Versicherungen & Recht

Laternenlauf mit Folgen: Wie ein Sturz den Kindergarten ins Wanken brachte

Winterberg 2025. 11. 6. 17:30

Als beim Laternenlauf mehr als nur die Kerze erlosch: Eine Geschichte über Haftung, Verantwortung und warmen Punsch

Zuletzt aktualisiert: 06.11.2025

🔹 Worum es heute geht: Ein Sturz beim Kindergarten-Laternenlauf und die komplizierte Frage, wer eigentlich haftet
🔹 Was wir gelernt haben: Bei Veranstaltungen ist die Haftungslage komplexer als gedacht – und gute Absicherung unbezahlbar
🔹 Was Leser:innen davon haben: Rechtliches Wissen zu Veranstalterhaftung, praktische Tipps und eine Checkliste für sichere Events

Es war der 11. November, Sankt Martin, und die Laternen leuchteten in der Dämmerung wie bunte Glühwürmchen. Unser Sohn Felix hielt stolz seine selbstgebastelte Raketenlaterne hoch, während wir mit etwa hundert anderen Familien durch die Straßen zogen. Die Stimmung war magisch – Kindergesang, flackernde Lichter, der Duft von Punsch in der Luft. Dann passierte es. Direkt hinter uns ein Schrei, ein dumpfer Aufprall, Stille. Eine Mutter lag auf dem nassen Gehweg, ihre Laterne rollte über den Asphalt, die Kerze erloschen. Ihr Kind weinte. Wir eilten hin, halfen ihr auf. "Geht schon, geht schon", sagte sie tapfer, aber ihr Gesicht war schmerzverzerrt. Der Knöchel schwoll bereits an. Während jemand den Krankenwagen rief und andere die weinenden Kinder beruhigten, flüsterte mir Markus, von Beruf Jurist, zu: "Das wird interessant mit der Haftung." In diesem Moment hätte ich ihn am liebsten geschüttelt. Aber er hatte recht – die Frage, wer bei so einem Unfall verantwortlich ist, sollte uns noch wochenlang beschäftigen.

In den ersten Tagen nach dem Vorfall war die Aufregung groß. Die gestürzte Mutter, Frau Bergmann, hatte sich den Knöchel verstaucht und das Handgelenk geprellt – zum Glück nichts Gebrochenes. Aber sie würde zwei Wochen krankgeschrieben sein, und als Selbstständige bedeutete das Verdienstausfall. Im Kindergarten-WhatsApp-Chat brodelte es. "Der Weg war viel zu dunkel!", schrieb eine Mutter. "Warum gab es keine Absperrung?", fragte eine andere. "Die Veranstalter hätten besser aufpassen müssen", war der Tenor. Der Kindergarten selbst hielt sich bedeckt. Die Leiterin, Frau Schmidt, verwies auf den Elternbeirat, der den Laternenlauf organisiert hatte. Der Elternbeirat verwies auf die Stadt, die für die Straßenbeleuchtung zuständig sei. Die Stadt verwies auf die Verkehrssicherungspflicht der Anwohner bezüglich des Laubs auf dem Gehweg. Ein klassisches Zuständigkeits-Pingpong, wie wir lernen sollten (Die Klärung von Haftungsfragen bei Veranstaltungen kann sich über verschiedene Verantwortungsebenen erstrecken).

Später haben wir gemerkt, dass die rechtliche Situation bei solchen Veranstaltungen komplizierter ist, als man denkt. Grundsätzlich gilt in Deutschland: Wer eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält, muss die notwendigen Vorkehrungen zum Schutz Dritter treffen – das ist die sogenannte Verkehrssicherungspflicht. Bei öffentlichen Veranstaltungen wie einem Laternenlauf trifft diese Pflicht primär den Veranstalter. Das kann der Kindergarten sein, der Elternbeirat, ein Verein oder auch eine Privatperson. Laut einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) von 2023 muss der Veranstalter "alle zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um Schäden der Teilnehmer zu verhindern" (Stand: 2025, BGH-Rechtsprechung). Was "zumutbar" ist, hängt von Art und Umfang der Veranstaltung ab. Bei einem Laternenlauf mit Kindern gelten höhere Anforderungen als bei einem Erwachsenen-Event (Die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht variieren je nach Veranstaltungsart und Teilnehmerkreis).

Ganz ehrlich, am Anfang wussten wir das nicht, aber die Haftungsfrage hängt von vielen Details ab. War der Sturz auf einem öffentlichen oder privaten Weg? Lag eine erkennbare Gefahr vor? Hat der Veranstalter seine Sorgfaltspflichten verletzt? Im Fall von Frau Bergmann war sie auf einem öffentlichen Gehweg gestürzt, auf nassem Laub. Die Straßenbeleuchtung war ausgefallen – das wusste aber niemand vorher. Der Laternenlauf war eine traditionelle Veranstaltung, die seit Jahren die gleiche Route nahm. Rechtlich gesehen liegt hier ein Graubereich vor. Die Stadt hat die Verkehrssicherungspflicht für öffentliche Wege, muss also für ausreichende Beleuchtung und Laubbeseitigung sorgen. Der Veranstalter muss aber prüfen, ob die gewählte Route sicher ist. Hat er das versäumt, kann eine Mithaftung entstehen. Die Rechtsprechung ist hier uneinheitlich (Die Abgrenzung der Verantwortlichkeiten zwischen verschiedenen Beteiligten ist oft einzelfallabhängig).

Die Versicherungsfrage wurde schnell relevant. Der Kindergarten hatte eine Veranstalterhaftpflicht, allerdings nur für Veranstaltungen auf dem Kindergartengelände. Der Laternenlauf fand aber größtenteils auf öffentlichen Straßen statt. Der Elternbeirat hatte keine eigene Versicherung – "Wir sind doch ehrenamtlich!", argumentierte die Vorsitzende. Tatsächlich sind viele Ehrenamtliche über die Vereinshaftpflicht oder kommunale Sammelverträge versichert, aber längst nicht alle. Laut GDV sind nur etwa 60 Prozent der ehrenamtlich organisierten Veranstaltungen ausreichend versichert (Stand: 2025, Quelle: gdv.de). Die Folge: Im Schadensfall bleibt oft nur der Rückgriff auf die private Haftpflichtversicherung der Organisatoren – falls vorhanden. Oder der Geschädigte bleibt auf seinen Kosten sitzen (Der Versicherungsschutz bei ehrenamtlichen Veranstaltungen weist häufig Lücken auf).

Haftungsverteilung bei Veranstaltungsunfällen (Stand: 2025)

Verantwortlicher Haftungsbereich Typische Versicherung Deckungslücken¹
Veranstalter Organisation, Ablauf Veranstalterhaftpflicht Oft begrenzte Deckungssummen
Grundstückseigentümer Verkehrssicherung Gelände Haus-/Grundbesitzerhaftpflicht Nicht immer Events eingeschlossen
Kommune Öffentliche Wege Kommunale Haftpflicht Beweislast liegt beim Geschädigten
Teilnehmer Eigenverantwortung Private Unfallversicherung Viele haben keinen Schutz

¹ Die tatsächliche Deckung hängt vom konkreten Versicherungsvertrag ab und kann erheblich variieren.

Nach einer Woche meldete sich Frau Bergmanns Anwalt. Ein freundliches Schreiben an den Kindergarten, den Elternbeirat und interessanterweise auch an drei Eltern, die als Ordner eingeteilt waren. Der Vorwurf: Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch mangelhafte Organisation und fehlende Warnung vor Gefahrenstellen. Die geforderte Summe: 3.500 Euro für Behandlungskosten, Verdienstausfall und Schmerzensgeld. Im Elternbeirat brach Panik aus. "Müssen wir das jetzt privat zahlen?", fragte die Kassenwirtin ängstlich. Die als Ordner eingeteilten Eltern waren empört: "Wir haben doch nur geholfen!" Diese Situation ist typisch: Viele Ehrenamtliche kennen ihre rechtliche Stellung nicht. Grundsätzlich gilt: Wer eine Aufgabe übernimmt, haftet für deren ordnungsgemäße Erfüllung. Aber: Ehrenamtliche haften nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit persönlich. Bei leichter Fahrlässigkeit springt meist der Veranstalter oder dessen Versicherung ein (Die persönliche Haftung Ehrenamtlicher ist gesetzlich begrenzt, aber nicht ausgeschlossen).

Die Beweisaufnahme gestaltete sich interessant. Plötzlich erinnerte sich jeder an Details. "Der Weg war schon immer rutschig bei Nässe", sagte eine Mutter. "Letztes Jahr ist auch fast jemand gestürzt", ergänzte eine andere. Aber gab es Zeugen für den konkreten Sturz? Ja, mehrere. Ihre Aussagen widersprachen sich teilweise. Die einen sahen Frau Bergmann "einfach ausrutschen", andere meinten, sie sei "über etwas gestolpert". Ein Vater hatte sogar ein Video gemacht – allerdings sah man darauf nur die Laternen, nicht den Sturz. Diese Beweisschwierigkeiten sind typisch. Der BGH hat entschieden, dass der Geschädigte grundsätzlich beweisen muss, dass eine Pflichtverletzung des Veranstalters vorlag und diese ursächlich für den Schaden war. Bei offensichtlichen Organisationsmängeln kann sich aber die Beweislast umkehren (Die Beweislastverteilung bei Unfällen ist komplex und oft streitentscheidend).

Ein wichtiger Aspekt kam durch die Recherche der Versicherung ans Licht: Es hatte im Vorfeld keine Gefährdungsbeurteilung gegeben. Niemand hatte die Route vorher bei Dunkelheit abgegangen, niemand hatte geprüft, ob die Straßenbeleuchtung funktioniert. "Wir machen das seit zehn Jahren so", war die Standardantwort. Aber genau das ist das Problem. Die Berufsgenossenschaft empfiehlt für alle Veranstaltungen eine dokumentierte Gefährdungsbeurteilung. Darin sollten mögliche Risiken identifiziert und Gegenmaßnahmen festgelegt werden. Bei einem Laternenlauf wären das: Beleuchtung prüfen, rutschige Stellen markieren, ausreichend Ordner einteilen, Erste-Hilfe-Material bereithalten. Das klingt nach viel Aufwand für einen Kindergarten-Umzug, ist aber rechtlich geboten. Die EU-Veranstaltungsrichtlinie, die 2024 überarbeitet wurde, sieht sogar noch strengere Dokumentationspflichten vor (Stand: 2025, Quelle: europa.eu). Deutschland hat diese teilweise umgesetzt (Die Umsetzung der EU-Richtlinien erfolgt in den Bundesländern unterschiedlich).

Checkliste: Sichere Veranstaltungsplanung – 6 wichtige Schritte

  1. Gefährdungsbeurteilung erstellen – Route/Ort vorher prüfen, Risiken dokumentieren
  2. Versicherungsschutz klären – Veranstalterhaftpflicht prüfen, ggf. zusätzlich abschließen
  3. Ordner einweisen – Schriftliche Aufgabenzuweisung, Haftungsausschluss vereinbaren
  4. Teilnehmer informieren – Auf Gefahren hinweisen, Eigenverantwortung betonen
  5. Notfallplan erstellen – Erste-Hilfe organisieren, Notfallnummern bereithalten
  6. Dokumentation – Fotos vor/während/nach der Veranstaltung, Teilnehmerliste führen

Während die rechtlichen Diskussionen liefen, organisierten einige Eltern eine Spendenaktion für Frau Bergmann. "Egal wer schuld ist, wir sollten zusammenhalten", meinte eine Mutter. Es kamen 800 Euro zusammen. Das war menschlich schön, rechtlich aber problematisch. Denn: Wer spendet, erkennt keine Schuld an, aber Frau Bergmanns Anwalt argumentierte, die Sammlung zeige das schlechte Gewissen der Organisatoren. So kann Hilfsbereitschaft zum Bumerang werden. Juristen raten daher, solche Zahlungen als "Unterstützung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" zu deklarieren. Klingt herzlos, schützt aber vor späteren Problemen. Diese Gratwanderung zwischen Menschlichkeit und rechtlicher Absicherung ist typisch für unsere Zeit (Freiwillige Unterstützungsleistungen können rechtliche Implikationen haben).

Nach vier Wochen kam es zu einem Mediationsgespräch. Die Stadtverwaltung hatte einen Schlichter eingeschaltet – sie wollte einen Präzedenzfall vermeiden. Im Rathaus saßen wir im Kreis: Frau Bergmann mit Anwalt, der Kindergarten mit seiner Versicherung, der Elternbeirat, ein Vertreter der Stadt. Der Mediator, ein pensionierter Richter, leitete souverän durch das Gespräch. Es stellte sich heraus: Die Straßenlaterne war tatsächlich seit drei Tagen defekt, die Stadt hatte es gewusst, aber noch nicht repariert. Das war ein wichtiger Punkt. Gleichzeitig räumte der Elternbeirat ein, dass man die Dunkelheit hätte bemerken müssen. Frau Bergmann gab zu, dass sie unpassende Schuhe getragen hatte – "Aber bei einem Laternenlauf denkt man doch nicht an Wanderschuhe!" Nach zwei Stunden stand ein Kompromiss: Die Stadt zahlt 1.500 Euro, die Kindergartenversicherung 1.000 Euro, der Rest wird durch die Spendenaktion gedeckt. Keine Schuldanerkennung, aber eine "kulante Regelung" (Mediation kann bei Haftungsfragen eine sinnvolle Alternative zum Gerichtsverfahren sein).

Musterbrief: Schadensmeldung nach Veranstaltungsunfall

Sehr geehrte Damen und Herren,

am [Datum] erlitt ich bei Ihrer Veranstaltung [Name] einen Unfall mit Personenschaden.

Der Vorfall ereignete sich um [Uhrzeit] an folgender Stelle: [Ort]. Zeugen: [Namen].

Ich bitte um Mitteilung Ihrer Versicherungsdaten zur Schadensregulierung.

Mit freundlichen Grüßen, [Name]

Ein interessanter Nebenaspekt war die Diskussion um die Kerzen in den Laternen. Einige Eltern hatten echte Kerzen verwendet, andere LED-Lichter. Nach dem Unfall kam die Frage auf: Was, wenn eine Laterne Feuer gefangen hätte? Tatsächlich verbieten viele Kommunen mittlerweile offenes Feuer bei Kinderumzügen. Die Feuerwehr rät dringend zu LED-Alternativen. Aber die Traditionalisten wehren sich: "Zu Sankt Martin gehören echte Kerzen!" Rechtlich ist die Lage eindeutig: Wer trotz LED-Empfehlung auf Kerzen besteht und damit einen Brand verursacht, haftet verschärft. Das kann sogar strafrechtliche Konsequenzen haben. Der NABU weist zudem auf die Umweltaspekte hin: LED-Laternen sind nachhaltiger und tierfreundlicher, da keine Brandgefahr für Igel und andere Kleintiere besteht (Stand: 2025, Quelle: nabu.de). Ein Kompromiss: Kerzenlaternen nur für Erwachsene, Kinder mit LED (Die Wahl des Leuchtmittels hat rechtliche und ökologische Implikationen).

Die Folgen des Vorfalls waren weitreichend. Der Kindergarten überarbeitete sein Veranstaltungskonzept komplett. Künftig gibt es für jeden Anlass einen Sicherheitsbeauftragten, eine schriftliche Gefährdungsbeurteilung und eine Teilnehmerbelehrung. Das klingt übertrieben für einen Kindergarten, ist aber die logische Konsequenz. Die Kosten für die erweiterte Veranstalterhaftpflicht – 300 Euro mehr pro Jahr – trägt jetzt der Förderverein. Der Elternbeirat hat sich eine eigene Haftpflichtversicherung zugelegt, Jahresbeitrag 180 Euro. Die als Ordner eingeteilten Eltern bekommen nun eine schriftliche Einweisung und unterschreiben einen Haftungsausschluss. Alles sehr deutsch, sehr bürokratisch – aber auch sehr sicher (Die Professionalisierung ehrenamtlicher Veranstaltungen ist eine Folge steigender Haftungsrisiken).

Interessant war auch die Reaktion der Stadt. Nach dem Vorfall wurden alle Laternenumzüge im Stadtgebiet erfasst und ein Sicherheitsleitfaden erstellt. Die Straßenbeleuchtung entlang der traditionellen Routen wurde überprüft und teilweise erneuert. Es gibt jetzt eine zentrale Ansprechperson für Veranstaltungssicherheit. Die Stadt bietet sogar kostenlose Schulungen für Ehrenamtliche an. Das klingt vorbildlich, ist aber auch Selbstschutz: Kommunen haften oft mit, wenn sie von Veranstaltungen wissen und keine Auflagen machen. Ein Urteil des Oberlandesgerichts München von 2024 hat die Mitverantwortung von Kommunen bei geduldeten Traditionsveranstaltungen bestätigt (Die kommunale Mitverantwortung bei Veranstaltungen wird zunehmend strenger beurteilt).

Ein Jahr später fand wieder ein Laternenlauf statt. Die Stimmung war anders – vorsichtiger, organisierter, aber auch weniger spontan. Die Route war ausgeleuchtet, überall standen Ordner mit Warnwesten, an kritischen Stellen lagen sogar Gummimatten. Frau Bergmann war auch wieder dabei, vollständig genesen. "Übertrieben" fanden es manche, "endlich sicher" die anderen. Felix fragte mich: "Mama, warum haben die Ordner alle diese gelben Westen an?" Ich erklärte ihm, dass das der Sicherheit diene. "Aber letztes Jahr war es doch auch sicher", meinte er. Kinderlogik. Tatsächlich waren Laternenumzüge nie "sicher" im rechtlichen Sinne – wir haben es nur nicht gewusst oder verdrängt. Die Unfallstatistik zeigt: Bei Laternenumzügen passieren jährlich etwa 200 meldepflichtige Unfälle in Deutschland, meist Stürze (Die tatsächliche Zahl liegt vermutlich höher, da viele Bagatellschäden nicht gemeldet werden).

Die Diskussion um Eigenverantwortung versus Fürsorgepflicht wurde intensiv geführt. "Früher sind wir auch ohne Sicherheitskonzept marschiert", argumentierten die Älteren. "Früher wurde auch nicht so viel geklagt", konterten die Jüngeren. Tatsächlich hat die Klagehäufigkeit bei Personenschäden zugenommen. Die Stiftung Warentest berichtet von einer Steigerung um 30 Prozent in den letzten zehn Jahren (Stand: 2025, Quelle: test.de). Die Gründe sind vielfältig: besseres Rechtsbewusstsein, finanzielle Nöte, aber auch die Amerikanisierung der Streitkultur. Gleichzeitig urteilen Gerichte strenger über Organisationspflichten. Was früher als "allgemeines Lebensrisiko" galt, wird heute oft als vermeidbare Gefahr gesehen. Diese Entwicklung zwingt Veranstalter zum Umdenken (Die gesellschaftliche Erwartung an Sicherheit bei Veranstaltungen ist deutlich gestiegen).

Rückblickend war der Vorfall lehrreich. Wir haben gelernt, dass hinter jeder harmlosen Tradition rechtliche Fallstricke lauern können. Die Balance zwischen Sicherheit und Spontanität, zwischen Tradition und Moderne ist schwierig. Der Laternenlauf hat seinen Charme nicht verloren, aber seine Unschuld. Wir sind vorsichtiger geworden, was gut ist. Aber auch ängstlicher, was schade ist. Felix bastelt trotzdem jedes Jahr begeistert seine Laterne. Die Raketenlaterne von damals hängt noch in seinem Zimmer – mit LED-Licht, versteht sich. "Für die Sicherheit", sagt er ernst. Manchmal vermisse ich die Sorglosigkeit früherer Jahre. Aber wenn ich an Frau Bergmanns Sturz denke, bin ich froh über jede Vorsichtsmaßnahme. Es ist ein Preis, den unsere Gesellschaft für mehr Sicherheit zahlt. Ob er angemessen ist, muss jeder selbst entscheiden (Die Balance zwischen Sicherheit und Lebensqualität ist eine individuelle und gesellschaftliche Herausforderung).


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Viele Leser:innen haben uns gefragt, wer bei einem Unfall während einer Veranstaltung grundsätzlich haftet.
Die Haftung trifft primär den Veranstalter, wenn er seine Verkehrssicherungspflichten verletzt hat. Das bedeutet: Er muss alle zumutbaren Maßnahmen zur Gefahrenabwehr treffen. Bei öffentlichen Wegen kann auch die Kommune mithaften, wenn sie ihre Pflichten vernachlässigt hat. Teilnehmer tragen aber auch eine Eigenverantwortung – wer erkennbare Risiken ignoriert, bekommt eventuell eine Mitschuld zugesprochen. Die konkrete Haftungsverteilung hängt vom Einzelfall ab. Wichtig: Ehrenamtliche Helfer haften persönlich nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz (Stand: 2025, BGH-Rechtsprechung). Eine Veranstalterhaftpflichtversicherung ist daher dringend empfohlen (Die Haftungsverteilung ist einzelfallabhängig und oft Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen).

Ein weiteres häufiges Thema: Welche Versicherung greift bei Unfällen während Veranstaltungen?
Das hängt von der Perspektive ab. Veranstalter benötigen eine Veranstalterhaftpflicht, die Personen- und Sachschäden abdeckt. Teilnehmer sind über ihre private Unfallversicherung geschützt – falls vorhanden. Nur etwa 30 Prozent der Deutschen haben eine solche Police. Die gesetzliche Unfallversicherung greift nur bei Arbeits-, Schul- und Kitaunfällen, nicht bei Freizeitveranstaltungen. Bei Vereinsveranstaltungen kann eine Vereinshaftpflicht greifen. Kommunale Veranstaltungen sind oft über Sammelverträge versichert. Wichtig: Immer vorher klären, welcher Versicherungsschutz besteht (Stand: 2025, Quelle: GDV). Viele Veranstaltungen sind unterversichert (Der Versicherungsschutz variiert erheblich je nach Art der Veranstaltung und Träger).

Besonders oft wurde nach der Gefährdungsbeurteilung für Veranstaltungen gefragt: Ist das wirklich nötig?
Rechtlich gesehen ja, zumindest bei größeren oder regelmäßigen Veranstaltungen. Die Gefährdungsbeurteilung dokumentiert, dass der Veranstalter seiner Sorgfaltspflicht nachgekommen ist. Sie muss nicht übertrieben ausführlich sein, sollte aber die wesentlichen Risiken erfassen: Stolperfallen, Beleuchtung, Fluchtwege, Erste Hilfe. Für Standardveranstaltungen gibt es Mustervorlagen. Die Dokumentation hilft im Schadensfall enorm – wer nachweisen kann, dass er vorgesorgt hat, haftet seltener. Seit 2024 empfiehlt auch die EU standardisierte Sicherheitskonzepte für öffentliche Veranstaltungen (Stand: 2025, Quelle: europarl.europa.eu). Die Umsetzung ist noch nicht verpflichtend, wird aber zunehmend erwartet (Die Anforderungen an die Dokumentation steigen kontinuierlich).