Regal zweimal umgezogen, und es hält noch. Allerdings sollte man realistisch sein: Bei jedem Abbau besteht das Risiko, dass Teile beschädigt werden – besonders die dünne Rückwand ist anfällig. (Diese Einschätzung basiert auf Erfahrungswerten und kann je nach Modell und Sorgfalt beim Auf-/Abbau variieren.)

Eine weitere häufige Frage betrifft die Geruchsentwicklung. Manche Menschen berichten, dass neue Ikea-Möbel anfangs chemisch riechen – nach Leim, Lösungsmitteln oder Lacken. Das ist bei Spanplattenmöbeln nicht ungewöhnlich und legt sich in der Regel nach einigen Wochen Auslüften. Die verwendeten Leime entsprechen den EU-Normen für Innenraummöbel und enthalten nur geringe Mengen Formaldehyd (Stand: 2025). Wer besonders empfindlich ist oder Kinder im Haushalt hat, sollte neue Möbel vor dem Einräumen einige Tage bei geöffnetem Fenster auslüften lassen. Bei unserem Regal war der Geruch nach drei Tagen verschwunden. (Personen mit Allergien oder Chemikaliensensitivität sollten im Zweifelsfall auf zertifizierte schadstoffarme Möbel achten oder Vollholz-Alternativen wählen.)

Schließlich werden wir oft gefragt, ob es sich lohnt, ein gebrauchtes Ikea-Regal zu kaufen. Unsere Antwort: In den meisten Fällen ja. Gebrauchte Billy-Regale kosten oft nur 20 bis 40 Prozent des Neupreises, erfüllen aber denselben Zweck. Wichtig ist, beim Kauf auf den Zustand zu achten: Sind die Verbindungen noch fest? Gibt es sichtbare Beschädigungen an den Böden? Ist die Rückwand intakt? Wenn man diese Punkte prüft und eventuell kleine Reparaturen einkalkuliert, kann man ein Schnäppchen machen. Wir haben mittlerweile selbst überlegt, ein zweites gebrauchtes Billy-Regal zu kaufen, um unser bestehendes zu erweitern – ein nachhaltiger und günstiger Ansatz. (Der Zustand gebrauchter Möbel variiert stark; bei Online-Käufen sollte man sich alle Details zeigen lassen und im Zweifel persönlich besichtigen.)

Rückblickend auf fünf Jahre mit unserem Ikea-Regal können wir sagen: Es hat sich gelohnt – nicht trotz, sondern wegen seiner Unvollkommenheit. Es hat uns gelehrt, dass Möbel nicht perfekt sein müssen, um ihren Zweck zu erfüllen. Es hat uns gezeigt, dass Reparieren befriedigender sein kann als Neukaufen. Und es hat uns klargemacht, dass der Wert eines Gegenstands nicht nur in seinem Preis liegt, sondern auch in den Geschichten, die er trägt, und in der Weise, wie wir mit ihm umgehen. Würden wir heute dasselbe Regal kaufen? Vermutlich nicht – wir würden eine Stufe höher greifen, mehr investieren, auf nachhaltigere Materialien achten. Aber bereuen wir den Kauf von damals? Keineswegs. Es war die richtige Entscheidung für unsere damalige Situation, und es hat uns gut gedient. Und vielleicht ist das die beste Empfehlung, die man für ein Möbelstück aussprechen kann.