
Kündigung wegen Eigenbedarf – darf der Vermieter sofort kündigen?
Als wir den Brief vom Vermieter im Kasten fanden, dachten wir zuerst an die Nebenkostenabrechnung. Stattdessen: Kündigung – wegen Eigenbedarf. Markus las den Brief dreimal, ich verstand nur Bahnhof. Sofort ausziehen? Nein, so schnell geht das nicht, erfuhr ich später. Es braucht triftige Gründe, Fristen, Nachweise. Trotzdem war der Schock echt. In diesen Tagen lernt man: Ein Zuhause gehört einem nie ganz – zumindest nicht, wenn jemand anderes im Grundbuch steht.
Zuletzt aktualisiert: 03.11.2025
🔹 Worum es heute geht: Eigenbedarfskündigungen sind für Mieter:innen oft ein Schock – doch es gibt klare gesetzliche Regeln zu Fristen, Begründungen und Widerspruchsmöglichkeiten.
🔹 Was wir gelernt haben: Vermieter können nicht einfach sofort kündigen – es gelten Kündigungsfristen, Formvorschriften und die Begründung muss nachvollziehbar sein.
🔹 Was Leser:innen davon haben: Konkrete rechtliche Informationen, praktische Checklisten und Musterformulierungen für den Umgang mit Eigenbedarfskündigungen.
In den ersten Stunden nach dem Brief saßen wir ziemlich ratlos am Küchentisch. Markus googelte wild, ich rief meine Mutter an, die meinte nur: „Das dürfen die doch gar nicht!" Aber dürfen sie eben schon – unter bestimmten Voraussetzungen. Die Frage war nur: Sind diese Voraussetzungen in unserem Fall erfüllt? Und was bedeutet das konkret für uns? Drei Monate Zeit? Sechs? Oder sogar länger? Die Unsicherheit war das Schlimmste. Nicht zu wissen, wie lange wir noch hier wohnen dürfen, ob wir überhaupt eine Chance haben zu bleiben.
Später haben wir gemerkt, dass wir mit diesen Gefühlen nicht alleine sind. Eigenbedarfskündigungen gehören zu den häufigsten Kündigungsgründen in Deutschland – und gleichzeitig zu den emotional belastendsten für Mieter:innen. Man hat sich ein Zuhause aufgebaut, kennt die Nachbarn, die Kinder gehen in der Nähe zur Schule – und plötzlich soll das alles vorbei sein, weil der Vermieter oder dessen Familie die Wohnung selbst nutzen möchte. Das Gefühl der Ohnmacht sitzt tief, auch wenn man rational versteht, dass Eigentum gewisse Rechte mit sich bringt.
Ganz ehrlich, am Anfang wussten wir das nicht, aber Eigenbedarf ist im deutschen Mietrecht genau geregelt. Nach § 573 Absatz 2 Nummer 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) kann ein Vermieter kündigen, wenn er die Wohnung für sich selbst, für Familienangehörige oder für Angehörige seines Haushalts benötigt (Quelle: Bundesministerium der Justiz, Stand: 2025). Das klingt erstmal eindeutig – aber in der Praxis gibt es viele Details zu beachten, die darüber entscheiden, ob eine Kündigung rechtens ist oder nicht.
(Die rechtliche Bewertung kann je nach Einzelfall und gerichtlicher Auslegung variieren.)
In den ersten Tagen haben wir uns vor allem mit der Frage beschäftigt: Kann der Vermieter uns einfach rauswerfen? Die kurze Antwort: Nein, er kann nicht sofort kündigen. Es gibt gesetzlich festgelegte Kündigungsfristen, die sich nach der Wohndauer richten. Bei uns waren es zu dem Zeitpunkt vier Jahre Mietdauer – das bedeutete eine Kündigungsfrist von sechs Monaten. Hätten wir länger als acht Jahre in der Wohnung gewohnt, wären es neun Monate gewesen. Diese Staffelung dient dem Mieterschutz und gibt einem Zeit, eine neue Bleibe zu finden.
Später haben wir verstanden, dass die Kündigungsfrist nicht irgendwann beginnt, sondern immer zum dritten Werktag eines Monats für das Ende des übernächsten Monats. Konkret: Geht die Kündigung am 10. März ein und man hat eine Frist von sechs Monaten, endet das Mietverhältnis nicht am 10. September, sondern erst am 30. September. Das war für uns wichtig zu wissen, weil wir so besser planen konnten. Markus hat sich eine Excel-Tabelle gebaut, in der er alle wichtigen Daten eingetragen hat – klingt spießig, aber es hat uns enorm geholfen.
Ganz konkret sah die Fristenübersicht bei uns so aus:
| Wohndauer | Kündigungsfrist | Beispiel: Kündigung zum 3.4. | Mietende |
| Bis 5 Jahre | 3 Monate | Brief geht im Januar ein | 30. April |
| 5 bis 8 Jahre | 6 Monate | Brief geht im Januar ein | 31. Juli |
| Über 8 Jahre | 9 Monate | Brief geht im Januar ein | 31. Oktober |
Beispielangaben – die genaue Berechnung kann je nach Zustelldatum und Monatsende leicht abweichen.
In den Wochen danach haben wir uns intensiver mit der Frage beschäftigt, was genau unter Eigenbedarf fällt. Der Vermieter hatte in seinem Schreiben angegeben, dass sein Sohn die Wohnung benötige – er würde in unserer Stadt studieren und brauche eine Bleibe. Das klang nachvollziehbar, aber wir haben gelernt, dass nicht jede Begründung automatisch ausreicht. Die Gerichte prüfen sehr genau, ob ein berechtigtes Interesse besteht und ob der Eigenbedarf tatsächlich ernsthaft und nachvollziehbar ist.
Was uns dabei geholfen hat, war die Erkenntnis, dass der Vermieter den Eigenbedarf nicht nur behaupten, sondern auch substantiiert darlegen muss. Das bedeutet: Er muss konkret erklären, für wen er die Wohnung benötigt, warum gerade diese Wohnung nötig ist und warum keine Alternative zur Verfügung steht. Ein pauschales „Ich brauche die Wohnung" reicht nicht aus. Je detaillierter und nachvollziehbarer die Begründung, desto eher ist die Kündigung rechtens.
Später haben wir auch verstanden, dass es verschiedene Personengruppen gibt, für die Eigenbedarf geltend gemacht werden kann. Neben dem Vermieter selbst gehören dazu Familienangehörige – also Kinder, Eltern, Geschwister, Enkel und sogar Nichten und Neffen. Auch Angehörige des Haushalts können Grund für eine Eigenbedarfskündigung sein, etwa eine Pflegekraft, die dauerhaft im Haushalt lebt. Nicht dazu zählen hingegen Freunde oder entfernte Bekannte – hier würde das Gericht in der Regel keinen Eigenbedarf anerkennen.
Ganz ehrlich, diese Unterscheidung erschien uns anfangs willkürlich. Warum darf der Neffe des Vermieters einziehen, aber nicht der beste Freund? Die Antwort liegt im Gesetz, das von einem berechtigten Interesse des Vermieters ausgeht, wenn enge familiäre Bindungen bestehen. Das mag man kritisch sehen – rechtlich ist es aber so geregelt. Wir haben gelernt, dass man das System nicht ändern kann, aber sehr wohl prüfen kann, ob die Kündigung im konkreten Fall korrekt ist.
In den folgenden Tagen haben wir uns auch mit der formalen Seite beschäftigt. Eine Eigenbedarfskündigung muss schriftlich erfolgen – eine E-Mail oder WhatsApp-Nachricht reicht nicht aus. Das Kündigungsschreiben muss von allen Vermietern unterschrieben sein, wenn es mehrere Eigentümer gibt. Außerdem muss der Grund für die Kündigung im Schreiben selbst genannt werden – eine nachträgliche Begründung ist nicht zulässig. Das war bei uns zunächst unklar formuliert, weshalb wir uns rechtlich haben beraten lassen.
Später haben wir erfahren, dass viele Eigenbedarfskündigungen genau an solchen formalen Fehlern scheitern. Fehlt die Unterschrift, ist die Begründung zu vage oder wurde die falsche Kündigungsfrist angegeben, kann die Kündigung unwirksam sein. Das bedeutet nicht, dass man automatisch in der Wohnung bleiben kann – der Vermieter kann eine neue, korrekte Kündigung aussprechen. Aber es verschafft Zeit. Und Zeit ist in solchen Situationen oft das Wertvollste.
Ganz konkret haben wir damals eine Checkliste erstellt, die uns geholfen hat, die Kündigung zu prüfen:
✅ Eigenbedarfskündigung prüfen – 6 Steps
- Schriftform überprüfen: Liegt ein unterschriebener Brief vor? E-Mail oder SMS reichen nicht aus.
- Kündigungsfrist kontrollieren: Stimmt die angegebene Frist mit der Wohndauer überein? (3, 6 oder 9 Monate)
- Begründung analysieren: Ist konkret genannt, für wen die Wohnung benötigt wird und warum?
- Personenkreis prüfen: Gehört die genannte Person zu Familie oder Haushalt des Vermieters?
- Widerspruchsfrist notieren: Innerhalb von zwei Monaten kann man Widerspruch einlegen (§ 574 BGB).
- Beratung einholen: Mieterverein, Anwalt oder kostenlose Erstberatung nutzen.
Diese Schritte haben uns Klarheit gegeben und das Gefühl, nicht hilflos zu sein. Markus hat alle Unterlagen sortiert, Kopien gemacht und in einem Ordner abgelegt. Ich habe parallel dazu recherchiert, welche Rechte wir haben und wo wir Hilfe bekommen können.
In den Wochen danach haben wir uns auch intensiv mit der Frage beschäftigt, ob wir Widerspruch einlegen sollten. Nach § 574 BGB können Mieter:innen der Kündigung widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung für sie, ihre Familie oder einen anderen Angehörigen ihres Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist (Quelle: Bundesministerium der Justiz, Stand: 2025).
(Die gerichtliche Bewertung einer Härte kann je nach individuellen Umständen unterschiedlich ausfallen.)
Später haben wir verstanden, dass „Härte" ein juristischer Begriff ist, der genau geprüft wird. Als Härtefälle gelten etwa: schwere Erkrankungen, hohes Alter, Schwangerschaft, schulpflichtige Kinder, die ungünstig umziehen müssten, oder wenn in der Stadt kaum bezahlbarer Wohnraum verfügbar ist. In unserem Fall war die Situation nicht so dramatisch – wir waren jung, gesund, ohne Kinder. Trotzdem haben wir überlegt, Widerspruch einzulegen, allein um mehr Zeit zu gewinnen.
Ganz ehrlich, die Entscheidung war nicht leicht. Wir wollten uns nicht mit dem Vermieter zerstreiten, mit dem wir bisher ein gutes Verhältnis hatten. Andererseits ging es um unser Zuhause, um unsere Lebensplanung. Nach langen Gesprächen haben wir uns entschieden, zunächst das Gespräch zu suchen. Markus hat beim Vermieter angerufen und gefragt, ob wir uns treffen könnten. Das Gespräch war überraschend konstruktiv – der Vermieter zeigte Verständnis für unsere Situation und bot uns an, uns bei der Wohnungssuche zu helfen. Am Ende haben wir keinen formellen Widerspruch eingelegt, sondern eine einvernehmliche Lösung gefunden.
Was uns in dieser Zeit sehr geholfen hat, war der Mieterverein. Für einen kleinen Jahresbeitrag bekommt man dort Rechtsberatung, Musterformulare und Unterstützung bei Verhandlungen. Wir sind dort hingegangen, haben unseren Fall geschildert und bekamen innerhalb von 30 Minuten eine erste Einschätzung. Die Beraterin meinte, dass die Kündigung formal korrekt sei, dass wir aber durchaus verhandeln könnten – etwa um eine längere Räumungsfrist oder eine Umzugskostenerstattung. Das hat uns Mut gemacht.
In den Monaten danach haben wir auch gelernt, dass viele Vermieter bereit sind, über eine einvernehmliche Aufhebung des Mietvertrags zu verhandeln. Das kann für beide Seiten Vorteile haben: Der Vermieter bekommt die Wohnung früher, der Mieter erhält vielleicht eine Abfindung oder finanzielle Unterstützung beim Umzug. Solche Vereinbarungen sind rechtlich möglich und sollten schriftlich festgehalten werden. Wir haben das zwar nicht gemacht, aber mehrere Bekannte berichteten von positiven Erfahrungen damit.
Später haben wir uns auch mit der Frage beschäftigt, was passiert, wenn der Eigenbedarf vorgetäuscht ist. Tatsächlich kommt das immer wieder vor – Vermieter:innen geben Eigenbedarf an, um Mieter:innen loszuwerden und die Wohnung teurer neu vermieten zu können. Das ist nicht nur unmoralisch, sondern auch illegal. Wer nachweisen kann, dass der angegebene Eigenbedarf nicht bestand oder nicht ernsthaft verfolgt wurde, kann Schadensersatz fordern. Gerichte haben in solchen Fällen bereits hohe Summen zugesprochen.
Ganz konkret bedeutet das: Zieht der angeblich benötigende Angehörige nicht ein oder verkauft der Vermieter die Wohnung kurz nach der Räumung weiter, sind das Indizien für einen vorgetäuschten Eigenbedarf. In solchen Fällen sollte man unbedingt rechtlichen Rat einholen. Die Stiftung Warentest hat mehrfach über solche Fälle berichtet und empfiehlt, die Entwicklung nach dem Auszug im Auge zu behalten (Quelle: test.de, Stand: 2025).
(Die Beweislast bei vorgetäuschtem Eigenbedarf liegt beim Mieter und kann schwierig zu führen sein.)
In den Wochen nach der Kündigung haben wir uns auch intensiv mit der Wohnungssuche beschäftigt. Das war ehrlich gesagt der stressigste Teil. Der Mietmarkt in unserer Stadt war angespannt, Besichtigungen waren überlaufen, und oft bekamen wir Absagen, bevor wir überhaupt einen Fuß in die Wohnung gesetzt hatten. Wir haben uns auf über 20 Wohnungen beworben, wurden zu fünf Besichtigungen eingeladen und haben am Ende nach drei Monaten eine neue Bleibe gefunden – kleiner und teurer, aber immerhin.
Was uns aufgefallen ist: Viele Vermieter:innen reagieren skeptisch, wenn man sagt, dass man wegen Eigenbedarf ausziehen muss. Einige vermuten dahinter Zahlungsschwierigkeiten oder Probleme mit dem bisherigen Vermieter. Deshalb haben wir uns ein Vermieterschreiben geben lassen, in dem unser alter Vermieter bestätigt, dass wir pünktlich zahlen und keine Probleme gemacht haben. Das hat uns bei der Wohnungssuche sehr geholfen.
Später haben wir auch erfahren, dass man in bestimmten Fällen Anspruch auf eine Umzugskostenerstattung haben kann. Das ist aber nicht gesetzlich geregelt, sondern hängt davon ab, ob man eine solche Vereinbarung mit dem Vermieter trifft oder ob ein Gericht im Rahmen einer Härtefallprüfung eine Kostenübernahme anordnet. In der Regel trägt jeder seine Umzugskosten selbst – aber fragen kostet nichts. Wir haben es versucht und tatsächlich eine kleine Beteiligung an den Kosten bekommen.
Ganz ehrlich, während dieser ganzen Zeit haben wir viel über Mietrecht gelernt – mehr, als wir jemals wissen wollten. Aber dieses Wissen war Gold wert. Wir konnten einschätzen, wo wir standen, welche Optionen wir hatten und wie wir am besten vorgehen sollten. Ohne diese Informationen wären wir wahrscheinlich einfach ausgezogen, ohne unsere Rechte zu kennen oder zu prüfen, ob die Kündigung überhaupt korrekt war.
In den Gesprächen mit Freunden und Familie haben wir gemerkt, dass viele Menschen ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Eine Freundin erzählte, dass sie ebenfalls eine Eigenbedarfskündigung erhalten hatte – allerdings war die Begründung so vage, dass sie erfolgreich widersprochen hat. Ein Bekannter wiederum hat sich außergerichtlich mit seinem Vermieter geeinigt und konnte so noch ein halbes Jahr länger bleiben. Diese Geschichten haben uns gezeigt, dass jeder Fall individuell ist und dass es sich lohnt, genau hinzuschauen.
Später haben wir uns auch mit der Frage beschäftigt, welche Rolle die Dauer des Mietverhältnisses spielt. Grundsätzlich gilt: Je länger man in einer Wohnung lebt, desto stärker ist der Kündigungsschutz. Bei langjährigen Mietverhältnissen über 15 oder 20 Jahre prüfen Gerichte eine Eigenbedarfskündigung besonders streng. In solchen Fällen kann auch das Alter der Mieter:innen oder die Verwurzelung im Viertel ein Härtegrund sein, der gegen die Kündigung spricht.
Ganz konkret haben wir auch gelernt, dass es in manchen Städten und Gemeinden Sozialklauseln gibt, die den Kündigungsschutz verstärken. So gibt es etwa in Berlin oder München besondere Regelungen, die berücksichtigen, wie angespannt der Wohnungsmarkt ist. Diese regionalen Unterschiede können erheblichen Einfluss darauf haben, wie ein Gericht im Streitfall entscheidet. Deshalb lohnt es sich, sich auch über lokale Besonderheiten zu informieren.
In den folgenden Wochen haben wir uns auch mit der Frage beschäftigt, was passiert, wenn man einfach nicht auszieht. Theoretisch kann der Vermieter dann eine Räumungsklage einreichen. Das kann teuer und langwierig werden – für beide Seiten. Deshalb ist es in der Regel sinnvoller, eine einvernehmliche Lösung zu finden oder zumindest das gerichtliche Verfahren zu nutzen, um Zeit zu gewinnen. Einfach sitzen zu bleiben ohne rechtliche Grundlage ist keine gute Strategie.
Später haben wir auch verstanden, dass es einen Unterschied gibt zwischen berechtigtem und unberechtigtem Eigenbedarf. Berechtigter Eigenbedarf liegt vor, wenn der Vermieter nachweisen kann, dass er oder seine Angehörigen die Wohnung tatsächlich benötigen und keine zumutbare Alternative haben. Unberechtigter Eigenbedarf liegt vor, wenn die Begründung vorgeschoben ist, etwa um die Wohnung teurer neu zu vermieten. In letzterem Fall ist die Kündigung unwirksam.
Ganz ehrlich, am Anfang haben wir nicht verstanden, wie komplex das Thema ist. Wir dachten, Eigenbedarf bedeutet: Vermieter sagt „ich brauch die Wohnung", und das war's. Aber in Wahrheit gibt es viele Fallstricke, viele Faktoren, die berücksichtigt werden müssen. Und genau deshalb ist es so wichtig, sich zu informieren und nicht sofort aufzugeben.
Was uns auch geholfen hat, war die Erkenntnis, dass Vermieter:innen nicht willkürlich kündigen dürfen. Das deutsche Mietrecht ist – trotz aller Kritik – stark auf den Schutz der Mieter:innen ausgelegt. Es gibt klare Regeln, wann eine Kündigung zulässig ist und wann nicht. Diese Regeln mögen manchmal kompliziert sein, aber sie bieten Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Das Bewusstsein dafür hat uns geholfen, die Situation nicht als hoffnungslos zu sehen.
In den Monaten nach unserer Kündigung haben wir auch bemerkt, dass das Thema Eigenbedarf politisch diskutiert wird. In einigen Städten gibt es Bestrebungen, den Kündigungsschutz weiter zu stärken, etwa durch strengere Anforderungen an die Begründung oder längere Kündigungsfristen. Andere argumentieren, dass zu viel Schutz die Vermieter:innen benachteiligt und den Wohnungsmarkt weiter verknappt. Wir selbst haben keine abschließende Meinung dazu – sehen aber, dass es ein komplexes Thema mit vielen berechtigten Interessen auf beiden Seiten ist.
Später haben wir uns auch mit der Frage beschäftigt, ob es europäische Standards gibt, die das Mietrecht beeinflussen. Tatsächlich gibt es auf EU-Ebene keine einheitlichen Regelungen zum Eigenbedarf – das ist Sache der nationalen Gesetzgebung. Allerdings spielen Grundrechte wie das Recht auf Wohnung und der Schutz der Privatsphäre eine Rolle, wenn Gerichte über Kündigungen entscheiden (Quelle: Europäisches Parlament, europarl.europa.eu, Stand: 2025).
(Die Auslegung europäischer Grundrechte im Kontext nationalen Mietrechts kann variieren.)
Ganz konkret haben wir für uns auch überlegt, was wir anders machen würden, wenn wir nochmal in eine Mietwohnung ziehen. Zum Beispiel würden wir genauer prüfen, ob der Vermieter selbst in der Nähe wohnt oder ob die Wohnung Teil eines größeren Bestands ist. Bei großen Wohnungsgesellschaften ist Eigenbedarf seltener, weil keine direkte familiäre Bindung besteht. Bei privaten Vermietern mit nur einer oder zwei Wohnungen ist das Risiko höher. Das heißt nicht, dass man deshalb nicht bei Privatleuten mieten sollte – aber man sollte sich des Risikos bewusst sein.
Was wir außerdem gelernt haben, ist die Bedeutung einer guten Dokumentation. Wir haben alle Briefe, E-Mails und Notizen aufbewahrt, Fotos vom Zustand der Wohnung gemacht und ein kleines Übergabeprotokoll vorbereitet. Das war hilfreich, als es um die Kaution und die Schlussabrechnung ging. Generell gilt: Je mehr man dokumentiert, desto besser ist man im Streitfall abgesichert.
In den letzten Wochen vor dem Auszug haben wir auch darüber nachgedacht, ob wir eine Bewertung des Vermieters online hinterlassen sollten. Es gibt inzwischen Plattformen, auf denen man Vermieter:innen bewerten kann – ähnlich wie bei Arbeitgebern. Wir haben uns dagegen entschieden, weil unser Vermieter letztlich fair war und die Kündigung rechtmäßig erfolgte. Aber in Fällen von vorgetäuschtem Eigenbedarf oder unfairem Verhalten kann so eine Bewertung anderen Mieter:innen helfen, informierte Entscheidungen zu treffen.
Später haben wir auch verstanden, dass es wichtig ist, den eigenen Mietvertrag genau zu kennen. Manche Verträge enthalten Klauseln zum Kündigungsschutz oder zur Umzugskostenerstattung. Diese Klauseln können im Einzelfall relevant sein, auch wenn sie nicht immer rechtlich bindend sind. Jedenfalls lohnt es sich, den Vertrag vor einer Kündigung nochmal gründlich durchzulesen und gegebenenfalls rechtlich prüfen zu lassen.
Ganz ehrlich, rückblickend war die Eigenbedarfskündigung eine der stressigsten Erfahrungen unserer Beziehung. Aber sie hat uns auch gezeigt, wie wichtig es ist, zusammenzuhalten, sich zu informieren und nicht aufzugeben. Wir haben viel über unsere Rechte gelernt, über das Mietrecht im Allgemeinen und über den Wohnungsmarkt in unserer Stadt. Und wir haben gemerkt, dass man auch in schwierigen Situationen Handlungsspielräume hat – wenn man sie kennt und nutzt.
Was wir abschließend sagen möchten: Eine Eigenbedarfskündigung ist kein Weltuntergang, auch wenn sie sich anfangs so anfühlt. Es gibt klare Regeln, es gibt Unterstützung, und es gibt Möglichkeiten, sich zu wehren oder zumindest faire Bedingungen auszuhandeln. Niemand muss sich einfach alles gefallen lassen. Aber es ist wichtig, ruhig zu bleiben, sich zu informieren und strategisch vorzugehen. Panik und Trotz helfen nicht weiter – Wissen und Besonnenheit schon.
In den Gesprächen mit anderen Betroffenen haben wir auch gemerkt, dass viele Menschen sich schämen, über ihre Kündigung zu sprechen. Als ob sie etwas falsch gemacht hätten. Aber das ist Unsinn. Eine Eigenbedarfskündigung ist keine Strafe, kein Zeichen von Versagen. Sie ist einfach eine Folge davon, dass man in einer Wohnung lebt, die jemand anderem gehört. Das kann jedem passieren – und dafür muss sich niemand schämen.
Später haben wir auch festgestellt, dass das Thema Wohnen insgesamt mehr politische Aufmerksamkeit verdient. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum, die Angst vor Verdrängung, die unsicheren Perspektiven für Mieter:innen – all das sind Themen, die viele Menschen betreffen. Organisationen wie der BUND und der NABU setzen sich zwar primär für Umwelt- und Naturschutz ein, aber sie betonen auch die Bedeutung nachhaltiger Stadtentwicklung und sozial gerechter Wohnpolitik (Quelle: nabu.de, bund-naturschutz.de, Stand: 2025).
(Die politischen Positionen von Umweltorganisationen zu Wohnungsfragen können je nach Fokus variieren.)
Ganz konkret haben wir zum Abschluss noch einen Musterbrief erstellt, der helfen kann, auf eine Eigenbedarfskündigung zu reagieren:
Musterantwort auf Eigenbedarfskündigung:
Sehr geehrte/r [Name des Vermieters],
vielen Dank für Ihr Schreiben vom [Datum] bezüglich der Kündigung unseres Mietverhältnisses wegen Eigenbedarfs. Wir haben Ihre Ausführungen zur Kenntnis genommen und bitten um schriftliche Bestätigung der Kündigungsfrist sowie um detaillierte Darlegung der Gründe für den Eigenbedarf. Zudem würden wir gerne das Gespräch suchen, um eine einvernehmliche Lösung zu finden, die für beide Seiten fair ist.
Mit freundlichen Grüßen,
[Name]
Dieser Brief zeigt, dass man die Kündigung ernst nimmt, aber auch seine Rechte kennt und bereit ist zu verhandeln. Er ist höflich, aber bestimmt – und das ist genau die richtige Tonlage in solchen Situationen.
Was uns zum Schluss noch wichtig ist: Holt euch Hilfe. Ob beim Mieterverein, bei einem Anwalt, bei Freunden oder Familie – ihr müsst das nicht alleine durchstehen. Und gebt nicht sofort auf. Viele Eigenbedarfskündigungen lassen sich anfechten oder zumindest abmildern. Es lohnt sich, zu kämpfen – oder zumindest zu prüfen, ob ein Kampf Aussicht auf Erfolg hat.
Viele Leser:innen haben uns nach diesem Artikel noch weitere Fragen gestellt – hier die wichtigsten:
Kann der Vermieter wirklich einfach so kündigen, wenn er Eigenbedarf anmeldet?
Viele haben uns gefragt, ob man sich gegen Eigenbedarf überhaupt wehren kann. Die Antwort: Ja, wenn die Kündigung formal fehlerhaft ist oder die Begründung nicht substantiiert genug. Der Vermieter muss konkret darlegen, für wen und warum er die Wohnung benötigt. Außerdem muss er die gesetzlichen Kündigungsfristen einhalten (3, 6 oder 9 Monate je nach Wohndauer) (Quelle: § 573 BGB, Stand: 2025). Eine pauschale Begründung reicht in der Regel nicht aus.
(Die gerichtliche Prüfung kann je nach Einzelfall unterschiedlich ausfallen.)
Wie lange habe ich Zeit, um eine neue Wohnung zu finden?
Einige Leser:innen waren unsicher, ab wann die Kündigungsfrist läuft. Die Frist beginnt mit Zugang der Kündigung und richtet sich nach der Wohndauer: bis 5 Jahre = 3 Monate, 5–8 Jahre = 6 Monate, über 8 Jahre = 9 Monate. Die Kündigung muss spätestens am dritten Werktag eines Monats zugehen, um zum übernächsten Monatsende wirksam zu werden (Quelle: § 573c BGB, Stand: 2025).
(Die Berechnung kann je nach Zustelldatum und Monatsende leicht variieren.)
Was passiert, wenn sich herausstellt, dass der Eigenbedarf vorgetäuscht war?
Das war eine Frage, die besonders häufig kam. Wenn man nachweisen kann, dass kein echter Eigenbedarf bestand – etwa weil die Wohnung direkt nach dem Auszug neu vermietet wurde oder der angeblich benötigende Angehörige nie eingezogen ist – kann man Schadensersatz fordern. Die Stiftung Warentest berichtet regelmäßig über solche Fälle (Quelle: test.de, Stand: 2025). Wichtig ist, die Entwicklung nach dem Auszug zu beobachten und Beweise zu sammeln.
(Die Beweisführung bei vorgetäuschtem Eigenbedarf kann komplex und langwierig sein.)