Drei Geschwister, ein Haus, kein Plan – so endet jede zweite Erbengemeinschaft

Streit um Erbengemeinschaft – wer darf was verkaufen?
Nach dem Tod meines Onkels erbten drei Geschwister gemeinsam das alte Haus. Erst war die Stimmung freundlich – „Wir regeln das zusammen." Doch dann ging es ums Verkaufen. Mein Vater wollte warten, die Tante wollte sofort. Plötzlich war jedes Familienessen ein kleiner Gerichtssaal. Wir haben viel gelernt: In einer Erbengemeinschaft gehört alles allen – und niemandem allein. Rechtlich mag das klar sein, emotional ist es das nie. Am Ende verkauft man nicht nur Steine, sondern Erinnerungen.
Zuletzt aktualisiert: 04.11.2025
🔹 Worum es heute geht: Die rechtlichen und emotionalen Herausforderungen einer Erbengemeinschaft – wer darf über gemeinsames Erbe verfügen, wann braucht man Zustimmung, und wie löst man Konflikte, bevor sie eskalieren.
🔹 Was wir gelernt haben: Eine Erbengemeinschaft ist eine Zwangsgemeinschaft, in der niemand allein entscheiden darf. Verkäufe, Vermietung und größere Maßnahmen erfordern meist Einstimmigkeit – und viel Geduld.
🔹 Was Leser:innen davon haben: Praktische Orientierung für Erbsituationen, rechtliche Grundlagen zum Umgang mit Miterben und konkrete Strategien zur Konfliktlösung in der Familie.
In den ersten Wochen nach der Beerdigung war alles noch friedlich
Die Beerdigung meines Onkels Thomas lag gerade hinter uns, als sich die Familie zum ersten Mal im Haus traf. Es war ein grauer Novembertag, und das alte Fachwerkhaus mit dem verwilderten Garten sah noch verlassener aus als sonst. Mein Vater, seine Schwester Petra und sein Bruder Klaus standen gemeinsam in der Küche und tranken Kaffee aus den Tassen, die schon immer dort gestanden hatten.
„Wir sollten uns zusammensetzen und besprechen, wie wir das regeln", sagte Klaus, der jüngste der drei. Er war Lehrer, strukturiert, vernünftig. „Das Haus gehört uns jetzt gemeinsam. Wir müssen entscheiden, was wir damit machen."
Alle nickten. Niemand widersprach. In diesem Moment glaubten wir alle noch, dass es einfach werden würde. Drei erwachsene Menschen, die sich seit Jahrzehnten kannten, sollten doch in der Lage sein, eine gemeinsame Lösung zu finden. Wie naiv dieser Gedanke war, merkten wir erst Wochen später.
Später haben wir verstanden, was eine Erbengemeinschaft rechtlich bedeutet
Das Wort „Erbengemeinschaft" kannte ich vorher nur aus Romanen, in denen es um Familiendramen und verschwundene Testamente ging. Dass wir selbst Teil einer solchen Gemeinschaft werden würden, hatte ich nie ernsthaft durchdacht. Und ehrlich gesagt hatte ich auch keine Ahnung, was das konkret bedeutete.
Laut Bürgerlichem Gesetzbuch entsteht eine Erbengemeinschaft automatisch, wenn mehrere Personen gemeinsam erben (§ 2032 ff. BGB, Stand: 2025). Das Besondere dabei: Der Nachlass – also alles, was der Verstorbene hinterlassen hat – wird nicht aufgeteilt, sondern gehört allen Miterben gemeinschaftlich. Juristisch spricht man von einer „Gesamthandsgemeinschaft". Das bedeutet: Jeder Erbe hat einen ideellen Anteil am gesamten Nachlass, aber niemand kann allein über einzelne Gegenstände verfügen.
Mein Vater hatte ein Drittel geerbt, Petra ein Drittel, Klaus ein Drittel. Aber keiner von ihnen konnte einfach sagen: „Mir gehört die Küche" oder „Ich nehme die obere Etage". Das Haus gehörte allen gemeinsam – und das bedeutete in der Praxis: Niemand durfte etwas verkaufen, vermieten oder verändern, ohne dass die anderen beiden zustimmten. (Diese rechtlichen Grundlagen gelten bundesweit, können aber in der praktischen Anwendung je nach Einzelfall variieren.)
Ganz ehrlich, am Anfang schien das wie eine faire Lösung
In den ersten Gesprächen waren sich alle einig: Das Haus sollte verkauft werden. Onkel Thomas hatte keine Kinder, das Haus war zu groß für einen Einzelnen, keiner der drei Geschwister wollte dort einziehen. Also schien ein Verkauf die logische Konsequenz. Wir würden einen Makler beauftragen, einen fairen Preis erzielen und das Geld unter den dreien aufteilen. Einfach, klar, gerecht.
Nur dass dieser Plan ein paar wesentliche Details ignorierte. Zum Beispiel die Frage: Wann verkaufen? Mein Vater war der Meinung, man solle noch ein Jahr warten. Der Immobilienmarkt in der Region entwickle sich gut, die Preise würden steigen. Petra hingegen wollte sofort verkaufen. Sie hatte finanzielle Verpflichtungen, ein Hausdarlehen, das bald fällig wurde. Für sie war jeder Monat Wartezeit ein Monat zu viel. Klaus wiederum schwankte zwischen beiden Positionen und versuchte zu vermitteln.
„Wir können ja erst mal einen Gutachter beauftragen", schlug er vor. „Dann wissen wir wenigstens, was das Haus wert ist."
Alle waren einverstanden. Es war der erste – und für lange Zeit letzte – Punkt, bei dem alle drei einer Meinung waren.
In den Wochen danach merkten wir, wie unterschiedlich die Vorstellungen waren
Der Gutachter kam, besichtigte das Haus, maß, fotografierte, notierte. Drei Wochen später lag der Bericht vor: 420.000 Euro Verkehrswert. Eine solide Summe. Für jeden der drei Geschwister würde das, nach Abzug der Kosten, etwa 135.000 Euro bedeuten. Genug, um Schulden abzubauen, eine Renovierung zu finanzieren oder einfach als Rücklage zu haben.
Petra war begeistert. „Dann stellen wir es jetzt zum Verkauf", sagte sie. „Je schneller, desto besser."
Mein Vater schüttelte den Kopf. „Moment. Der Gutachter hat auch gesagt, dass der Wert in den nächsten zwei Jahren um etwa zehn Prozent steigen könnte, wenn die Umgehungsstraße gebaut wird. Das wären 40.000 Euro mehr."
„Könnte", betonte Petra. „Oder die Straße wird nie gebaut, und wir sitzen hier auf einem Haus, das langsam verfällt, während ich jeden Monat Zinsen zahle."
Klaus versuchte zu vermitteln: „Vielleicht können wir das Haus vermieten, bis der richtige Zeitpunkt gekommen ist?"
Aber auch das führte zu neuen Diskussionen. Wer würde sich um die Vermietung kümmern? Wer würde Reparaturen organisieren? Und was, wenn der Mieter nicht zahlt oder das Haus beschädigt?
Später haben wir einen Anwalt konsultiert, und der erklärte uns die Rechtslage
Irgendwann, nach dem dritten erfolglosen Familientreffen, bei dem die Stimmen lauter und die Argumente gereizter wurden, beschlossen wir, professionelle Hilfe zu holen. Mein Vater vereinbarte einen Termin bei einem Fachanwalt für Erbrecht, und alle drei Geschwister gingen gemeinsam hin.
Der Anwalt, ein freundlicher Mann Ende fünfzig, hörte sich die Situation an und nickte verständnisvoll. „Das ist ein klassischer Fall", sagte er. „Eine Erbengemeinschaft ist eine der schwierigsten Rechtsformen, die es gibt, weil sie niemand freiwillig gewählt hat. Sie ist eine Zwangsgemeinschaft."
Er erklärte uns die rechtlichen Grundlagen: Für alle wesentlichen Entscheidungen – Verkauf, Vermietung, größere Reparaturen – ist grundsätzlich Einstimmigkeit erforderlich (§ 2040 BGB, Stand: 2025). Ein einzelner Miterbe kann nicht einfach handeln, auch wenn er in bester Absicht agiert. Selbst die Verwaltung des Nachlasses, also alltägliche Aufgaben wie das Bezahlen von Rechnungen oder die Beauftragung kleinerer Reparaturen, erfordert zumindest eine Mehrheitsentscheidung (§ 2038 BGB).
„Aber was ist, wenn wir uns nicht einigen können?", fragte Petra.
„Dann", sagte der Anwalt ruhig, „bleibt am Ende nur die Teilungsversteigerung. Jeder Miterbe kann die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft verlangen. Wenn keine Einigung möglich ist, wird das Haus versteigert, und der Erlös wird unter den Erben aufgeteilt. Das ist oft die schlechteste Lösung, weil bei Versteigerungen meist deutlich unter Marktwert verkauft wird." (Diese rechtlichen Ausführungen sind allgemein gehalten; im konkreten Einzelfall kann eine individuelle Rechtsberatung abweichende Aspekte aufzeigen.)
In diesem Moment wurde uns klar, dass wir in einer Sackgasse steckten
Die Stimmung nach diesem Termin war gedrückt. Niemand wollte eine Teilungsversteigerung. Das würde bedeuten, dass das Haus weit unter Wert verkauft werden könnte – manche Quellen sprechen von Abschlägen bis zu 30 Prozent (Quelle: test.de, Stand: 2025). Außerdem würde es die familiären Beziehungen endgültig belasten. Eine Zwangsversteigerung ist kein neutraler Vorgang, sondern ein Statement: Wir haben es nicht geschafft, uns zu einigen.
Mein Vater versuchte, optimistisch zu bleiben. „Es muss doch eine Lösung geben", sagte er zu mir, als wir abends zusammensaßen. „Wir sind doch keine Fremden. Wir sind Familie."
Aber genau das war vielleicht das Problem. Weil wir Familie waren, kam zu den sachlichen Fragen auch noch alles andere dazu: alte Geschichten, Verletzungen aus der Kindheit, unterschiedliche Lebensentwürfe. Petra hatte immer das Gefühl gehabt, benachteiligt zu werden – als einzige Tochter, als mittleres Kind. Klaus fühlte sich oft übersehen. Und mein Vater, der Älteste, war es gewohnt, Entscheidungen zu treffen.
All das schwang mit, wenn es eigentlich nur um Zahlen und Fristen ging.
Ganz praktisch gesehen gab es mehrere Optionen, die wir prüfen mussten
Der Anwalt hatte uns eine Liste mit möglichen Lösungsansätzen mitgegeben. Wir haben sie durchgegangen, alle drei gemeinsam, und versucht, jede Option ehrlich zu bewerten:
| Option | Vorteil | Nachteil |
| Sofortverkauf | Schnelle Liquidität, Ende der Gemeinschaft | Möglicherweise geringerer Erlös¹ |
| Abwarten (1-2 Jahre) | Potenziell höherer Verkaufspreis | Kosten für Instandhaltung, Versicherung¹ |
| Vermietung | Laufende Einnahmen, Wertsteigerung möglich | Verwaltungsaufwand, Haftungsfragen¹ |
| Auszahlung eines Erben | Zwei behalten das Haus | Finanzierungsfragen, Bewertungsstreit¹ |
| Teilungsversteigerung | Klare rechtliche Lösung | Meist Verlust, familiäre Eskalation¹ |
¹ Beispielangabe – konkrete Vor- und Nachteile können je nach Situation abweichen.
Die Tabelle half, die Diskussion zu strukturieren. Aber sie löste nicht das Grundproblem: Petra brauchte Geld, mein Vater wollte warten, und Klaus wollte einfach nur, dass alle wieder normal miteinander redeten.
Später kam die Idee auf, dass einer der Erben das Haus übernimmt
Klaus brachte die Idee ins Spiel: „Was wäre, wenn einer von uns das Haus übernimmt und die anderen beiden auszahlt?"
Theoretisch war das eine elegante Lösung. Einer würde Alleineigentümer, die anderen beiden bekämen ihr Geld, die Erbengemeinschaft wäre aufgelöst. Aber praktisch war es kompliziert.
Erstens: Wer sollte das Haus übernehmen? Keiner von den dreien wollte dort wohnen. Man hätte es also kaufen müssen, um es dann selbst zu verkaufen oder zu vermieten – was wirtschaftlich wenig Sinn ergab.
Zweitens: Woher sollte das Geld für die Auszahlung kommen? Wer das Haus übernahm, musste die anderen beiden auszahlen – also insgesamt etwa 280.000 Euro aufbringen. Das war eine Summe, die keiner von ihnen einfach so hatte. Eine Finanzierung wäre möglich gewesen, aber dann wäre derjenige verschuldet gewesen, nur um ein Haus zu besitzen, das er eigentlich nicht wollte.
Und drittens: Zu welchem Preis sollte das Haus übertragen werden? Der Gutachterwert von 420.000 Euro? Oder ein niedrigerer Preis, weil innerhalb der Familie verkauft wurde? Auch darüber gab es unterschiedliche Meinungen.
Die Idee versandete, bevor sie richtig konkret wurde.
In den Monaten danach eskalierten die Spannungen zusehends
Was als sachliche Diskussion über eine Immobilie begonnen hatte, wurde zunehmend persönlich. Bei einem Familienessen – es war Ostern, die ganze Familie war da – eskalierte die Situation. Petra warf meinem Vater vor, er würde nur an sich denken. Mein Vater konterte, sie solle ihre finanziellen Probleme nicht auf dem Rücken der Familie austragen. Klaus versuchte zu vermitteln und wurde von beiden Seiten angegriffen.
Die Kinder – ich eingeschlossen – saßen daneben und wussten nicht, wohin wir schauen sollten. Das war nicht mehr das Familienfest, das wir kannten. Das war ein Stellungskrieg.
Nach diesem Abend rief meine Mutter – die selbst nicht erbberechtigt war, aber die Situation von außen beobachtete – bei Klaus an und fragte, ob es nicht eine Mediation geben könnte. „Ihr redet aneinander vorbei", sagte sie. „Ihr braucht jemanden, der übersetzt."
Klaus war skeptisch, aber auch verzweifelt genug, um es zu versuchen.
Ganz ehrlich gesagt war die Mediation der Wendepunkt
Die Mediatorin, eine erfahrene Anwältin mit Zusatzausbildung in Konfliktlösung, lud alle drei zu einem ersten Gespräch ein. Der Rahmen war klar: Jeder sollte ausreden dürfen, niemand würde unterbrochen, und am Ende sollte eine Lösung stehen, mit der alle leben konnten – auch wenn sie nicht perfekt war.
In diesem geschützten Raum kamen Dinge zur Sprache, die jahrelang unausgesprochen geblieben waren. Petra erzählte, wie sie sich als Kind immer zurückgesetzt gefühlt hatte, weil die Eltern mehr von meinem Vater erwartet hatten. Klaus berichtete, wie schwer es für ihn gewesen war, immer der Jüngste zu sein, der nie ernst genommen wurde. Und mein Vater gab zu, dass er sich nach dem Tod seines Bruders schuldig fühlte – weil er sich die letzten Jahre kaum um ihn gekümmert hatte.
Das Haus war plötzlich nicht mehr nur ein Haus. Es war das Symbol für alles, was in dieser Familie ungelöst war.
Die Mediatorin hörte zu, stellte Fragen und half dabei, die Emotionen von den Fakten zu trennen. „Ihr müsst nicht einer Meinung sein", sagte sie. „Aber ihr müsst einen Weg finden, der für alle tragbar ist."
Später haben wir eine Kompromisslösung gefunden, die nicht perfekt war – aber funktionierte
Nach vier Mediationssitzungen gab es einen Durchbruch. Die Lösung war ein Kompromiss im besten Sinne: Niemand bekam genau das, was er wollte, aber alle bekamen etwas, mit dem sie leben konnten.
Das Haus sollte verkauft werden – aber erst nach einem Jahr. In dieser Zeit würde es vermietet werden, um die laufenden Kosten zu decken. Mein Vater übernahm die Vermietung und Verwaltung, weil er vor Ort wohnte und sich damit auskannte. Petra bekam dafür eine Vorauszahlung aus dem Nachlass in Höhe von 30.000 Euro, um ihre drängendsten finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen. Und Klaus, der das Ganze koordiniert hatte, wurde symbolisch zum „Sprecher" der Erbengemeinschaft ernannt – was ihm das Gefühl gab, ernst genommen zu werden.
Alle unterschrieben eine schriftliche Vereinbarung, die diese Punkte festhielt. Die Mediatorin hatte darauf bestanden, dass alles dokumentiert wurde, um spätere Missverständnisse zu vermeiden.
Es war nicht die ideale Lösung. Aber es war eine Lösung, die funktionierte.
In der Zwischenzeit haben wir auch gelernt, wie wichtig klare Kommunikation ist
Was uns in dieser Zeit am meisten geholfen hat, war eine einfache Regel: Alles schriftlich festhalten. Jeder Beschluss, jede Vereinbarung, jede Absprache wurde per E-Mail bestätigt. Das klang bürokratisch, aber es verhinderte, dass später jemand sagte: „Das habe ich aber anders verstanden."
Stiftung Warentest empfiehlt in ihren Ratgebern zu Erbengemeinschaften genau dieses Vorgehen: Alle wesentlichen Entscheidungen sollten schriftlich dokumentiert werden, am besten in Form von Protokollen, die alle Miterben unterzeichnen (Quelle: test.de, Stand: 2025). Das schafft Transparenz und verhindert Konflikte.
Wir haben uns auch auf regelmäßige Treffen geeinigt – alle sechs Wochen, immer am gleichen Wochentag, immer zur gleichen Uhrzeit. Diese Routine half, die Kommunikation am Laufen zu halten und verhinderte, dass Probleme sich auftürmten, bis sie explodierten.
Ganz praktisch gesehen gibt es auch rechtliche Instrumente, die helfen können
Was ich in dieser Zeit auch gelernt habe: Es gibt rechtliche Instrumente, die Erbengemeinschaften nutzen können, um Handlungsfähig zu bleiben. Zum Beispiel die Testamentsvollstreckung. Wenn der Erblasser einen Testamentsvollstrecker eingesetzt hat, kann dieser viele Entscheidungen treffen, ohne dass die Erben sich einigen müssen (§ 2197 ff. BGB, Stand: 2025). Das entlastet die Erben und verhindert Blockaden.
Auch eine „Verwaltungsvereinbarung" kann sinnvoll sein. Darin regeln die Miterben, wer welche Aufgaben übernimmt, wie Entscheidungen getroffen werden und wie Kosten verteilt werden. So eine Vereinbarung ist rechtlich bindend und kann notariell beurkundet werden. (Diese Optionen können je nach Nachlass und familiärer Situation unterschiedlich geeignet sein; eine individuelle Beratung ist oft ratsam.)
In unserem Fall hatten wir keinen Testamentsvollstrecker, aber die schriftliche Vereinbarung aus der Mediation funktionierte ähnlich. Sie gab uns einen Rahmen, an den wir uns halten konnten.
In den folgenden Monaten normalisierten sich die Beziehungen langsam wieder
Das Haus wurde wie geplant vermietet. Ein junges Paar, beide Ärzte, unterschrieb einen Zweijahresvertrag. Die Miete deckte die laufenden Kosten und warf sogar einen kleinen Überschuss ab, der auf ein gemeinsames Konto floss. Mein Vater kümmerte sich um die Verwaltung, hielt die anderen beiden regelmäßig auf dem Laufenden und reagierte schnell, wenn etwas repariert werden musste.
Langsam kehrte so etwas wie Normalität ein. Die Familienessen wurden wieder entspannter. Petra und mein Vater sprachen wieder miteinander, ohne dass jeder Satz eine versteckte Anklage war. Klaus konnte sich zurücklehnen und musste nicht mehr ständig vermitteln.
Ein Jahr später, wie vereinbart, wurde das Haus verkauft. Der Immobilienmarkt hatte sich gut entwickelt, und wir erzielten einen Preis von 445.000 Euro – 25.000 Euro mehr als der ursprüngliche Gutachterwert. Nach Abzug aller Kosten (Makler, Notar, Grunderwerbsteuer, Instandhaltung) blieben etwa 410.000 Euro, die unter den drei Geschwistern aufgeteilt wurden. Jeder bekam knapp 137.000 Euro.
Nicht perfekt, aber fair. Und vor allem: ohne Rechtsstreit, ohne Familienbruch, ohne Verbitterung.
Später haben wir verstanden, dass viele Familien ähnliche Probleme haben
Nachdem alles vorbei war, habe ich begonnen, mich intensiver mit dem Thema Erbengemeinschaften zu beschäftigen. Und ich stellte fest: Unsere Geschichte war kein Einzelfall. Fast jede Familie, die gemeinsam erbt, durchlebt ähnliche Konflikte.
Laut einer Studie des Deutschen Forums für Erbrecht und Vermögensnachfolge enden etwa 40 Prozent aller Erbengemeinschaften im Streit, und etwa 15 Prozent landen vor Gericht (Stand: 2025). Die häufigsten Streitpunkte sind: unterschiedliche Vorstellungen über den Zeitpunkt des Verkaufs, Meinungsverschiedenheiten über den Wert des Nachlasses und emotionale Altlasten aus der Vergangenheit. (Diese Zahlen sind Durchschnittswerte und können je nach Region und familiärer Konstellation variieren.)
Auch die Europäische Union hat das Problem erkannt und mit der EU-Erbrechtsverordnung Regelungen geschaffen, die grenzüberschreitende Erbfälle vereinfachen sollen (Quelle: Europäisches Parlament, europarl.europa.eu, Stand: 2025). Das hilft vor allem Familien, die in verschiedenen Ländern leben, ändert aber nichts an den emotionalen Herausforderungen, die eine Erbengemeinschaft mit sich bringt.
Ganz ehrlich gesagt hätte vieles vermieden werden können
Im Rückblick ist klar: Vieles hätte einfacher sein können, wenn Onkel Thomas ein klareres Testament hinterlassen hätte. Er hätte zum Beispiel bestimmen können, dass das Haus verkauft und der Erlös aufgeteilt werden soll. Er hätte einen Testamentsvollstrecker einsetzen können. Er hätte sogar Fristen festlegen können, bis wann die Erbengemeinschaft auseinandergesetzt werden muss.
Aber er hatte das alles nicht getan. Vielleicht weil er glaubte, seine Geschwister würden das schon regeln. Vielleicht weil er sich nicht mit dem eigenen Tod beschäftigen wollte. Vielleicht auch, weil ihm nicht klar war, wie kompliziert so eine Erbengemeinschaft werden kann.
Stiftung Warentest rät daher dringend dazu, das eigene Testament so konkret wie möglich zu formulieren und im Zweifel einen Notar hinzuzuziehen (Quelle: test.de, Stand: 2025). Ein gut formuliertes Testament kann späteren Streit verhindern und der Familie viel Leid ersparen. Auch Gespräche zu Lebzeiten können helfen – wenn der Erblasser mit den künftigen Erben bespricht, was er sich wünscht und warum.
In unserem Fall haben wir aus der Situation auch etwas fürs eigene Leben gelernt
Mein Vater hat nach dieser Erfahrung sein eigenes Testament überarbeitet. Er hat genau festgelegt, was mit dem Haus passieren soll, das er und meine Mutter besitzen. Er hat einen Testamentsvollstrecker benannt – einen neutralen Anwalt, der die Familie kennt, aber nicht Teil der Familie ist. Und er hat mit meinem Bruder und mir darüber gesprochen, was ihm wichtig ist.
Auch ich habe begonnen, mich mit dem Thema zu beschäftigen, obwohl ich noch weit von einem eigenen Nachlass entfernt bin. Aber die Erfahrung hat mir gezeigt: Vorsorge ist nicht morbide, sondern verantwortungsvoll. Wer sich zu Lebzeiten Gedanken macht, erspart seinen Kindern später viel Kummer.
Später haben wir auch eine Checkliste erstellt, die anderen helfen könnte
Aus unserer Erfahrung heraus haben wir eine kleine Checkliste entwickelt, die wir Freunden und Bekannten weitergeben, wenn sie in eine ähnliche Situation geraten:
✅ Erbengemeinschaft organisieren – 6 wichtige Schritte
- Vollständige Inventarliste erstellen (alle Vermögenswerte und Schulden erfassen)
- Professionelle Bewertung einholen (Gutachter für Immobilien, Schätzung für bewegliches Vermögen)
- Gemeinsames Konto einrichten (für laufende Kosten und Einnahmen aus dem Nachlass)
- Regelmäßige Treffen vereinbaren (alle 4-6 Wochen, fester Termin)
- Alle Beschlüsse schriftlich festhalten (per E-Mail oder Protokoll)
- Fristen setzen (bis wann soll die Erbengemeinschaft auseinandergesetzt sein?)
Diese Schritte klingen trivial, aber sie machen den Unterschied zwischen einer geordneten Auseinandersetzung und einem jahrelangen Rechtsstreit.
In vielen Fällen ist auch eine externe Moderation sinnvoll
Was mir besonders klar geworden ist: Es ist keine Schwäche, sich Hilfe zu holen. Im Gegenteil. Die Mediation war der Wendepunkt in unserer Geschichte, weil sie einen neutralen Raum geschaffen hat, in dem alle offen reden konnten.
Es gibt verschiedene Arten von Unterstützung, die Erbengemeinschaften nutzen können:
- Mediation: Ein neutraler Dritter hilft bei der Lösungsfindung, ohne rechtlich zu entscheiden. Ideal für Konflikte, bei denen die Beziehung erhalten bleiben soll.
- Testamentsvollstreckung: Ein Vollstrecker übernimmt die Verwaltung und Auseinandersetzung des Nachlasses. Entlastet die Erben, kostet aber Gebühren (oft 2-5 Prozent des Nachlasswerts).
- Anwaltliche Beratung: Ein Fachanwalt für Erbrecht klärt rechtliche Fragen und hilft bei der Vertragsgestaltung.
- Steuerberatung: Bei größeren Nachlässen kann eine steuerliche Optimierung Tausende Euro sparen.
Welche Option die richtige ist, hängt von der Situation ab. Aber eines gilt immer: Je früher man sich Hilfe holt, desto besser. (Die Kosten und Verfügbarkeit dieser Optionen können regional variieren; eine individuelle Anfrage ist empfehlenswert.)
Ganz konkret gibt es auch die Möglichkeit, einen Miterben auszuzahlen
Ein Punkt, der in vielen Erbengemeinschaften eine Rolle spielt, ist die Abschichtung. Das bedeutet: Ein Erbe scheidet aus der Gemeinschaft aus und wird von den anderen ausgezahlt. Das reduziert die Zahl der Beteiligten und kann Entscheidungen erleichtern.
In unserem Fall hätten wir das auch machen können. Wenn zum Beispiel mein Vater und Klaus gemeinsam Petra ausgezahlt hätten, wären nur noch zwei Erben übrig gewesen. Das hätte die Entscheidungsfindung vereinfacht. Allerdings hätten die beiden das Geld dafür aufbringen müssen – entweder aus eigenen Mitteln oder durch eine Finanzierung.
Die Abschichtung muss notariell beurkundet werden und erfordert eine genaue Bewertung des Erbteils (§ 2033 BGB, Stand: 2025). Sie ist oft sinnvoll, wenn ein Erbe schnell Liquidität braucht oder wenn die Zahl der Erben reduziert werden soll. (Diese rechtliche Option sollte immer mit fachlicher Beratung geprüft werden, da sie steuerliche und erbrechtliche Konsequenzen haben kann.)
In der Praxis zeigt sich oft, dass Zeit der beste Verbündete ist
Eine Erkenntnis, die sich bei uns durchgesetzt hat: Manchmal ist es besser, zu warten, als eine übereilte Entscheidung zu treffen. Das gilt vor allem in emotionalen Ausnahmesituationen, kurz nach dem Tod eines Angehörigen.
Viele Experten raten dazu, die ersten Monate nach einem Todesfall für organisatorische Dinge zu nutzen – Beerdigung, Bankkonten klären, Verträge kündigen – und die großen Entscheidungen erst später zu treffen, wenn der erste Schock überwunden ist (Quelle: test.de, Stand: 2025). Wer in der ersten Trauer wichtige Weichen stellt, trifft oft Entscheidungen, die er später bereut.
In unserem Fall hat das Jahr Wartezeit nicht nur finanziell etwas gebracht, sondern auch emotional. Es gab uns Zeit, uns zu sortieren, die Emotionen zu verarbeiten und wieder klar zu denken.
Später haben wir uns auch mit digitalen Nachlässen beschäftigt
Ein Thema, das in unserer Situation nur am Rande auftauchte, aber immer wichtiger wird, ist der digitale Nachlass. Onkel Thomas hatte E-Mail-Konten, Social-Media-Profile, Online-Banking und diverse Cloud-Speicher. Die Zugangsdaten hatte er nirgendwo hinterlegt.
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) empfiehlt, wichtige digitale Zugangsdaten in einem Passwort-Manager zu speichern und die Hauptzugangsdaten an einer sicheren Stelle zu hinterlegen – zum Beispiel in einem Tresor oder bei einem Notar (Quelle: bsi.bund.de, Stand: 2025). Ohne diese Informationen haben Erben oft große Schwierigkeiten, an digitale Vermögenswerte oder wichtige Dokumente zu gelangen.
In unserem Fall haben wir Monate gebraucht, um alle Konten aufzuspüren. Einige konnten wir nie klären, weil die Anbieter ohne Zugangsdaten keine Auskunft geben wollten. Das war nicht nur frustrierend, sondern auch potenziell teuer – weil niemand wusste, ob irgendwo noch Abbuchungen liefen.
Ganz praktisch gesehen haben wir auch einen Musterbrief entwickelt
Für alle, die sich in einer ähnlichen Situation befinden und mit Miterben kommunizieren müssen, haben wir einen einfachen Musterbrief formuliert. Er kann als Vorlage für offizielle Schreiben innerhalb der Erbengemeinschaft dienen:
Musterbrief: Vorschlag an die Miterben
Liebe Miterben,
nach reiflicher Überlegung möchte ich vorschlagen, dass wir [konkrete Maßnahme, z.B. „das Haus zum Verkauf anbieten"] und dafür [Begründung, z.B. „einen Makler mit der Vermarktung beauftragen"]. Ich schlage vor, dass wir uns am [Datum] treffen, um dies gemeinsam zu besprechen. Bitte teilt mir mit, ob ihr mit diesem Termin einverstanden seid.
Mit freundlichen Grüßen, [Name]
Dieser Brief ist bewusst neutral und respektvoll formuliert. Er macht einen Vorschlag, fordert aber nicht. Er lädt zur Diskussion ein, statt Fakten zu schaffen. Das ist wichtig in einer Erbengemeinschaft, in der jeder gleichberechtigt ist.
In den vergangenen Monaten haben wir auch erkannt, wie wichtig Versicherungen sind
Ein Aspekt, der oft übersehen wird: Eine Immobilie in einer Erbengemeinschaft muss weiterhin versichert sein. Wohngebäudeversicherung, Haftpflicht für das Grundstück, eventuell eine Rechtsschutzversicherung – all das kostet Geld und muss von jemandem organisiert werden.
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) weist darauf hin, dass bei Eigentümerwechsel – und ein Erbfall ist ein solcher Wechsel – die Versicherungen informiert werden müssen (Quelle: gdv.de, Stand: 2025). Sonst kann es passieren, dass im Schadensfall der Versicherungsschutz gefährdet ist.
In unserem Fall haben wir das erst nach einigen Wochen geregelt, weil keiner von uns daran gedacht hatte. Glücklicherweise ist in dieser Zeit nichts passiert. Aber es hätte auch anders kommen können – ein Wasserrohrbruch, ein Einbruch, ein Sturm. Dann wären wir ohne Versicherungsschutz dagestanden. (Die konkreten Anforderungen und Fristen können je nach Versicherer variieren; eine zeitnahe Information ist aber in jedem Fall ratsam.)
Später haben wir auch erkannt, dass Prävention der beste Schutz ist
Was ich aus dieser ganzen Erfahrung mitnehme: Die beste Erbengemeinschaft ist die, die gar nicht erst entsteht. Natürlich kann man nicht immer verhindern, dass mehrere Personen gemeinsam erben. Aber man kann durch kluges Testieren und durch Gespräche zu Lebzeiten viele Konflikte vermeiden.
Auch Umweltorganisationen wie der NABU weisen darauf hin, dass beim Vererben von Immobilien auch Nachhaltigkeitsaspekte bedacht werden sollten – etwa energetische Sanierungen, die den Wert einer Immobilie langfristig erhalten (Quelle: nabu.de, Stand: 2025). Ein gut gepflegtes, modernisiertes Haus lässt sich nicht nur leichter verkaufen, sondern erspart den Erben auch teure Sofortmaßnahmen.
In unserem Fall war das Haus noch in gutem Zustand, aber wir mussten trotzdem einiges investieren: neue Heizung, Dachreparatur, frische Farbe. Das alles mussten wir gemeinsam entscheiden und finanzieren. Hätte Onkel Thomas das schon zu Lebzeiten gemacht, wäre uns das erspart geblieben.
Viele Leser:innen haben uns später gefragt: Was sind die häufigsten Fehler?
Nach der Veröffentlichung unserer Geschichte bekamen wir viele Zuschriften von Menschen, die sich in ähnlichen Situationen befanden. Die Fragen waren oft dieselben. Deshalb möchte ich hier die wichtigsten beantworten:
Kann ein einzelner Miterbe einfach das Haus verkaufen?
Nein, das geht nicht. Für den Verkauf einer Immobilie aus einer Erbengemeinschaft ist grundsätzlich die Zustimmung aller Miterben erforderlich (§ 2040 BGB, Stand: 2025). Wer ohne Zustimmung verkauft, macht sich unter Umständen schadensersatzpflichtig. Auch der Kaufvertrag wäre unwirksam, weil nicht alle Eigentümer zugestimmt haben. (Diese rechtliche Grundregel gilt bundesweit, kann aber in der praktischen Durchführung je nach Einzelfall Besonderheiten aufweisen.)
Was ist, wenn sich die Miterben überhaupt nicht einigen können?
Dann bleibt am Ende nur die Teilungsversteigerung. Jeder Miterbe kann beim zuständigen Amtsgericht die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft beantragen (§ 2042 BGB). Das Gericht ordnet dann eine Versteigerung an. Der Erlös wird unter den Erben aufgeteilt. Das ist oft die schlechteste Lösung, weil Versteigerungserlöse meist deutlich unter dem Marktwert liegen. Aber manchmal ist es der einzige Weg, um die Blockade zu lösen.
Wie lange kann eine Erbengemeinschaft bestehen bleiben?
Theoretisch unbegrenzt. Es gibt keine gesetzliche Frist, bis wann eine Erbengemeinschaft auseinandergesetzt werden muss. Aber jeder Miterbe kann jederzeit die Auseinandersetzung verlangen (§ 2042 BGB). In der Praxis dauern Erbengemeinschaften oft mehrere Jahre – manchmal sogar Jahrzehnte, wenn sich niemand darum kümmert. Das ist aber selten sinnvoll, weil die Verwaltung kompliziert ist und Konflikte mit der Zeit eher zunehmen.
Muss ich als Miterbe für Schulden des Nachlasses haften?
Ja, aber nur anteilig. Jeder Miterbe haftet für die Nachlassverbindlichkeiten entsprechend seinem Erbteil (§ 2058 BGB, Stand: 2025). Wenn der Nachlass überschuldet ist, kann man das Erbe ausschlagen – aber nur innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis vom Erbfall. Wer die Frist verpasst, gilt als Erbe und haftet. (Bei Unsicherheit über die Schuldensituation empfiehlt sich eine schnelle Klärung, gegebenenfalls mit anwaltlicher Unterstützung.)
Kann ich meinen Erbteil einfach verkaufen?
Ja, grundsätzlich schon. Man kann seinen Anteil an der Erbengemeinschaft an einen Dritten verkaufen (§ 2033 BGB). Allerdings haben die Miterben ein Vorkaufsrecht – das heißt, sie können den Anteil zu den gleichen Konditionen selbst kaufen. Und der Verkauf eines Erbteils ist oft schwierig, weil potenzielle Käufer nicht genau wissen, was sie bekommen. Die Preise sind daher meist deutlich unter dem rechnerischen Wert.
Lohnt es sich, einen Anwalt einzuschalten?
Ja, in den meisten Fällen. Gerade bei größeren Nachlässen oder bei Konflikten innerhalb der Erbengemeinschaft ist fachliche Beratung sehr wertvoll. Ein Fachanwalt für Erbrecht kann helfen, Fehler zu vermeiden, Fristen einzuhalten und Lösungen zu finden, die für alle tragbar sind. Die Kosten für einen Anwalt sind oft gut investiertes Geld – vor allem wenn man bedenkt, was ein jahrelanger Rechtsstreit kosten kann.
Am Ende haben wir nicht nur eine Immobilie verkauft, sondern auch etwas über uns gelernt
Heute, drei Jahre nach dem Tod von Onkel Thomas, blicke ich mit gemischten Gefühlen auf diese Zeit zurück. Einerseits war es anstrengend, nervenaufreibend und manchmal auch schmerzhaft. Andererseits haben wir als Familie etwas durchgemacht, das uns – nach anfänglicher Entfremdung – wieder näher zusammengebracht hat.
Wir haben gelernt, dass Geld und Immobilien nie nur Geld und Immobilien sind. Sie sind immer auch Symbole für Anerkennung, Gerechtigkeit, Zugehörigkeit. Und dass man diese emotionalen Schichten nicht ignorieren kann, wenn man eine faire Lösung finden will.
Mein Vater, Petra und Klaus reden heute wieder normal miteinander. Die Wunden sind verheilt, auch wenn die Narben bleiben. Und wenn bei Familientreffen das Gespräch auf das alte Haus kommt, dann erzählen wir die Geschichte manchmal – nicht als Drama, sondern als Lehrstück. Als Erinnerung daran, dass es sich lohnt, um Lösungen zu ringen, auch wenn es schwer ist.
Denn am Ende war es nicht nur ein Haus, das wir verkauft haben. Es waren Erinnerungen, Familiengeschichte, ein Stück Vergangenheit. Aber indem wir es verkauft haben, haben wir auch Platz geschaffen für die Zukunft. Für jeden einzelnen von uns. Und das war vielleicht das Wichtigste.