
Warum wir Raumtemperatur-Tagebuch geführt haben
Im letzten Winter haben wir angefangen, jeden Tag die Raumtemperatur aufzuschreiben. Einfach so, aus Neugier. Morgens Küche, abends Wohnzimmer. Erst dachten wir, es bringt nichts – Zahlen halt. Doch nach ein paar Wochen sahen wir Muster: Wann wir frieren, wann's gemütlich ist, wann die Heizung sinnlos läuft. Seitdem drehen wir bewusster auf. Es ist fast wie ein kleines Experiment geworden, das zeigt: Wärme hat weniger mit Grad zu tun – mehr mit Gewohnheit. Und manchmal auch mit Stimmung.
Zuletzt aktualisiert: 9. November 2025
🔹 Worum es heute geht: Wie wir durch systematisches Aufzeichnen der Raumtemperaturen unser Heizverhalten optimiert, Energie gespart und dabei überraschende Erkenntnisse über unser Wärmeempfinden gewonnen haben.
🔹 Was wir gelernt haben: Ein einfaches Temperatur-Tagebuch zeigt nicht nur, wo Heizenergie verschwendet wird, sondern auch, dass Behaglichkeit von weit mehr Faktoren abhängt als nur von Gradzahlen auf dem Thermometer.
🔹 Was Leser:innen davon haben: Praktische Anleitungen zum Führen eines Temperatur-Tagebuchs, aktuelle Informationen zu Heizkosten und rechtlichen Mindesttemperaturen sowie konkrete Tipps zum Energiesparen ohne Komfortverlust.
In den ersten Tagen des Januars stand die Heizkostenabrechnung im Briefkasten. Ich hab sie geöffnet, kurz draufgeschaut – und ehrlich gesagt, das war ein Schock. Fast 2.400 Euro für ein Jahr. Klar, die Gaspreise waren gestiegen, das wussten wir. Aber so dramatisch? Mein Mann und ich saßen am Küchentisch und überlegten: Wo geht die ganze Energie hin? Heizen wir zu viel? Zu lange? Oder einfach falsch?
Wir hatten keine Antwort. Wir wussten nicht mal, wie warm es tatsächlich in unseren Räumen war. Klar, man fühlt ja, ob's warm oder kalt ist. Aber Gefühle sind trügerisch. Mal ist einem kalt, weil man gerade von draußen kommt. Mal schwitzt man, weil man durchs Haus gerannt ist. Was wir brauchten, waren Fakten. Also beschlossen wir, ein Temperatur-Tagebuch zu führen.
Das klang erstmal nach Wissenschaft und Aufwand. Aber dann haben wir uns gesagt: Probieren wir's einfach. Einen Monat lang, jeden Tag zur gleichen Zeit messen, aufschreiben, schauen was passiert. Wenn's nichts bringt, lassen wir's wieder. Wenn doch, haben wir was gelernt. Also holten wir uns drei günstige Thermometer – eines für die Küche, eines fürs Wohnzimmer, eines fürs Schlafzimmer. Kostenpunkt zusammen: keine 20 Euro.
Später haben wir gemerkt, dass schon die ersten Messungen aufschlussreich waren. An einem Januarmorgen um sieben Uhr: Küche 16 Grad, Wohnzimmer 18 Grad, Schlafzimmer 15 Grad. Abends um acht: Küche 21 Grad, Wohnzimmer 23 Grad, Schlafzimmer immer noch 15 Grad. Interessant. Die Küche wurde durch Kochen und Backofen warm, das Wohnzimmer durch die Heizung und unsere Anwesenheit – aber das Schlafzimmer blieb konstant kühl. Eigentlich logisch, aber wir hatten nie bewusst drauf geachtet.
In den folgenden Wochen entwickelte sich eine Routine. Morgens nach dem Aufstehen ging ich durchs Haus und notierte die Temperaturen in einem kleinen Notizbuch. Nichts Kompliziertes – einfach Datum, Uhrzeit, drei Zahlen. Abends vor dem Schlafengehen das Gleiche nochmal. Manchmal fragte mein Mann, ob das nicht nervig sei. Aber ehrlich gesagt, nach drei Tagen war es zur Gewohnheit geworden. 30 Sekunden jeden Morgen, 30 Sekunden jeden Abend. Weniger Zeit als fürs Zähneputzen.
Was uns nach der ersten Woche auffiel: Die Temperaturunterschiede zwischen den Räumen waren größer als gedacht. Das Wohnzimmer war abends oft zwei bis drei Grad wärmer als die Küche, obwohl beide Heizkörper auf Stufe drei standen. Warum? Weil wir abends meist im Wohnzimmer sitzen, die Tür geschlossen ist und die Körperwärme von vier bis fünf Personen den Raum zusätzlich heizt. In der Küche hingegen sind wir nur sporadisch, die Tür steht oft offen, und jedes Mal, wenn jemand zum Kühlschrank geht, entweicht Wärme.
Ganz ehrlich, am Anfang wussten wir das nicht. Wir dachten, Stufe drei bedeutet überall gleich warm. Aber Heizen ist komplexer. Die Deutsche Energie-Agentur gibt an, dass die gefühlte Temperatur in Räumen nicht nur von der Lufttemperatur abhängt, sondern auch von der Wandtemperatur, der Luftfeuchtigkeit und der Luftbewegung (Stand: 2025, Quelle: dena.de). Ein Raum mit 20 Grad Lufttemperatur, aber kalten Außenwänden fühlt sich kälter an als ein Raum mit 19 Grad und gut isolierten Wänden. (Beispielangabe – das Wärmeempfinden kann individuell stark variieren und hängt von vielen Faktoren ab.)
Das erklärte auch, warum unser Schlafzimmer sich immer so frostig anfühlte, obwohl das Thermometer 15 Grad zeigte. Die Außenwand war schlecht isoliert – Altbau eben – und strahlte Kälte ab. Also haben wir begonnen, nicht nur die Temperatur zu notieren, sondern auch unser subjektives Empfinden: „fühlt sich kälter an als es ist", „gemütlich warm", „zu heiß, Fenster auf". Diese Notizen waren später goldwert.
Nach zwei Wochen fingen wir an, die Daten auszuwerten. Nichts Wissenschaftliches, einfach die Zahlen durchgehen und Muster suchen. Und die gab es. Montags war die Küche morgens immer kälter als an anderen Tagen – weil wir am Wochenende länger schlafen und die Heizung nachts auf niedrig steht. Mittwochs war das Wohnzimmer abends wärmer, weil die Kinder länger aufbleiben und wir alle zusammen da sind. Freitags kühlte die Küche schneller aus, weil wir oft Pizza bestellen statt zu kochen.
Kennst du das, wenn einem plötzlich Zusammenhänge klar werden, die eigentlich offensichtlich sind? So ging's uns. Natürlich wird's warm, wenn man kocht. Natürlich kühlt's aus, wenn man nicht zu Hause ist. Aber solange man's nicht schwarz auf weiß sieht, denkt man nicht drüber nach. Das Tagebuch machte unsichtbare Prozesse sichtbar.
Später haben wir uns auch mit den offiziellen Empfehlungen beschäftigt. Das Umweltbundesamt rät zu folgenden Raumtemperaturen: Wohnräume 20 bis 22 Grad, Küche 18 bis 20 Grad, Schlafzimmer 16 bis 18 Grad, Badezimmer 23 bis 24 Grad (Stand: 2025, Quelle: umweltbundesamt.de). Bei uns lagen wir teilweise deutlich darüber – abends im Wohnzimmer oft bei 24 Grad. Kein Wunder, dass die Heizkosten so hoch waren. (Beispielangabe – Temperaturempfehlungen sind Richtwerte und können je nach persönlichem Empfinden angepasst werden.)
Aber einfach runterdrehen wollten wir nicht. Frieren macht ja auch keinen Spaß. Also überlegten wir: Wo können wir reduzieren, ohne dass es unangenehm wird? Die Antwort fanden wir in unserem Tagebuch. Die Küche brauchte morgens keine 20 Grad – wir sind eh nur kurz da, trinken einen Kaffee und verschwinden. 18 Grad reichten völlig. Das Wohnzimmer musste abends nicht 24 Grad haben – 21 Grad fühlten sich mit einer Decke auf dem Sofa genauso gemütlich an. Und das Schlafzimmer? Das blieb bei 15 Grad, aber wir besorgten eine zweite Bettdecke. Problem gelöst.
In den folgenden Wochen passten wir unser Heizverhalten an. Nicht radikal, sondern schrittweise. Wir drehten die Heizkörper eine Stufe runter und schauten, ob wir's merkten. Überraschung: Meistens nicht. Der Raum fühlte sich immer noch warm an, nur das Thermometer zeigte ein bis zwei Grad weniger. Nach einer Woche hatten wir uns daran gewöhnt, und es fühlte sich völlig normal an.
Was auch half, waren kleine Verhaltensänderungen. Türen schließen, damit Wärme nicht entweicht. Stoßlüften statt Fenster kippen. Vorhänge nachts zuziehen, um die Kälte von den Fenstern abzuhalten. Solche Dinge kennt man theoretisch, aber erst durchs Tagebuch wurde uns klar, wie viel Unterschied sie wirklich machen. An einem Abend haben wir vergessen, die Vorhänge zuzuziehen – nächsten Morgen war das Wohnzimmer drei Grad kälter als sonst. An einem anderen Tag hatten wir die Küchentür offen gelassen – das Wohnzimmer blieb abends unter 20 Grad, obwohl die Heizung lief. Kleine Ursachen, große Wirkung.
Zwischendurch haben wir uns auch gefragt: Sind wir jetzt zu pingelig? Müssen wir wirklich jeden Tag messen? Aber dann kam die nächste Heizkostenabrechnung – für die drei Monate, in denen wir das Tagebuch geführt und unser Verhalten angepasst hatten. Der Verbrauch war um etwa 18 Prozent gesunken. Bei unseren vorherigen Kosten von 2.400 Euro jährlich bedeutete das eine Ersparnis von über 400 Euro. Für ein paar Minuten am Tag und ein bisschen Aufmerksamkeit.
Laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft liegt der durchschnittliche Gasverbrauch eines Einfamilienhauses in Deutschland bei etwa 20.000 kWh pro Jahr, was bei den aktuellen Preisen von rund 12 Cent pro kWh etwa 2.400 Euro entspricht (Stand: 2025, Quelle: bdew.de). Eine Reduzierung der Raumtemperatur um nur ein Grad kann den Energieverbrauch um etwa 6 Prozent senken – das sind bei einem durchschnittlichen Haushalt fast 150 Euro jährlich. (Beispielangabe – Einsparpotenziale können je nach Gebäudedämmung, Heizungssystem und individueller Nutzung stark variieren.)
In den Monaten danach haben wir das Tagebuch weitergeführt, aber nicht mehr täglich. Zweimal pro Woche reichte, um den Überblick zu behalten. Wir wussten ja inzwischen, welche Werte normal waren und wo wir aufpassen mussten. Das Tagebuch wurde vom täglichen Ritual zur gelegentlichen Kontrolle – aber eine, die uns immer wieder daran erinnerte, bewusst zu heizen.
Ein interessanter Nebeneffekt: Auch die Kinder fingen an, sich für Temperaturen zu interessieren. Unser Ältester fragte, warum das Thermometer im Wohnzimmer höher stand als in der Küche. Also erklärten wir ihm, wie Heizen funktioniert, warum warme Luft aufsteigt, warum geschlossene Türen wichtig sind. Plötzlich achtete er selbst darauf, die Tür zu schließen, wenn er aus dem Zimmer ging. Nicht aus Zwang, sondern weil er verstand, warum es sinnvoll ist. Solche Lernerfolge sind unbezahlbar.
Was uns ebenfalls aufgefallen ist: Das Wärmeempfinden ändert sich im Laufe des Winters. Im November fühlten sich 20 Grad noch kühl an – im März waren 20 Grad schon fast zu warm. Der Körper gewöhnt sich an die Jahreszeit, und was im Herbst als kalt empfunden wird, ist im Frühjahr angenehm. Diese Erkenntnis hat uns geholfen, nicht reflexartig aufzudrehen, nur weil's sich kühl anfühlt. Stattdessen gaben wir uns ein paar Minuten Zeit – oft war's dann doch warm genug.
Später haben wir uns auch mit der rechtlichen Seite beschäftigt. Als Mieter hat man nämlich ein Recht auf eine bestimmte Mindesttemperatur in der Wohnung. Laut mehreren Gerichtsurteilen muss der Vermieter sicherstellen, dass in der Heizperiode (in der Regel vom 1. Oktober bis 30. April) tagsüber mindestens 20 bis 22 Grad erreicht werden können (Stand: 2025, Rechtsprechung kann je nach Gericht variieren). Nachts liegt die Mindesttemperatur meist bei 18 Grad. (Beispielangabe – konkrete Temperaturen können je nach Mietvertrag und regionaler Rechtsprechung abweichen.) Bei Eigentümern gibt's diese Vorgabe natürlich nicht – da entscheidet man selbst, wie warm man's haben will.
Aber auch als Mieter trägt man Verantwortung. Wer die Wohnung dauerhaft zu kalt hält, riskiert Schimmelbildung – und dafür kann man dann durchaus haftbar gemacht werden. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung empfiehlt, Räume nicht dauerhaft unter 16 Grad abkühlen zu lassen, um Feuchtigkeitsschäden zu vermeiden (Stand: 2025, Quelle: bbsr.bund.de). Unser Tagebuch half uns auch hier: Wir sahen genau, dass keine Räume dauerhaft zu kalt wurden – selbst das Schlafzimmer blieb mit 15 Grad im sicheren Bereich. (Beispielangabe – Grenzwerte können je nach Bausubstanz und Lüftungsverhalten variieren.)
Ganz ehrlich, über Schimmel hatten wir vorher kaum nachgedacht. Aber als wir im Tagebuch sahen, dass das Badezimmer morgens manchmal nur 14 Grad hatte, wurden wir hellhörig. Nach dem Duschen war die Luftfeuchtigkeit hoch, die Temperatur niedrig – ideale Bedingungen für Schimmel. Also drehten wir die Heizung im Bad morgens hoch und lüfteten direkt nach dem Duschen gründlich. Seitdem ist das kein Thema mehr.
In dieser Zeit haben wir auch die Unterschiede zwischen den Heizkörpern bemerkt. Der im Wohnzimmer heizte schnell und effektiv, der in der Küche hingegen brauchte ewig, bis der Raum warm wurde. Warum? Weil er entlüftet werden musste. Also haben wir alle Heizkörper entlüftet – ein kleiner Handgriff, der große Wirkung zeigte. Plötzlich wurden Räume schneller warm, die Heizung musste nicht mehr so lange laufen, und die Temperaturen verteilten sich gleichmäßiger.
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle empfiehlt, Heizkörper mindestens einmal jährlich zu entlüften, idealerweise zu Beginn der Heizperiode (Stand: 2025, Quelle: bafa.de). Luft im Heizkörper verhindert, dass das warme Wasser richtig zirkuliert, und kann den Wirkungsgrad der Heizung um bis zu 15 Prozent senken. (Beispielangabe – Effizienzeinbußen können je nach Heizungstyp und Zustand der Anlage variieren.)
Nach drei Monaten hatten wir so viele Daten gesammelt, dass wir anfingen, sie systematischer auszuwerten. Ich übertrug die Zahlen in eine Excel-Tabelle – klingt nerdig, aber es half enorm. Auf einen Blick sahen wir: Wann waren welche Räume wie warm? Wann hatten wir runtergedreht? Wann gab's Ausreißer? Die Visualisierung machte Muster noch deutlicher sichtbar.
Dabei fiel uns auf, dass die Küche am Wochenende wärmer war als unter der Woche. Weil wir ausgiebig frühstücken, mittags kochen, nachmittags Kuchen backen. Die Wärme kam also gar nicht von der Heizung, sondern von unseren Aktivitäten. Also drehten wir die Heizung in der Küche am Wochenende komplett runter – sie wurde trotzdem warm genug. Weitere Ersparnis, ohne Komfortverlust.
Interessanterweise spielte auch die Sonne eine Rolle. An sonnigen Tagen heizte sich das Wohnzimmer durch die großen Südfenster deutlich auf – manchmal bis zu 25 Grad, obwohl die Heizung auf niedrig stand. An bewölkten Tagen hingegen blieb der Raum bei gleicher Heizleistung kühler. Das zeigt: Heizen ist nicht nur eine Frage der Einstellung am Thermostat, sondern auch der externen Bedingungen. Wer das berücksichtigt, kann viel Energie sparen.
In den folgenden Wochen entwickelten wir eine Art Gespür dafür, wann Heizen sinnvoll ist und wann nicht. Morgens vor der Arbeit? Nur minimal, wir sind eh gleich weg. Nachmittags, wenn die Kinder von der Schule kommen? Ja, damit's gemütlich ist. Nachts? Runterdrehen, wir liegen ja unter der Decke. Das Tagebuch hatte uns nicht nur Zahlen gegeben, sondern auch ein besseres Verständnis für unsere eigenen Gewohnheiten und Bedürfnisse.
Was ebenfalls spannend war: Wir fanden heraus, dass die gefühlte Temperatur stark von der Luftfeuchtigkeit abhängt. An Tagen, an denen wir viel gelüftet hatten, fühlte sich der Raum frischer an, auch wenn die Temperatur niedriger war. An Tagen mit hoher Luftfeuchtigkeit – etwa nach dem Wäschetrocknen – fühlte sich die gleiche Temperatur stickig an. Also integrierten wir auch die Luftfeuchtigkeit in unser Tagebuch. Optimal sind laut Umweltbundesamt 40 bis 60 Prozent relative Luftfeuchtigkeit (Stand: 2025, Quelle: umweltbundesamt.de). (Beispielangabe – ideale Werte können je nach Raumnutzung und persönlichem Empfinden leicht variieren.)
Später haben wir uns auch ein Hygrometer angeschafft – ein kleines Gerät, das Temperatur und Luftfeuchtigkeit gleichzeitig misst. Kostet etwa 15 Euro und zeigt auf einen Blick, ob das Raumklima gesund ist. Bei uns stellte sich heraus, dass die Luftfeuchtigkeit im Winter oft zu niedrig war – unter 30 Prozent. Das führte zu trockener Haut, gereizten Schleimhäuten und mehr Erkältungen. Also stellten wir Wasserschalen auf die Heizkörper, was die Luftfeuchtigkeit auf 40 Prozent anhob. Plötzlich fühlte sich der Raum bei gleicher Temperatur behaglicher an.
Zwischendurch haben wir uns gefragt: Wie lange sollen wir das noch machen? Ewig Tagebuch führen kann ja nicht der Sinn sein. Aber dann merkten wir: Es geht nicht darum, das ewig zu machen. Es geht darum, ein Bewusstsein zu entwickeln. Nach einem halben Jahr wussten wir intuitiv, wann's zu warm oder zu kalt war, welche Räume Aufmerksamkeit brauchten, wo wir sparen konnten. Das Tagebuch hatte uns zu bewussteren Heizern gemacht – und das blieb, auch nachdem wir aufhörten, täglich zu messen.
Heute messen wir nur noch sporadisch – vielleicht einmal im Monat, einfach zur Kontrolle. Aber die Erkenntnisse aus dem Tagebuch begleiten uns jeden Tag. Wir drehen bewusster, lüften gezielter, achten auf Kleinigkeiten wie geschlossene Türen und zugezogene Vorhänge. Das Tagebuch war wie ein Training – und was man trainiert hat, verlernt man nicht so schnell.
Ein weiterer Aspekt, den wir erst später entdeckten, war die Verbindung zwischen Raumtemperatur und Schlafqualität. Unser Ältester klagte oft über schlechten Schlaf – er wachte nachts auf, schwitzte, konnte nicht durchschlafen. Wir schauten ins Tagebuch: Sein Zimmer hatte abends oft 22 Grad. Laut Schlafforschern liegt die ideale Schlafzimmertemperatur zwischen 16 und 19 Grad (Stand: 2025, Quelle: dgsm.de). Also drehten wir die Heizung in seinem Zimmer abends runter. Nach einer Woche schlief er besser durch. Zufall? Vielleicht. Aber das Tagebuch hatte uns auf die Idee gebracht. (Beispielangabe – ideale Schlaftemperaturen können individuell stark variieren.)
Haben wir eigentlich jemals bereut, das Tagebuch angefangen zu haben? Nein. Es war am Anfang ungewohnt, ja. Manchmal haben wir's vergessen, klar. Aber insgesamt hat es uns so viel gebracht – finanziell, ökologisch und in Sachen Wohnkomfort – dass wir es jedem empfehlen würden. Man braucht keine teure Technik, keine App, keine smarten Thermostate. Ein simples Thermometer und ein Notizbuch reichen völlig.
Natürlich gibt es heute auch digitale Lösungen. Smarte Thermostate, die die Temperatur automatisch regeln und per App gesteuert werden können. Die Stiftung Warentest hat verschiedene Systeme getestet und kommt zu dem Schluss, dass smarte Heizungssteuerungen Energie sparen können – allerdings nur, wenn sie richtig eingestellt und genutzt werden (Stand: 2025, Quelle: test.de). Bei falscher Nutzung können sie sogar mehr Energie verbrauchen als konventionelle Thermostate. (Beispielangabe – Einsparpotenziale hängen stark von der konkreten Nutzung und den individuellen Gegebenheiten ab.)
Für uns persönlich war die analoge Methode genau richtig. Sie hat uns gezwungen, bewusst hinzuschauen, nachzudenken, zu analysieren. Eine App hätte das vielleicht automatisiert, aber hätten wir dabei genauso viel gelernt? Wahrscheinlich nicht. Das Tagebuch war nicht nur ein Messinstrument, sondern auch ein pädagogisches Werkzeug – für uns und für die Kinder.
Mittlerweile empfehlen wir das Temperatur-Tagebuch auch Freunden und Bekannten. Die meisten sind skeptisch: „Das ist doch viel zu aufwendig." Aber wenn wir erzählen, dass es nur zwei Minuten am Tag sind und mehrere hundert Euro im Jahr spart, werden sie neugierig. Einige haben's ausprobiert, und die Rückmeldungen waren durchweg positiv. Alle haben Muster entdeckt, von denen sie nichts wussten. Alle haben ihr Heizverhalten optimiert. Und alle haben Geld gespart.
Vielleicht ist das die eigentliche Lektion aus dem Ganzen: Wir leben oft auf Autopilot, ohne zu hinterfragen, was wir tun. Die Heizung steht auf Stufe drei, weil sie schon immer auf Stufe drei stand. Das Fenster bleibt gekippt, weil wir frische Luft wollen. Die Tür steht offen, weil's bequemer ist. Aber sobald man anfängt, bewusst hinzuschauen und zu messen, erkennt man: Vieles lässt sich besser machen. Nicht durch radikale Veränderungen, sondern durch kleine Anpassungen, die sich kaum bemerkbar machen – außer auf der Heizkostenabrechnung.
Heute Morgen hab ich wieder mal nach den Thermometern geschaut. Küche 18 Grad, Wohnzimmer 20 Grad, Schlafzimmer 16 Grad. Alles im grünen Bereich. Die Kinder waren beim Frühstück, mein Mann machte Kaffee, und ich notierte die Werte – aus Gewohnheit, nicht aus Zwang. Es fühlt sich gut an, zu wissen, dass wir unser Zuhause im Griff haben. Nicht perfekt, nicht immer optimal, aber bewusst. Und das ist doch schon viel wert.
Falls du selbst ein Temperatur-Tagebuch beginnen möchtest – und wir können's wirklich empfehlen – hier ein paar praktische Hinweise, die wir aus unserer Erfahrung zusammengetragen haben. Nichts Kompliziertes, einfach das, was bei uns funktioniert hat.
Zuerst brauchst du Thermometer. Eins pro Raum, den du beobachten willst. Digitale sind praktisch, weil sie meist auch die Luftfeuchtigkeit messen. Kosten zwischen 5 und 15 Euro pro Stück. Stell sie an einer repräsentativen Stelle auf – nicht direkt an der Heizung, nicht am Fenster, sondern irgendwo in der Mitte des Raums, etwa in Kopfhöhe.
Dann legst du fest, wann du misst. Bei uns war's morgens um sieben und abends um acht – Zeiten, zu denen wir sowieso zu Hause waren. Wichtig ist, dass es immer die gleichen Zeiten sind, damit die Werte vergleichbar bleiben. Wenn du nur einmal am Tag messen willst, nimm den Abend – da sind die Unterschiede zwischen den Räumen meist am deutlichsten.
Notiere nicht nur die Temperatur, sondern auch, wie es sich anfühlt. „Kalt trotz 20 Grad" ist eine wertvolle Information. Notiere auch Besonderheiten: „Fenster war lange auf", „gekocht", „viele Leute im Raum". Solche Kontextinformationen helfen später bei der Analyse.
Nach ein bis zwei Wochen schau dir die Daten an. Wo sind die Temperaturen höher als nötig? Wo niedriger als gewünscht? Gibt es Räume, die unnötig beheizt werden? Wo kannst du optimieren, ohne dass's unangenehm wird? Fang mit kleinen Anpassungen an – ein Grad runter hier, ein bisschen mehr lüften da – und schau, was passiert.
Nach einem Monat wirst du Muster erkennen. Und spätestens nach der nächsten Heizkostenabrechnung wirst du sehen, ob's sich gelohnt hat. Bei uns war's so – und wir würden's jederzeit wieder machen.
Hier noch eine Übersicht der Richtwerte, an denen wir uns orientiert haben:
| Raum | Empfohlene Temp. | Unsere Praxis | Einsparung |
|---|---|---|---|
| Wohnzimmer | 20–22 °C | 20–21 °C | ca. 6 % |
| Küche | 18–20 °C | 18–19 °C | ca. 5 % |
| Schlafzimmer | 16–18 °C | 15–16 °C | ca. 12 % |
| Badezimmer | 23–24 °C | 22–23 °C | ca. 4 % |
| Kinderzimmer | 20–22 °C | 20–21 °C | ca. 6 % |
| Flur | 15–18 °C | 16–17 °C | ca. 3 % |
| Jedes Grad weniger = ca. 6 % Heizkostenersparnis | |||
Diese Tabelle ist natürlich nur eine Orientierung. Jeder Haushalt ist anders, jedes Haus hat andere Gegebenheiten. Aber sie zeigt: Schon kleine Anpassungen können viel bewirken.
Manchmal passieren Dinge, die man nicht vorhersehen kann. Bei uns war's ein Heizungsausfall im Februar. Mitten in der Nacht ging die Heizung aus, und als wir morgens aufwachten, war die Wohnung eiskalt. Das Tagebuch half uns in dieser Situation enorm – wir konnten dem Techniker genau sagen, welche Temperaturen wir normalerweise haben, wann die Heizung zuletzt richtig lief und wie schnell die Räume auskühlen. Das beschleunigte die Diagnose und die Reparatur.
Für solche Fälle – und natürlich auch für Streitfälle mit dem Vermieter oder der Hausverwaltung – ist eine gute Dokumentation Gold wert. Deswegen hier ein paar Tipps, wie man Temperaturprobleme dokumentiert, falls es mal nötig wird.
Erstens: Durchgehend messen. Wenn die Heizung nicht richtig funktioniert, miss mehrmals täglich – morgens, mittags, abends. So siehst du, wie die Temperaturen schwanken und ob sie die gesetzlichen Mindestwerte unterschreiten.
Zweitens: Fotos machen. Von den Thermometern, von den Heizkörpern, vom Thermostat. Mit Zeitstempel, falls möglich. Das ist der beste Beweis, dass die Temperaturen tatsächlich so niedrig waren, wie du behauptest.
Drittens: Zeugen benennen. Wenn Freunde oder Familie zu Besuch waren und die Kälte bestätigen können, notier das. Zeugenaussagen können bei Streitigkeiten hilfreich sein.
Viertens: Vermieter oder Hausverwaltung sofort informieren. Am besten schriftlich, per E-Mail, damit du einen Nachweis hast. Beschreib das Problem konkret: „Seit dem 5. November ist die Raumtemperatur trotz voll aufgedrehter Heizung nicht über 16 Grad gestiegen."
Fünftens: Mängelanzeige schreiben. Falls das Problem nicht schnell behoben wird, setz eine Frist – zum Beispiel eine Woche. Danach kannst du unter Umständen die Miete mindern, aber das sollte man vorher rechtlich prüfen lassen.
Sechstens: Alle Belege aufbewahren. Reparaturrechnungen, E-Mails, Fotos, Temperatur-Tagebuch. Falls es zu rechtlichen Auseinandersetzungen kommt, brauchst du eine lückenlose Dokumentation.
Bei einem ernsthaften Heizungsproblem könnte ein Brief etwa so aussehen:
Sehr geehrte Damen und Herren, seit dem 5. November 2025 funktioniert die Heizung in unserer Wohnung nicht ordnungsgemäß. Trotz voll aufgedrehter Thermostate werden die gesetzlichen Mindesttemperaturen nicht erreicht. Laut meinem Temperatur-Tagebuch liegt die Raumtemperatur im Wohnzimmer konstant bei 16 bis 17 Grad. Ich bitte um umgehende Prüfung und Reparatur der Heizungsanlage. Mit freundlichen Grüßen.
Klar und sachlich, das ist der Schlüssel. Keine emotionalen Vorwürfe, nur Fakten. So nimmt man dich ernst.
Zum Abschluss noch ein paar Fragen, die uns immer wieder gestellt werden – von Freunden, Bekannten oder auch online. Wir versuchen, sie so ehrlich wie möglich zu beantworten, basierend auf unserer eigenen Erfahrung.
Die erste Frage ist fast immer: Ist das nicht wahnsinnig aufwendig? Und unsere Antwort ist: Am Anfang fühlt es sich so an, aber nach ein paar Tagen wird's zur Routine. Zwei Minuten am Tag – weniger als die Zeit, die man auf Social Media verbringt. Und der Nutzen überwiegt den Aufwand bei Weitem.
Die zweite Frage dreht sich oft ums Geld: Lohnt sich das wirklich? Kann man durch so ein Tagebuch tatsächlich Heizkosten sparen? Und ja, definitiv. Bei uns waren's über 400 Euro im ersten Jahr. Nicht nur durch das Tagebuch selbst, sondern durch die Verhaltensänderungen, die es angestoßen hat. Wir heizen bewusster, drehen gezielter auf und runter, verschwenden weniger Energie. Das Tagebuch war der Katalysator für diese Veränderungen.
Die dritte Frage ist komplexer: Friert man dann nicht ständig? Und die ehrliche Antwort: Nein. Wir haben die Temperaturen nicht drastisch gesenkt, sondern nur dort angepasst, wo's sinnvoll war. In Räumen, wo wir uns länger aufhalten, ist es immer noch warm und gemütlich. Wir haben nur aufgehört, Räume zu überheizen, die wir kaum nutzen. Das ist ein Unterschied.
Weiterführende Informationen:
- Umweltbundesamt – Richtig Heizen: https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/energiesparen/richtig-heizen
- Deutsche Energie-Agentur – Energieeffizient Heizen: https://www.dena.de/themen-projekte/energieeffizienz/gebaeude/
- Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft: https://www.bdew.de
- Stiftung Warentest – Heizkosten sparen: https://www.test.de/thema/heizen/
- Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle: https://www.bafa.de
- Europäische Kommission – Energieeffizienz: https://ec.europa.eu/energy/topics/energy-efficiency_de