Kind macht Schaden beim Zahnarzt – wer zahlt wirklich?

Kind richtet Schaden beim Zahnarzt an – greift die Familienversicherung?
Beim letzten Zahnarztbesuch hat Emma im Wartezimmer gespielt – mit einem kleinen Plastikauto. Einmal zu fest geschoben, und das Modell flog direkt gegen eine Glasvitrine. Klirr. Alle schauten. Ich war kurz wie gelähmt. Die Helferin blieb freundlich, meinte aber, der Schaden müsse gemeldet werden. Zuhause rief ich unsere Haftpflicht an – zum Glück greift die Familienversicherung auch bei Kinderschäden. Trotzdem blieb das flaue Gefühl: Geld ersetzt Glas, aber nicht den Schreckmoment im Wartezimmer.
Zuletzt aktualisiert: 03.11.2025
🔹 Worum es heute geht: Wenn Kinder in fremden Räumen etwas kaputt machen – wer haftet wann, welche Versicherung springt ein, und was bedeutet eigentlich „Deliktsfähigkeit" im Alltag?
🔹 Was wir gelernt haben: Nicht jedes Kind haftet automatisch für Schäden, aber die Familienversicherung kann trotzdem greifen – wenn sie richtig abgeschlossen wurde und man schnell reagiert.
🔹 Was Leser:innen davon haben: Klare Orientierung zur Haftungsfrage bei Kindern, praktische Checklisten für den Schadensfall und konkrete Tipps zur Versicherungswahl.
In dem Moment, als das Glas splitterte, dachte ich nur: Bloß kein Drama
Es war einer dieser routinemäßigen Kontrolltermine. Emma sollte ihre Zähne checken lassen, ich saß daneben im Wartezimmer und scrollte durch meine E-Mails. Sie hatte ihr kleines rotes Auto dabei, das sie überallhin mitnimmt. Normalerweise spielt sie damit ganz friedlich auf dem Boden. Aber an diesem Tag war sie aufgedreht – vielleicht wegen der Aufregung, vielleicht wegen der anderen Kinder im Raum.
Ich sah es in Zeitlupe: Sie schob das Auto über den Tisch, zu schwungvoll, es rutschte über die Kante, flog durch die Luft und krachte gegen die Glasvitrine, in der die Praxis ihre Zahnpflegeprodukte ausgestellt hatte. Das Geräusch war eindeutig. Kein lauter Knall, eher ein helles Klirren. Aber laut genug, dass alle Köpfe sich drehten.
Emma erstarrte. Ich auch. Die Sprechstundenhilfe kam aus dem Behandlungszimmer, sah die Scherben und sagte – zum Glück sehr freundlich – „Ach herrje, das passiert. Ist Emma was passiert?" Nein, Emma war nichts passiert. Aber die Vitrine hatte einen Riss, und zwei Flaschen Mundwasser waren umgekippt und ausgelaufen.
In den ersten Minuten wusste ich nicht, was ich sagen sollte
„Es tut mir so leid", stammelte ich. Die Helferin winkte ab. „Kein Problem, wir klären das. Sind Sie haftpflichtversichert?" Ich nickte. Natürlich waren wir das. Aber in diesem Moment hatte ich keine Ahnung, ob die Versicherung auch für so etwas aufkam. Waren Kinder überhaupt versichert? Gab es Altersgrenzen? War es relevant, dass Emma erst fünf war?
Die Helferin notierte meine Kontaktdaten, wir halfen gemeinsam beim Aufräumen, und Emma wurde untersucht – alles in Ordnung, keine Schnittverletzungen. Aber während der Zahnarzt ihr die Zähne ansah, lief in meinem Kopf ein Film ab: Was kostet so eine Vitrine? Was, wenn die Versicherung nicht zahlt? Muss ich aus eigener Tasche zahlen? Und was, wenn Emma das nochmal macht?
Auf dem Heimweg war Emma ungewöhnlich still. „Mama, bin ich jetzt in Schwierigkeiten?" Ich streichelte ihr über den Kopf. „Nein, Schatz. Das war ein Unfall. Aber wir müssen ein bisschen vorsichtiger sein, okay?" Sie nickte ernst. Ich hätte ihr gern gesagt, dass alles in Ordnung ist. Aber ehrlich gesagt wusste ich es selbst noch nicht.
Zuhause habe ich als Erstes unsere Versicherungsunterlagen herausgesucht
Kaum waren wir durch die Tür, kramte ich die Versicherungsmappe hervor. Familienversicherung, stand da. Das klang gut. Aber was genau bedeutete das? Ich las die Bedingungen quer – und verstand erst mal nur Bahnhof. „Deliktsfähigkeit", „Aufsichtspflichtverletzung", „mitversicherte Personen". Fachbegriffe über Fachbegriffe.
Also rief ich bei der Versicherung an. Die Hotline war überraschend schnell erreichbar, und die Mitarbeiterin klang routiniert. Ich schilderte den Vorfall, und sie stellte ein paar konkrete Fragen: Wie alt ist Emma? Waren Sie dabei? Was genau ist passiert? Gab es Zeugen?
Dann kam die erlösende Antwort: „Das fällt unter die Familienversicherung. Kinder unter sieben Jahren sind nicht deliktsfähig, das heißt, sie haften nicht selbst. Aber wir übernehmen solche Schäden trotzdem, wenn sie in der Police mitversichert sind. Und das sind sie bei Ihnen." Ich atmete aus. „Was muss ich jetzt tun?" – „Wir brauchen eine schriftliche Schadensmeldung, am besten mit Fotos, Zeugenaussagen und der Rechnung der Praxis."
Später habe ich verstanden, dass die Rechtslage komplizierter ist, als man denkt
Nachdem der erste Schock verdaut war, recherchierte ich aus reiner Neugierde, wie das rechtlich überhaupt funktioniert. Und siehe da: Die Haftung von Kindern ist in Deutschland sehr genau geregelt – und auch sehr differenziert.
Grundsätzlich gilt: Kinder unter sieben Jahren sind deliktunfähig. Das bedeutet, sie können für Schäden nicht haftbar gemacht werden, weil ihnen die nötige Einsichtsfähigkeit fehlt (§ 828 Abs. 1 BGB, Stand: 2025). Im Straßenverkehr gilt diese Grenze sogar bis zum zehnten Lebensjahr (§ 828 Abs. 2 BGB). Erst ab dem siebten Geburtstag – beziehungsweise im Straßenverkehr ab dem zehnten – können Kinder unter bestimmten Umständen haftbar gemacht werden, nämlich dann, wenn sie die nötige Einsichtsfähigkeit besitzen, um die Folgen ihres Handelns zu verstehen. (Diese Altersangaben sind gesetzlich festgelegt, können aber in der praktischen Anwendung je nach Einzelfall variieren.)
Das klingt erst mal beruhigend. Aber: Wenn das Kind nicht haftet, könnten theoretisch die Eltern haften – nämlich dann, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben. Und das ist der Punkt, an dem es kompliziert wird.
Ganz ehrlich, am Anfang hatte ich Angst, dass man mir Aufsichtspflichtverletzung vorwerfen könnte
Aufsichtspflicht. Das Wort klingt so absolut. Als müsste man als Elternteil jede Sekunde neben dem Kind stehen und jede Bewegung kontrollieren. Aber so funktioniert es zum Glück nicht.
Die Rechtsprechung ist hier sehr kinderfreundlich. Eltern müssen ihre Kinder nicht lückenlos überwachen, sondern nur altersgerecht beaufsichtigen (BGH-Urteile zu § 832 BGB). Was das konkret heißt, hängt vom Alter des Kindes, von der Situation und von der Gefährlichkeit der Umgebung ab. Ein Fünfjähriges Kind darf im Wartezimmer einer Zahnarztpraxis durchaus mal spielen, ohne dass die Mutter danebensitzen und jede Handbewegung beobachten muss. Anders wäre es vielleicht in einem Porzellangeschäft oder auf einer vielbefahrenen Straße – dort wäre eine engere Aufsicht erforderlich.
In meinem Fall war ich im selben Raum, nur zwei Meter entfernt, und habe Emma im Blick gehabt. Das Auto flog einfach schneller, als ich reagieren konnte. Eine Aufsichtspflichtverletzung lag also nicht vor – zumindest nicht nach dem, was die Versicherung mir erklärte. Und das war eine Riesenerleichterung.
In den meisten Fällen greift die Haftpflichtversicherung trotzdem – wenn sie richtig abgeschlossen wurde
Was mir bei meiner Recherche klar wurde: Nicht jede Haftpflichtversicherung deckt automatisch alle Schäden durch Kinder ab. Es gibt verschiedene Modelle, und die Details stehen im Kleingedruckten.
Laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) bieten die meisten modernen Familienhaftpflichtversicherungen heute auch eine sogenannte „Deliktunfähigkeitsklausel" an (Quelle: gdv.de, Stand: 2025). Das bedeutet: Auch wenn das Kind rechtlich nicht haftet, übernimmt die Versicherung den Schaden – meist bis zu einer bestimmten Summe, oft zwischen 5.000 und 20.000 Euro pro Schadensfall. (Diese Angaben können je nach Versicherer und Tarif erheblich abweichen.)
Wichtig ist: Diese Klausel muss explizit im Vertrag enthalten sein. Ältere Verträge haben sie oft nicht, oder sie ist nur gegen Aufpreis verfügbar. Wer also kleine Kinder hat, sollte unbedingt prüfen, ob die eigene Haftpflichtversicherung diese Leistung einschließt. Ein Blick in die Versicherungsbedingungen lohnt sich – oder ein Anruf bei der Versicherung.
In unserem Fall lief die Schadensmeldung erstaunlich unkompliziert
Nachdem ich mit der Versicherung telefoniert hatte, machte ich mich an die Schadensmeldung. Die Praxis hatte mir freundlicherweise ein Foto der beschädigten Vitrine geschickt und einen Kostenvoranschlag für die Reparatur: 380 Euro für eine neue Glasscheibe, plus 120 Euro für die beschädigten Produkte. Insgesamt also 500 Euro – nicht die Welt, aber auch nicht nichts.
Ich füllte das Online-Formular der Versicherung aus, lud die Fotos hoch, schrieb eine kurze Schilderung des Hergangs und schickte alles ab. Drei Tage später kam die Bestätigung: Schaden anerkannt, Regulierung läuft. Die Zahnarztpraxis bekam das Geld direkt überwiesen, und ich bekam eine schriftliche Bestätigung, dass der Fall abgeschlossen sei.
Keine Rückfragen. Keine Diskussionen. Keine Vorwürfe. Einfach nur: erledigt. Ich war ehrlich gesagt verblüfft, wie reibungslos das lief. Aber genau dafür zahlt man ja seine Versicherungsbeiträge – damit im Ernstfall alles schnell und unbürokratisch geregelt wird.
Später haben wir mit anderen Eltern gesprochen – und gehört, dass es nicht immer so glimpflich ausgeht
Im Gespräch mit anderen Eltern stellte sich heraus, dass nicht alle so viel Glück hatten wie wir. Eine Freundin erzählte, dass ihr Sohn (sieben Jahre alt) in einem Geschäft eine Figur vom Regal gestoßen hatte – Wert: 200 Euro. Ihre Versicherung zahlte nicht, weil der Junge „alt genug gewesen sei, um vorsichtig zu sein", und weil eine Aufsichtspflichtverletzung vermutet wurde. Sie musste den Schaden selbst bezahlen.
Ein anderer Bekannter berichtete von einem ähnlichen Fall beim Kinderarzt: Sein dreijähriger Sohn hatte ein Aquarium umgestoßen. Die Versicherung zahlte zwar, kürzte aber die Summe, weil das Aquarium angeblich nicht kindersicher aufgestellt gewesen sei und der Praxis eine Mitschuld angelastet wurde.
Diese Geschichten zeigten mir: Es kommt wirklich auf den Einzelfall an. Auf das Alter des Kindes, auf die Umstände, auf die Versicherungsbedingungen und manchmal auch auf die Kulanz der Gegenseite. Es gibt keine Garantie, dass alles glattläuft – aber eine gute Vorbereitung erhöht die Chancen erheblich.
Ganz praktisch gesehen gibt es ein paar Dinge, die man sofort tun sollte, wenn so etwas passiert
Aus meiner Erfahrung heraus habe ich eine kleine Checkliste entwickelt, die man im Kopf behalten sollte, falls das eigene Kind mal etwas kaputt macht:
✅ Wenn das Kind einen Schaden anrichtet – 6 Steps
- Ruhe bewahren und das Kind beruhigen (Panik hilft niemandem)
- Schaden dokumentieren: Fotos machen, bevor aufgeräumt wird
- Kontaktdaten austauschen: Name, Telefonnummer, Versicherung
- Zeugen notieren: Wer war dabei, wer hat es gesehen?
- Versicherung sofort informieren: Am besten noch am selben Tag
- Schadensmeldung schriftlich einreichen: Mit allen Unterlagen, Fotos, Belegen
Diese Schritte klingen banal, aber in der Aufregung vergisst man schnell das eine oder andere. Deshalb ist es hilfreich, eine solche Liste griffbereit zu haben – im Handy, im Portemonnaie oder im Kopf.
In den Versicherungsbedingungen steht oft mehr, als man auf den ersten Blick sieht
Nachdem alles geklärt war, nahm ich mir die Zeit, unsere Versicherungsbedingungen wirklich gründlich durchzulesen. Und siehe da: Es gab einige Klauseln, die mir vorher nie aufgefallen waren.
Zum Beispiel die Forderungsausfalldeckung: Wenn jemand uns oder unseren Kindern einen Schaden zufügt, aber selbst nicht versichert ist und nicht zahlen kann, springt unsere eigene Haftpflicht ein. Das wusste ich vorher nicht. Oder die Gefälligkeitsschäden: Wenn wir jemandem beim Umzug helfen und dabei etwas kaputt geht, ist das normalerweise nicht versichert – es sei denn, diese Klausel ist explizit enthalten.
Stiftung Warentest empfiehlt, Haftpflichtversicherungen regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen – vor allem, wenn sich die Lebenssituation ändert (Quelle: test.de, Stand: 2025). Kinder werden älter, Risiken verändern sich, neue Leistungen kommen auf den Markt. Ein Vertrag, der vor zehn Jahren abgeschlossen wurde, ist heute vielleicht nicht mehr optimal.
| Wichtige Klauseln in der Familienhaftpflicht | Was sie bedeutet | Worauf achten? |
| Deliktunfähigkeit | Versicherung zahlt auch bei Schäden durch Kinder unter 7 Jahren | Deckungssumme prüfen (mind. 5.000 Euro)¹ |
| Forderungsausfall | Eigene Versicherung zahlt, wenn Schädiger nicht zahlen kann | Höhe der Selbstbeteiligung beachten¹ |
| Gefälligkeitsschäden | Schutz bei Hilfeleistungen (z. B. Umzugshilfe) | Oft nur gegen Aufpreis verfügbar¹ |
| Mietsachschäden | Schäden an gemieteten Gegenständen (Wohnung, Ferienwohnung) | Mietschäden an Immobilien oft begrenzt¹ |
¹ Beispielangabe – je nach Versicherer und Tarif abweichend.
In vielen Situationen hilft es, direkt mit der geschädigten Partei zu sprechen
Was mir bei der ganzen Sache sehr geholfen hat, war die offene Kommunikation mit der Zahnarztpraxis. Die Sprechstundenhilfe war von Anfang an freundlich und verständnisvoll. Sie sagte sogar: „Das kommt öfter vor. Kinder sind Kinder." Diese Haltung hat mir viel Druck genommen.
Ich habe auch später noch einmal angerufen und nachgefragt, ob alles geklärt sei, ob die Zahlung angekommen sei, ob noch irgendetwas fehle. Diese Proaktivität kam gut an. Die Praxis bedankte sich sogar für die schnelle Abwicklung.
Das ist ein wichtiger Punkt: Wer sich kooperativ verhält, wer transparent ist und wer zeigt, dass er Verantwortung übernimmt, macht vieles leichter. Niemand erwartet, dass Kinder perfekt sind. Aber alle erwarten, dass Eltern sich kümmern. Und das ist eigentlich auch nicht zu viel verlangt.
Später haben wir uns auch gefragt: Wie können wir so etwas künftig vermeiden?
Nach dem Vorfall haben Markus und ich lange darüber gesprochen, wie wir solche Situationen in Zukunft besser handhaben können. Natürlich kann man nicht jedes Missgeschick verhindern – Kinder sind impulsiv, neugierig und manchmal unberechenbar. Aber ein paar Dinge lassen sich durchaus steuern.
Erstens: Vorbereitung. Wenn wir wissen, dass wir mit Emma irgendwo hingehen, wo es empfindliche Gegenstände gibt, sprechen wir das vorher an. „Schau, da stehen viele Dinge, die kaputt gehen können. Wir müssen vorsichtig sein." Das klingt selbstverständlich, aber manchmal vergisst man es im Alltag.
Zweitens: Spielzeug bewusst auswählen. Das Plastikauto war im Nachhinein keine gute Wahl fürs Wartezimmer. Ein Buch oder ein Kuscheltier wäre sicherer gewesen. Seitdem packen wir für solche Termine gezielt ruhigere Beschäftigungen ein.
Drittens: Aufmerksamkeit. Ja, ich scrollte durch meine E-Mails. Und ja, ich hätte vielleicht einen Tick aufmerksamer sein können. Nicht als Helikopter-Mutter, die jede Bewegung kontrolliert, sondern einfach als jemand, der mitbekommt, was das Kind gerade tut.
In der Rechtsprechung gibt es einige interessante Urteile zu Kinderschäden
Bei meiner Recherche stieß ich auf mehrere Gerichtsurteile, die sich mit der Haftung von Kindern und Eltern beschäftigen. Ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs von 2009 stellt klar, dass Eltern nur dann haften, wenn sie ihre Aufsichtspflicht konkret verletzt haben – nicht pauschal für jeden Schaden, den das Kind verursacht (BGH, Urteil vom 24.03.2009, Az. VI ZR 51/08).
In einem anderen Fall hatte ein Vierjähriger beim Spielen ein Feuer entfacht, das erheblichen Sachschaden verursachte. Das Gericht entschied: Die Eltern hafteten nicht, weil sie das Kind angemessen beaufsichtigt hatten und mit einer solchen Handlung nicht rechnen mussten (OLG Hamm, Urteil vom 19.06.2013, Az. 9 U 51/12). (Diese Urteile dienen als Orientierung; jeder Fall wird individuell beurteilt.)
Solche Urteile zeigen: Das Recht ist auf der Seite derjenigen Eltern, die sich vernünftig verhalten. Aber es schützt nicht diejenigen, die grob fahrlässig handeln oder ihre Kinder ohne jede Aufsicht lassen.
Ganz ehrlich, wir haben uns danach auch mit dem Thema Erziehung beschäftigt
Der Vorfall beim Zahnarzt war für uns auch ein Anlass, mit Emma über Vorsicht und Verantwortung zu sprechen. Nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern altersgerecht und verständlich. „Wenn wir irgendwo zu Besuch sind, müssen wir auf die Sachen aufpassen, die dort sind. Die gehören anderen Menschen, und die sind traurig, wenn etwas kaputt geht."
Emma verstand das. Sie fragte ein paar Tage später sogar von sich aus: „Mama, ist die Vitrine jetzt wieder ganz?" Ich erzählte ihr, dass die Praxis eine neue Scheibe bekommen hatte und dass alles wieder in Ordnung sei. „Gut", sagte sie erleichtert. „Ich pass besser auf."
Natürlich werden wir nicht jeden Unfall verhindern können. Aber diese kleinen Gespräche helfen, ein Bewusstsein zu schaffen. Und das ist, glaube ich, das Wichtigste.
In vielen Fällen macht es Sinn, die Versicherungssumme anzupassen
Ein weiterer Punkt, den ich aus der Sache mitgenommen habe: Unsere Deckungssumme war zwar ausreichend, aber nicht besonders hoch. Nach Rücksprache mit der Versicherung haben wir sie von 5 Millionen auf 10 Millionen Euro erhöht. Das kostete uns gerade mal drei Euro mehr im Monat – ein Betrag, der im Schadensfall Gold wert sein kann.
Stiftung Warentest empfiehlt eine Deckungssumme von mindestens 5 Millionen Euro, besser noch 10 Millionen (Quelle: test.de, Stand: 2025). Denn wenn es wirklich mal zu einem schweren Schaden kommt – etwa wenn ein Kind einen Unfall verursacht, bei dem jemand verletzt wird –, können die Kosten schnell in die Hunderttausende gehen. Eine niedrige Deckungssumme wäre dann fatal.
Auch die Selbstbeteiligung sollte man überdenken. Manche Verträge haben eine Selbstbeteiligung von 150 oder 300 Euro. Das senkt zwar die Beiträge, bedeutet aber auch, dass man im Schadensfall einen Teil selbst zahlen muss. Wir haben uns für einen Tarif ohne Selbstbeteiligung entschieden – kostet etwas mehr, aber dafür ist im Ernstfall alles abgedeckt. (Diese Tarifgestaltung kann je nach Anbieter variieren.)
In den EU-Verbraucherschutzrichtlinien gibt es übrigens auch Regelungen zu Versicherungen
Was mir bei meiner Recherche auffiel: Auch auf europäischer Ebene gibt es Regelungen, die Verbraucher vor unfairen Versicherungsbedingungen schützen. Die EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken stellt sicher, dass Versicherungsklauseln transparent und verständlich formuliert sein müssen (Quelle: Europäisches Parlament, europarl.europa.eu, Stand: 2025).
Wenn eine Klausel so unklar formuliert ist, dass ein durchschnittlicher Verbraucher sie nicht verstehen kann, kann sie vor Gericht unwirksam sein. Das bedeutet: Versicherer können sich nicht auf Kleingedrucktes berufen, das bewusst verschleiernd formuliert wurde.
Für Verbraucher heißt das: Wer bei den Versicherungsbedingungen unsicher ist, sollte nachfragen. Und wenn die Antwort unbefriedigend ist, kann man sich an Verbraucherzentralen oder den Versicherungsombudsmann wenden.
Später haben wir auch gemerkt, dass Prävention im Alltag viel bewirkt
Neben der Versicherung gibt es natürlich auch die Frage: Wie können wir als Familie achtsamer werden? Markus schlug vor, dass wir in besonders sensiblen Situationen – etwa beim Arzt, im Restaurant oder in fremden Wohnungen – immer eine „Erinnerungsphrase" benutzen. Etwas wie: „Hier müssen wir besonders vorsichtig sein."
Das klingt simpel, aber es funktioniert. Emma weiß inzwischen, was das bedeutet: nicht rennen, nicht toben, aufpassen. Natürlich ist sie trotzdem ein Kind und macht Fehler. Aber es gibt ihr einen Rahmen.
Auch der NABU weist darauf hin, dass Umweltbewusstsein und Achtsamkeit im Alltag schon bei Kindern gefördert werden können – nicht nur im Hinblick auf die Natur, sondern auch im Umgang mit Ressourcen und Gegenständen (Quelle: nabu.de, Stand: 2025). Kinder, die lernen, achtsam mit ihrer Umgebung umzugehen, entwickeln auch ein Gefühl für Verantwortung.
In manchen Situationen greift übrigens nicht die Haftpflicht, sondern eine andere Versicherung
Ein Detail, das mir erst später bewusst wurde: Nicht jeder Schaden ist ein Fall für die Haftpflichtversicherung. Wenn zum Beispiel das eigene Kind das eigene Auto beschädigt, zahlt die Haftpflicht nicht – dafür wäre die Kaskoversicherung zuständig. Wenn das Kind im eigenen Haushalt etwas kaputt macht, greift die Hausratversicherung.
Die Abgrenzung ist manchmal kompliziert. Grundsätzlich gilt: Die Haftpflicht zahlt für Schäden, die Dritten zugefügt werden. Schäden am eigenen Eigentum sind davon ausgenommen. (Diese Abgrenzung kann je nach Versicherungsart und Vertrag variieren.)
Auch bei Schäden in gemieteten Räumen wird es knifflig. Wenn man eine Ferienwohnung mietet und das Kind dort etwas beschädigt, ist das ein Haftpflichtfall – vorausgesetzt, die Police deckt Mietsachschäden ab. Auch hier lohnt sich ein Blick ins Kleingedruckte.
Ganz praktisch haben wir uns auch einen Musterbrief zurechtgelegt
Falls noch einmal etwas passiert, habe ich vorsorglich einen Musterbrief für Schadensmeldungen erstellt. Der liegt bei unseren Versicherungsunterlagen und kann im Ernstfall schnell ausgefüllt werden:
Musterbrief: Schadensmeldung an die Haftpflichtversicherung
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit melde ich einen Schaden, der am [Datum einfügen] durch mein Kind verursacht wurde. Der Schaden ereignete sich in [Ort/Einrichtung] und betrifft [kurze Beschreibung]. Dokumentation und Belege (Fotos, Kostenvoranschläge, Zeugenaussagen) liegen bei. Ich bitte um zeitnahe Prüfung und Bestätigung der Schadenübernahme.
Mit freundlichen Grüßen, [Name]
Ein solcher Brief spart Zeit und stellt sicher, dass alle wichtigen Informationen enthalten sind. Natürlich kann man auch das Online-Portal der Versicherung nutzen – aber ein schriftlicher Brief hat den Vorteil, dass man einen Nachweis hat, falls es später Unstimmigkeiten gibt.
In den Monaten danach haben wir auch über einen Wechsel der Versicherung nachgedacht
Obwohl unsere Versicherung gut reagiert hatte, überlegten wir, ob es nicht sinnvoll wäre, verschiedene Angebote zu vergleichen. Der GDV bietet auf seiner Website einen Überblick über verschiedene Tarife und deren Leistungen (Quelle: gdv.de, Stand: 2025). Auch Vergleichsportale können hilfreich sein, sollten aber immer kritisch betrachtet werden – nicht jedes Portal ist unabhängig.
Wir entschieden uns schließlich, bei unserer alten Versicherung zu bleiben, aber den Tarif zu upgraden. Die Deliktunfähigkeitsklausel war jetzt auf 20.000 Euro erhöht, die Deckungssumme auf 10 Millionen, und wir hatten zusätzlich eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen – für den Fall, dass es mal zu einem Rechtsstreit kommen sollte.
Das Ganze kostete uns etwa 15 Euro mehr im Monat. Für das Gefühl von Sicherheit war uns das die Ausgabe wert.
Später haben wir uns auch mit digitalen Sicherheitsfragen beschäftigt
Ein Thema, das auf den ersten Blick nichts mit Kinderschäden zu tun hat, aber indirekt doch wichtig ist: Datensicherheit. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) empfiehlt, wichtige Versicherungsunterlagen digital zu sichern – idealerweise in einer verschlüsselten Cloud oder auf einer externen Festplatte (Quelle: bsi.bund.de, Stand: 2025).
Wir haben daraufhin alle Versicherungspolicen, Rechnungen und Schadensmeldungen eingescannt und in einem passwortgeschützten Ordner gespeichert. Im Ernstfall haben wir so auch von unterwegs Zugriff auf alle wichtigen Daten – etwa wenn wir im Urlaub sind und dort etwas passiert.
Auch die Kontaktdaten der Versicherung, die Policennummer und eine Notiz, was im Schadensfall zu tun ist, haben wir im Handy gespeichert. Das klingt übertrieben, aber in stressigen Momenten ist man froh über jede Erleichterung.
In vielen Gesprächen mit anderen Eltern haben wir gemerkt: Das Thema betrifft fast alle
Nachdem ich die Geschichte in unserem Freundeskreis erzählt hatte, kamen erstaunlich viele ähnliche Geschichten zutage. Ein Kind, das im Supermarkt ein Regal umgestoßen hatte. Ein anderes, das beim Kindergeburtstag eine Vase zerbrochen hatte. Wieder ein anderes, das beim Nachbarn mit dem Ball eine Scheibe eingeworfen hatte.
In fast allen Fällen hatte die Haftpflichtversicherung gezahlt – aber nicht immer reibungslos. Oft gab es Rückfragen, manchmal Diskussionen über die Höhe des Schadens, manchmal auch Streit darüber, ob eine Aufsichtspflichtverletzung vorlag.
Was alle Geschichten gemeinsam hatten: Wer schnell reagierte, transparent war und eine gute Dokumentation vorlegte, hatte die besten Chancen auf eine kulante Regulierung. Wer zögerte oder versuchte, etwas zu verheimlichen, machte es sich unnötig schwer.
Ganz ehrlich, am Ende war es eine wichtige Lektion für uns alle
Rückblickend war der Vorfall beim Zahnarzt unangenehm, aber auch lehrreich. Emma hat gelernt, vorsichtiger zu sein. Markus und ich haben gelernt, wie wichtig eine gute Versicherung ist und wie man im Ernstfall reagiert. Und wir alle haben gelernt, dass Unfälle passieren – und dass es nicht das Ende der Welt ist, solange man verantwortungsvoll damit umgeht.
Die zerbrochene Vitrine wurde repariert, die Versicherung hat gezahlt, und die Zahnarztpraxis war zufrieden. Alles in allem ein Happy End. Aber es hätte auch anders ausgehen können – wenn wir keine Versicherung gehabt hätten, wenn die Praxis unkooperativ gewesen wäre, wenn die Versicherung nicht gezahlt hätte.
Deshalb mein Rat an alle Eltern: Prüft eure Haftpflichtversicherung. Achtet darauf, dass sie eine Deliktunfähigkeitsklausel enthält. Dokumentiert Schäden sofort. Kommuniziert offen und ehrlich. Und versucht, euren Kindern beizubringen, achtsam zu sein – ohne sie zu überfordern oder zu ängstigen.
Häufige Fragen, die uns nach dem Vorfall gestellt wurden
Viele Leser:innen haben uns nach der Veröffentlichung unserer Geschichte geschrieben und Fragen gestellt. Die wichtigsten möchte ich hier beantworten:
Haften Kinder unter sieben Jahren überhaupt für Schäden?
Nein, Kinder unter sieben Jahren sind deliktunfähig und haften nicht für Schäden, die sie verursachen (§ 828 Abs. 1 BGB, Stand: 2025). Im Straßenverkehr gilt diese Grenze sogar bis zum zehnten Lebensjahr. Das bedeutet aber nicht, dass niemand haftet – die Eltern können haftbar gemacht werden, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben. Und hier kommt die Haftpflichtversicherung ins Spiel: Viele Tarife übernehmen auch Schäden durch deliktunfähige Kinder, wenn eine entsprechende Klausel im Vertrag enthalten ist. (Diese Angaben sind gesetzlich geregelt, die Versicherungsleistungen können je nach Tarif variieren.)
Was ist, wenn die Versicherung nicht zahlt?
Wenn die Versicherung die Zahlung verweigert, sollte man zunächst die Begründung genau prüfen. Oft fehlen einfach nur Unterlagen oder es gibt Missverständnisse. Ein schriftlicher Widerspruch mit Nachreichung fehlender Dokumente kann helfen. Wenn das nicht weiterbringt, kann man den Versicherungsombudsmann einschalten – das ist eine kostenlose Schlichtungsstelle. Im Extremfall bleibt der Gang zum Fachanwalt für Versicherungsrecht.
Greift die Familienversicherung auch bei Jugendlichen?
Ja, aber mit Einschränkungen. Ab dem siebten Geburtstag sind Kinder bedingt deliktfähig – das heißt, sie können unter Umständen selbst haften, wenn ihnen die nötige Einsichtsfähigkeit zugetraut werden kann. Die Familienversicherung deckt in der Regel minderjährige Kinder ab, aber bei älteren Kindern und Jugendlichen können andere Regelungen gelten – etwa wenn es um grob fahrlässiges Verhalten geht. Auch hier gilt: Vertragsbedingungen prüfen. (Diese Angaben können je nach Versicherer und Einzelfall variieren.)
Sollte man jeden kleinen Schaden melden?
Das hängt von der Schadenshöhe ab. Bei Bagatellschäden (unter 50 Euro) lohnt sich eine Meldung oft nicht – der Verwaltungsaufwand ist größer als der Nutzen. Bei mittleren bis größeren Schäden sollte man aber immer melden, auch wenn man sich unsicher ist, ob die Versicherung zahlt. Im Zweifel entscheidet die Versicherung, ob sie den Schaden reguliert. Nicht zu melden kann problematisch werden, wenn der Geschädigte später direkt Forderungen stellt.
Was ist der Unterschied zwischen Haftpflicht und Rechtsschutz?
Die Haftpflichtversicherung zahlt, wenn man selbst (oder die Familie) einen Schaden verursacht. Die Rechtsschutzversicherung zahlt die Anwalts- und Gerichtskosten, wenn es zu einem Rechtsstreit kommt – etwa wenn jemand uns zu Unrecht für einen Schaden verantwortlich machen will. Beide Versicherungen ergänzen sich, decken aber unterschiedliche Bereiche ab.
Kann man eine Versicherung auch nachträglich abschließen, wenn schon ein Schaden passiert ist?
Nein, eine Versicherung deckt nur Schäden ab, die nach Vertragsabschluss entstehen. Wer erst nach einem Vorfall eine Haftpflicht abschließt, kann diesen Schaden nicht mehr geltend machen. Deshalb ist es so wichtig, frühzeitig vorzusorgen – am besten schon vor der Geburt des ersten Kindes.
Am Ende haben wir verstanden: Versicherung ist Vorsorge, keine Angstmacherei
Wenn ich heute zurückblicke, bin ich froh, dass wir rechtzeitig eine gute Haftpflichtversicherung abgeschlossen hatten. Nicht weil ich damit gerechnet hätte, dass Emma eine Vitrine demoliert. Sondern einfach, weil man nie weiß, was passiert.
Kinder sind unberechenbar. Sie lernen, sie experimentieren, sie testen Grenzen. Und manchmal geht dabei eben etwas zu Bruch. Das ist keine Katastrophe, sondern Teil des Großwerdens. Wichtig ist nur, dass man vorbereitet ist – finanziell, organisatorisch und emotional.
Die zerbrochene Vitrine beim Zahnarzt war unangenehm. Aber sie war auch eine Erinnerung daran, dass wir gut aufgestellt sind. Dass wir im Ernstfall wissen, was zu tun ist. Und dass Emma lernen konnte, Verantwortung zu übernehmen – auf ihre Art, in ihrem Tempo.
Versicherung ist nicht nur ein Stück Papier. Sie ist ein Sicherheitsnetz. Und in Momenten wie diesen ist man verdammt dankbar dafür.