Telefonfalle am Küchentisch: Wie ich einen Vertrag am Telefon abschloss – und wieder rauskam

Versehentlicher Vertragsabschluss am Telefon: Widerruf möglich?
Zuletzt aktualisiert: 11. November 2025
🔹 Worum es heute geht: Ein freundlicher Anruf, ein schnelles „Ja, klingt interessant" – und plötzlich steht ein Vertrag im Raum, den man eigentlich nie wollte. Wie man aus solchen Telefonfallen wieder herauskommt und was rechtlich wirklich gilt.
🔹 Was wir gelernt haben: Telefonverträge lassen sich fast immer widerrufen, wenn man schnell reagiert und die richtigen Schritte kennt. Die 14-Tage-Frist ist dabei der wichtigste Hebel.
🔹 Was Leser:innen davon haben: Konkrete Handlungsanleitungen, Musterschreiben und die Sicherheit, dass man nicht hilflos ist, wenn man am Telefon überrumpelt wurde.
An einem ganz normalen Dienstagnachmittag klingelte das Telefon. Ich war gerade dabei, die Spülmaschine auszuräumen, hatte den Kopf woanders – und nahm trotzdem ab. Großer Fehler, wie sich herausstellen sollte. Am anderen Ende meldete sich eine überaus freundliche Stimme, die mir erklärte, wie viel Geld ich bei meinem Stromanbieter sparen könnte. Klingt erst mal gut, oder? Die Zahlen, die da genannt wurden, waren durchaus verlockend. Und ehrlich gesagt war ich in dem Moment nicht besonders aufmerksam. „Ja, schicken Sie mir gerne die Unterlagen zu", sagte ich irgendwann, weil ich zurück zu meiner Spülmaschine wollte und das Gespräch höflich beenden wollte.
Drei Tage später lag ein Brief im Kasten. Kein Informationsmaterial, sondern eine Vertragsbestätigung. Mit meinem Namen, meiner Adresse und einer Vertragslaufzeit von zwei Jahren. Moment mal – hatte ich da wirklich einen Vertrag abgeschlossen? Beim Wiederlesen meiner eigenen Worte im Kopf wurde mir klar: Ja, offenbar schon. Zumindest aus Sicht des Unternehmens. Mein Puls ging hoch, und ich spürte diese Mischung aus Ärger und Panik, die man hat, wenn man merkt, dass etwas schiefgelaufen ist. Haben Sie das schon mal erlebt? Dieses Gefühl, dass man eigentlich nichts Falsches getan hat, aber trotzdem in einer Falle sitzt?
In den Stunden danach habe ich mich intensiv mit der Frage beschäftigt, ob und wie man aus so einer Nummer wieder rauskommt. Spoiler: Es geht. Und zwar ziemlich gut sogar, wenn man weiß, welche Rechte man hat. Aber der Reihe nach.
Zunächst einmal war mir nicht klar, was da rechtlich überhaupt passiert war. Ist ein Telefonat wirklich bindend? Kann man mündlich einen Vertrag abschließen, der dann genauso gilt wie ein unterschriebenes Papier? Die kurze Antwort lautet: Ja, grundsätzlich schon. Verträge können in Deutschland auch mündlich geschlossen werden – das ist im Bürgerlichen Gesetzbuch so vorgesehen. Es gibt nur wenige Ausnahmen, wo ein schriftlicher Vertrag zwingend notwendig ist, etwa bei Immobilienkäufen. Ein Stromvertrag oder ein Zeitschriftenabonnement gehören nicht dazu.
Aber – und das ist das entscheidende Aber – für Verträge, die am Telefon oder an der Haustür zustande kommen, gibt es besondere Verbraucherschutzregeln. Der Gesetzgeber hat schon vor Jahren erkannt, dass Menschen in solchen Situationen besonders anfällig sind. Man wird überrascht, hat keine Zeit zum Nachdenken, fühlt sich unter Druck gesetzt oder will einfach nur höflich sein. Deshalb greift hier das sogenannte Widerrufsrecht nach § 312g BGB in Verbindung mit § 355 BGB (Stand: 2025). Das bedeutet: Man kann den Vertrag innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen. Einfach so. Ohne dass man sich rechtfertigen muss, ohne dass Kosten entstehen.
Diese 14-Tage-Frist beginnt in der Regel erst zu laufen, wenn man eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erhalten hat. Und genau hier liegt oft der Knackpunkt. Viele Unternehmen verschicken zwar eine Vertragsbestätigung, aber die Widerrufsbelehrung fehlt, ist unvollständig oder versteckt sich irgendwo im Kleingedruckten. Kommt keine oder eine fehlerhafte Belehrung, verlängert sich die Widerrufsfrist auf bis zu zwölf Monate und 14 Tage (§ 356 Abs. 3 BGB, Stand: 2025). Das klingt erstmal abstrakt, war für mich aber die rettende Information. Denn in meinem Bestätigungsschreiben war die Widerrufsbelehrung zwar enthalten, aber dermaßen versteckt auf der Rückseite in winziger Schrift, dass ich sie beim ersten Durchlesen glatt übersehen hatte.
Später haben wir gemerkt, wie wichtig es ist, solche Dokumente wirklich komplett zu lesen. Nicht nur die große Überschrift und die fett gedruckten Zahlen, sondern auch das Kleingedruckte. Ich weiß, das macht niemand gerne. Wer hat schon Lust, sich durch Paragrafen und Juristendeutsch zu kämpfen? Aber in diesem Fall hat es sich gelohnt. Denn auf Seite zwei stand tatsächlich: „Sie haben das Recht, binnen vierzehn Tagen ohne Angabe von Gründen diesen Vertrag zu widerrufen." Mit einem Musterformular, das man verwenden konnte.
Ganz ehrlich, am Anfang wussten wir das nicht. Mein erster Impuls war, sofort zum Telefon zu greifen und dort anzurufen, wo der Vertrag herkam. Aber dann habe ich kurz innegehalten. Ein Anruf ist keine gute Idee, wenn es um Widerruf geht. Warum? Weil man hinterher keinen Beweis hat. Man braucht einen schriftlichen Nachweis, dass man rechtzeitig widerrufen hat. Am besten per Einschreiben mit Rückschein oder zumindest per E-Mail mit Lesebestätigung. Das ist die einzige Möglichkeit, später belegen zu können, dass man innerhalb der Frist gehandelt hat. Ein Telefonat ist nett, aber juristisch wertlos, wenn das Unternehmen später behauptet, man hätte sich nie gemeldet.
Also habe ich mich hingesetzt und einen Widerrufsbrief formuliert. Nichts Kompliziertes, keine langen Erklärungen. Je kürzer und klarer, desto besser. Hier etwa so:
Betreff: Widerruf des Vertrags vom [Datum des Telefonats]
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit widerrufe ich den am [Datum] telefonisch geschlossenen Vertrag über [Stromlieferung / Vertragsgegenstand]. Ich bitte um schriftliche Bestätigung des Widerrufs.
Mit freundlichen Grüßen
[Name, Adresse, Kundennummer falls vorhanden]
Fertig. Mehr braucht es nicht. Keine Begründung, keine Entschuldigung. Man hat das Recht zu widerrufen, Punkt. Ich habe den Brief ausgedruckt, unterschrieben und am selben Tag zur Post gebracht. Per Einschreiben, auch wenn das ein paar Euro extra kostet. Aber diese paar Euro waren mir die Sicherheit wert.
In den Tagen danach war ich trotzdem angespannt. Was, wenn das Unternehmen behauptet, der Widerruf sei zu spät gekommen? Was, wenn die den Brief einfach ignorieren? Diese Sorge ist übrigens gar nicht so unbegründet. Es gibt durchaus Firmen, die bei Widerrufen mauern, auf Zeit spielen oder versuchen, Verbraucher einzuschüchtern. Aber die Rechtslage ist eindeutig: Wer innerhalb der Frist widerruft, ist aus dem Vertrag raus. Basta. Das Unternehmen muss das akzeptieren und darf auch keine Gebühren oder Stornierungskosten verlangen (§ 355 Abs. 1 BGB, Stand: 2025).
Nach etwa einer Woche kam tatsächlich eine schriftliche Bestätigung. „Ihr Widerruf wurde zur Kenntnis genommen, der Vertrag wird nicht wirksam." Erleichterung. Großer Seufzer. Und gleichzeitig ein bisschen Wut darüber, dass man überhaupt in so eine Situation gebracht wurde.
Seitdem bin ich vorsichtiger geworden, was Telefonate angeht. Wenn sich jemand mit einem Angebot meldet, das ich nicht aktiv angefordert habe, sage ich inzwischen meistens sofort: „Danke, aber ich habe kein Interesse." Höflich, aber bestimmt. Freundlich „nein" zu sagen ist tatsächlich einer der besten Verbraucherschutzmechanismen, die es gibt. Man muss sich nicht rechtfertigen, man muss keine Ausrede erfinden. Ein einfaches „Nein, danke" reicht völlig aus.
Aber zurück zur rechtlichen Seite, denn da gibt es noch ein paar Details, die wichtig sind. Das Widerrufsrecht gilt nämlich nicht automatisch für alle Verträge. Es gibt Ausnahmen. Zum Beispiel bei verderblichen Waren, bei individualisierten Produkten oder bei Dienstleistungen, die bereits vollständig erbracht wurden, wenn der Verbraucher vorher ausdrücklich zugestimmt hat und auf sein Widerrufsrecht verzichtet hat (§ 312g Abs. 2 BGB, Stand: 2025). Auch bei Verträgen unter 40 Euro greift das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen nicht immer (je nach Konstellation – kann je nach Vertragsart abweichen). Das sind aber Spezialfälle. Bei den typischen Telefonverträgen – Strom, Gas, Telefon, Internet, Versicherungen – gilt das Widerrufsrecht so gut wie immer.
Noch ein wichtiger Punkt: Was ist mit Verträgen, die über mehrere Gespräche hinweg zustande kommen? Oder wenn man zunächst nur „Informationen" angefordert hat und dann später telefonisch bestätigt wurde? Hier wird's manchmal kompliziert. Entscheidend ist, wann der Vertrag tatsächlich geschlossen wurde. Das kann schon im ersten Gespräch sein, wenn alle wesentlichen Vertragspunkte besprochen und man zugestimmt hat. Oder erst später, wenn eine schriftliche Bestätigung erfolgt. Im Zweifel gilt: Die 14-Tage-Frist beginnt, sobald man eine schriftliche Vertragsbestätigung inklusive Widerrufsbelehrung erhalten hat.
Was wir auch gelernt haben: Es lohnt sich, Telefonverkäufer nach ihrer Firmenbezeichnung, einer Rückrufnummer und dem konkreten Vertragsinhalt zu fragen. Seriöse Anbieter nennen das sofort und ohne Umschweife. Unseriöse Anrufer weichen aus oder werden ungehalten. Das ist ein gutes Warnsignal. Und wenn jemand am Telefon Druck macht („Das Angebot gilt nur heute!"), ist höchste Vorsicht geboten. Solche Drückermethoden sind ein klassisches Zeichen für aggressive Verkaufstaktiken.
Übrigens gibt es auch die Möglichkeit, sich in eine sogenannte Robinsonliste einzutragen. Das ist ein kostenloses Register, in das man sich eintragen kann, wenn man keine Werbeanrufe mehr erhalten möchte. Die Liste wird von der Interessenvereinigung für Direktmarketingfachleute e.V. (DDV) geführt und ist unter robinsonliste.de erreichbar. Seriöse Unternehmen gleichen ihre Anruflisten mit dieser Datenbank ab. Leider halten sich nicht alle daran, besonders dubiose Firmen ignorieren diese Liste komplett. Aber es ist trotzdem ein erster Schritt, um die Zahl der unerwünschten Anrufe zu reduzieren.
Falls Sie sich fragen, was passiert, wenn ein Unternehmen den Widerruf nicht akzeptiert oder einfach ignoriert: Dann sollte man sich an die Verbraucherzentrale wenden. Die bieten kostenlose Erstberatung an und können einschätzen, ob rechtliche Schritte sinnvoll sind. In vielen Fällen reicht schon ein Brief der Verbraucherzentrale, um das Unternehmen zum Einlenken zu bewegen. Die wenigsten Firmen haben Lust auf langwierige juristische Auseinandersetzungen wegen eines einzelnen Vertrags. Außerdem kann man sich an die Bundesnetzagentur wenden, wenn es um unerlaubte Werbeanrufe geht (§ 7 UWG, Stand: 2025). Die kann Bußgelder verhängen, die durchaus schmerzhaft sein können – bis zu 300.000 Euro sind möglich (Beispielangabe – kann je nach Fall variieren).
Ein weiterer Aspekt, der oft unterschätzt wird: das Gesprächsprotokoll. Viele Unternehmen zeichnen Telefonate auf, angeblich zu Qualitätszwecken. Das kann einem als Verbraucher helfen, wenn man später nachweisen muss, was genau besprochen wurde. Man hat das Recht, eine Kopie dieser Aufzeichnung anzufordern (Art. 15 DSGVO, Stand: 2025). Das kann wichtig sein, wenn das Unternehmen behauptet, man hätte etwas gesagt oder vereinbart, an das man sich nicht erinnern kann. Solche Anfragen sollten schriftlich gestellt werden und auf die Datenschutz-Grundverordnung verweisen.
Nach unserer Erfahrung haben wir auch angefangen, ein kleines Notizbuch neben dem Telefon zu führen. Klingt altmodisch, funktioniert aber gut. Wenn jemand anruft und etwas verkaufen will, notieren wir uns: Datum, Uhrzeit, Firmenname, Name des Anrufers, worum es ging. Das dauert keine Minute, kann aber später Gold wert sein, wenn man rekonstruieren muss, was wann gesagt wurde.
Ganz praktisch sieht so eine Dokumentation dann ungefähr so aus:
Schritt 1: Datum und Uhrzeit des Anrufs notieren
Schritt 2: Name des Anrufers und Firma aufschreiben
Schritt 3: Gesprächsinhalt in Stichworten festhalten
Schritt 4: Bei Vertragsbestätigung sofort prüfen, ob Widerrufsbelehrung enthalten ist
Schritt 5: Widerruf innerhalb von 14 Tagen schriftlich versenden (Einschreiben)
Schritt 6: Kopie des Widerrufs und Versandbeleg aufbewahren
Diese sechs Steps klingen simpel, aber sie geben einem Struktur in einer Situation, die oft chaotisch und stressig ist. Man fühlt sich handlungsfähig, und das ist psychologisch enorm wichtig.
Interessant ist auch die europäische Perspektive. Das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen ist nämlich nicht nur eine deutsche Besonderheit, sondern in der gesamten EU geregelt. Die Verbraucherrechterichtlinie 2011/83/EU hat hier einheitliche Standards gesetzt (Stand: 2025, Quelle: europa.eu/youreurope/citizens). Das bedeutet: Auch wenn Sie in einem anderen EU-Land telefonisch einen Vertrag abschließen, haben Sie in der Regel ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Die konkreten Umsetzungen können zwar leicht variieren, aber das Grundprinzip ist überall gleich. Das ist tatsächlich eine der positiven Seiten der europäischen Integration – Verbraucherschutz über Grenzen hinweg.
Was viele nicht wissen: Das Widerrufsrecht gilt auch, wenn man am Telefon einen Vertragswechsel vereinbart hat, nicht nur bei Neuverträgen. Angenommen, Sie haben bereits einen Stromvertrag bei Anbieter A und wechseln telefonisch zu Anbieter B. Auch hier können Sie innerhalb von 14 Tagen widerrufen und bleiben dann bei Ihrem alten Anbieter. Vorausgesetzt natürlich, dass der alte Vertrag noch nicht gekündigt wurde oder die Kündigungsfrist dort noch nicht abgelaufen ist (kann je nach Konstellation variieren).
Ein häufiges Missverständnis betrifft übrigens die Form des Widerrufs. Muss der per Post gehen? Nein, auch eine E-Mail ist grundsätzlich ausreichend (§ 355 BGB, Stand: 2025). Wichtig ist nur, dass man den Zugang nachweisen kann. Bei einer E-Mail kann man sich eine Lesebestätigung schicken lassen oder eine Kopie der gesendeten Nachricht aufbewahren. Im Streitfall ist ein Einschreiben mit Rückschein aber immer noch die sicherste Variante, weil man damit den Beweis schwarz auf weiß in der Hand hat.
Später haben wir auch erfahren, dass es spezielle Verbraucherschutz-Apps gibt, die dabei helfen, Anrufe zu identifizieren und zu blockieren. Apps wie „Clever Dialer" oder „Tellows" greifen auf große Datenbanken zurück, in denen bekannte Spam-Nummern gesammelt werden. Wenn eine Nummer als unseriös gemeldet wurde, warnt einen die App. Das ist praktisch, auch wenn es keinen hundertprozentigen Schutz bietet. Manche Callcenter wechseln regelmäßig ihre Nummern, um solchen Filtern zu entgehen.
Ein anderer Gedanke, der mir gekommen ist: Warum sind eigentlich so viele Menschen anfällig für Telefonverkauf? Es hat etwas mit unserer Erziehung zu tun, glaube ich. Wir lernen von klein auf, höflich zu sein, nicht einfach aufzulegen, anderen zuzuhören. Das ist grundsätzlich gut und richtig. Aber es macht uns eben auch verwundbar für Verkäufer, die genau mit dieser Höflichkeit rechnen. Die wissen, dass die meisten Menschen sich schwer damit tun, einfach „Nein" zu sagen und das Gespräch zu beenden. Deshalb ist es so wichtig, sich bewusst zu machen: Es ist völlig in Ordnung, ein Gespräch zu beenden, wenn man merkt, dass man unter Druck gesetzt wird. Man muss niemandem eine Chance geben, einen zu überreden.
Es gibt auch einen wirtschaftlichen Aspekt. Telefonverkauf ist für Unternehmen immer noch rentabel, sonst würden sie es nicht machen. Die Erfolgsquote ist vermutlich niedrig, aber bei der Masse an Anrufen, die getätigt werden, kommen trotzdem genug Vertragsabschlüsse zustande. Und jeder abgeschlossene Vertrag bedeutet für das Unternehmen Umsatz, manchmal über Jahre hinweg. Deshalb investieren Firmen erhebliche Summen in Callcenter und Verkaufsschulungen. Die Verkäufer sind oft sehr gut trainiert, mit Einwänden umzugehen und Zweifel auszuräumen. Das ist ihr Job, und viele sind darin richtig gut.
Aber man muss sich nicht schlecht fühlen, wenn man sich hat überzeugen lassen. Das ist menschlich. Wichtig ist nur, zu wissen, dass man eine Korrekturmöglichkeit hat. Und diese Möglichkeit sollte man auch nutzen, wenn man merkt, dass man einen Fehler gemacht hat.
Inzwischen gibt es auch technische Entwicklungen, die Verbrauchern helfen können. Die Bundesnetzagentur führt eine Rufnummernrücknahme durch, wenn Nummern systematisch für unerlaubte Werbung missbraucht werden (Quelle: bundesnetzagentur.de, Stand: 2025). Außerdem gibt es Überlegungen, ein verpflichtendes Identifikationsverfahren für Werbeanrufe einzuführen, ähnlich wie bei E-Mails. Das würde es deutlich schwerer machen, mit gefälschten oder nicht nachvollziehbaren Nummern anzurufen. Ob und wann das kommt, ist noch offen, aber die Diskussion läuft.
Eine Tabelle kann manchmal helfen, um die wichtigsten Fristen und Regelungen auf einen Blick zu erfassen:
| Situation | Widerrufsfrist | Voraussetzung |
| Telefonvertrag mit korrekter Widerrufsbelehrung | 14 Tage ab Erhalt der Belehrung | Belehrung muss vollständig und korrekt sein |
| Telefonvertrag ohne/fehlerhafte Belehrung | Bis zu 12 Monate + 14 Tage | Keine oder mangelhafte Information über Widerrufsrecht |
| Haustürgeschäft (vergleichbar) | 14 Tage | Gleiche Regeln wie bei Fernabsatzverträgen |
| Verträge unter 40 Euro | Teilweise ausgenommen | Regelung kann je nach Vertragsart variieren |
(Beispielangaben – können je nach Einzelfall abweichen, Stand: 2025)
Solche Übersichten sind praktisch, aber sie ersetzen natürlich keine individuelle Rechtsberatung. Jeder Fall ist ein bisschen anders, und manchmal gibt es Besonderheiten, die man berücksichtigen muss.
Noch ein Punkt, der uns aufgefallen ist: Viele Verträge, die telefonisch abgeschlossen werden, haben lange Laufzeiten. Zwei Jahre sind keine Seltenheit, manchmal sogar länger. Das ist nicht per se illegal, aber es bindet einen natürlich. Deshalb ist es wichtig, beim Widerruf nicht zu zögern. Je länger man wartet, desto eher läuft die Frist ab. Und nach Ablauf der 14 Tage wird es deutlich schwieriger, aus dem Vertrag herauszukommen. Dann greifen nur noch die normalen Kündigungsfristen, die oft sehr lang sind.
Es gibt auch Berichte über besonders aggressive Verkaufsmethoden, bei denen Anrufer vorgeben, vom aktuellen Anbieter zu sein und nur „Vertragsdetails überprüfen" zu wollen. In Wirklichkeit wird dabei ein neuer Vertrag abgeschlossen. Das ist natürlich hochgradig unseriös und kann auch strafrechtlich relevant sein. Wenn Sie den Verdacht haben, dass Sie auf diese Weise getäuscht wurden, sollten Sie unbedingt rechtliche Beratung in Anspruch nehmen. Solche Verträge können unter Umständen sogar nichtig sein, weil sie durch arglistige Täuschung zustande gekommen sind (§ 123 BGB, Stand: 2025).
Die Verbraucherzentralen veröffentlichen regelmäßig Warnungen vor bestimmten Firmen oder Maschen. Es lohnt sich, deren Websites im Blick zu behalten. Die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat eine gute Übersichtsseite mit aktuellen Warnungen (Quelle: verbraucherzentrale.de, Stand: 2025). Auch die Stiftung Warentest berichtet regelmäßig über unseriöse Praktiken im Telefonverkauf (Quelle: test.de, Stand: 2025).
Vielleicht fragen Sie sich jetzt: Und wenn ich den Vertrag aus anderen Gründen kündigen will, nicht wegen eines Widerrufs? Dann greifen die normalen Kündigungsregeln. Die sind je nach Vertragsart unterschiedlich. Bei Stromverträgen gibt es oft eine Mindestvertragslaufzeit, danach läuft der Vertrag weiter, wenn man nicht kündigt. Die Kündigungsfrist liegt meist bei vier Wochen bis drei Monaten (kann je nach Anbieter variieren). Bei Versicherungen sind die Fristen oft länger, teilweise bis zu drei Monate vor Ablauf des Versicherungsjahres. Es ist wichtig, diese Fristen zu kennen, sonst verlängert sich der Vertrag automatisch, manchmal um ein ganzes weiteres Jahr.
Haben Sie schon mal versucht, einen Vertrag zu kündigen, und das Unternehmen hat es Ihnen schwer gemacht? Das ist leider ein verbreitetes Problem. Manche Firmen machen es absichtlich kompliziert, etwa indem sie keine Kündigung per E-Mail akzeptieren oder die Kündigungsadresse schwer auffindbar machen. Rechtlich ist das oft nicht haltbar. Wenn in den AGB keine ausdrückliche Schriftform vorgeschrieben ist, kann man auch per E-Mail kündigen (Stand: 2025). Aber wie gesagt, im Zweifelsfall ist ein Einschreiben sicherer.
Manchmal denke ich, dass wir als Gesellschaft noch viel lernen müssen, wenn es um digitale und telefonische Kommunikation geht. Die rechtlichen Rahmenbedingungen haben sich in den letzten Jahren deutlich verbessert, aber es gibt immer noch Lücken. Und viele Menschen kennen ihre Rechte einfach nicht. Deshalb ist Aufklärung so wichtig. Je mehr Menschen wissen, dass sie ein Widerrufsrecht haben und wie sie es ausüben können, desto schwerer haben es unseriöse Anbieter.
Es gibt übrigens auch positive Beispiele. Manche Unternehmen haben freiwillig längere Widerrufsfristen eingeführt, etwa 30 Tage oder sogar 60 Tage. Das ist kundenfreundlich und schafft Vertrauen. Solche Firmen haben verstanden, dass langfristige Kundenbindung wichtiger ist als ein schnell abgeschlossener Vertrag, den der Kunde später bereut.
Nach unserer Erfahrung hat sich auch unser Umgang mit dem Telefon insgesamt verändert. Wir sind skeptischer geworden, was unbekannte Nummern angeht. Manchmal lassen wir es einfach klingeln und googeln die Nummer hinterher. In vielen Fällen findet man dann sofort Einträge in Spam-Datenbanken oder Erfahrungsberichte von anderen Betroffenen. Das Internet hat hier durchaus eine nützliche Kontrollfunktion. Plattformen wie „Tellows" leben davon, dass Nutzer ihre Erfahrungen teilen. So entsteht eine Art kollektives Frühwarnsystem.
Trotzdem bleibt ein ungutes Gefühl. Das Gefühl, dass man sich ständig wehren muss gegen Leute, die einem etwas andrehen wollen. Dass man misstrauisch sein muss, selbst bei scheinbar harmlosen Anrufen. Das ist anstrengend und nervt. Aber so ist die Realität im Moment. Und solange sich daran nichts Grundlegendes ändert, muss man eben wachsam bleiben.
Was könnte sich ändern? Eine Idee wäre ein generelles Opt-in-Prinzip für Werbeanrufe. Das heißt: Unternehmen dürften nur anrufen, wenn man vorher ausdrücklich zugestimmt hat. Nicht umgekehrt, wie es jetzt oft läuft. Das würde vieles einfacher machen. In einigen Ländern gibt es so etwas bereits, und die Erfahrungen sind überwiegend positiv. Aber ob das in Deutschland kommt, ist fraglich. Die Lobbyarbeit der Marketingindustrie ist stark, und die befürchtet natürlich Umsatzeinbußen.
Eine andere Möglichkeit wäre, die Bußgelder für illegale Werbeanrufe drastisch zu erhöhen. Wenn die Strafen so hoch wären, dass sie wirklich wehtun, würden sich manche Praktiken vermutlich schnell erledigen. Bisher sind die Bußgelder zwar nicht gerade niedrig, aber für große Unternehmen verkraftbar (kann je nach Fall variieren).
Aber genug der politischen Überlegungen. Zurück zur praktischen Ebene. Was sollten Sie also tun, wenn Sie gerade in der Situation sind, dass Sie einen Vertrag widerrufen wollen?
Erstens: Nicht in Panik geraten. Sie haben Zeit. 14 Tage sind eine vernünftige Frist, die reicht, um sich zu informieren und zu handeln.
Zweitens: Alle Unterlagen zusammensuchen. Vertragsbestätigung, Widerrufsbelehrung, Gesprächsnotizen, falls vorhanden. Je mehr Informationen Sie haben, desto besser.
Drittens: Widerrufsschreiben aufsetzen. Kurz, klar, sachlich. Keine Romane, keine Emotionen. Einfach nur: Ich widerrufe, Punkt.
Viertens: Schriftlich versenden, am besten per Einschreiben. Kopie für die eigenen Unterlagen aufbewahren.
Fünftens: Auf Bestätigung warten. Wenn nach zwei Wochen nichts kommt, nachhaken. Per Mail oder Brief, wieder schriftlich.
Sechstens: Wenn das Unternehmen nicht reagiert oder den Widerruf nicht akzeptiert, Verbraucherzentrale kontaktieren.
Diese Schritte klingen simpel, und das sind sie auch. Man braucht keine juristischen Spezialkenntnisse, um sein Widerrufsrecht auszuüben. Es ist bewusst so gestaltet, dass es jeder nutzen kann.
Ein letzter Gedanke: Vielleicht ist das die eigentliche Lektion aus dieser ganzen Geschichte. Dass Verbraucherschutz nicht nur eine abstrakte Idee ist, sondern etwas sehr Konkretes, das uns im Alltag hilft. Dass Gesetze manchmal tatsächlich auf der Seite der Normalbürger stehen. Und dass man sich nicht hilflos fühlen muss, nur weil man einen Fehler gemacht hat. Es gibt Auswege. Es gibt Regeln. Und es gibt Menschen und Institutionen, die einem helfen, wenn man nicht weiterkommt.
Unser versehentlicher Stromvertrag ist längst Geschichte. Aber die Erinnerung daran bleibt. Und die Erkenntnis, dass ein freundliches, aber bestimmtes „Nein, danke" manchmal die beste Antwort ist. Dass man nicht jedem zuhören muss, der einen anruft. Und dass man sich nicht schlecht fühlen muss, wenn man einen Vertrag widerruft, den man nicht wollte. Das ist kein Charakterfehler, sondern ein legitimes Recht. Und Rechte sind dazu da, genutzt zu werden.
Fragen, die uns oft erreichen
Viele Leser:innen haben uns nach dieser Geschichte geschrieben und ähnliche Erfahrungen geschildert. Einige Fragen tauchen dabei immer wieder auf, und die möchte ich hier kurz beantworten.
Kann ich auch nach der 14-Tage-Frist noch widerrufen?
Wenn das Unternehmen keine oder eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung geschickt hat, verlängert sich Ihre Frist auf bis zu zwölf Monate plus 14 Tage. Das ist im Gesetz so vorgesehen. Sie müssen dann nachweisen können, dass die Belehrung fehlerhaft war, aber das ist oft möglich. Heben Sie deshalb alle Unterlagen auf. Nach Ablauf dieser verlängerten Frist wird es allerdings schwierig. Dann können Sie nur noch unter normalen Bedingungen kündigen, und das heißt: Sie müssen die vertraglichen Kündigungsfristen einhalten. Trotzdem lohnt es sich, im Zweifel eine Verbraucherzentrale zu konsultieren.
Muss ich einen Grund für den Widerruf angeben?
Nein, das müssen Sie nicht. Das Widerrufsrecht ist ein sogenanntes motivfreies Recht. Sie können einfach sagen: Ich widerrufe. Fertig. Es ist sogar besser, keinen Grund anzugeben, weil das Unternehmen sonst möglicherweise versucht, Ihnen zu widersprechen oder Ihren Grund anzuzweifeln. Je sachlicher Ihr Widerruf formuliert ist, desto weniger Angriffsfläche bieten Sie. Also: Halten Sie es kurz und vermeiden Sie Erklärungen, die nicht nötig sind.
Was passiert, wenn das Unternehmen den Widerruf ignoriert?
Dann sollten Sie zunächst eine schriftliche Mahnung schicken. Weisen Sie darauf hin, dass Sie fristgerecht widerrufen haben und dass das Unternehmen verpflichtet ist, das anzuerkennen. Setzen Sie eine kurze Frist, etwa eine Woche. Wenn auch das nichts bringt, wenden Sie sich an die Verbraucherzentrale oder eventuell an einen Anwalt. In den meisten Fällen lenken Unternehmen spätestens dann ein, wenn sie merken, dass Sie es ernst meinen und juristisch beraten sind. Dokumentieren Sie jeden Schritt, damit Sie im Streitfall nachweisen können, dass Sie alles richtig gemacht haben.