Sonderkündigungsrecht genutzt: Wie wir unserer Versicherung davongerannt sind – und 600 € im Jahr sparen

Gestern Abend saß Michael am Küchentisch, den Brief in der Hand, und ich sah sofort an seinem Gesicht – da stimmt was nicht. „Die Hausratversicherung erhöht schon wieder die Beiträge", sagte er und schob mir das Schreiben rüber. „Zwölf Prozent mehr. Einfach so."
Zwölf Prozent. Bei unseren 280 Euro Jahresbeitrag macht das über 30 Euro mehr. Klingt vielleicht nicht nach viel, aber es ist das Prinzip, oder? Vor zwei Jahren hatten sie schon mal erhöht, damals waren's acht Prozent. Und die Leistungen? Dieselben wie vor fünf Jahren, als wir den Vertrag abgeschlossen haben.
Ich schenkte mir erstmal einen Tee ein – Kamille, meine Nervennahrung bei sowas – und las den Brief genau durch. Ganz unten, kleingedruckt, stand tatsächlich was von Sonderkündigungsrecht. Einen Monat hätten wir Zeit.
„Weißt du noch, als dein Vater damals seine Lebensversicherung kündigen wollte?", fragte ich Michael. Das war ein Drama. 1998 war das, kurz nach unserer Hochzeit. Sein Vater hatte jahrelang in diese Versicherung eingezahlt, dann wollte die Gesellschaft plötzlich die Überschussbeteiligung kürzen. Er war stinksauer, ist zur Versicherung marschiert – damals ging man noch persönlich hin – und wollte kündigen. Die haben ihm dann erklärt, dass er nur zu einem bestimmten Termin im Jahr kündigen könne. Reguläre Kündigungsfrist, drei Monate zum Jahresende.
Heute läuft das anders. Die Verbraucherschutzgesetze sind strenger geworden, und dieses Sonderkündigungsrecht ist tatsächlich ein Segen. Wann immer eine Versicherung die Konditionen zu deinen Ungunsten ändert, hast du meistens das Recht, sofort auszusteigen. Nicht bei allen Versicherungen, aber bei den meisten Sachversicherungen schon.
Michael holte seinen Laptop. „Lass uns mal schauen, was es sonst noch gibt am Markt." Während er tippte, dachte ich an unseren ersten Versicherungsschaden. 2019 war das, der Rohrbruch im Bad. Die ganze Wohnung stand unter Wasser, ein Albtraum. Aber die Versicherung hatte super gezahlt, ohne Diskussion. 8.000 Euro Schaden, alles übernommen bis auf die Selbstbeteiligung.
„Hier", sagte Michael und drehte den Bildschirm zu mir. „Dieselbe Leistung gibt's woanders für 220 Euro im Jahr. Sogar mit geringerer Selbstbeteiligung."
Sechzig Euro Unterschied im Jahr. Das ist ein schönes Abendessen zu zweit. Oder drei Bücher. Oder... na ja, ihr wisst schon. Es läppert sich.
Was viele nicht wissen – und ich wusste es auch lange nicht – ist, dass man nach einem Schadensfall auch ein Sonderkündigungsrecht hat. Beide Seiten übrigens. Die Versicherung kann dir kündigen, aber du kannst auch kündigen. Das haben wir mal bei unserer Autoversicherung erlebt. Thomas, unser Großer, hatte mit 18 seinen Führerschein gemacht und prompt in der dritten Woche eine Beule ins Auto gefahren. Parkrempler, nichts Dramatisches. Die Versicherung hat gezahlt, aber danach kam ein Brief: Kündigung nach Schadensfall.
Wir waren empört. „Dafür zahlt man doch Versicherung!", schimpfte Michael damals. Aber rechtlich ist das völlig in Ordnung. Die Versicherungen kalkulieren ihr Risiko, und wenn jemand zu oft Schäden meldet, steigen sie aus. Brutal, aber legal.
Andersrum geht's aber auch. Wenn die Versicherung nach einem Schaden schlecht reguliert, zu wenig zahlt oder ewig braucht, kannst du kündigen. Eine Bekannte von mir, Sandra, hat das mal gemacht. Ihr Fahrrad wurde geklaut, die Hausratversicherung wollte nur den Zeitwert zahlen – 50 Euro für ein zwei Jahre altes 800-Euro-Rad. Sie war so sauer, dass sie gekündigt und gewechselt hat. Bei der neuen Versicherung gibt's Neuwerterstattung für Fahrräder bis fünf Jahre.
„Sollen wir kündigen?", fragte Michael und klickte durch verschiedene Vergleichsportale.
Ich zögerte. Kündigen ist immer so endgültig. Und was, wenn die neue Versicherung dann doch nicht so gut ist? Meine Mutter sagte immer: „Kind, man weiß, was man hat, aber nicht, was man kriegt." Typisch deutsche Vorsicht, ich weiß. Aber irgendwie steckt da auch Wahrheit drin.
Dann fiel mir unsere Nachbarin ein, Frau Petersen. Die hat letztes Jahr ihre komplette Versicherungslandschaft umgekrempelt. Kfz, Hausrat, Haftpflicht, alles. Sie hatte sich mal die Mühe gemacht, alle ihre Versicherungen aufzulisten und zu vergleichen. „Ich hab 800 Euro im Jahr gespart", erzählte sie mir über den Gartenzaun. „Und bessere Leistungen bekommen."
Das Problem ist nur: Wann macht man das schon? Im Alltag denkt man nicht an Versicherungen. Die laufen so mit, man zahlt per Lastschrift, und gut ist. Erst wenn was passiert – eine Beitragserhöhung, ein Schaden, ein Umzug – kommt das Thema auf den Tisch. Oder auf den Küchentisch, in unserem Fall.
Michael hatte mittlerweile drei Angebote rausgesucht. Alle günstiger als unsere aktuelle Versicherung nach der Erhöhung. Bei einem sogar mit Glasbruchversicherung inklusive. Die hatten wir bisher nicht, weil's extra gekostet hätte. Aber letzten Winter, als die Terrassentür durch den Temperatursturz einen Riss bekommen hat... 600 Euro Reparatur aus eigener Tasche. Mit Glasbruch wär's versichert gewesen.
„Weißt du was mich ärgert?", sagte ich zu Michael. „Die spekulieren doch drauf, dass die Leute zu träge sind zum Wechseln."
Er nickte. „Kundenbindung durch Bequemlichkeit nennt man das. Hab ich mal in einem Artikel gelesen. Die Versicherungen wissen genau, dass vielleicht 20 Prozent kündigen werden. Der Rest bleibt, zahlt mehr, und finanziert die Rabatte für Neukunden."
Das ist tatsächlich pervers, wenn man drüber nachdenkt. Treue wird bestraft, Wechseln belohnt. Wie bei Handyverträgen oder Stromanbietern. Die Neukunden kriegen die Super-Konditionen, und wer schon lange dabei ist, zahlt drauf.
Ich erinnerte mich an einen Vortrag, den ich mal bei der Volkshochschule gehört hatte. „Versicherungen verstehen" hieß der Kurs. Der Referent, ein ehemaliger Versicherungsmakler, hat uns erklärt, dass Versicherungen in Zyklen denken. Erst werben sie aggressiv Kunden an, auch mit Verlust. Dann, nach ein paar Jahren, drehen sie an der Preisschraube. Wer bleibt, subventioniert das Neugeschäft.
„Okay", sagte ich schließlich. „Lass uns kündigen. Aber richtig."
Michael schaute mich fragend an.
„Ich meine, lass uns das nutzen, um mal alle unsere Versicherungen durchzugehen. Wann haben wir das zuletzt gemacht? Vor fünf Jahren?"
Es war tatsächlich noch länger her. 2017, als wir umgezogen sind. Seitdem liefen alle Verträge einfach weiter. Die private Haftpflicht, die Rechtsschutz, Michaels Berufsunfähigkeit, die Unfallversicherung für die Kinder – obwohl der Kleine mittlerweile 22 ist und sein eigenes Geld verdient.
Wir holten den großen Ordner aus dem Arbeitszimmer. Ihr kennt das – dieser eine Ordner, wo alle wichtigen Unterlagen drin sind. Bei uns ist es ein dicker blauer Leitz-Ordner, den wir mal bei Staples im Angebot gekauft haben. „Versicherungen" steht drauf, in Michaels krakeliger Handschrift.
Seite für Seite gingen wir durch. Manche Policen kannten wir gar nicht mehr. Eine Reisegepäckversicherung von 2015, als wir nach Thailand geflogen sind. Läuft immer noch, 89 Euro im Jahr. Völlig unnötig, weil die Hausratversicherung Reisegepäck sowieso mit abdeckt.
Bei der Kfz-Versicherung wurde es richtig interessant. Wir zahlen noch immer für Vollkasko, obwohl unser Auto mittlerweile acht Jahre alt ist. „Ab fünf Jahren lohnt sich Vollkasko meist nicht mehr", hatte der VHS-Dozent damals gesagt. „Außer bei sehr teuren Autos." Unser Ford Focus gehört definitiv nicht dazu.
Was mir auffiel: Bei fast allen Versicherungen hatten wir in den letzten Jahren Beitragserhöhungen. Kleine, schleichende. Drei Prozent hier, fünf Prozent da. Einzeln fällt das kaum auf, aber in Summe? Wir zahlen heute fast 400 Euro mehr im Jahr als 2017.
„Das ist wie mit dem Frosch im Kochtopf", sagte Michael. „Die Temperatur steigt langsam, und man merkt es nicht."
Den Vergleich fand ich makaber, aber treffend. Man gewöhnt sich an die kleinen Erhöhungen. Denkt, das sei normal, Inflation und so. Aber wenn man mal genau hinschaut...
Wir machten eine Liste. Alle Versicherungen, was sie kosten, was sie leisten, wann sie kündbar sind. Excel, ganz klassisch. Michael liebt Excel-Tabellen. Ich finde sie nervig, aber hierfür war's perfekt.
Bei der Rechtsschutzversicherung entdeckten wir was Kurioses. Wir haben eine Verkehrsrechtsschutz und eine Privatrechtsschutz. Zwei verschiedene Verträge bei zwei verschiedenen Gesellschaften. Warum? Keine Ahnung. Wahrscheinlich hat mal jemand im Bekanntenkreis was empfohlen, und wir haben's abgeschlossen, ohne zu checken, was wir schon haben.
„Wir sind überversichert", stellte Michael fest. „Und trotzdem fehlen wichtige Sachen."
Zum Beispiel eine vernünftige Elementarschadenversicherung. Nach dem Hochwasser im Ahrtal haben alle drüber geredet, aber gemacht haben wir nichts. „Hier passiert doch nichts", hatten wir gedacht. Aber die Starkregen werden häufiger, auch bei uns in der Region.
Ich machte uns noch einen Tee – diesmal Pfefferminz, der hält wach – und wir planten unsere Strategie. Die Hausratversicherung würden wir definitiv kündigen. Sonderkündigungsrecht wegen Beitragserhöhung, einen Monat Zeit.
Bei der Kfz-Versicherung würden wir bis November warten, da ist der reguläre Kündigungstermin. Aber schon mal Angebote einholen. Von Vollkasko auf Teilkasko umstellen spart
locker 300 Euro im Jahr.
Die doppelte Rechtsschutz würden wir zusammenlegen. Eine Police, die alles abdeckt. Gibt's heute als Kombi-Pakete, günstiger als zwei einzelne.
„Und die Reisegepäckversicherung?", fragte ich.
„Sofort kündigen", sagte Michael. „Die ist eh Quatsch."
Stimmt. In all den Jahren haben wir sie nie gebraucht. Und wenn wirklich mal was passiert wäre, hätte wahrscheinlich die Hausratversicherung gegriffen.
Was uns beide überraschte: Wie viel Geld wir für Versicherungen ausgeben. Knapp 3.800 Euro im Jahr, haben wir ausgerechnet. Das ist ein kleiner Urlaub. Oder ein gebrauchtes E-Bike. Oder... na ja, einfach viel Geld.
„Meine Eltern hatten zwei Versicherungen", sagte Michael nachdenklich. „Krankenversicherung und Hausrat. That's it."
Andere Zeiten. Heute wird man ja für alles und jeden versichert. Handyversicherung, Zahnzusatzversicherung, Hochzeitsrücktrittsversicherung – ja, gibt's wirklich. Die Frage ist nur: Was braucht man wirklich?
Der VHS-Dozent hatte damals eine einfache Regel: „Versichern Sie nur, was Sie finanziell ruinieren könnte." Haftpflicht? Absolut, kann in die Millionen gehen. Berufsunfähigkeit? Ja, wenn man vom Gehalt lebt. Hausrat? Kommt drauf an, wie viel man hat. Handyversicherung? Quatsch, ein neues Handy ruiniert niemanden.
Wir beschlossen, radikal auszumisten. Alles, was nicht essentiell ist, fliegt raus. Und bei allem anderen wird verglichen und verhandelt.
„Verhandeln?", fragte ich. „Mit Versicherungen?"
Michael grinste. „Warum nicht? Die wollen uns als Kunden behalten. Vielleicht bieten sie uns bessere Konditionen, wenn wir mit Kündigung drohen."
Das hatte ich noch nie probiert. Aber warum eigentlich nicht? Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass sie Nein sagen.
Am nächsten Tag rief ich bei unserer Hausratversicherung an. Nach zehn Minuten Warteschleife – diese Musik macht einen wahnsinnig – hatte ich endlich jemanden dran.
„Ich möchte mein Sonderkündigungsrecht nutzen", sagte ich.
„Oh, darf ich fragen warum?"
„Die Beitragserhöhung. Zwölf Prozent finde ich zu viel."
Kurze Pause. „Einen Moment bitte, ich schaue mal, was ich für Sie tun kann."
Wieder Warteschleife. Dann: „Ich könnte Ihnen einen Treuerabatt von acht Prozent anbieten."
Acht Prozent Rabatt. Das wären immer noch vier Prozent mehr als vorher. „Tut mir leid", sagte ich. „Ich habe ein Angebot für 220 Euro im Jahr. Bei Ihnen wäre ich immer noch bei 260."
„Lassen Sie mich mit meinem Vorgesetzten sprechen."
Wieder warten. Ich kam mir vor wie auf dem Basar. Aber irgendwie machte es auch Spaß. Wie früher, als wir in Marrakesch waren und um jeden Teppich gefeilscht haben.
„Frau Weber? Wir könnten Ihnen den alten Beitrag garantieren. 280 Euro, keine Erhöhung."
Ich überlegte. Das alte Beitragsniveau wäre okay. Aber die 220 Euro vom anderen Anbieter waren trotzdem verlockender.
„Ich denke drüber nach", sagte ich. „Bis wann muss ich mich entscheiden?"
„Sie haben ja einen Monat Sonderkündigungsfrist. Aber das Angebot gilt nur diese Woche."
Künstliche Verknappung, ein alter Verkaufstrick. Trotzdem, es war ein faires Angebot.
Michael und ich besprachen es abends. „Bleiben oder wechseln?", fragte er.
Es war eine schwere Entscheidung. Bei der alten Versicherung kennen wir die Abläufe, wissen, dass sie im Schadensfall zahlen. Bei einer neuen? Unbekanntes Terrain.
Schließlich entschieden wir uns für den Wechsel. Sechzig Euro im Jahr sind sechzig Euro. Und die Bewertungen der neuen Versicherung im Internet waren durchweg positiv.
Die Kündigung schrieb ich noch am selben Abend. Per Einschreiben, sicher ist sicher. „Hiermit kündige ich unter Nutzung meines Sonderkündigungsrechts gemäß Paragraph wasweißich..." Michael hatte die Formulierung gegoogelt. Man will ja nichts falsch machen.
Zwei Tage später kam die Bestätigung. Kündigung akzeptiert, Vertrag endet in vier Wochen. Parallel schloss ich die neue Versicherung ab, online, in zehn Minuten erledigt. Die moderne Welt hat auch ihre Vorteile.
Was ich aus der ganzen Aktion gelernt habe? Man muss seine Versicherungen im Auge behalten. Nicht obsessiv, aber einmal im Jahr sollte man schon draufschauen. Stimmen die Beiträge noch? Die Leistungen? Hat sich im Leben was geändert?
Bei uns hat sich durch die Überprüfung einiges geändert. Wir sparen jetzt etwa 600 Euro im Jahr. Nicht durch Tricks oder dubiose Anbieter, sondern einfach durch Vergleichen und Optimieren. Das Geld legen wir beiseite, für die Elementarschadenversicherung, die wir jetzt doch abschließen wollen. Nach den Bildern aus dem Ahrtal... man weiß ja nie.
Letzte Woche traf ich Frau Petersen wieder. „Na, auch die Versicherungen gewechselt?", fragte sie.
„Woher wissen Sie das?"
Sie lachte. „Der Briefträger hat's erzählt. So viele Einschreiben in unserer Straße, das gibt's sonst nur zu Weihnachten."
Tatsächlich. Die Nachbarn drei Häuser weiter haben auch gekündigt. Und die junge Familie gegenüber. Es ist wie eine kleine Wechselwelle. Angesteckt von Frau Petersens Beispiel, von unseren Gesprächen über den Gartenzaun.
Michael meint, wir sollten einen Versicherungs-Stammtisch gründen. Einmal im Jahr zusammenkommen, Erfahrungen austauschen, Tipps geben. Ich finde die Idee gar nicht schlecht. Gemeinsam ist man stärker, auch gegenüber Versicherungen.
Gestern kam übrigens ein Anruf von unserer alten Hausratversicherung. Ob wir nicht doch bleiben wollen. Sie hätten da ein neues Angebot, noch bessere Konditionen.
„Zu spät", sagte ich. „Wir haben schon gewechselt."
„Schade", sagte die Dame am Telefon. „Wir hätten Ihnen 200 Euro im Jahr anbieten können."
Zweihundert Euro! Zwanzig weniger als die neue Versicherung. Aber wisst ihr was? Ich ärgere mich nicht. Wer seine treuen Kunden erst wertschätzt, wenn sie gehen, hat sie nicht verdient.
Die neue Versicherung läuft jetzt seit zwei Wochen. Noch kein Schadensfall, zum Glück. Aber die Police ist da, ordentlich abgeheftet im blauen Ordner. Und in meinem Kalender steht eine Erinnerung: „Versicherungen prüfen, Januar 2025".
Diesmal lassen wir uns nicht wieder fünf Jahre Zeit. Einmal im Jahr, das nehmen wir uns vor. Ein Abend am Küchentisch, mit Tee und Excel-Tabelle. Klingt nicht nach Spaß, ich weiß. Aber 600 Euro sparen? Das ist ein schöner Anreiz.
Ach ja, noch ein Tipp, den ich bei meiner Recherche gefunden habe: Viele Versicherungen haben eine sogenannte „Treueprämie" oder einen „Schadenfreiheitsrabatt". Klingt gut, ist aber oft Augenwischerei. Die Grundprämie wird trotzdem regelmäßig erhöht, nur der Rabatt bleibt gleich. Unterm Strich zahlt man mehr. Also immer den Endbetrag vergleichen, nicht die Prozente.
Und noch was: Sonderkündigungsrecht gilt nicht nur bei Beitragserhöhungen. Auch wenn die Versicherung die Bedingungen ändert, Leistungen kürzt oder die Selbstbeteiligung erhöht. Steht alles im Kleingedruckten, das keiner liest. Sollte man aber. Zumindest einmal.
So, genug von Versicherungen. Wobei... eine Geschichte hab ich noch. Mein Schwiegervater, 82 Jahre alt, hat neulich seine Sterbegeldversicherung gekündigt. Nach 40 Jahren! „Ich hab ausgerechnet", sagte er, „ich hab mehr eingezahlt, als die jemals auszahlen werden."
Stimmt. 50 Euro im Monat, 40 Jahre lang... das sind 24.000 Euro. Die Versicherungssumme? 7.500 Euro.
Manchmal ist die beste Versicherung eben keine Versicherung. Sondern ein gutes Sparbuch. Oder wie meine Oma immer sagte: „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not."
Weise Frau, meine Oma. Die hatte übrigens nur eine einzige Versicherung: die gesetzliche Krankenkasse. Und ist damit 94 Jahre alt geworden. Andere Zeiten, wirklich. Aber vielleicht können wir trotzdem was davon lernen: Nicht für jedes Risiko braucht man eine Police. Manchmal reicht auch gesunder Menschenverstand und ein kleines Finanzpolster.
In diesem Sinne: Prüft eure Versicherungen! Nutzt euer Sonderkündigungsrecht! Und lasst euch nicht über den Tisch ziehen. Es ist euer Geld, und ihr entscheidet, wofür ihr es ausgebt. Auch wenn's nur 30 Euro im Jahr sind – dafür kann man schön essen gehen. Oder drei Flaschen guten Wein kaufen. Oder... na ja, ihr wisst schon.