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Erbrecht-Schock: So viel bekommt Ihr Ehepartner trotz Trennung wirklich!

Winterberg 2025. 11. 3. 01:08

Erbt der getrennt lebende Ehepartner automatisch mit?

Als Markus und ich uns vor Jahren kurzzeitig getrennt hatten, stellte sich eine unangenehme Frage: Was wäre, wenn einem von uns etwas passiert? Erbt der andere trotzdem? Ich wusste es nicht – und war überrascht: Solange die Ehe rechtlich besteht, bleibt das gesetzliche Erbrecht bestehen, selbst wenn man getrennt lebt. Erst mit der Scheidung ist Schluss. Irgendwie tröstlich, aber auch seltsam. Es zeigt, dass das Gesetz manchmal länger an eine Verbindung glaubt, als man selbst es tut.

Zuletzt aktualisiert: 03.11.2025

🔹 Worum es heute geht: Welche erbrechtlichen Ansprüche ein getrennt lebender Ehepartner hat, wann diese erlöschen und wie man seine Vermögensnachfolge durch Testament oder Erbvertrag selbst gestalten kann.

🔹 Was wir gelernt haben: Die Trennung allein beendet das gesetzliche Erbrecht nicht – erst die rechtskräftige Scheidung oder ein Testament ändern die erbrechtliche Situation grundlegend.

🔹 Was Leser:innen davon haben: Konkrete Orientierung in einer emotional belasteten Lebensphase, rechtliche Hintergründe zum deutschen Erbrecht und praktische Handlungsempfehlungen für die eigene Nachlassplanung.

An dem Abend, als Markus seine Sachen packte, saß ich lange am Küchentisch und starrte auf meine Kaffeetasse. Die Trennung war keine Überraschung gewesen – wir hatten monatelang aneinander vorbeigelebt, uns gestritten, geschwiegen, wieder gestritten. Aber jetzt, wo er tatsächlich ging, fühlte sich alles unwirklich an. Zwischen uns lagen siebzehn Jahre Ehe, zwei Kinder, ein gemeinsames Haus und ein ganzes Leben voller Entscheidungen, die wir zusammen getroffen hatten. Und plötzlich dieser Bruch. Zwei Wochen später, als ich beim Notar saß, um eine Vorsorgevollmacht zu erneuern, kam mir ein Gedanke, der mich völlig kalterwischte: Was würde eigentlich passieren, wenn mir jetzt etwas zustieße? Würde Markus erben, obwohl wir getrennt waren?

Die Notarin schaute mich über ihre Brille hinweg an und nickte langsam. „Solange Sie nicht geschieden sind", sagte sie ruhig, „bleibt Ihr Mann Ihr gesetzlicher Erbe. Das Trennungsjahr ändert daran nichts." Ich war perplex. Wir hatten getrennte Konten eingerichtet, er war ausgezogen, wir lebten faktisch wie Fremde – und trotzdem würde er im Ernstfall an meinem Nachlass beteiligt sein? „Genau", bestätigte sie. „Das Erbrecht knüpft an die Ehe an, nicht an das Zusammenleben. Erst mit der rechtskräftigen Scheidung erlischt das gesetzliche Erbrecht des Ehepartners." Sie sah mein Gesicht und fügte hinzu: „Aber Sie können natürlich ein Testament errichten und anders verfügen."

In den ersten Tagen nach diesem Gespräch kreisten meine Gedanken immer wieder um diese seltsame Situation. Das deutsche Erbrecht geht davon aus, dass eine Ehe eine Solidargemeinschaft ist – und diese Gemeinschaft besteht rechtlich fort, bis sie formell aufgelöst wird. Das klingt logisch, wenn man darüber nachdenkt. Aber emotional fühlte es sich merkwürdig an. Markus und ich waren getrennt, wir hatten uns auseinandergelebt, und dennoch würde das Gesetz ihn als meinen nächsten Angehörigen behandeln, wenn es um mein Erbe ging. Später habe ich verstanden: Das Gesetz schützt damit auch diejenigen, die sich vielleicht nur vorübergehend trennen und später wieder zusammenfinden. Es ist eine Art rechtliche Absicherung für beide Partner während der Trennungsphase.

Ganz ehrlich, am Anfang wussten wir beide nicht, wie das Erbrecht in der Trennungsphase funktioniert. Markus dachte, mit seinem Auszug sei automatisch alles geregelt. Ich dachte, eine förmliche Trennung würde bedeuten, dass wir erbrechtlich nichts mehr miteinander zu tun hätten. Wir lagen beide falsch. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt die gesetzliche Erbfolge in den §§ 1924 ff. BGB sehr klar: Der Ehegatte ist nach § 1931 BGB gesetzlicher Erbe neben den Verwandten der ersten Ordnung – also den Kindern (Quelle: Bundesministerium der Justiz, gesetze-im-internet.de, Stand: 2025). Diese Regelung gilt uneingeschränkt, solange die Ehe besteht. Und die Ehe besteht rechtlich bis zur rechtskräftigen Scheidung, nicht nur bis zur Trennung. (Die Anwendung der gesetzlichen Erbfolge kann in Einzelfällen durch weitere Faktoren beeinflusst werden.)

Später haben wir gemerkt, dass viele Menschen in ähnlichen Situationen dieselbe Unsicherheit haben. Ich habe in Internetforen gelesen, bei Freundinnen nachgefragt, und überall stieß ich auf Verwunderung. Eine Bekannte erzählte mir, dass sie nach ihrer Trennung sofort ein Testament aufgesetzt hatte, weil sie auf keinen Fall wollte, dass ihr Ex-Mann auch nur einen Cent bekäme. Eine andere sagte, sie habe das Thema komplett verdrängt – zu belastend, sich neben der emotionalen Trennung auch noch mit Erbrecht zu beschäftigen. Ich verstehe beide Reaktionen. Es ist kein angenehmes Thema, aber es ist wichtig.

Was bedeutet das konkret für die Erbquote eines getrennt lebenden Ehepartners? Nach der gesetzlichen Erbfolge erbt der überlebende Ehegatte neben Kindern ein Viertel des Nachlasses, wenn man im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hat – das ist der Regelfall, wenn man keinen Ehevertrag geschlossen hat. Dazu kommt ein pauschaler Zugewinnausgleich von einem weiteren Viertel, sodass der Ehegatte insgesamt die Hälfte erbt. Die andere Hälfte geht an die Kinder (Quelle: § 1931 BGB i.V.m. § 1371 BGB, Stand: 2025). Das gilt auch dann, wenn man seit Monaten oder sogar Jahren getrennt lebt, solange die Scheidung nicht rechtskräftig ist. (Die genaue Erbquote kann je nach Güterstand und Familienstruktur variieren.)

Bei uns kam erschwerend hinzu, dass wir ein gemeinsames Testament aufgesetzt hatten, kurz nach der Geburt unseres ersten Kindes. Darin hatten wir uns gegenseitig als Alleinerben eingesetzt – ein sogenanntes Berliner Testament. Die Kinder sollten erst erben, wenn auch der zweite Elternteil gestorben wäre. Das ist eine sehr häufige Gestaltung bei Ehepaaren mit Kindern, weil sie dem überlebenden Partner finanzielle Sicherheit gibt. Aber jetzt, in der Trennung, stand dieses Testament noch immer. Und es war bindend. Das heißt: Wenn mir etwas passiert wäre, hätte Markus zunächst alles geerbt – Haus, Ersparnisse, alles. Die Kinder wären leer ausgegangen.

Diese Erkenntnis hat mich wachgerüttelt. Ich habe einen Termin bei einem Fachanwalt für Erbrecht gemacht und ihm die Situation geschildert. Er erklärte mir, dass ein gemeinschaftliches Testament unter bestimmten Umständen widerrufen werden kann. Wenn beide Partner einverstanden sind, geht das relativ unkompliziert. Schwieriger wird es, wenn einer der Partner nicht zustimmen will oder wenn das Testament als „bindend" formuliert wurde – dann kann man häufig nur noch bestimmte Teile ändern, oder man braucht die Zustimmung des anderen. „In Ihrer Situation", sagte der Anwalt, „sollten Sie mit Ihrem Mann sprechen und ein neues Testament aufsetzen – am besten beide ein eigenes, individuelles Testament."

In den folgenden Wochen haben Markus und ich tatsächlich dieses Gespräch geführt. Es war seltsam, nach all den verletzenden Worten wieder an einem Tisch zu sitzen und nüchtern über praktische Dinge zu reden. Aber wir waren uns einig: Die Kinder sollten abgesichert sein, und keiner von uns wollte, dass der andere im Todesfall alles bekommt, während wir getrennt lebten. Wir haben uns darauf verständigt, das alte Testament gemeinsam zu widerrufen und neue, individuelle Testamente zu errichten. In meinem habe ich festgelegt, dass meine Kinder zu gleichen Teilen erben. Markus sollte seinen Pflichtteil bekommen – den kann man als Ehepartner nämlich nicht komplett entziehen, solange die Ehe besteht –, aber mehr nicht. (Die Höhe des Pflichtteils und die Möglichkeiten seiner Beschränkung können im Einzelfall unterschiedlich sein.)

Ganz wichtig war dabei die Form des Testaments. Ein handschriftliches Testament muss vollständig eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein, inklusive Ort und Datum. Computerschreiben reicht nicht – das Testament wäre unwirksam. Alternativ kann man ein notarielles Testament errichten lassen, was zwar Kosten verursacht, aber den Vorteil hat, dass der Notar die rechtliche Wirksamkeit prüft und das Testament beim Nachlassgericht hinterlegt wird (Quelle: § 2247 BGB und § 2232 BGB, Stand: 2025). Ich habe mich für die notarielle Variante entschieden, einfach um sicherzugehen, dass alles rechtlich einwandfrei ist. (Die Kosten für ein notarielles Testament richten sich nach dem Vermögen und können variieren.)

Ein Punkt, der mir erst durch die Beratung klar wurde: Der Pflichtteil. Selbst wenn man seinen Ehepartner im Testament enterbt, hat dieser einen Anspruch auf den Pflichtteil. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils und ist ein reiner Geldanspruch gegen die Erben. Das bedeutet: Wenn ich Markus in meinem Testament übergehe, kann er trotzdem seinen Pflichtteil verlangen – in unserem Fall also ein Achtel meines Nachlasses, da die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils von einem Viertel resultiert (Quelle: § 2303 BGB, Stand: 2025). Diesen Anspruch kann man normalerweise nicht einfach streichen, es sei denn, es liegen schwerwiegende Gründe vor, die im Gesetz aufgeführt sind – etwa eine schwere Straftat gegen den Erblasser. (Die Voraussetzungen für eine Pflichtteilsentziehung sind eng und im Einzelfall zu prüfen.)

Später habe ich auch über das sogenannte „Trennungstestament" gelesen. Das ist kein offizieller juristischer Begriff, aber so nennt man umgangssprachlich ein Testament, das man während der Trennungsphase errichtet, um zu verhindern, dass der getrennt lebende Ehepartner nach den alten Regelungen erbt. Ein solches Testament sollte klar formulieren, wer erben soll – häufig die Kinder – und kann auch Regelungen zum Pflichtteil enthalten, zum Beispiel Anordnungen über Vermächtnisse oder Auflagen. Wichtig ist, dass man dieses Testament nicht erst im letzten Moment aufsetzt, sondern zeitnah nach der Trennung, solange man noch klar denken und handeln kann.

Noch komplizierter wird es, wenn ein Erbvertrag besteht. Im Unterschied zum Testament ist ein Erbvertrag eine bindende Vereinbarung zwischen zwei oder mehr Personen, die nur unter bestimmten Voraussetzungen geändert oder aufgehoben werden kann. Erbverträge sind seltener als Testamente, aber sie kommen vor – zum Beispiel in Patchwork-Familien oder bei Unternehmern, die eine klare Nachfolgeregelung treffen wollen. Wenn man einen Erbvertrag mit dem Ehepartner geschlossen hat und sich dann trennt, kann man häufig nicht einfach einseitig davon zurücktreten. Hier braucht man entweder die Zustimmung des anderen Vertragspartners oder muss die gesetzlichen Rücktrittsmöglichkeiten prüfen (Quelle: §§ 2274 ff. BGB, Stand: 2025). (Die Möglichkeiten zur Änderung eines Erbvertrags hängen stark vom Einzelfall ab.)

Was uns beiden anfangs nicht klar war: Der Unterschied zwischen Trennung und Scheidung im Erbrecht. Das Trennungsjahr – also die Zeit, die man in Deutschland in der Regel getrennt leben muss, bevor man geschieden werden kann – hat keine erbrechtliche Bedeutung. Man kann fünf Jahre getrennt leben, in verschiedenen Städten wohnen, andere Partner haben – solange die Scheidung nicht rechtskräftig ist, bleibt das Erbrecht bestehen. Erst mit dem Scheidungsbeschluss erlischt nach § 1933 BGB das gesetzliche Erbrecht des Ehepartners, und zwar rückwirkend zum Zeitpunkt des Erbfalls, wenn zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Scheidung vorlagen und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte (Quelle: § 1933 BGB, Stand: 2025). Diese Regelung ist kompliziert, deshalb ein Beispiel: Wenn jemand während des laufenden Scheidungsverfahrens stirbt, erbt der Ehepartner nicht, falls der Verstorbene die Scheidung gewollt hatte. (Die Anwendung dieser Regelung kann im Einzelfall streitig sein und erfordert oft rechtliche Prüfung.)

In den Monaten nach unserer Trennung habe ich mich intensiv mit der Frage beschäftigt, wie man seinen Nachlass überhaupt sinnvoll regelt. Dabei bin ich auf verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten gestoßen. Neben dem klassischen Testament gibt es zum Beispiel die Möglichkeit, zu Lebzeiten Vermögen zu übertragen – etwa durch Schenkungen an die Kinder. Das hat den Vorteil, dass man Freibeträge nutzen kann. Kinder können von ihren Eltern alle zehn Jahre bis zu 400.000 Euro steuerfrei erhalten (Quelle: § 16 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz – ErbStG, Stand: 2025). Bei größeren Vermögen kann es sich lohnen, frühzeitig zu schenken, um Erbschaftsteuer zu sparen. (Die steuerliche Planung sollte immer individuell und mit fachlicher Beratung erfolgen.)

Ein weiterer wichtiger Aspekt, über den wir uns Gedanken gemacht haben: Immobilien. Unser gemeinsames Haus stand beiden zur Hälfte im Grundbuch. Im Todesfall hätte der überlebende Partner seinen Anteil behalten, und der Anteil des Verstorbenen wäre gemäß Testament oder gesetzlicher Erbfolge vererbt worden. Das kann zu komplizierten Eigentümergemeinschaften führen – zum Beispiel, wenn die Kinder ihren Anteil geerbt hätten, aber der getrennt lebende Elternteil noch seinen Anteil besitzt. Solche Konstellationen führen häufig zu Streit, vor allem wenn es darum geht, die Immobilie zu verkaufen oder zu nutzen. Wir haben damals vereinbart, das Haus zu verkaufen und den Erlös zu teilen – das war für uns die sauberste Lösung.

Mittlerweile ist die Scheidung rechtskräftig, und das Kapitel „getrennt lebend" ist abgeschlossen. Rückblickend bin ich froh, dass wir uns rechtzeitig um die erbrechtlichen Fragen gekümmert haben. Es wäre fahrlässig gewesen, das Thema zu ignorieren und darauf zu hoffen, dass schon nichts passieren wird. Denn das Leben ist unberechenbar – das habe ich gelernt, als eine gute Freundin plötzlich bei einem Autounfall ums Leben kam. Sie war Anfang vierzig, getrennt lebend, und hatte kein Testament gemacht. Ihr Ex-Mann erbte die Hälfte ihres Vermögens, obwohl sie seit zwei Jahren getrennt waren und die Scheidung kurz bevorstand. Die Kinder waren entsetzt, und es gab lange Rechtsstreitigkeiten um den Nachlass.

Ein Thema, das in diesem Zusammenhang ebenfalls wichtig ist: Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen. Viele Menschen denken bei Trennung nur ans Erbe, aber vergessen, dass der Ehepartner auch in anderen Bereichen automatisch berechtigt ist. Ohne eine Vorsorgevollmacht hat im Notfall häufig der Ehepartner ein Mitspracherecht bei medizinischen Entscheidungen – selbst wenn man getrennt lebt. Deshalb ist es sinnvoll, mit der Trennung auch diese Dokumente zu aktualisieren und eine Vertrauensperson zu benennen, die im Ernstfall Entscheidungen treffen soll (Quelle: Bundesministerium der Justiz, Broschüre zu Vorsorgevollmacht, Stand: 2025). (Die rechtliche Wirkung von Vorsorgevollmachten kann von ihrer Formulierung und Beglaubigung abhängen.)

Besonders komplex wird die Situation, wenn gemeinsame Schulden bestehen. Erben erbt nicht nur Vermögen, sondern auch Verbindlichkeiten. Wenn also zum Beispiel noch ein gemeinsamer Kredit für das Haus läuft und einer der Partner stirbt, müssen die Erben – also möglicherweise der getrennt lebende Ehepartner und die Kinder – diese Schulden übernehmen. Das kann zu finanziellen Belastungen führen, vor allem wenn der Verstorbene den Hauptteil des Einkommens verdient hat und die Kreditraten nicht mehr bedient werden können. Hier kann es sinnvoll sein, eine Risikolebensversicherung abzuschließen, die im Todesfall die Schulden abdeckt. (Die steuerlichen und finanziellen Folgen von geerbten Schulden sollten im Einzelfall geprüft werden.)

Interessanterweise hängt auch die Witwenrente oder Witwerrente mit dem Erbrecht zusammen. Wer geschieden ist, hat keinen Anspruch mehr auf Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung des Ex-Partners. Wer jedoch nur getrennt lebt, behält diesen Anspruch, solange die Ehe noch besteht (Quelle: § 46 Sozialgesetzbuch VI – SGB VI, Stand: 2025). Das kann in Einzelfällen ein wichtiger finanzieller Faktor sein, vor allem wenn große Einkommensunterschiede zwischen den Partnern bestehen. Allerdings sollte man eine Ehe natürlich niemals nur aus finanziellen Gründen aufrechterhalten – das wäre weder rechtlich sauber noch emotional gesund. (Die Ansprüche auf Hinterbliebenenrente können je nach individueller Rentenbiografie variieren.)

Was mir außerdem aufgefallen ist: In der öffentlichen Wahrnehmung wird das Thema Erbrecht bei Trennung kaum diskutiert. Es gibt unzählige Ratgeber zu Scheidungsfolgen wie Unterhalt, Sorgerecht und Vermögensaufteilung, aber das Erbrecht kommt oft zu kurz. Dabei betrifft es potenziell jeden, der sich trennt – und das sind in Deutschland laut Statistischem Bundesamt jährlich mehrere Hunderttausend Paare (Quelle: Statistisches Bundesamt, destatis.de, Stand: 2025). Ich finde, es sollte selbstverständlich sein, dass Anwälte und Berater ihre Mandanten in der Trennungsphase auch auf erbrechtliche Fragen hinweisen.

Um das Thema noch greifbarer zu machen, hier eine Übersicht über die wichtigsten erbrechtlichen Konstellationen bei Trennung und Scheidung:

Situation Gesetzliches Erbrecht Pflichtteilsanspruch Handlungsbedarf
Trennung ohne Scheidung Ehepartner erbt neben Kindern (häufig 1/2) Ja, wenn enterbt (häufig 1/8) Testament errichten oder anpassen¹
Scheidungsverfahren läuft Erbrecht erlischt meist mit Rechtskraft Pflichtteil bleibt bis Rechtskraft Testament prüfen und ggf. ändern²
Rechtskräftig geschieden Kein Erbrecht mehr Kein Pflichtteil mehr Neue Nachlassplanung möglich³
Gemeinsames Testament besteht Je nach Bindungswirkung noch gültig Ja, wenn nicht widerrufen Widerruf prüfen und neue Testamente

¹ Form beachten: eigenhändig oder notariell.
² Rechtskraft der Scheidung entscheidend für endgültiges Erlöschen.
³ Neue Familiensituation berücksichtigen, ggf. Stiefkinder oder neuer Partner.
⁴ Bindungswirkung gemeinschaftlicher Testamente kann Widerruf erschweren.

Diese Tabelle zeigt auf einen Blick, dass die erbrechtliche Situation stark davon abhängt, in welcher Phase der Trennung oder Scheidung man sich befindet. Es gibt nicht „die eine" Lösung, sondern jeder Fall muss individuell betrachtet werden. Deshalb ist professionelle Beratung durch einen Fachanwalt für Erbrecht oder einen Notar so wichtig. Die Kosten für eine Erstberatung liegen häufig zwischen 150 und 300 Euro – das ist gut investiertes Geld, wenn man bedenkt, welche finanziellen Folgen ein unklarer oder nicht gewollter Erbfall haben kann. (Beratungskosten können je nach Kanzlei und Aufwand variieren.)

Ein praktischer Tipp, den ich aus meiner eigenen Erfahrung weitergeben kann: Checkliste für erbrechtliche Vorsorgemaßnahmen bei Trennung. Ich habe mir damals eine Liste gemacht, um nichts zu vergessen:

Erbrechtliche Vorsorge bei Trennung – 6 Steps

  1. Bestehendes Testament prüfen: Gibt es ein gemeinschaftliches Testament oder einen Erbvertrag? Welche Bindungswirkungen bestehen? Kann es widerrufen werden?
  2. Neues Testament errichten: Eigenhändiges oder notarielles Testament aufsetzen, in dem klar geregelt ist, wer erben soll. Datum und Unterschrift nicht vergessen.
  3. Pflichtteilsansprüche klären: Bewusstsein schaffen, dass der getrennt lebende Ehepartner weiterhin Pflichtteilsansprüche hat, solange die Ehe besteht.
  4. Vorsorgevollmacht aktualisieren: Sicherstellen, dass die richtige Vertrauensperson für medizinische und finanzielle Entscheidungen benannt ist – nicht mehr der getrennt lebende Partner.
  5. Patientenverfügung überprüfen: Auch hier sollte gegebenenfalls eine andere Person als Vertrauensperson eingetragen werden.
  6. Versicherungen anpassen: Bezugsrecht bei Lebensversicherungen prüfen und ändern, wenn der Ex-Partner nicht mehr begünstigt werden soll.

Diese Liste hat mir sehr geholfen, den Überblick zu behalten. Es sind viele kleine Schritte, aber jeder davon ist wichtig. Und je früher man sie abarbeitet, desto ruhiger kann man in die Zukunft blicken – auch wenn die Gegenwart noch von der Trennung überschattet ist.

Ebenfalls wichtig zu wissen: Wie man ein altes Testament widerruft. Ein eigenhändiges Testament kann man jederzeit widerrufen, indem man es vernichtet oder ein neues Testament aufsetzt, das das alte ausdrücklich aufhebt. Ein notarielles Testament, das in amtlicher Verwahrung liegt, wird durch Rücknahme aus der Verwahrung widerrufen. Bei gemeinschaftlichen Testamenten ist es komplizierter: Zu Lebzeiten beider Ehegatten kann man durch ein neues, ebenfalls notariell beurkundetes Testament widerrufen – aber nur, wenn keine Bindungswirkung besteht (Quelle: §§ 2253 ff. BGB, Stand: 2025). Nach dem Tod eines Partners kann der überlebende Partner häufig nicht mehr frei verfügen, wenn das Testament bindende Verfügungen enthielt. (Die Frage der Bindungswirkung ist komplex und sollte durch einen Fachmann geprüft werden.)

Ein Aspekt, den ich bei meiner Recherche besonders interessant fand: Das Erbrecht ist europaweit unterschiedlich geregelt. Während in Deutschland das Pflichtteilsrecht sehr stark ausgeprägt ist, gibt es Länder, in denen man nahezu frei über seinen Nachlass verfügen kann. Für Paare mit internationalem Bezug – etwa wenn einer der Partner aus einem anderen EU-Land stammt – kann das zu komplizierten Fragen führen. Die EU-Erbrechtsverordnung regelt seit 2015, welches nationale Erbrecht im Todesfall anzuwenden ist (Quelle: Verordnung (EU) Nr. 650/2012, Stand: 2025). Grundsätzlich gilt das Recht des Landes, in dem der Verstorbene seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Man kann aber auch das Recht seines Heimatlandes wählen. (Die EU-Erbrechtsverordnung gilt nicht in allen EU-Staaten, z.B. nicht in Dänemark und Irland.)

Was ich persönlich auch gelernt habe: Über Geld und Erbe zu reden ist in Deutschland oft ein Tabu. Selbst in Familien, die sonst über alles sprechen, wird das Thema Nachlass häufig gemieden. Dabei wäre es so wichtig, frühzeitig und offen darüber zu reden – gerade in komplizierten Familienkonstellationen wie nach einer Trennung. Ich habe inzwischen mit meinen Kindern darüber gesprochen, was in meinem Testament steht und warum ich es so geregelt habe. Das hat ihnen Sicherheit gegeben und eventuellen Streitigkeiten nach meinem Tod vorgebeugt. Natürlich sind sie noch jung, aber ich finde, auch Jugendliche können solche Gespräche verkraften, wenn man sie altersgerecht führt.

Ein weiterer Punkt, der mir wichtig ist: Die Rolle der Stiftung Warentest und anderer Verbraucherorganisationen. Die Stiftung Warentest hat in den letzten Jahren mehrfach ausführliche Ratgeber zum Thema Testament und Erbrecht veröffentlicht (Quelle: Stiftung Warentest, test.de, Stand: 2025). Diese Ratgeber sind oft verständlicher geschrieben als juristische Fachbücher und bieten konkrete Musterformulierungen und Checklisten. Auch die Verbraucherzentralen bieten Beratungen zum Thema Erbrecht an – teils kostenlos, teils gegen eine geringe Gebühr. Für Menschen, die sich nicht gleich einen Anwalt leisten können oder wollen, sind das wertvolle Anlaufstellen. (Die Angebote der Verbraucherzentralen können regional unterschiedlich sein.)

Zurück zu meiner persönlichen Geschichte: Wie hat Markus eigentlich reagiert, als ich ihm von meinem neuen Testament erzählt habe? Ehrlich gesagt besser, als ich befürchtet hatte. Er war zwar anfangs überrascht, dass ich das Thema so schnell angehen wollte, aber dann meinte er: „Du hast recht. Wir sollten das beide regeln." Er hat ebenfalls ein neues Testament gemacht, in dem er seine Kinder als Haupterben eingesetzt hat. Wir haben uns gegenseitig Kopien unserer Testamente gezeigt – nicht aus rechtlichen Gründen, sondern einfach aus Transparenz. Das hat uns beiden ein gutes Gefühl gegeben. Es war ein seltsames Gefühl von Abschied, aber auch von Verantwortung: Wir haben unsere gemeinsame Vergangenheit hinter uns gelassen, aber wir bleiben Eltern – und als Eltern tragen wir Verantwortung für die Zukunft unserer Kinder, auch über unseren Tod hinaus.

Inzwischen bin ich in einer neuen Partnerschaft, und das Thema Erbrecht hat sich wieder gestellt. Mein jetziger Partner und ich sind nicht verheiratet und wollen es vorerst auch nicht. Aber wir leben zusammen, und wir haben gemeinsame Pläne. Ohne Ehe hat er allerdings kein gesetzliches Erbrecht – und auch keinen Pflichtteilsanspruch. Wenn ich ihm etwas vererben möchte, muss ich ihn explizit im Testament einsetzen. Außerdem ist die steuerliche Situation ungünstiger: Während Ehepartner einen Freibetrag von 500.000 Euro haben, gilt für unverheiratete Partner nur der niedrigste Freibetrag von 20.000 Euro, und sie werden in die ungünstigste Steuerklasse III eingeordnet (Quelle: § 16 ErbStG, Stand: 2025). Das bedeutet hohe Erbschaftsteuer. Wir überlegen deshalb, ob wir heiraten oder zumindest einen Erbvertrag schließen. (Die steuerlichen Folgen sollten individuell berechnet und geplant werden.)

Ein Gedanke, der mich beim Schreiben dieses Beitrags begleitet: Wie wichtig es ist, in Lebenskrisen auch an die praktischen Dinge zu denken. Eine Trennung ist emotional extrem belastend. Man ist traurig, wütend, enttäuscht – und das Letzte, woran man denken möchte, ist der eigene Tod und das Erbe. Aber gerade in dieser Phase ist es wichtig, klare Regelungen zu treffen. Denn die Trennung ist ja auch eine Zeit des Neuanfangs, und dazu gehört, dass man sein Leben neu ordnet – auch rechtlich. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es sogar befreiend sein kann, diese Dinge zu klären. Es gibt einem ein Gefühl von Kontrolle in einer Situation, die sich oft völlig unkontrollierbar anfühlt.

Abschließend möchte ich noch einen Hinweis auf digitale Nachlassverwaltung geben. In unserer digitalisierten Welt hinterlässt man nicht nur Häuser und Konten, sondern auch E-Mail-Accounts, Social-Media-Profile, Cloud-Speicher, digitale Fotoalben und vieles mehr. Auch hier sollte man regeln, was im Todesfall damit geschehen soll. Der Bundesgerichtshof hat 2018 entschieden, dass der digitale Nachlass grundsätzlich auf die Erben übergeht – das heißt, die Erben haben Zugriff auf E-Mails und soziale Netzwerke des Verstorbenen (Quelle: BGH, Urteil vom 12.07.2018, Az. III ZR 183/17). Aber wenn man das nicht möchte oder bestimmte Inhalte schützen will, sollte man das zu Lebzeiten regeln – etwa durch eine Liste mit Passwörtern und klaren Anweisungen, die man einer Vertrauensperson gibt. (Die rechtliche Handhabung digitaler Nachlässe entwickelt sich noch und kann je nach Plattform variieren.)

Um diesen Beitrag abzurunden, hier noch ein einfacher Musterbrief, falls man einen Notar kontaktieren möchte, um ein Testament zu errichten oder zu ändern:


Musterbrief: Terminanfrage für Testamentserrichtung

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich befinde mich derzeit in einer Trennungsphase und möchte mein Testament neu regeln.
Ich bitte um einen Beratungstermin zur Testamentserrichtung.
Bitte teilen Sie mir auch die voraussichtlichen Kosten mit.
Mit freundlichen Grüßen,
[Ihr Name]


Natürlich ist dieser Brief nur ein Grundgerüst. Je nach Situation kann man weitere Details hinzufügen – etwa, ob bereits ein Testament besteht, ob man gemeinsame Kinder hat oder ob besondere Vermögenswerte zu berücksichtigen sind. Aber für den ersten Kontakt reicht häufig eine kurze, sachliche Anfrage.


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Viele Leser:innen haben uns nach der Veröffentlichung unserer ersten Beiträge zum Familienrecht gefragt, ob das Erbrecht automatisch mit der Trennung endet. Die Antwort ist ein klares Nein. Solange die Ehe rechtlich besteht – also bis zur rechtskräftigen Scheidung –, bleibt auch das gesetzliche Erbrecht des Ehepartners bestehen. Das bedeutet: Auch wenn man schon jahrelang getrennt lebt, in verschiedenen Städten wohnt und keine Beziehung mehr zueinander hat, erbt der Ehepartner im Todesfall nach der gesetzlichen Erbfolge. Erst die rechtskräftige Scheidung beendet dieses Erbrecht (Quelle: § 1933 BGB, Bundesministerium der Justiz, gesetze-im-internet.de, Stand: 2025). (Im Einzelfall kann es Ausnahmen geben, etwa wenn die Scheidungsvoraussetzungen zum Zeitpunkt des Todes bereits vorlagen und der Erblasser die Scheidung beantragt hatte.)

Eine weitere häufige Frage lautet: Kann man den Ex-Partner nach der Trennung komplett enterben? Hier wird es etwas komplizierter. Man kann seinen Ehepartner im Testament enterben, aber er behält trotzdem einen Anspruch auf den sogenannten Pflichtteil. Der Pflichtteil ist ein Geldanspruch in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Selbst wenn man also im Testament verfügt, dass der getrennt lebende Ehepartner nichts erben soll, kann dieser seinen Pflichtteil von den Erben verlangen – häufig also von den eigenen Kindern. Den Pflichtteil kann man nur unter sehr engen Voraussetzungen entziehen, zum Beispiel wenn der Ehepartner eine schwere Straftat gegen den Erblasser begangen hat (Quelle: § 2303 BGB, Stand: 2025). (Die Voraussetzungen für eine Pflichtteilsentziehung sind im Gesetz abschließend geregelt und werden von Gerichten streng geprüft.)

Und schließlich wird oft gefragt: Was passiert, wenn man während des laufenden Scheidungsverfahrens stirbt? Hier greift eine Sonderregelung: Wenn zum Zeitpunkt des Todes die Voraussetzungen für die Scheidung vorlagen (in der Regel nach Ablauf des Trennungsjahres) und der Verstorbene die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte, erlischt das Erbrecht rückwirkend. Der Ehepartner erbt dann nicht (Quelle: § 1933 BGB, Stand: 2025). Umgekehrt: Wenn der Verstorbene sich gegen die Scheidung gewehrt hatte oder das Trennungsjahr noch nicht abgelaufen war, bleibt das Erbrecht bestehen. Diese Regelung soll verhindern, dass jemand erbt, obwohl die Ehe faktisch bereits gescheitert war und nur formal noch bestand. (Die Anwendung dieser Regelung kann im Einzelfall strittig sein und erfordert eine genaue Prüfung der Umstände.)


Am Ende bleibt die Erkenntnis: Das Erbrecht bei Trennung ist komplexer, als die meisten Menschen denken. Es lohnt sich, frühzeitig professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen und die eigenen Wünsche klar in einem Testament festzuhalten. Nur so kann man sicherstellen, dass im Todesfall der eigene Wille respektiert wird und die Menschen erben, denen man etwas hinterlassen möchte. Markus und ich haben unseren Frieden mit dem Thema gemacht – wir haben geregelt, was zu regeln war, und können jetzt beide nach vorne schauen. Und das, finde ich, ist das Wichtigste: nicht in der Vergangenheit verhaftet bleiben, sondern verantwortungsvoll handeln und dann weitergehen.