Versicherungen & Recht

Versicherung zahlt nur die Hälfte?! Unser echter Wasserschaden-Kampf, den jeder kennen sollte

Winterberg 2025. 11. 18. 01:59

Gestern Abend saßen wir wieder mal am Küchentisch, die Unterlagen vor uns ausgebreitet wie ein Puzzle, bei dem die Hälfte der Teile fehlt. Martin hatte seinen zweiten Kaffee in der Hand – um acht Uhr abends, ich weiß, keine gute Idee – und starrte auf den Brief der Versicherung. „Schatz, das kann doch nicht deren Ernst sein", murmelte er und schob mir das Schreiben rüber. Die Überweisung war da, ja, aber es waren nur 1.800 Euro statt der erwarteten 3.200.

Kennt ihr das Gefühl? Monatelang zahlt man brav seine Beiträge, und wenn dann wirklich mal was passiert, fühlt es sich an, als würde man betteln müssen. Bei uns war es der Wasserschaden im Keller vom letzten Herbst. Die Waschmaschine hatte sich verabschiedet – spektakulär, mit allem Drum und Dran. Das Wasser stand zentimeterhoch, die Kartons mit den Weihnachtssachen waren hinüber, und der schöne alte Teppich von Martins Oma... na ja, der war auch Geschichte.

Ich erinnere mich noch genau an den Tag, als es passierte. Es war ein Samstagnachmittag, ich war oben und hab Kuchen gebacken – Apfelstreusel, Martins Lieblingskuchen. Plötzlich ruft er von unten: „Schatz, wir haben ein Problem!" Dieser Tonfall, wenn jemand versucht, ruhig zu bleiben, aber eigentlich kurz vor der Panik steht. Ich rannte die Treppe runter und sah das Chaos. Das Wasser gluckerte fröhlich aus der Maschine, als hätte sie beschlossen, jetzt mal richtig Party zu machen.

Die ersten Stunden waren der pure Stress. Wasser abpumpen, Sachen retten, was noch zu retten war, Fotos machen für die Versicherung. Martin meinte später, wir hätten ausgesehen wie zwei gestrandete Matrosen. Ich mit hochgekrempelten Hosenbohren, er barfuß mit Eimern jonglierend. Die Nachbarin von gegenüber, Frau Müller, schaute vorbei und brachte uns ihren Nass-Sauger. „Hatten wir auch mal", sagte sie trocken. „Die Versicherung hat übrigens nur die Hälfte gezahlt." Na toll, das wollten wir in dem Moment wirklich nicht hören.

Aber zurück zu gestern Abend. Als wir da so saßen mit diesem Brief, kam alles wieder hoch. Die ganze Rennerei, das Dokumentieren, die endlosen Formulare. Wir hatten wirklich alles eingereicht – Fotos vom Schaden, Rechnungen vom Installateur, sogar die Quittung für den verdammten Teppich von 1987, die Martin tatsächlich in irgendeinem Ordner gefunden hatte. Seine Mutter hatte die aufgehoben, Gott hab sie selig.

„Weißt du was", sagte ich und nahm einen Schluck von meinem Rotwein – ein einfacher Portugieser vom Aldi, nichts Besonderes, aber er tut seinen Dienst. „Lass uns das mal systematisch angehen. Was schreiben die denn genau?"

Martin las vor: „Nach Prüfung Ihres Schadenfalles können wir Ihnen einen Teilbetrag von 1.800 Euro zur Verfügung stellen. Die vollständige Schadensregulierung erfolgt nach Eingang weiterer Unterlagen." Weiterer Unterlagen. Das Lieblingswort der Versicherungen, oder?

Interessanterweise hatte ich vor ein paar Wochen einen Podcast gehört – ich höre die immer beim Joggen, das lenkt vom Schnaufen ab – und da ging es um genau dieses Thema. Der Experte, irgendein ehemaliger Versicherungsmensch, erklärte, dass Teilzahlungen eigentlich ein gutes Zeichen sind. Klingt verrückt, ich weiß. Aber seine Logik war: Die Versicherung erkennt den Schaden grundsätzlich an und zahlt schon mal das aus, was unstrittig ist. Der Rest wird noch geprüft. Besser als gar nichts, hatte er gemeint.

Martin war da skeptischer. „Die wollen uns doch nur hinhalten", brummte er und blätterte durch die Unterlagen. Ich kenne ihn seit 23 Jahren, und wenn er so durch seine Papiere wühlt, dann ist er im Kampfmodus. Das war schon beim Hauskauf so, als die Bank plötzlich noch drei weitere Bürgschaften wollte. Da hat er auch nicht locker gelassen.

Was mich an der ganzen Sache wirklich ärgert – und ich glaube, das geht vielen so – ist dieses Gefühl der Ohnmacht. Man zahlt jahrelang, wirklich jahrelang seine Beiträge. Bei uns sind es, lass mich rechnen... ungefähr 480 Euro im Jahr für die Hausratversicherung. In den letzten zehn Jahren haben wir also knapp 5.000 Euro gezahlt. Und dann passiert einmal was, und man muss kämpfen wie ein Löwe.

Dabei ist es psychologisch total nachvollziehbar, warum uns das so aufregt. Ich hab mal gelesen – keine Ahnung mehr wo, vielleicht in der Zeit oder so – dass Menschen Verluste emotional viel stärker wahrnehmen als Gewinne. Das nennt sich Verlustaversion. Wenn die Versicherung uns also von den erwarteten 3.200 Euro nur 1.800 gibt, fühlt sich das an wie ein Verlust von 1.400 Euro. Nicht wie ein Gewinn von 1.800. Verrückt, wie unser Gehirn da tickt.

Martin hatte mittlerweile seinen Laptop aufgeklappt. „Schau mal", sagte er, „hier in diesem Forum schreibt jemand, dass er nach der ersten Teilzahlung noch drei Monate auf den Rest gewartet hat." Drei Monate! Ich stellte mir vor, wie wir noch bis Weihnachten warten müssten. Der Keller war zwar wieder trocken, aber die ganzen Sachen, die wir neu kaufen mussten... Das Geld hatten wir erstmal vorgestreckt.

„Weißt du was", sagte ich, „morgen rufe ich da an. Ganz freundlich, aber bestimmt." Martin grinste. Er kennt mein „freundlich aber bestimmt". Das ist ungefähr so freundlich wie eine Lehrerin, die zum dritten Mal nach den Hausaufgaben fragt.

Tatsächlich hatte meine Schwester letztes Jahr eine ähnliche Situation. Bei ihr war es ein Einbruch – zum Glück war niemand zu Hause. Die Diebe hatten sich hauptsächlich für Elektronik interessiert. Fernseher, Laptop, sogar die alte Playstation von meinem Neffen. Die Versicherung zahlte auch erst nur einen Teil, weil sie Kaufbelege für die gestohlenen Sachen wollten. Kaufbelege! Wer hebt denn bitte den Kassenzettel von einem Fernseher auf, den man vor vier Jahren gekauft hat?

Aber meine Schwester, die ist da wie ich, die gibt nicht so schnell auf. Sie hat dann tatsächlich bei Media Markt angerufen, und die konnten über ihre Kundenkarte die alten Käufe nachvollziehen. Hat zwei Wochen gedauert, aber dann hatte sie die Belege. Die Versicherung hat dann auch den Rest gezahlt. Man muss nur hartnäckig bleiben.

Das Problem ist ja, dass die meisten Leute – uns eingeschlossen – keine Ahnung haben, wie Versicherungen intern arbeiten. Martin meinte mal, das sei wie eine Black Box. Man wirft vorne den Schaden rein und hinten kommt irgendwann Geld raus. Oder auch nicht. Dabei gibt es da durchaus Strukturen und Abläufe, die man verstehen kann.

Ein Bekannter von uns, Thomas, der arbeitet bei einer Versicherung. Nicht bei unserer, sonst hätte ich ihn schon längst gelöchert. Er hat mal beim Grillen erzählt, dass die Sachbearbeiter oft unter enormem Druck stehen. Die müssen soundso viele Fälle pro Tag bearbeiten. Da wird dann erstmal das ausgezahlt, was eindeutig ist – die Selbstbeteiligung abgezogen, klar – und der Rest wird vertagt. Nicht aus Bosheit, sondern weil sie schlicht keine Zeit haben, jeden Fall sofort komplett durchzuarbeiten.

„Stell dir vor", hatte Thomas gesagt, während er sein Würstchen wendete, „du hast 30 Schadensmeldungen auf dem Tisch. Bei der Hälfte fehlen Unterlagen, bei einem Viertel sind die Fotos unscharf, und beim Rest musst du erstmal prüfen, ob das überhaupt versichert ist. Da zahlst du erstmal das aus, was klar ist, und arbeitest den Rest später ab."

Das macht es natürlich nicht besser für uns als Kunden. Wir wollen unser Geld, und zwar möglichst schnell. Schließlich müssen wir ja in Vorleistung gehen. Die neue Waschmaschine hat 800 Euro gekostet, der Trockner musste auch ersetzt werden – noch mal 600 Euro. Und dann die ganzen kleinen Sachen. Neue Kartons für die Weihnachtsdeko, ein paar Regale, die aufgequollen waren... Das läppert sich.

Gestern Nacht, nachdem wir uns durch die Unterlagen gewühlt hatten, lagen wir im Bett und Martin sagte plötzlich: „Weißt du noch, wie wir damals bei der ersten Wohnung die Kaution zurückbekommen haben?" Ich musste lachen. Das war ein Drama! Der Vermieter wollte 500 Euro einbehalten für angebliche Schäden. Wir sind dann mit einer Kamera – damals noch so eine richtige, mit Film – durch die Wohnung gegangen und haben alles dokumentiert. Jeden Kratzer, der schon beim Einzug da war. Am Ende haben wir die volle Kaution bekommen, aber es hat Monate gedauert.

„Das ist wie ein Déjà-vu", sagte ich. „Immer muss man um sein Recht kämpfen."

Aber wisst ihr was? Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr glaube ich, dass das System nicht nur aus Bosheit so ist. Es ist einfach träge und bürokratisch. Die Versicherungen haben ihre Prozesse, ihre Checklisten, ihre Vorgaben. Und wir als Kunden müssen lernen, dieses System zu verstehen und zu nutzen.

Heute Morgen, beim Frühstück – Martin hatte Brötchen geholt, Sonntag ist sein Brötchentag – haben wir einen Plan gemacht. Erstens: Anrufen und freundlich nachfragen, was genau noch fehlt. Zweitens: Alles schriftlich dokumentieren. Drittens: Eine Frist setzen. Nicht aggressiv, aber klar.

Ich hab dann auch noch mal in meinen Unterlagen gekramt und tatsächlich einen interessanten Artikel gefunden, den ich mal ausgedruckt hatte. Da stand was vom Versicherungsombudsmann drin. Das ist eine unabhängige Schlichtungsstelle, kostenlos für Verbraucher. Wenn man sich mit seiner Versicherung nicht einigen kann, kann man da hingehen. Die prüfen den Fall neutral und vermitteln. Bis 10.000 Euro ist deren Entscheidung sogar bindend für die Versicherung. Gut zu wissen, oder?

Martin meinte, wir sollten das als Plan B im Hinterkopf behalten. Erst mal versuchen wir es auf dem normalen Weg. Er hat sogar eine Excel-Tabelle angelegt – typisch Martin – wo er alle Schäden aufgelistet hat, mit Datum, Beschreibung und geschätztem Wert. Die Waschmaschine, der Trockner, der Teppich, die Weihnachtssachen, ein paar alte Fotoalben, die im untersten Regal standen...

Die Fotoalben taten mir übrigens am meisten weh. Da waren Bilder von unserer Hochzeit drin, von den Kindern als sie klein waren. Klar, die wichtigsten haben wir digitalisiert, aber trotzdem. Manche Sachen kann man nicht ersetzen. Die Versicherung hat dafür 50 Euro angesetzt. Fünfzig Euro für dreißig Jahre Erinnerungen. Da merkst du, dass es nicht nur um Geld geht.

Ich glaube, was viele nicht wissen – ich wusste es jedenfalls nicht – ist, dass man bei sowas wie Fotoalben auch den ideellen Wert geltend machen kann. Nicht bei der normalen Hausratversicherung, aber man kann es versuchen. Eine Freundin hat mir erzählt, dass sie mal bei einem Umzugsschaden für ein altes Familienerbstück mehr bekommen hat, als der reine Materialwert war. Sie musste allerdings nachweisen, dass es ein Erbstück war. Mit alten Fotos, auf denen das Stück zu sehen war, und einer eidesstattlichen Erklärung.

Das bringt mich zu einem anderen Punkt: Dokumentation ist alles. Wirklich alles. Seitdem haben wir angefangen, einmal im Jahr durch die Wohnung zu gehen und alles zu fotografieren. Klingt übertrieben, ich weiß. Aber es dauert vielleicht eine halbe Stunde, und im Ernstfall hat man Beweise. Wir speichern die Bilder in der Cloud, mit Datum. Martin wollte sogar ein Video machen, wo er durch die Wohnung geht und alles kommentiert. Ich fand das too much, aber vielleicht hat er recht.

Überhaupt ist das mit der Vorsorge so eine Sache. Niemand denkt gerne an Schadensfälle. Es ist wie mit dem Testament – man schiebt es vor sich her, weil man sich nicht mit dem Gedanken beschäftigen will. Aber dann passiert was, und man ärgert sich, dass man nicht vorbereitet war.

Meine Mutter, Gott hab sie selig, die hatte für alles einen Ordner. Wirklich für alles. Einen für die Versicherungen, einen für die Bank, einen für Garantiescheine. Wir haben uns immer lustig gemacht. „Mama und ihre Ordner", haben wir gesagt. Aber als sie gestorben ist und wir alles regeln mussten, waren wir so dankbar für diese Ordner. Alles war da, alles sortiert, alles nachvollziehbar.

Jetzt, wo ich selbst in der Situation bin, verstehe ich sie besser. Es geht nicht um Pedanterie. Es geht darum, im Ernstfall handlungsfähig zu sein. Nicht stundenlang nach Unterlagen suchen zu müssen, wenn man eigentlich andere Sorgen hat.

Der Anruf heute Morgen war übrigens interessant. Ich hatte mir vorher ein paar Notizen gemacht – was ich fragen will, welche Informationen ich brauche. Die Dame am Telefon war erstaunlich freundlich. Sie hat unsere Akte aufgerufen und direkt gesagt: „Ah ja, ich sehe, da fehlen noch die Kaufbelege für die Elektronikgeräte und eine detaillierte Aufstellung der beschädigten Gegenstände."

„Aber die haben wir doch geschickt", sagte ich.

„Moment... Ah, ich sehe hier eine Liste, aber keine Belege."

Tja, die Belege. Wer hat schon Kassenzettel von einer fünf Jahre alten Waschmaschine? Aber die Dame hatte einen Tipp: „Schauen Sie mal in Ihre E-Mails. Viele Leute bestellen heute online, da haben Sie vielleicht noch die Bestellbestätigung."

Tatsächlich! Martin hat später in seinen E-Mails gewühlt und die Amazon-Bestellung von damals gefunden. Die Waschmaschine, 649 Euro, gekauft am 15. März 2019. Sogar der Trockner war in seinen Mails, von Otto, 589 Euro.

Es ist schon verrückt, wie unser digitales Leben manchmal helfen kann. Früher wäre das unmöglich gewesen, diese Belege nach Jahren noch zu finden. Andererseits – früher hätte die Versicherung vielleicht auch nicht so penibel nach Belegen gefragt. Mein Vater hat mal erzählt, dass in den 70ern bei einem Wasserschaden der Versicherungsmensch vorbeikam, sich das angeschaut hat und gesagt hat: „Passt schon, kriegense." Andere Zeiten.

Was ich auch gelernt habe: Es lohnt sich, nach dem Gespräch eine E-Mail zu schreiben. „Wie telefonisch besprochen sende ich Ihnen anbei..." Das schafft Verbindlichkeit. Und man hat was Schriftliches. Die Dame am Telefon hat mir auch ihre direkte E-Mail-Adresse gegeben. Das ist Gold wert. Besser als immer wieder in der Warteschleife zu hängen.

Martin ist da pragmatischer. „Hauptsache, wir kriegen unser Geld", sagt er. Aber ich glaube, es geht um mehr. Es geht um Fairness, um Respekt, um das Gefühl, ernst genommen zu werden. Wenn man jahrelang einzahlt, möchte man im Schadensfall nicht wie ein Bittsteller behandelt werden.

Neulich beim Bäcker – ich hole samstags immer Kuchen, das ist so meine Tradition – kam ich mit der Verkäuferin ins Gespräch. Ihr Mann ist Handwerker, und sie erzählte, dass sie ständig Kunden haben, die auf Versicherungsgelder warten. „Die Leute müssen uns in Vorleistung bezahlen", sagte sie, „und dann warten sie Monate auf die Erstattung. Manche können sich das gar nicht leisten."

Das ist der Punkt. Nicht jeder hat mal eben 3.000 Euro auf der hohen Kante, um Schäden vorzufinanzieren. Wir haben das Glück, dass wir ein bisschen was gespart haben. Aber ich kenne genug Leute, für die das ein echtes Problem wäre.

Dabei gibt es durchaus Versicherungen, die schnell und unkompliziert zahlen. Unsere Nachbarn hatten mal einen Glasschaden – die Terrassentür, ein Fußball vom Enkelkind. Die Versicherung hat innerhalb einer Woche gezahlt. Komplett, ohne Nachfragen. Es geht also auch anders.

Ich frage mich manchmal, ob es an der Art des Schadens liegt. Glasschäden sind eindeutig. Entweder die Scheibe ist kaputt oder nicht. Bei Wasserschäden ist es komplizierter. Was war die Ursache? Was war schon vorher beschädigt? Was ist Verschleiß, was ist Schaden? Da gibt es mehr Interpretationsspielraum.

Ein Kollege von Martin, der hatte mal einen Streit mit seiner Versicherung wegen eines Sturmschadens. Ein Baum war aufs Dach gefallen. Die Versicherung wollte nur die Hälfte zahlen, weil der Baum angeblich morsch war und sowieso hätte gefällt werden müssen. Er hat dann ein Gutachten machen lassen, das das Gegenteil bewies. Hat 500 Euro gekostet, aber am Ende hat er die volle Summe bekommen. Plus die Gutachterkosten.

Manchmal muss man eben investieren, um zu seinem Recht zu kommen. Das ist bitter, aber so läuft das System. Wer sich nicht wehrt, bleibt auf den Kosten sitzen. Wer kämpft, hat zumindest eine Chance.

Wisst ihr, was mich dabei am meisten nervt? Diese Undurchsichtigkeit. Warum können die nicht einfach klar sagen: „Sie bekommen X Euro, weil Y und Z." Stattdessen bekommt man Briefe in Versicherungsdeutsch, die kein normaler Mensch versteht. „Gemäß Paragraph soundso der Versicherungsbedingungen unter Berücksichtigung der Obliegenheiten..." Wer soll das verstehen?

Ich habe mir angewöhnt, bei solchen Briefen mit einem Textmarker die wichtigen Stellen zu markieren. Gelb für „das bekommen wir", rot für „das müssen wir noch klären", grün für „das müssen wir tun". Martin lacht mich aus, aber es hilft mir, den Überblick zu behalten.

Heute Nachmittag haben wir alle fehlenden Unterlagen zusammengestellt. Die E-Mail-Bestellbestätigungen ausgedruckt, die Liste der Schäden noch mal überarbeitet, sogar Fotos von vergleichbaren Produkten rausgesucht für die Sachen, für die wir keine Belege haben. Für den Teppich von Martins Oma haben wir ein Foto gefunden, wo er noch in ihrer Wohnung lag. Das muss von 1995 sein. Ob das hilft? Keine Ahnung, aber versuchen kann man's.

Beim Abendessen – es gab Nudeln mit Tomatensauce, nichts Besonderes, unter der Woche halten wir's einfach – haben wir noch mal drüber gesprochen. Martin meinte, wir sollten uns eine Frist setzen. Wenn in vier Wochen nichts passiert ist, gehen wir zum Ombudsmann. Ich finde das vernünftig. Man braucht einen Plan B.

Was mich nachdenklich gemacht hat: Diese ganze Energie, die wir da reinstecken. Die Zeit, die Nerven, der Ärger. Das ist ja auch ein Schaden, nur dass den niemand ersetzt. Wenn ich die Stunden zusammenrechne, die wir schon mit dieser Sache verbracht haben... Unterlagen suchen, Briefe schreiben, telefonieren, recherchieren... Das sind bestimmt schon zwei volle Arbeitstage.

Aber was will man machen? Aufgeben? Dann hätten wir nur die 1.800 Euro und müssten den Rest selbst tragen. Das kann's ja auch nicht sein. Also kämpfen wir weiter. Höflich, aber bestimmt, wie ich immer sage.

Morgen schicke ich die Mail mit allen Unterlagen ab. Ich werde auch noch mal explizit fragen, ob noch etwas fehlt und bis wann wir mit einer Entscheidung rechnen können. Klare Kommunikation, das habe ich gelernt, ist das A und O.

Und wisst ihr was? Bei all dem Ärger gibt es auch was Positives. Wir haben mal wieder richtig als Team gearbeitet. Martin mit seinen Excel-Tabellen und seiner Akribie, ich mit meinen Telefonaten und meiner Hartnäckigkeit. Das schweißt zusammen. Beim Kampf gegen die Versicherung sind wir uns einig – das ist doch auch was wert, oder?

Heute Abend, nachdem wir alles fertig hatten, haben wir uns auf die Couch gesetzt und bei einem Glas Wein – diesmal ein besserer, wir hatten das Gefühl, wir haben's uns verdient – die alten Fotos angeschaut, die wir gerettet haben. Die Kinder beim ersten Schultag, unser alter Hund, die Hochzeit von Martins Schwester.

„Weißt du was", sagte Martin plötzlich, „eigentlich ist es egal, ob wir die vollen 3.200 Euro kriegen oder nicht. Hauptsache, wir haben das hier." Und er deutete auf die Fotos, auf uns, auf unser Zuhause.

Ich musste schlucken. Er hat ja recht. Aber trotzdem – die 1.400 Euro Differenz würden wir schon gerne haben. Ist ja auch unser Geld, im Grunde. All die Jahre eingezahlt, für genau so einen Fall.

Morgen geht der Kampf weiter. Mal sehen, was die Versicherung zu unseren Unterlagen sagt. Ich halte euch auf dem Laufenden. Und falls ihr ähnliche Erfahrungen gemacht habt – schreibt gerne in die Kommentare. Geteiltes Leid ist halbes Leid, und vielleicht hat ja jemand noch einen guten Tipp.

Ach ja, fast vergessen: Falls ihr auch gerade mit eurer Versicherung kämpft – nicht aufgeben! Dranbleiben! Die rechnen damit, dass viele Leute irgendwann entnervt aufgeben. Aber nicht mit uns. Wir haben schon ganz andere Sachen durchgestanden. Den Hausbau mit all seinen Dramen, die Pubertät der Kinder, Martins Bandscheibenvorfall letztes Jahr. Da werden wir doch wohl auch mit einer störrischen Versicherung fertig.

Und wenn nicht? Dann gibt's immer noch den Ombudsmann. Oder einen Anwalt, aber soweit wollen wir's nicht kommen lassen. Noch haben wir die Hoffnung, dass sich alles in Wohlgefallen auflöst. Dass wir in ein paar Wochen hier sitzen und sagen können: Hat geklappt, wir haben unser Geld bekommen.

Bis dahin – Daumen drücken. Und immer dran denken: Dokumentiert alles, bewahrt alle Belege auf, und lasst euch nicht unterkriegen. Es ist euer gutes Recht, und dafür lohnt es sich zu kämpfen. Auch wenn's nervt. Gerade dann.