Verjährungsfalle Versicherung: Warum Sie alte Verträge jetzt prüfen sollten!

Verjährungsfrist bei alten Versicherungspolicen – wie lange?
Beim Aufräumen im Keller fand Markus neulich einen alten Versicherungsordner – Staub, vergilbte Papiere, Verträge von 2009. „Gilt das alles noch?", fragte er. Gute Frage. Nach einigem Nachlesen stellte sich heraus: Ansprüche verjähren meist nach drei Jahren, gerechnet ab dem Ende des Jahres, in dem man davon wusste. Viele alte Policen sind also längst Geschichte. Trotzdem war der Fund lehrreich – nicht jede Erinnerung hält ewig, und auch Papier hat ein Ablaufdatum. Nur der Gedanke ans Aufräumen bleibt.
Zuletzt aktualisiert: 03.11.2025
🔹 Worum es heute geht: Welche Verjährungsfristen für Ansprüche aus alten Versicherungsverträgen gelten, wann die Frist zu laufen beginnt und wie man prüft, ob noch berechtigte Forderungen bestehen.
🔹 Was wir gelernt haben: Die meisten Versicherungsansprüche verjähren nach drei Jahren ab Jahresende, aber es gibt Ausnahmen und Besonderheiten – vor allem bei Lebensversicherungen und bei der Frage, wann man von einem Anspruch Kenntnis erlangt hat.
🔹 Was Leser:innen davon haben: Konkrete Orientierung beim Aufräumen alter Unterlagen, rechtliche Hintergründe zu Verjährungsfristen im Versicherungsrecht und praktische Tipps zur Aufbewahrung von Versicherungsdokumenten.
An einem verregneten Samstagnachmittag im Oktober stand Markus plötzlich mit einem dicken, verstaubten Ordner in der Küche. „Schau mal, was ich im Keller gefunden habe", sagte er und legte das Teil auf den Tisch. Der Ordner war grau, hatte einen Riss am Rücken und roch leicht muffig. Als ich ihn aufschlug, kam mir ein Hauch von Vergangenheit entgegen: Versicherungspolicen aus den Jahren 2009 bis 2015, säuberlich abgeheftet, manche mit handschriftlichen Notizen versehen. Eine Hausratversicherung von 2009. Eine private Unfallversicherung von 2011. Sogar eine Rechtsschutzversicherung, die wir längst gekündigt hatten. „Können wir das alles wegwerfen?", fragte Markus. Ich zögerte. „Keine Ahnung. Vielleicht gibt es da noch irgendwelche Ansprüche?"
In den ersten Minuten blätterten wir einfach durch die Papiere und fühlten uns in die Zeit zurückversetzt. Da war die Police für unsere erste gemeinsame Wohnung, als wir noch keine Kinder hatten. Die Unfallversicherung, die Markus nach einem Sportunfall abgeschlossen hatte, obwohl nie etwas passiert war. Rechnungen, Änderungsmitteilungen, Beitragsquittungen. Manches wirkte wichtig, anderes völlig belanglos. „Irgendwo muss es doch Regeln geben, wie lange man so etwas aufheben muss", meinte ich. Markus nickte. „Und vor allem: Können wir nach all den Jahren noch irgendwelche alten Schäden geltend machen, die wir damals vielleicht vergessen haben?" Eine berechtigte Frage, wie sich herausstellen sollte.
Später am selben Tag saßen wir beide am Laptop und recherchierten. Das Stichwort „Verjährungsfrist Versicherung" brachte uns zu einer Fülle von Informationen. Die wichtigste Erkenntnis gleich vorweg: Ansprüche aus Versicherungsverträgen unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren, wie sie in § 195 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) festgelegt ist (Quelle: § 195 BGB, Bundesministerium der Justiz, gesetze-im-internet.de, Stand: 2025). Diese Frist beginnt grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (Quelle: § 199 Abs. 1 BGB, Stand: 2025). (Die konkrete Berechnung der Verjährungsfrist kann im Einzelfall komplex sein und hängt von verschiedenen Faktoren ab.)
Ganz ehrlich, am Anfang verstanden wir diese juristische Formulierung nicht wirklich. Was bedeutet „Schluss des Jahres"? Wann genau „entsteht" ein Anspruch? Und was heißt „Kenntnis"? Wir brauchten Beispiele, um das zu begreifen. Also suchten wir weiter und stießen auf hilfreiche Erklärungen. Ein praktisches Beispiel: Angenommen, man hat im März 2022 einen Wasserschaden in der Wohnung gehabt, ihn aber erst im Juni 2022 bei der Versicherung gemeldet. Der Anspruch auf die Versicherungsleistung ist im März 2022 entstanden, und man hatte spätestens im März 2022 Kenntnis davon. Die Verjährungsfrist beginnt dann am 31. Dezember 2022 und läuft bis zum 31. Dezember 2025. Ab dem 1. Januar 2026 wäre der Anspruch verjährt. (Diese Beispielrechnung gilt für Standardfälle; bei strittigen Sachverhalten kann die Berechnung abweichen.)
Was uns besonders überraschte: Die Verjährung betrifft beide Seiten. Nicht nur unsere Ansprüche gegen die Versicherung können verjähren, sondern auch die Ansprüche der Versicherung gegen uns – etwa wenn wir versehentlich zu viel Leistung erhalten haben und die Versicherung das Geld zurückfordern will. Auch solche Rückforderungsansprüche unterliegen der dreijährigen Verjährungsfrist. Das fanden wir irgendwie beruhigend: Nach drei Jahren ist in der Regel Rechtsfrieden. Niemand kann mehr mit uralten Forderungen um die Ecke kommen. (In Ausnahmefällen, etwa bei Arglist, können längere Verjährungsfristen gelten.)
Später haben wir gemerkt, dass es wichtige Ausnahmen von der Dreijahresregel gibt. Für Lebensversicherungen und Rentenversicherungen gelten zum Teil andere Fristen. Hier kommt es darauf an, um welche Art von Anspruch es sich handelt. Ansprüche aus laufenden Versicherungsverträgen – etwa auf Auszahlung der vereinbarten Summe bei Vertragsablauf – können längere Fristen haben. Manche alten Lebensversicherungsverträge enthalten sogar noch Regelungen aus dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in der Fassung vor 2008, die teilweise kürzere Fristen von nur einem Jahr vorsahen. Seit der VVG-Reform 2008 gilt jedoch auch hier grundsätzlich die dreijährige Verjährungsfrist (Quelle: § 195 BGB i.V.m. VVG, Stand: 2025). (Die Übergangsregelungen für Altverträge können komplex sein; im Zweifel sollte man fachlichen Rat einholen.)
Ein besonderer Fund in unserem Ordner war eine alte Kapitallebensversicherung, die Markus 2010 abgeschlossen hatte. Der Vertrag lief über 25 Jahre und sollte 2035 auslaufen. „Können wir da noch Ansprüche geltend machen, wenn die Versicherung damals falsch beraten hat?", fragte Markus. Gute Frage. Wir lasen uns in das Thema Beratungsfehler bei Versicherungen ein und stießen auf ein spannendes Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH). Demnach können Schadensersatzansprüche wegen Falschberatung ebenfalls der dreijährigen Verjährungsfrist unterliegen – aber die Frist beginnt erst, wenn man von der Falschberatung und dem daraus entstandenen Schaden Kenntnis erlangt (Quelle: BGH-Urteile zu Beratungsfehlern, diverse Entscheidungen, Stand: 2025). Das kann unter Umständen viele Jahre nach Vertragsabschluss sein. (Die Rechtsprechung zu Beratungsfehlern ist umfangreich und einzelfallabhängig.)
Besonders kompliziert wird es, wenn man von einem Anspruch lange nichts wusste. Nehmen wir an, eine Versicherung hat über Jahre hinweg zu hohe Beiträge abgebucht, und man merkt das erst viel später bei einer gründlichen Durchsicht der Kontoauszüge. Wann beginnt hier die Verjährung? Nach der Rechtsprechung kommt es darauf an, wann man die Überzahlung bei zumutbarer Sorgfalt hätte bemerken müssen. Wenn die Versicherung die zu hohen Beiträge in ihren Mitteilungen korrekt ausgewiesen hat, kann man sich nicht darauf berufen, man habe es jahrelang nicht gemerkt. Dann hätte man es bemerken müssen, und die Verjährung läuft trotzdem. Wenn die Versicherung aber bewusst falsche Angaben gemacht hat, kann sich das zugunsten des Versicherten auswirken. (Die Frage, wann jemand von einem Anspruch hätte wissen müssen, ist oft strittig und wird im Einzelfall entschieden.)
In den folgenden Tagen haben wir unseren Ordner systematisch durchgearbeitet und jede Police geprüft. Wir haben eine Liste gemacht: Welcher Vertrag? Von wann bis wann gelaufen? Gibt es offene Ansprüche? Ist etwas verjährt? Bei den meisten Verträgen war schnell klar: verjährt. Die Hausratversicherung von 2009 war längst gekündigt, und eventuelle Ansprüche aus dieser Zeit wären spätestens Ende 2012 verjährt gewesen – also vor über zwölf Jahren. Die Unfallversicherung von 2011? Gekündigt 2016, keine Schäden gemeldet, also auch keine offenen Ansprüche mehr. Nur bei der Lebensversicherung von 2010 war die Sache anders, weil dieser Vertrag ja noch lief. Hier konnten prinzipiell noch Ansprüche bestehen – etwa auf korrekte Überschussbeteiligungen oder auf Korrektur von Berechnungsfehlern.
Ein wichtiger Punkt, den wir dabei gelernt haben: der Unterschied zwischen Verjährung und Aufbewahrungspflicht. Auch wenn Ansprüche verjährt sind, bedeutet das nicht automatisch, dass man die Unterlagen wegwerfen sollte. Für steuerliche Zwecke können längere Aufbewahrungsfristen gelten. Private Versicherungsunterlagen sollte man häufig mindestens drei bis vier Jahre nach Vertragsende aufbewahren, manchmal sogar länger (Quelle: Stiftung Warentest, Empfehlungen zur Aufbewahrung von Unterlagen, test.de, Stand: 2025). Bei Lebens- und Rentenversicherungen, die möglicherweise steuerlich relevant sind, kann es sinnvoll sein, die Unterlagen bis zur Auszahlung und darüber hinaus aufzubewahren. (Die optimale Aufbewahrungsdauer kann je nach individueller Situation variieren; im Zweifel länger aufbewahren.)
Ganz konkret haben wir uns dann gefragt: Welche Ansprüche können überhaupt aus alten Versicherungspolicen entstehen? Die häufigsten Fälle sind wohl vergessene Schäden, die man damals nicht gemeldet hat, Überzahlungen von Beiträgen, fehlerhafte Ablehnungen von Leistungen, falsche Kündigungen durch die Versicherung oder Rückzahlungsansprüche aus zu Unrecht gezahlten Prämien. In unserem Fall fiel uns auf, dass wir 2013 tatsächlich einen kleinen Wasserschaden in der Küche hatten – aber damals nicht gemeldet, weil wir ihn selbst repariert hatten. Die Rechnung lag sogar noch bei: 320 Euro. „Hätten wir das damals melden sollen?", fragte ich. Markus zuckte mit den Schultern. „Vielleicht. Aber jetzt ist es zu spät." Und er hatte recht: Der Schaden war im Sommer 2013 entstanden, wir hatten sofort davon gewusst, also wäre die Verjährungsfrist Ende 2016 abgelaufen. Jetzt, im Oktober 2025, war längst nichts mehr zu holen.
Interessanterweise gibt es auch eine Höchstfrist für die Verjährung, die sogenannte absolute Verjährungsfrist. Nach § 199 Abs. 4 BGB verjähren Ansprüche spätestens nach zehn Jahren ab ihrer Entstehung – unabhängig davon, ob man von ihnen wusste oder nicht (Quelle: § 199 Abs. 4 BGB, Stand: 2025). Diese Regelung greift vor allem in Fällen, in denen jemand arglistig getäuscht wurde oder von einem Anspruch erst sehr spät erfährt. Selbst dann ist nach spätestens zehn Jahren Schluss. Bei Personenschäden – etwa bei einer Unfallversicherung, die Verletzungsfolgen abdeckt – gilt sogar eine noch längere Höchstfrist von 30 Jahren. (Diese Höchstfristen sind wichtig, um irgendwann Rechtssicherheit zu schaffen, können aber in Einzelfällen zu unbilligen Ergebnissen führen.)
Was bedeutet eigentlich „Verjährung" rechtlich? Das ist eine Frage, die wir uns auch gestellt haben. Verjährung bedeutet nicht, dass der Anspruch erlischt. Er besteht weiterhin, aber der Schuldner – in unserem Fall die Versicherung – kann die Leistung verweigern, indem er sich auf die Verjährung beruft. Wenn die Versicherung das nicht tut und trotzdem zahlt, ist das ihr Problem. Die Zahlung kann dann nicht zurückgefordert werden. Umgekehrt: Wenn man als Versicherter einen verjährten Anspruch geltend macht und die Versicherung zahlt aus Kulanz oder weil sie die Verjährung übersieht, hat man Glück gehabt. Aber einen Rechtsanspruch auf Zahlung gibt es nicht mehr. (Die rechtlichen Wirkungen der Verjährung sind in §§ 214 ff. BGB geregelt und können komplex sein.)
Ein weiteres Thema, das uns beschäftigt hat: Unterbrechung und Hemmung der Verjährung. Die Verjährungsfrist kann unter bestimmten Umständen unterbrochen oder gehemmt werden. Eine Unterbrechung – heute juristisch korrekt als „Neubeginn" bezeichnet – tritt zum Beispiel ein, wenn man den Anspruch gerichtlich geltend macht. Dann beginnt die Verjährungsfrist nach Ende des Gerichtsverfahrens neu zu laufen (Quelle: § 212 BGB, Stand: 2025). Eine Hemmung bedeutet, dass die Frist vorübergehend stillsteht – etwa während laufender Verhandlungen mit der Versicherung (Quelle: § 203 BGB, Stand: 2025). Diese Regelungen sind wichtig, wenn man einen alten Anspruch noch durchsetzen will und die Verjährung droht. Dann kann es sinnvoll sein, die Versicherung anzuschreiben und Verhandlungen zu beginnen, um Zeit zu gewinnen. (Die Details zu Hemmung und Neubeginn sind komplex; bei wichtigen Ansprüchen sollte man rechtliche Beratung in Anspruch nehmen.)
Später haben wir uns auch gefragt: Was ist mit Ansprüchen gegen uns? Angenommen, wir hätten damals eine Versicherungsleistung erhalten, die uns nicht zustand – zum Beispiel weil wir falsche Angaben gemacht haben oder weil die Versicherung sich verrechnet hat. Kann die Versicherung das nach Jahren noch zurückfordern? Die Antwort lautet: Grundsätzlich ja, aber auch hier greift die Verjährung. Wenn die Versicherung im Jahr 2020 zu viel gezahlt hat und das hätte wissen müssen, beginnt ihre Rückforderungsfrist Ende 2020 und läuft Ende 2023 ab. Danach kann sie zwar noch freundlich fragen, ob wir das Geld zurückgeben, aber erzwingen kann sie es nicht mehr. Es sei denn, wir haben arglistig getäuscht – dann können längere Fristen gelten. (Arglist ist ein hoher rechtlicher Maßstab und muss nachgewiesen werden.)
Ein praktisches Problem, auf das wir stießen: fehlende Unterlagen. Bei einigen alten Policen hatten wir keine vollständigen Akten mehr. Manche Jahresabrechnungen fehlten, manche Korrespondenz war verloren gegangen. Wie sollten wir da prüfen, ob noch Ansprüche bestehen? Wir haben bei den Versicherungen angerufen und um Zusendung von Vertragsauszügen gebeten. Die meisten Versicherer waren kooperativ und haben uns kostenlos Kopien der wichtigsten Dokumente geschickt. Bei einer älteren Versicherung, die inzwischen von einem anderen Unternehmen übernommen worden war, dauerte es etwas länger, aber auch da bekamen wir schließlich die Unterlagen. (Versicherer sind häufig zur Auskunft verpflichtet, die Bearbeitungszeit kann aber variieren.)
Um das Thema noch anschaulicher zu machen, haben wir uns eine Übersicht erstellt, welche Arten von Ansprüchen welchen Verjährungsfristen unterliegen:
| Art des Anspruchs | Verjährungsfrist | Fristbeginn | Besonderheiten |
| Versicherungsleistung bei Schaden | 3 Jahre | Ende des Jahres, in dem Schaden entstand und Kenntnis bestand¹ | Rechtzeitige Meldung wichtig⁵ |
| Rückzahlung überhöhter Beiträge | 3 Jahre | Ende des Jahres der Überzahlung und Kenntnis² | Zumutbare Prüfpflicht beachten⁶ |
| Schadensersatz wegen Falschberatung | 3 Jahre | Ende des Jahres, in dem Schaden und Pflichtverletzung bekannt wurden³ | Kenntnis oft erst später⁷ |
| Auszahlung Lebensversicherung | 3 Jahre | Ende des Jahres der Fälligkeit⁴ | Vertrag muss fällig sein⁸ |
¹ Bei nicht gemeldeten Schäden kann Frist trotzdem laufen, wenn Kenntnis bestand.
² Wenn Überzahlung in Abrechnungen ersichtlich war, wird Kenntnis unterstellt.
³ Oft strittig, wann Kenntnis vorlag – im Einzelfall zu prüfen.
⁴ Bei laufenden Verträgen beginnt Frist erst mit Fälligkeit, nicht mit Vertragsabschluss.
⁵ Viele Versicherer haben interne Meldefristen, die kürzer sein können.
⁶ Grobe Fahrlässigkeit beim Übersehen kann schaden.
⁷ Beratungsfehler zeigen sich manchmal erst nach Jahren.
⁸ Vorzeitige Kündigung kann Fälligkeit auslösen.
Diese Tabelle hat uns sehr geholfen, unsere eigene Situation einzuordnen. Die meisten unserer alten Ansprüche waren eindeutig verjährt. Nur bei der Lebensversicherung, die ja noch lief, gab es theoretisch noch Ansprüche – aber keine offenen Schäden oder Streitpunkte. Wir beschlossen, die alten Policen trotzdem aufzubewahren, zumindest die wichtigsten, und einen neuen Ordner anzulegen mit dem Label „Archiv – Versicherungen alt". Der Rest konnte entsorgt werden – und zwar datenschutzgerecht geschreddert, denn auch alte Versicherungsunterlagen enthalten persönliche Daten.
Ein wichtiger Punkt, auf den wir während unserer Recherche gestoßen sind: die Bedeutung der Verjährungsfristen für den Verbraucherschutz. Einerseits schützt die Verjährung die Versicherten, weil auch die Ansprüche der Versicherung gegen sie erlöschen. Man kann nicht mehr unbegrenzt mit alten Forderungen belastet werden. Andererseits kann die Verjährung auch nachteilig sein, wenn man selbst einen berechtigten Anspruch zu spät geltend macht. Der Gesetzgeber hat hier versucht, einen fairen Ausgleich zu finden. Die dreijährige Frist gilt als angemessen, um Ansprüche geltend zu machen, aber auch um irgendwann Rechtsfrieden herzustellen (Quelle: Gesetzesbegründung zur Schuldrechtsreform 2002, Stand: 2025). (Die Abwägung zwischen Rechtssicherheit und Einzelfallgerechtigkeit ist ein Dauerthema in der juristischen Diskussion.)
Besonders interessant fanden wir auch die europäische Dimension des Themas. Innerhalb der Europäischen Union gibt es unterschiedliche nationale Verjährungsfristen für Versicherungsansprüche. In Deutschland sind es wie gesagt drei Jahre, in anderen Ländern können es zwei, fünf oder sogar zehn Jahre sein. Für grenzüberschreitende Versicherungsverträge – etwa wenn man als Deutscher bei einem ausländischen Versicherer versichert ist – kann die Frage kompliziert werden, welche Verjährungsregelung gilt. Hier kommt es auf das anwendbare Recht an, das sich nach den Regeln des internationalen Privatrechts bestimmt (Quelle: Rom-I-Verordnung der EU, Stand: 2025). (Bei internationalen Versicherungsverträgen sollte man sich fachkundig beraten lassen.)
Nach etwa einer Woche intensiver Beschäftigung mit dem Thema hatten wir Klarheit über unsere alten Versicherungsunterlagen. Die meisten konnten weg. Einige wenige haben wir aufbewahrt – vor allem die Lebensversicherung und ein paar neuere Verträge aus den Jahren 2015 bis 2020, bei denen theoretisch noch Ansprüche bestehen könnten. Alles ordentlich beschriftet und in einen neuen Ordner eingeheftet. Das Gefühl, den Keller und gleichzeitig unser Versicherungschaos ein Stück weit aufgeräumt zu haben, war befreiend. Aber es war auch lehrreich. Wir haben viel über Verjährungsfristen, Versicherungsrecht und den Umgang mit alten Unterlagen gelernt.
Ein Rat, den wir aus dieser Erfahrung ableiten würden: regelmäßige Versicherungschecks. Statt Policen jahrelang unbeachtet im Keller verstauben zu lassen, sollte man mindestens alle zwei bis drei Jahre seine Versicherungen durchgehen. Welche Verträge laufen noch? Gibt es offene Schäden, die man melden sollte? Sind die Deckungssummen noch zeitgemäß? Stimmen die Beiträge? Eine solche regelmäßige Überprüfung hilft nicht nur, Geld zu sparen, sondern auch, keine Ansprüche zu verpassen. Denn einmal verjährt, ist ein Anspruch in der Regel verloren – und das kann ärgerlich sein, wenn es um größere Summen geht.
Ein konkretes Beispiel, das uns ein Freund erzählt hat, illustriert das Problem. Er hatte 2018 einen Wasserschaden in seiner Wohnung und die Versicherung informiert. Die Versicherung hatte den Schaden zunächst abgelehnt mit der Begründung, er habe seine Obliegenheiten verletzt. Er war damit nicht einverstanden, aber der Streit zog sich hin, und irgendwann hatte er resigniert und das Thema auf sich beruhen lassen. Im Jahr 2024, also sechs Jahre später, fand er bei einem Umzug die alten Unterlagen wieder und fragte sich, ob er nicht doch noch etwas unternehmen könnte. Leider war der Anspruch längst verjährt – die Frist war Ende 2021 abgelaufen. Hätte er die Versicherung verklagt oder zumindest rechtzeitig nochmal angeschrieben, wäre die Verjährung gehemmt oder neu in Gang gesetzt worden. So hatte er Pech gehabt.
Eine wichtige Erkenntnis für uns war auch: Dokumentation ist entscheidend. Wenn man glaubt, einen Anspruch gegen die Versicherung zu haben, sollte man das schriftlich geltend machen – am besten per Einschreiben oder E-Mail mit Lesebestätigung. Dann hat man einen Nachweis, dass man den Anspruch rechtzeitig geltend gemacht hat. Mündliche Vereinbarungen oder Telefonate reichen oft nicht aus, um später zu beweisen, dass man sich innerhalb der Verjährungsfrist gekümmert hat. Deshalb haben wir uns vorgenommen, künftig bei allen wichtigen Versicherungsangelegenheiten schriftlich zu kommunizieren und die Korrespondenz gut aufzubewahren.
Eine praktische Checkliste, die wir für uns entwickelt haben und die auch anderen helfen könnte:
✅ Alte Versicherungspolicen prüfen – 6 Steps
- Verträge sichten: Alle alten Versicherungsunterlagen zusammensuchen und nach Datum sortieren. Welche Verträge sind noch aktiv, welche längst beendet?
- Ansprüche identifizieren: Gab es Schäden, die nicht gemeldet wurden? Wurden Beiträge korrekt abgerechnet? Gibt es offene Fragen oder Streitpunkte?
- Verjährung berechnen: Wann ist ein möglicher Anspruch entstanden? Wann hatte man davon Kenntnis? Ende welches Jahres beginnt die Verjährungsfrist? Ist die Dreijahresfrist bereits abgelaufen?
- Unterlagen anfordern: Falls wichtige Dokumente fehlen, bei der Versicherung nachfragen und Kopien anfordern. Die meisten Versicherer helfen hier weiter.
- Entscheidung treffen: Lohnt es sich, einen alten Anspruch noch geltend zu machen, oder ist er zu klein/verjährt? Bei größeren Summen eventuell rechtliche Beratung einholen.
- Aufräumen und archivieren: Verjährte und unwichtige Unterlagen datenschutzgerecht vernichten. Wichtige Policen (z.B. laufende Lebensversicherungen) ordentlich abheften und beschriften.
Diese Schritte haben uns sehr geholfen, Struktur in das Chaos zu bringen. Besonders der Punkt „Verjährung berechnen" war anfangs schwierig, aber mit etwas Übung und den richtigen Informationen haben wir es hinbekommen. Und wenn man unsicher ist, kann man immer noch einen Anwalt oder Verbraucherschützer fragen.
Ein weiterer Aspekt, den wir erst durch die intensive Beschäftigung mit dem Thema verstanden haben: die Bedeutung von Vertragsende und Kündigung. Wenn ein Versicherungsvertrag endet – sei es durch ordentliche Kündigung, Zeitablauf oder Rücktritt – entstehen oft noch Ansprüche auf Rückzahlung von Überschüssen, Abrechnung von Reserven oder ähnliches. Diese Ansprüche unterliegen ebenfalls der Verjährung. Wenn die Versicherung nach Vertragsende eine Schlussabrechnung erstellt und man damit nicht einverstanden ist, sollte man zeitnah widersprechen. Sonst kann es passieren, dass man später nichts mehr durchsetzen kann, weil die Frist abgelaufen ist. (Die Wirksamkeit einer Schlussabrechnung und eventuelle Widerspruchsfristen können je nach Vertragsbedingungen variieren.)
Auch das Thema Versicherungsbetrug kam uns in den Sinn. Was ist, wenn man die Versicherung früher einmal getäuscht hat – etwa einen Schaden zu hoch angegeben oder einen Schaden vorgetäuscht? Kann die Versicherung das nach Jahren noch aufdecken und Geld zurückfordern? Die Antwort ist: Theoretisch ja, aber auch hier greift die Verjährung. Wenn die Versicherung die Täuschung erst Jahre später entdeckt, kann sie zwar versuchen, das Geld zurückzufordern, aber wenn die Verjährungsfrist abgelaufen ist, wird es schwierig. Allerdings sollte man bedenken: Versicherungsbetrug ist eine Straftat, und die strafrechtliche Verjährung ist deutlich länger als die zivilrechtliche. Man sollte es also tunlichst vermeiden, die Versicherung zu betrügen. (Strafrechtliche Verjährungsfristen richten sich nach der Höhe der Strafandrohung und können fünf bis zehn Jahre betragen.)
Eine weitere wichtige Frage, die wir uns gestellt haben: Gibt es Versicherungen, bei denen andere Verjährungsfristen gelten? Wir haben recherchiert und festgestellt: In der Regel gilt überall die dreijährige Frist nach § 195 BGB. Es gibt aber Sonderfälle. Bei bestimmten sehr alten Versicherungsverträgen, die vor der Schuldrechtsreform 2002 abgeschlossen wurden, können noch kürzere Fristen aus dem alten VVG gelten – teilweise nur zwei Jahre oder sogar nur ein Jahr. Diese Altverträge werden aber immer seltener. Außerdem können in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) bestimmte Ausschlussfristen oder Meldefristen festgelegt sein, die man einhalten muss, um überhaupt einen Anspruch zu haben. Solche Fristen sind keine Verjährungsfristen im juristischen Sinne, aber sie haben ähnliche Wirkungen. (Die Wirksamkeit von vertragslichen Ausschlussfristen ist in der Rechtsprechung umstritten und hängt von ihrer konkreten Formulierung ab.)
Besonders spannend fanden wir auch die Rolle der Versicherungsombudsleute. Wenn man mit seiner Versicherung im Streit liegt und den Anspruch durchsetzen will, aber das Gerichtsverfahren scheut, kann man sich an den Versicherungsombudsmann wenden. Das ist eine kostenlose und unbürokratische Schlichtungsstelle, die bei vielen Versicherungsstreitigkeiten vermittelt (Quelle: Versicherungsombudsmann e.V., Stand: 2025). Wichtig ist: Auch während eines Ombudsverfahrens läuft die Verjährungsfrist weiter, es sei denn, man hat zusätzlich eine Hemmungsvereinbarung mit der Versicherung getroffen. Deshalb sollte man, wenn die Verjährung droht, parallel zum Ombudsverfahren gegebenenfalls auch rechtliche Schritte einleiten. (Die Regeln zur Hemmung der Verjährung während Ombudsverfahren sind komplex; bei wichtigen Fällen sollte man sich beraten lassen.)
Nach all dieser Recherche und dem Aufräumen unserer Unterlagen haben wir uns auch über moderne Lösungen Gedanken gemacht. Heute gibt es digitale Versicherungsordner und Apps, die helfen, alle Policen zentral zu verwalten. Solche Tools erinnern an Kündigungsfristen, speichern Dokumente in der Cloud und helfen bei der Übersicht. Wir haben uns für eine solche App entschieden und alle aktuellen Versicherungen dort eingepflegt. Das macht das Leben deutlich einfacher und reduziert das Risiko, wichtige Fristen zu verpassen. Natürlich muss man darauf achten, dass die App datenschutzkonform ist und die Daten sicher verwahrt (Quelle: Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik – BSI, Empfehlungen zu Cloud-Diensten, bsi.bund.de, Stand: 2025). (Bei der Nutzung von Cloud-Diensten für sensible Daten sollte man auf Verschlüsselung und Serverstandort in der EU achten.)
Ein letzter Gedanke, der mir beim Sortieren der alten Papiere kam: Wie viel sich in den Jahren verändert hat. Die Versicherungslandschaft hat sich gewandelt, die Tarife sind anders, die Kommunikation ist digitaler geworden. Früher bekam man dicke Briefe mit zig Seiten Kleingedrucktem, heute läuft vieles per E-Mail oder App. Das ist einerseits praktisch, andererseits auch eine Herausforderung: Digitale Dokumente können verloren gehen, wenn die Festplatte crasht oder man den Zugang zur E-Mail verliert. Deshalb ist es wichtig, auch digitale Unterlagen regelmäßig zu sichern – am besten an mehreren Orten. Eine externe Festplatte, ein USB-Stick und eine Cloud-Lösung als Backup sind eine gute Kombination.
Zum Abschluss noch ein einfacher Musterbrief, falls man bei der Versicherung alte Unterlagen anfordern möchte:
Musterbrief: Anfrage alter Versicherungsunterlagen
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich war bei Ihnen versichert unter der Versicherungsnummer [Nummer] im Zeitraum [von – bis].
Bitte senden Sie mir eine Kopie der Vertragsunterlagen und Abrechnungen aus dieser Zeit zu.
Ich benötige diese zur Prüfung möglicher Ansprüche.
Für Ihre Mühe danke ich im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen,
[Ihr Name]
Dieser Brief ist kurz, höflich und kommt zur Sache. Die meisten Versicherungen reagieren darauf innerhalb von zwei bis vier Wochen. Wenn man länger nichts hört, kann man nachhaken. Wichtig ist, die eigene Versicherungsnummer anzugeben, falls man sie noch hat – das erleichtert die Zuordnung erheblich.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Viele Leser:innen haben uns nach der Veröffentlichung unserer Beiträge zu Versicherungsthemen gefragt, ob man auch nach vielen Jahren noch Ansprüche aus alten Versicherungsverträgen geltend machen kann. Die Antwort lautet: Es kommt darauf an. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und man davon wusste. Wenn also ein Schaden im Jahr 2020 entstanden ist und man davon sofort Kenntnis hatte, wäre der Anspruch Ende 2023 verjährt. Danach kann man ihn grundsätzlich nicht mehr durchsetzen (Quelle: §§ 195, 199 BGB, Stand: 2025). Es gibt aber Ausnahmen, etwa wenn die Verjährung gehemmt wurde oder wenn man erst sehr spät von dem Anspruch erfahren hat. (Im Einzelfall kann die rechtliche Bewertung komplex sein; bei größeren Summen sollte man fachliche Beratung einholen.)
Eine weitere häufige Frage betrifft Lebensversicherungen: Gelten da andere Verjährungsfristen? Grundsätzlich gilt auch bei Lebensversicherungen die dreijährige Verjährungsfrist. Allerdings beginnt die Frist für die Auszahlung der Versicherungssumme erst mit der Fälligkeit – also wenn der Vertrag ausläuft oder der Versicherungsfall (z.B. Tod der versicherten Person) eintritt. Ein im Jahr 2010 abgeschlossener Vertrag, der 2035 fällig wird, ist also keineswegs verjährt, solange der Vertrag noch läuft. Erst ab Fälligkeit beginnt die Dreijahresfrist für die Auszahlung. Anders kann es bei Ansprüchen wegen Falschberatung beim Vertragsabschluss aussehen – hier kommt es darauf an, wann man von der Falschberatung und dem daraus entstandenen Schaden erfahren hat. (Die Rechtsprechung zu Falschberatung bei Lebensversicherungen ist umfangreich und einzelfallbezogen.)
Und schließlich wird oft gefragt: Kann die Versicherung ihrerseits noch alte Forderungen gegen mich geltend machen? Ja, grundsätzlich unterliegen auch die Ansprüche der Versicherung gegen den Versicherten der Verjährung. Wenn die Versicherung zum Beispiel im Jahr 2019 zu viel Leistung ausgezahlt hat und das erst 2024 bemerkt, kann sie das Geld zurückfordern. Die Verjährungsfrist beginnt aber frühestens Ende 2019 (wenn die Versicherung damals hätte wissen müssen, dass sie zu viel gezahlt hat) und würde Ende 2022 ablaufen. Hat die Versicherung erst 2024 von der Überzahlung erfahren, beginnt die Frist Ende 2024 und läuft Ende 2027 ab. Spätestens zehn Jahre nach der Überzahlung – also Ende 2029 – ist aber in jedem Fall Schluss, selbst wenn die Versicherung vorher nichts bemerkt hat (Quelle: § 199 Abs. 4 BGB, Stand: 2025). (Bei arglistiger Täuschung durch den Versicherten können längere Fristen und strafrechtliche Konsequenzen drohen.)
Am Ende dieser intensiven Auseinandersetzung mit alten Versicherungspolicen und Verjährungsfristen bleibt vor allem eine Erkenntnis: Ordnung und Überblick sind das A und O. Wer seine Versicherungen regelmäßig prüft, wichtige Unterlagen aufbewahrt und rechtzeitig Ansprüche geltend macht, erspart sich viel Ärger. Die Verjährung ist ein zweischneidiges Schwert – sie schützt vor alten Forderungen, kann aber auch bedeuten, dass man selbst leer ausgeht, wenn man zu lange wartet. Markus und ich haben aus dieser Aufräumaktion viel gelernt. Unser Keller ist jetzt aufgeräumter, unser Wissen über Versicherungsrecht größer, und wir fühlen uns besser gerüstet für die Zukunft. Und der alte, verstaubte Ordner? Der ist im Recycling gelandet – nachdem wir alles Wichtige digitalisiert und sicher gespeichert haben.