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Versicherungen & Recht

Baustelle nebenan? Wer wirklich für Staub, Lärm und Schäden zahlt

by Winterberg 2025. 11. 8.

Schaden durch Baustelle nebenan: Wer haftet für Staub und Lärm?

Seit Monaten wird nebenan gebaut – Presslufthammer, Staub, vibrierende Fensterbänke. Erst haben wir's ignoriert, dann war plötzlich der Lack am Balkon-Geländer matt und die Terrasse grau. Also die Frage: Wer zahlt das eigentlich? Markus hat recherchiert – und natürlich ist es kompliziert. Kleine Verschmutzungen gelten als „zumutbar", echte Schäden muss man nachweisen. Wir haben am Ende selbst geputzt, genervt, aber auch klüger. Fazit: Baustellen kommen und gehen, aber der eigene Frieden hängt nicht von der Haftpflicht des Nachbarn ab.

Zuletzt aktualisiert: 08. November 2025

🔹 Worum es heute geht: Welche Rechte man bei Baustellenlärm und -verschmutzung hat, wie man Schäden dokumentiert und wann tatsächlich Ansprüche auf Schadensersatz oder Mietminderung bestehen.
🔹 Was wir gelernt haben: Die Rechtslage ist komplexer als gedacht – nicht jede Belästigung führt zu Ersatzansprüchen, aber bei echten Schäden und guter Dokumentation hat man durchaus Chancen.
🔹 Was Leser:innen davon haben: Praktische Anleitungen zur Schadensdokumentation, Musterformulierungen für Beschwerden und realistische Einschätzungen, wann sich rechtliche Schritte lohnen.

In den ersten Tagen der Baustelle nebenan dachten wir noch, das wird schon nicht so schlimm. Der Nachbar hatte uns vorgewarnt – sein Haus sollte kernsaniert werden, neue Dämmung, neues Dach, alles. „Wird ein paar Monate dauern", hatte er gesagt. Kein Problem, haben wir gedacht. Baustellen gehören dazu, wenn man in der Stadt wohnt. Aber dann ging es los. Morgens um sieben Uhr der erste Presslufthammer. Die Fenster vibrierten so stark, dass die Pflanzen auf der Fensterbank wackelten. Und der Staub – überall dieser feine, graue Staub. Er legte sich auf unsere Balkonstühle, drang durch die geschlossenen Fenster und bildete eine dünne Schicht auf allen Oberflächen. Nach einer Woche sah unsere Wohnung aus, als hätten wir seit Monaten nicht geputzt.

Später haben wir gemerkt, dass es nicht nur um Sauberkeit ging. An unserem Balkongeländer, das wir erst im Vorjahr neu lackiert hatten, zeigten sich matte Stellen. Der Lack war irgendwie stumpf geworden, als hätte jemand mit Schmirgelpapier drübergeschliffen. Die Holzdielen auf der Terrasse, die wir im Sommer immer schön ölen, sahen grau und verwittert aus. Und an den Fenstern bildeten sich Ablagerungen, die mit normalem Putzen nicht mehr weggingen. Das war mehr als nur eine Belästigung – das waren konkrete Schäden. Also haben wir angefangen zu recherchieren: Wer haftet dafür? Der Nachbar? Die Baufirma? Gibt es überhaupt einen Anspruch? Und ehrlich gesagt, das war der Beginn einer ziemlich frustrierenden Reise durch Paragrafen, Gerichtsurteile und widersprüchliche Aussagen.

Ganz ehrlich, am Anfang wussten wir das nicht, aber: Es gibt tatsächlich einen Unterschied zwischen „Belästigung" und „Schaden". Lärm ist in der Regel eine Belästigung, kein Schaden. Staub kann beides sein – je nachdem, ob er nur nervig ist oder tatsächlich etwas beschädigt. Nach deutschem Recht gilt grundsätzlich das Nachbarschaftsrecht, das im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert ist. Paragraph 906 BGB regelt die Zumutbarkeit von Einwirkungen aus Nachbargrundstücken (Stand: 2025, Quelle: gesetze-im-internet.de). Dort heißt es sinngemäß: Einwirkungen, die von einem Grundstück ausgehen, müssen in gewissem Maße hingenommen werden, solange sie nicht das „zumutbare Maß" überschreiten. Aber was ist zumutbar? Das ist die Millionen-Euro-Frage, und die Antwort hängt von vielen Faktoren ab.

Am Anfang dachten wir, wir könnten einfach zum Nachbarn gehen und sagen: „Schau mal, deine Baustelle hat unseren Balkon ruiniert, du musst das bezahlen." Aber so einfach ist es nicht. Unser Nachbar ist zwar Bauherr, aber nicht derjenige, der die Arbeiten ausführt. Das macht die Baufirma. Und die Baufirma hat wiederum eine Betriebshaftpflichtversicherung, die eigentlich für solche Schäden aufkommen sollte. Theoretisch. Praktisch wird erst mal geprüft, ob überhaupt ein erstattungsfähiger Schaden vorliegt, ob dieser kausal auf die Bauarbeiten zurückzuführen ist und ob die Schutzmaßnahmen der Firma ausreichend waren. Klingt kompliziert? Ist es auch. Wir haben uns also einen Termin beim Mieterverein geholt – als Mitglieder hatten wir Anspruch auf kostenlose Beratung – und dort wurde uns klarer, was wir tun können und was nicht.

In den ersten Wochen haben wir vor allem Fotos gemacht. Jeden zweiten Tag sind wir mit dem Handy rausgegangen und haben dokumentiert: der Staub auf den Möbeln, die matten Stellen am Geländer, die grauen Holzdielen. Wir haben auch Videos vom Lärm aufgenommen – nicht weil das rechtlich besonders relevant wäre, aber weil wir zeigen wollten, wie massiv die Belastung war. Der Mieterverein sagte uns, dass Dokumentation das A und O ist. Ohne Beweise hat man praktisch keine Chance, Ansprüche durchzusetzen. Also haben wir ein kleines Schadenstagebuch angelegt: Datum, Uhrzeit, Art der Beeinträchtigung, Fotos. Klingt übertrieben, aber im Nachhinein war es Gold wert.

Später haben wir erfahren, dass es bei Baulärm klare gesetzliche Regelungen gibt. Die Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung (32. BImSchV) legt fest, zu welchen Zeiten besonders laute Bauarbeiten durchgeführt werden dürfen (Stand: 2025, Quelle: gesetze-im-internet.de). In reinen Wohngebieten sind lärmintensive Arbeiten in der Regel nur werktags zwischen 7 und 20 Uhr erlaubt, an Sonn- und Feiertagen gar nicht. In manchen Gemeinden gibt es sogar noch strengere Regelungen, etwa eine Mittagsruhe zwischen 13 und 15 Uhr (kann je nach Bundesland und Gemeinde variieren). Die Baustelle nebenan hielt sich im Großen und Ganzen an diese Zeiten. Aber das half uns wenig, denn die Belastung war trotzdem enorm. Sieben Uhr morgens ist zwar legal, aber wenn man im Homeoffice arbeitet und schon um diese Zeit von Presslufthämmern geweckt wird, ist das eine massive Einschränkung der Lebensqualität.

Haben Sie schon mal versucht, sich zu konzentrieren, während nebenan ein Kompressor läuft? Wir arbeiten beide teilweise von zu Hause, und in den ersten Wochen der Bauarbeiten war konzentriertes Arbeiten quasi unmöglich. Videocalls mussten wir verschieben, weil man uns nicht verstehen konnte. Markus ist irgendwann in ein Café ausgewichen, was natürlich zusätzliche Kosten verursachte. Ich habe versucht, meine Arbeitszeiten zu verschieben – früh morgens vor dem Baulärm und abends nach Feierabend der Bauarbeiter. Aber das war auf Dauer nicht durchzuhalten. Also haben wir beim Arbeitgeber angefragt, ob wir vorübergehend mehr im Büro arbeiten könnten. Das ging zum Glück, aber nicht jeder hat diese Flexibilität.

Ganz ehrlich, am Anfang haben wir auch überlegt, die Miete zu mindern. Als Mieter hat man bei erheblichen Mängeln das Recht, die Miete zu kürzen – das ist in Paragraph 536 BGB geregelt (Stand: 2025). Aber gilt eine Baustelle nebenan als Mangel der Mietwohnung? Die Antwort ist: es kommt darauf an. Wenn die Beeinträchtigung so stark ist, dass die Nutzung der Wohnung erheblich eingeschränkt ist, kann eine Mietminderung gerechtfertigt sein. Gerichte haben in der Vergangenheit Minderungsquoten zwischen 10 und 25 Prozent für massive Baustellenbelästigungen zugesprochen (Beispielangabe – kann je nach Einzelfall stark variieren, Stand: 2025). Aber das Risiko liegt beim Mieter: Mindert man zu viel oder ohne ausreichende Grundlage, kann der Vermieter auf Nachzahlung klagen oder im schlimmsten Fall sogar kündigen. Also haben wir unseren Vermieter erst mal nur informiert und keine Miete einbehalten. Besser auf Nummer sicher gehen.

Später haben wir einen Anwalt für Mietrecht konsultiert. Die Erstberatung kostete uns 190 Euro, aber es war gut investiertes Geld. Der Anwalt erklärte uns, dass unsere Situation rechtlich knifflig ist. Der Schaden durch die Baustelle ist nicht dem Vermieter zuzurechnen, sondern geht von einem Dritten aus – dem Nachbarn beziehungsweise dessen Baufirma. Das bedeutet: Unser Vermieter ist nicht direkt verantwortlich, aber wir haben trotzdem das Recht auf eine mängelfreie Wohnung. Der Vermieter könnte seinerseits Ansprüche gegen den Verursacher geltend machen. Aber ob er das tut, ist seine Entscheidung. Für uns als Mieter bedeutet das: Wir können die Miete mindern und/oder den Vermieter auffordern, gegen die Beeinträchtigung vorzugehen. Gleichzeitig können wir auch direkt gegen die Baufirma oder den Nachbarn vorgehen, wenn nachweisbare Schäden an unserem Eigentum entstanden sind.

In den ersten Monaten der Baustelle haben wir auch mit dem Nachbarn gesprochen. Das war ehrlich gesagt unangenehm. Er ist ein netter Mann, wir verstehen uns eigentlich gut, und er konnte ja auch nichts für den Dreck und Lärm. Aber wir mussten es ansprechen. Er zeigte Verständnis, meinte aber, die Baufirma würde bereits ihr Bestes tun – Staubschutzwände, regelmäßiges Befeuchten des Bodens, um Staubentwicklung zu minimieren. Tatsächlich sahen wir diese Maßnahmen auch. Aber offensichtlich reichten sie nicht aus. Der Baustaub fand trotzdem seinen Weg zu uns. Der Nachbar bot an, nach Abschluss der Arbeiten eine professionelle Reinigung unserer Terrasse und des Balkons zu bezahlen. Das war nett gemeint, aber ehrlich gesagt zu wenig. Der Lack am Geländer war ja beschädigt, nicht nur schmutzig.

Später haben wir uns direkt an die Baufirma gewandt. Das war weniger freundlich. Der Bauleiter kam vorbei, schaute sich die Schäden an und meinte lapidar: „Das ist normaler Baustaub, das geht mit Putzen weg." Wir haben ihm die matten Stellen am Lack gezeigt, aber er winkte ab. „Das beweist nicht, dass es von unserer Baustelle kommt. Kann auch Witterung sein." Das war frustrierend. Natürlich konnte es theoretisch auch an der Witterung liegen – aber das Geländer war erst ein Jahr alt und plötzlich, genau während der Bauarbeiten, stumpf geworden. Der zeitliche Zusammenhang war offensichtlich. Aber ohne Gutachten, das genau das bestätigt, stand Aussage gegen Aussage. Ein solches Gutachten kostet allerdings mehrere hundert Euro, und ob wir am Ende durchkommen, war unsicher.

Am Anfang haben wir auch überlegt, ob unsere Hausratversicherung etwas übernehmen würde. Wir haben dort angerufen und die Situation geschildert. Die Antwort war ernüchternd: Verschmutzungen durch Bauarbeiten sind in der Regel nicht versichert, weil es sich nicht um einen plötzlichen, unvorhergesehenen Schaden handelt. Bauarbeiten sind ja angekündigt und bis zu einem gewissen Grad vorhersehbar. Unsere Hausratversicherung hätte nur bei einem akuten Ereignis gezahlt – etwa wenn ein Baukran umgestürzt und unser Balkon beschädigt worden wäre. Aber schleichende Verschmutzung und Abnutzung? Dafür ist die Versicherung nicht zuständig. Das ist übrigens bei vielen Versicherungen so (Stand: 2025, Quelle: gdv.de – kann je nach Versicherer und Vertrag abweichen).

In den ersten Wochen haben wir auch beim Ordnungsamt angerufen. Wir dachten, vielleicht können die etwas gegen den Lärm oder den Staub tun. Das Ordnungsamt kam tatsächlich vorbei, nahm Lärmwerte auf und prüfte, ob die Baufirma die gesetzlichen Vorschriften einhält. Ergebnis: Alles im Rahmen. Die Baustelle hatte eine Genehmigung, die Arbeitszeiten waren legal, und die Staubschutzmaßnahmen entsprachen dem üblichen Standard. Das Ordnungsamt könne nur einschreiten, wenn gegen gesetzliche Vorgaben verstoßen werde, erklärte man uns. Unser subjektives Empfinden, dass es zu laut und zu staubig sei, reiche dafür nicht aus. Das war enttäuschend, aber verständlich. Die Behörde muss nach objektiven Kriterien arbeiten, nicht nach individuellem Empfinden.

Später haben wir uns auch mit dem Thema Baulärm und Gesundheit beschäftigt. Dauerhafter Lärm kann tatsächlich gesundheitliche Folgen haben – von Schlafstörungen über erhöhten Stress bis hin zu Herz-Kreislauf-Problemen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, dass Lärmbelastung tagsüber in Wohngebieten 55 Dezibel nicht überschreiten sollte (Stand: 2025, Quelle: Umweltbundesamt, umweltbundesamt.de). Baustellenlärm liegt oft bei 80 bis 90 Dezibel – deutlich darüber. Aber: Bauarbeiten sind zeitlich begrenzt und gelten deshalb rechtlich als „hinnehmbar", solange sie den gesetzlichen Rahmen nicht überschreiten. Es ist also legal, dass man mehrere Monate lang erheblichem Lärm ausgesetzt ist, auch wenn das gesundheitlich belastend sein kann. Das fühlt sich ungerecht an, ist aber die Realität.

Haben Sie schon mal versucht, mit Ohrstöpseln zu arbeiten? Wir haben es ausprobiert. Das Problem: Man bekommt zwar den Lärm nicht mehr so intensiv mit, aber Telefonieren oder Videocalls sind dann unmöglich. Also haben wir in Noise-Cancelling-Kopfhörer investiert – etwa 250 Euro für gute Modelle. Die halfen tatsächlich. Der Baustellenlärm wurde deutlich gedämpft, und gleichzeitig konnte man Musik oder Podcasts hören, um sich abzulenken. Aber auch das ist natürlich nur eine Notlösung, keine echte Behebung des Problems. Und diese Kosten – können wir die irgendwo geltend machen? Eher nicht. Solche Ausgaben gelten als „Eigenvorsorge", nicht als erstattungsfähiger Schaden.

In den ersten Monaten haben wir auch festgestellt, dass der Staub nicht nur nervig, sondern teilweise auch gesundheitlich bedenklich sein kann. Baustaub enthält oft Feinstaub, Quarz und andere Partikel, die die Atemwege reizen können. Menschen mit Asthma oder Allergien sind besonders betroffen. Wir haben angefangen, öfter zu lüften – was natürlich kontraproduktiv war, weil dadurch noch mehr Staub reinkam. Also haben wir die Fenster geschlossen gehalten und einen Luftreiniger gekauft. Auch das: etwa 200 Euro. Nach ein paar Wochen merkten wir tatsächlich eine Verbesserung der Luftqualität in der Wohnung. Aber auch hier: Diese Kosten konnten wir nirgends geltend machen. Sie galten als persönliche Entscheidung zur Verbesserung unserer Wohnsituation, nicht als notwendige Ausgabe aufgrund eines Schadens.

Später haben wir uns auch über die rechtliche Situation bei echten Sachschäden informiert. Wenn Bauarbeiten nachweisbar Schäden an Eigentum verursachen, greift in der Regel die Betriebshaftpflichtversicherung der Baufirma. Dafür muss man allerdings den Kausalzusammenhang beweisen können. Das ist bei offensichtlichen Schäden – etwa einem Riss in der Wand durch Erschütterungen – relativ einfach. Bei schleichenden Verschmutzungen oder Abnutzungen ist es schwieriger. Wir haben ein Gutachten von einem Maler eingeholt, der bestätigte, dass der Lack am Balkongeländer durch aggressive Staubpartikel angegriffen wurde. Das Gutachten kostete 180 Euro. Damit gingen wir zur Baufirma. Die zeigte sich jetzt kooperativer. Man bot an, 150 Euro Schadenersatz zu zahlen – für eine professionelle Reinigung. Das war deutlich weniger als die tatsächlichen Kosten für Neulackierung und Holzpflege, die wir auf etwa 600 Euro schätzten. Aber nach mehreren Gesprächen mit dem Nachbarn, der vermittelte, einigten wir uns auf 400 Euro.

Ganz ehrlich, am Anfang wollten wir das Ganze durchprozessieren. Aber unser Anwalt riet ab. Die Erfolgsaussichten seien ungewiss, die Kosten hoch, und selbst bei einem Gewinnen würden wir wahrscheinlich nicht die vollen Kosten erstattet bekommen. Ein Gerichtsverfahren könne sich über Monate oder sogar Jahre ziehen – und in der Zwischenzeit wären die Bauarbeiten längst beendet. Prozesskosten in erster Instanz bei einem Streitwert von 1.000 Euro liegen bei etwa 300 bis 500 Euro, je nachdem ob man gewinnt oder verliert (Beispielangabe – kann je nach Gerichtsbezirk und Anwaltskosten variieren, Stand: 2025). Das Risiko stand für uns in keinem Verhältnis zum möglichen Gewinn. Also haben wir den Vergleich akzeptiert. Keine perfekte Lösung, aber pragmatisch.

In den ersten Wochen nach der Einigung haben wir das Geld in die Sanierung unseres Balkons gesteckt. Wir haben das Geländer neu lackiert, die Holzdielen geschlifte und geölt, die Fenster professionell reinigen lassen. Das war mehr Arbeit und Aufwand, als wir ursprünglich wollten, aber am Ende sah alles wieder gut aus. Und ehrlich gesagt: Es fühlte sich auch befreiend an. Nicht mehr jeden Tag auf die Baustelle zu schauen und sich zu ärgern, sondern aktiv etwas zu unternehmen und das Problem zu lösen. Vielleicht hätte man mehr rausholen können mit einem Anwalt und viel Geduld. Aber irgendwann muss man auch entscheiden: Lohnt sich der Stress? Für uns war die Antwort: Nein.

Später haben wir auch mit Freunden und Bekannten über unsere Erfahrungen gesprochen. Erstaunlich viele hatten ähnliche Geschichten. Ein Freund hatte monatelang eine Baustelle direkt unter seiner Wohnung – er hat die Miete um 20 Prozent gemindert, der Vermieter hat es akzeptiert, ohne zu klagen. Eine Kollegin hatte Risse in den Wänden durch Bauarbeiten nebenan – da musste der Nachbar die Reparatur bezahlen, weil der Zusammenhang eindeutig war. Ein anderer Bekannter hat sich über Monate mit einer Baufirma gestritten und am Ende aufgegeben, weil die Kosten für Gutachten und Anwalt höher gewesen wären als der Schaden selbst. Es scheint ein verbreitetes Problem zu sein, und die Lösungen sind immer individuell.

In den ersten Monaten nach der Baustelle haben wir auch über Prävention nachgedacht. Was kann man tun, um sich bei zukünftigen Bauarbeiten besser zu schützen? Wir haben gelernt: Sofort dokumentieren, von Anfang an. Fotos vom Ausgangszustand machen, bevor die Baustelle losgeht. Ein Schadenstagebuch führen. Frühzeitig mit allen Beteiligten kommunizieren – Nachbarn, Baufirma, Vermieter. Nicht abwarten, bis die Schäden massiv sind, sondern rechtzeitig reagieren. Und: Realistische Erwartungen haben. Bauarbeiten sind laut, dreckig und nervig – das lässt sich nicht vermeiden. Aber man kann versuchen, die Auswirkungen zu minimieren und im Schadensfall seine Rechte zu kennen.

Nun zu unserer strukturierten Übersicht über Verantwortlichkeiten und Ansprüche bei Baustellenschäden:

WER HAFTET BEI BAUSTELLENSCHÄDEN? – ÜBERSICHT
Schadensart Haftung Rechtliche Grundlage
Baulärm innerhalb gesetzl. Zeiten (Mo–Fr 7–20 Uhr) Keine – rechtlich zulässig 32. BImSchV (Geräte- und MaschinenlärmschutzVO)
Baulärm außerhalb gesetzl. Zeiten Baufirma, ggf. Ordnungsamt Ordnungswidrigkeit nach BImSchG
Staubbelästigung ohne Sachschaden Keine – gilt als zumutbar § 906 BGB (Nachbarrecht)
Sachschaden durch Staub (nachweisbar) Baufirma (Betriebshaftpflicht) § 823 BGB (Deliktrecht)
Risse durch Erschütterungen Bauherr + Baufirma (gesamtschuldnerisch) § 823 BGB + § 906 BGB
Verschmutzung der Wohnung (Mieter) Baufirma (bei Versäumnis) § 823 BGB
Beeinträchtigung der Wohnnutzung (Mieter) Vermieter (Mietminderungsrecht) § 536 BGB (Mietmangel)
DURCHSETZBARE ANSPRÜCHE
Situation Anspruch Höhe / Umfang
Massive Lärmbelästigung als Mieter Mietminderung 10–25 %*
Nachweisbarer Sachschaden Schadensersatz Reparaturkosten
Reinigungskosten durch Baustaub Kostenerstattung Nach Beleg
Gesundheitliche Beeinträchtigung (ärztlich dokumentiert) Schmerzensgeld (selten) Einzelfallentscheidung
Wertminderung der Immobilie (Eigentümer) Schadensersatz Gutachten erforderlich

* Beispielangabe – je nach Einzelfall unterschiedlich

VORAUSSETZUNGEN FÜR ERFOLGREICHE ANSPRÜCHE
  • Lückenlose Dokumentation (Fotos, Videos, Bautagebuch)
  • Nachweis des Kausalzusammenhangs (Schaden durch Baustelle)
  • Zeitnahe Meldung an Verursacher und ggf. Vermieter
  • Gutachten bei strittigen Sachschäden (Kosten: 150–500 €)
  • Schriftliche Kommunikation (E-Mail, Einschreiben)
  • Angemessene Fristsetzung zur Schadensbehebung

Diese Übersicht hat uns geholfen, unsere Situation besser einzuordnen und zu verstehen, wo wir realistische Chancen hatten und wo nicht.

Ein Punkt, den wir erst spät verstanden haben: Es macht einen Unterschied, ob man Mieter oder Eigentümer ist. Als Mieter hat man das Recht auf Mietminderung, wenn die Nutzung der Wohnung erheblich beeinträchtigt ist. Als Eigentümer hat man dieses Recht nicht – dafür kann man aber direkter gegen den Verursacher vorgehen, weil das eigene Eigentum betroffen ist. Eigenümer haben oft bessere Karten bei Schadensersatzansprüchen, tragen aber auch das volle Risiko eines Prozesses. Mieter sind in gewisser Weise geschützter, weil sie über den Vermieter einen zusätzlichen Ansprechpartner haben. Aber sie haben auch weniger direkte Handhabe gegen die Baufirma.

Später sind wir auch auf das Thema Baustellenversicherungen gestoßen. Professionelle Baufirmen haben in der Regel eine Betriebshaftpflichtversicherung, die Schäden an Dritten abdeckt. Diese Versicherung sollte eigentlich für Schäden aufkommen, die durch die Bauarbeiten entstehen. Aber: Die Versicherung zahlt nur bei nachgewiesenen Schäden und klärt erst mal, ob die Baufirma überhaupt haftbar ist. Oft wird versucht, die Haftung abzulehnen – etwa mit dem Argument, dass ausreichende Schutzmaßnahmen getroffen wurden oder der Schaden nicht kausal auf die Baustelle zurückzuführen ist. Deshalb ist gute Dokumentation so wichtig. Ohne Beweise steht man auf verlorenem Posten.

In den ersten Wochen nach unserem Vergleich haben wir auch über die emotionale Belastung nachgedacht. Eine Baustelle nebenan ist nicht nur ein praktisches Problem, sondern auch psychisch anstrengend. Der ständige Lärm, die Verschmutzung, das Gefühl, in den eigenen vier Wänden nicht mehr zur Ruhe zu kommen – das zehrt an den Nerven. Wir waren beide gereizter als sonst, haben uns öfter gestritten, hatten Schlafprobleme. Das wird oft unterschätzt. Es geht nicht nur um materielle Schäden, sondern auch um Lebensqualität. Und die lässt sich nicht in Euro beziffern. Das war für uns am Ende fast wichtiger als die Frage, wer wie viel Geld zahlt: Wie schaffen wir es, trotz der Baustelle einigermaßen normal weiterzuleben?

Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, wie sehr Lärm und Schmutz das eigene Wohlbefinden beeinflussen? Wir haben in dieser Zeit gemerkt, wie wichtig ein ruhiges, sauberes Zuhause für uns ist. Es ist nicht nur ein Dach über dem Kopf, sondern ein Rückzugsort. Und wenn dieser Rückzugsort gestört wird, merkt man erst, wie wertvoll er ist. Wir haben in dieser Zeit viel öfter Spaziergänge gemacht, sind ins Café gegangen, haben Freunde besucht – einfach um der Baustelle zu entkommen. Das hat geholfen, aber es war auch ein Zugeständnis: Wir konnten nicht mehr so in unserer Wohnung leben, wie wir es gewohnt waren.

Später, als die Bauarbeiten nach etwa fünf Monaten endlich abgeschlossen waren, war die Erleichterung riesig. Der erste Morgen ohne Presslufthammer fühlte sich an wie Urlaub. Die Stille war fast unwirklich. Wir sind mit Kaffee auf den Balkon gegangen – den frisch lackierten, sauberen Balkon – und haben einfach nur dagesessen und die Ruhe genossen. In diesem Moment wurde uns klar: Wir hatten es überstanden. Nicht perfekt, nicht ohne Schäden, aber wir hatten einen Weg gefunden, damit umzugehen. Und das war eigentlich die größte Lektion: Manchmal kann man Dinge nicht verhindern oder komplett vermeiden. Aber man kann lernen, damit umzugehen.

Unsere sechs Schritte zur Schadensdokumentation bei Baustellenbelästigung

Erster Schritt: Ausgangszustand dokumentieren. Bevor die Baustelle beginnt, Fotos von allen potentiell betroffenen Bereichen machen – Balkon, Terrasse, Fassade, Fenster. So hat man einen Vergleich, falls später Schäden auftreten.

Zweiter Schritt: Schadenstagebuch führen. Datum, Uhrzeit, Art der Beeinträchtigung notieren. Bei Lärm: ungefähre Dezibel-Angabe (Apps fürs Handy messen das). Bei Staub: Fotos machen. Je lückenloser die Dokumentation, desto besser.

Dritter Schritt: Kommunikation dokumentieren. Alle Gespräche mit Nachbarn, Baufirma, Vermieter schriftlich festhalten – per E-Mail oder zumindest in Notizen mit Datum. Das beweist, dass man sich zeitnah gekümmert hat.

Vierter Schritt: Schäden zeitnah melden. Nicht warten, bis die Baustelle vorbei ist, sondern möglichst sofort reagieren, wenn Schäden auftreten. Schriftlich an Baufirma und ggf. Vermieter melden, mit Fotos als Anhang.

Fünfter Schritt: Bei Bedarf Gutachten einholen. Wenn die Gegenseite den Schaden bestreitet, kann ein unabhängiges Gutachten helfen. Kostet zwar, aber ohne Nachweis hat man meist keine Chance.

Sechster Schritt: Fristen setzen. Der Baufirma oder dem Verursacher eine angemessene Frist zur Stellungnahme oder Schadensbehebung geben – etwa zwei Wochen. Das zeigt, dass man es ernst meint, und ist rechtlich oft eine Voraussetzung für weitere Schritte.

Diese Schritte hätten wir gerne früher gewusst. Sie hätten uns einiges an Stress und Unsicherheit erspart.

Für alle, die eine Beschwerde oder Schadensanzeige an eine Baufirma richten müssen, haben wir einen kurzen Mustertext:

Sehr geehrte Damen und Herren, durch Ihre Bauarbeiten am Grundstück [Adresse] ist es seit [Datum] zu erheblicher Staub- und Lärmbelästigung gekommen. An unserem Balkongeländer sind dadurch nachweisbare Schäden entstanden (siehe Fotos im Anhang). Wir fordern Sie auf, den Schaden bis zum [Datum + 2 Wochen] zu regulieren. Andernfalls werden wir unsere Ansprüche rechtlich geltend machen. Mit freundlichen Grüßen

So ein Schreiben ist sachlich, klar und fordert konkret eine Lösung. Das ist meist effektiver als emotionale Beschwerdebriefe.

Häufig gestellte Fragen – aus unserer Erfahrung

Viele Leser:innen haben uns gefragt, ob man als Mieter wirklich die Miete mindern darf, wenn nebenan gebaut wird. Die Antwort ist: Ja, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. Die Beeinträchtigung muss erheblich sein und die Nutzung der Wohnung einschränken. Bloßer Lärm innerhalb der gesetzlichen Zeiten reicht oft nicht aus. Aber wenn man nicht mehr schlafen kann, nicht im Homeoffice arbeiten kann oder die Wohnung durch Staub verschmutzt wird, kann eine Minderung gerechtfertigt sein. Wichtig: Immer erst den Vermieter informieren und ihm die Möglichkeit geben, etwas zu unternehmen. Eigenmächtige Mietminderungen ohne vorherige Mängelmeldung sind riskant.

Eine andere Frage, die häufig aufkommt: Kann man die Baufirma zwingen, bestimmte Schutzmaßnahmen zu ergreifen? Theoretisch ja, praktisch schwierig. Wenn die Firma gegen gesetzliche Vorschriften verstößt – etwa die Lärmschutzverordnung –, kann das Ordnungsamt einschreiten. Ansonsten hat man als Nachbar kaum direkte Handhabe. Man kann höflich bitten, auf bestimmte Dinge zu achten (mehr Staubschutz, bestimmte Arbeiten zu lärmärmeren Zeiten), aber erzwingen lässt sich das nicht. Am besten funktioniert kooperative Kommunikation: Probleme ansprechen, Verständnis zeigen, gemeinsam nach Lösungen suchen. Das bringt oft mehr als rechtliche Drohungen.

Und dann die Frage nach den Kosten eines Rechtsstreits: Lohnt sich ein Anwalt? Die Antwort hängt vom Streitwert ab. Bei Schäden unter 500 Euro lohnt sich ein Gerichtsverfahren meist nicht, weil die Anwalts- und Gerichtskosten in ähnlicher Höhe liegen oder sogar höher sind. Bei Schäden über 1.000 Euro kann es sich lohnen, besonders wenn man eine Rechtsschutzversicherung hat. Die Erstberatung beim Anwalt kostet etwa 190 Euro und hilft, die Situation einzuschätzen (Stand: 2025, kann je nach Anwalt variieren). Oft reicht schon ein anwaltliches Schreiben, um die Gegenseite zum Einlenken zu bewegen. Viele Rechtsschutzversicherungen decken Nachbarschaftsstreitigkeiten ab, aber nicht alle – vorher prüfen (Stand: 2025, Quelle: gdv.de – Details je nach Vertrag).

Manchmal ist es wichtiger, den eigenen Seelenfrieden zu bewahren als auf dem letzten Recht zu bestehen. Ja, wir hätten mehr Geld herausholen können, wenn wir mit Anwalt und Gutachten vorgegangen wären. Aber zu welchem Preis? Monatelanger Stress, Ungewissheit, Konfrontation mit den Nachbarn. Am Ende haben wir einen Kompromiss gefunden, der nicht perfekt war, aber uns erlaubte, weiterzuleben. Die Baustelle ist vorbei, unser Balkon ist wieder schön, und wir haben unsere Ruhe zurück. Manchmal ist das mehr wert als ein paar hundert Euro mehr auf dem Konto. Und vielleicht ist das auch eine Form von Weisheit: Zu wissen, wann es sich lohnt zu kämpfen – und wann es klüger ist, loszulassen.