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Wohnen & Alltagstipps

Der fallende Topf, der unsere Beziehung sortierte

by Winterberg 2025. 11. 13.

Weißt du, manchmal braucht es nur einen fallenden Topf, um das ganze Leben in Frage zu stellen. Na gut, vielleicht nicht das ganze Leben. Aber zumindest den Zustand unserer Küche.

Es war so ein Sonntag, an dem draußen der Himmel einfach nur grau war. Nicht dramatisch grau, nicht Gewitter-grau – einfach dieses gleichgültige Grau, das einen dazu bringt, drinnen zu bleiben und sich irgendwas vorzunehmen. Markus stand in der Küche, wollte eigentlich nur Wasser für Tee aufsetzen. Ganz normale Sache. Er öffnet den Schrank über der Spüle, und zack – der große Edelstahltopf, den wir irgendwann mal bei IKEA gekauft haben (oder war's bei Real? Keine Ahnung mehr), donnert ihm fast auf den Fuß.

„Alles okay?", rief ich aus dem Wohnzimmer.

„Ja, aber dieser verdammte Schrank ist eine Katastrophe!"

Ich kam in die Küche, und da stand er, mit dem Topf in der Hand und diesem Blick. Du kennst diesen Blick. Dieser „Jetzt machen wir das endlich mal richtig"-Blick. Und ich? Ich hatte eigentlich vor, in Ruhe weiterzulesen. Aber dann sah ich den Schrank. Offen. Chaotisch. Ehrlich gesagt sah ich ihn eigentlich jeden Tag so, aber heute fiel es mir zum ersten Mal richtig auf.

„Komm, wir räumen das jetzt mal durch", sagte Markus.

Ich seufzte. Innerlich. Aber ich nickte. Weil – er hatte ja recht. Und weil man an so einem Regentag eh nichts Besseres zu tun hat, oder? Spoiler: Wir haben die nächsten zwei Stunden damit verbracht. Und ich meine nicht „wir haben aufgeräumt", sondern „wir haben diskutiert, philosophiert und nebenbei auch ein bisschen aufgeräumt".

Als wir dann alles rausgeräumt hatten – alle Töpfe, Pfannen, Deckel (wobei die Hälfte der Deckel zu Töpfen gehört, die wir längst nicht mehr haben, aber das ist eine andere Geschichte) –, stand das ganze Zeug auf der Arbeitsplatte und dem Küchentisch. Es sah aus wie nach einem kleinen Küchenkataklysmus. Ich glaube, in diesem Moment wurde uns beiden klar, dass das jetzt länger dauern würde.

„Zehn Minuten maximal", hatte Markus vorher gesagt.

Ich hatte gelacht. Nicht, weil ich ihm nicht glaubte, sondern weil ich ihn kannte. Wenn Markus etwas „ordentlich" macht, dann wird daraus automatisch ein Projekt. Mit Analyse, Konzept und meistens auch einer mentalen PowerPoint-Präsentation über die beste Vorgehensweise.

„Also, wie machen wir das?", fragte er dann auch prompt.

Und genau da fing es an. Die große Topf-Diskussion. Klingt banal, oder? Ist es aber nicht. Weil – und das ist mir ehrlich gesagt erst später aufgefallen – es eigentlich um viel mehr ging als nur um Töpfe.

Markus war für Größe. Logisch, oder? Die großen Töpfe nach hinten, die kleinen nach vorne. Macht Sinn, stapelt sich besser, sieht ordentlich aus. Ich hingegen – ich war für Häufigkeit. Die Töpfe, die wir oft brauchen, nach vorne. Die, die nur zu Weihnachten für die Gans oder beim Marmelade-Kochen im Sommer zum Einsatz kommen, nach hinten. Auch logisch, fand ich.

Wir standen da, jeder mit einem Topf in der Hand, und argumentierten. Nicht streiten – argumentieren. Wichtiger Unterschied. Markus erklärte mir die Vorteile der größenbasierten Ordnung. Ich zählte auf, wie oft wir eigentlich nach diesem einen mittleren Topf greifen. Er konterte mit Stabilität und Platzeffizienz. Ich mit Alltagstauglichkeit.

Und weißt du was? In diesem Moment, während wir da standen, wurde mir bewusst, dass das eigentlich typisch ist. Nicht nur für uns. Sondern für Menschen generell. Wir alle haben unsere Ordnungssysteme. Unsere internen Logiken, nach denen wir die Welt sortieren wollen. Manche sortieren nach Größe, manche nach Farbe, manche nach Funktion. Und alle finden ihr System am sinnvollsten.

Ich hab mal irgendwo gelesen – ich glaube, es war in einem dieser Psychologie-Magazine in der Arztpraxis – dass unsere Art, Dinge zu organisieren, viel über unsere Persönlichkeit aussagt. Dass Menschen, die nach Größe sortieren, oft eher visuell orientiert sind, Strukturen mögen, Ästhetik wichtig finden. Und die, die nach Häufigkeit sortieren, eher pragmatisch denken, effizienzorientiert sind. Keine Ahnung, ob das stimmt. Aber irgendwie fand ich den Gedanken lustig. Weil wir genau in dieses Schema passten.

„Okay", sagte ich irgendwann, „lass uns einen Kompromiss finden."

„Wie soll der aussehen?", fragte Markus skeptisch.

Gute Frage. Wie kompromittiert man bei Topfanordnung? Wir überlegten. Halbe Größe, halbe Häufigkeit? Die großen oft genutzten nach vorne? Die kleinen selten genutzten nach hinten? Klingt kompliziert. War es auch.

Am Ende haben wir uns doch für Größe entschieden. Nicht, weil Markus gewonnen hätte. Sondern weil wir beide gemerkt haben, dass sein System zumindest einen Vorteil hat: Es ist eindeutig. Es gibt keine Diskussion darüber, was „oft" ist. Ist der Spaghetti-Topf oft? Zweimal die Woche? Oder nur einmal? Und zählt „oft" in Zukunft oder in der Vergangenheit? Größe hingegen ist messbar. Der große Topf ist groß. Punkt.

Aber lustig ist: Wir nehmen trotzdem immer denselben mittleren Topf. Jeden Tag. Morgens für Haferflocken, mittags für Nudeln, abends für Gemüse. Dieser eine Topf könnte auch alleine im Schrank stehen – es würde wahrscheinlich keinen Unterschied machen. Die anderen sind Dekoration. Statisten im Topf-Theater.

Als wir dann alles wieder eingeräumt hatten – schön nach Größe sortiert, von groß nach klein, von hinten nach vorne –, standen wir einen Moment da und bewunderten unser Werk. Der Schrank sah aus wie aus einem Ordnungsratgeber. Perfekt. Schön. Beruhigend.

„Siehst du", sagte Markus zufrieden, „so ist es doch viel besser."

Ich nickte. Und dachte: Ja, es ist besser. Aber nicht, weil es praktischer ist. Sondern weil wir es zusammen gemacht haben. Weil wir diskutiert und gelacht haben. Weil es sich jetzt anfühlt wie unser System, nicht wie das System, das man eben so macht.

Es ist witzig, wie viel Bedeutung wir in solche Kleinigkeiten legen. Ein Küchenschrank. Töpfe. Eigentlich total banal. Aber gleichzeitig auch nicht. Weil – und das ist mir erst später aufgefallen – es gar nicht um die Töpfe ging. Es ging darum, Ordnung zu schaffen. Kontrolle zu haben über wenigstens einen kleinen Bereich des Lebens.

Ich hab mal in einem Buch gelesen, dass Menschen in unsicheren Zeiten verstärkt dazu neigen, ihre Umgebung zu organisieren. Dass wir aufräumen, sortieren, strukturieren, wenn wir das Gefühl haben, dass zu viele Dinge außerhalb unserer Kontrolle sind. Das ist so eine psychologische Kompensationsstrategie. Und es macht total Sinn, oder? Wenn man das Gefühl hat, dass die Welt draußen chaotisch ist – Job, Nachrichten, Leben –, dann will man wenigstens drinnen Ordnung haben. Dann wird der Küchenschrank zum Symbol für Kontrolle und Stabilität.

Natürlich haben wir an diesem Sonntag nicht bewusst gedacht: „Oh, die Welt ist chaotisch, lass uns Töpfe sortieren." Das wäre auch ein bisschen zu dramatisch für einen Regennachmittag. Aber unbewusst? Vielleicht schon. Vielleicht hat der fallende Topf einfach den Stein ins Rollen gebracht. Oder den Topf in die Küche. Du verstehst, was ich meine.

Was auch interessant ist: Wir haben nicht nur über die Anordnung diskutiert, sondern auch darüber, was wir überhaupt behalten. Dieser eine Topf mit dem abgebrochenen Griff zum Beispiel. Markus wollte ihn wegwerfen. Ich wollte ihn behalten. Warum? Keine Ahnung. Vielleicht, weil wir ihn schon so lange haben. Vielleicht, weil Wegwerfen sich falsch anfühlt. Oder vielleicht, weil ich einfach gerne Dinge behalte.

Das ist auch so eine Sache, die man in der Psychologie oft liest: Manche Menschen sind „Keeper", andere sind „Tosser". Die einen behalten Dinge aus sentimentalen Gründen, aus Gewohnheit, aus „Man weiß ja nie"-Vorsicht. Die anderen werfen alles weg, was nicht unmittelbar nützlich ist. Minimalismus versus Maximalismus. Erinnerungen versus Effizienz.

Ich bin definitiv ein Keeper. Markus ist irgendwo dazwischen. Er kann wegwerfen, aber nur mit Begründung. Der Topf blieb übrigens. Kompromiss Nummer zwei an diesem Tag.

Nachdem der Schrank fertig war, haben wir uns einen Tee gemacht. Mit dem mittleren Topf natürlich. Und dann saßen wir am Küchentisch – dem Küchentisch, nach dem unser Blog benannt ist – und schauten auf den geschlossenen Schrank.

„Meinst du, das hält?", fragte ich.

„Was meinst du?"

„Na, die Ordnung. Wie lange, bis wieder alles durcheinander ist?"

Markus überlegte. „Zwei Wochen?"

„Ich gebe uns eine Woche", sagte ich lachend.

Tatsächlich hält die Ordnung bis heute. Nicht perfekt, aber erstaunlich gut. Vielleicht, weil wir sie zusammen gemacht haben. Vielleicht, weil sie sich nach uns anfühlt. Oder vielleicht auch nur, weil wir wirklich immer nur diesen einen mittleren Topf nehmen und die anderen einfach in Ruhe lassen.

Was ich aber gelernt habe – und das klingt jetzt vielleicht ein bisschen philosophisch für einen Topf-Text –, ist, dass diese kleinen Alltagsmomente wichtig sind. Nicht, weil ein aufgeräumter Schrank das Leben verändert. Sondern weil es Momente sind, in denen man zusammen etwas macht. In denen man diskutiert, lacht, Kompromisse findet. In denen man sich über Kleinigkeiten einig wird – oder eben nicht.

Ich hab mal eine Studie gelesen, in der Paare befragt wurden, was ihnen wichtig ist in ihrer Beziehung. Und überraschenderweise waren es nicht die großen Gesten. Nicht die Urlaube oder Geschenke. Es waren die kleinen, gemeinsamen Momente. Das zusammen Kochen. Das gemeinsame Aufräumen. Die kleinen Diskussionen über völlig banale Dinge. Weil diese Momente Verbindung schaffen. Weil man da miteinander redet, auch wenn's nur um Töpfe geht.

Und genau das war dieser Sonntag. Ein Verbindungsmoment. Getarnt als Küchenschrank-Aktion.

Was mir auch aufgefallen ist: Seit diesem Tag achte ich mehr auf solche Dinge. Auf die kleinen Ordnungen im Leben. Nicht nur in der Küche. Auch im Bad, im Flur, im Bücherregal. Überall gibt es diese Systeme, diese internen Logiken, nach denen wir Dinge sortieren. Und überall verraten sie etwas über uns.

Markus zum Beispiel sortiert seine Bücher nach Farbe. Ja, wirklich. Nach Farbe. Nicht nach Autor, nicht nach Genre – nach Farbe. Das Regal sieht aus wie ein Regenbogen. Ich fand das am Anfang total verrückt. „Wie findest du denn so etwas wieder?", habe ich ihn gefragt. Er zuckte nur mit den Schultern: „Ich weiß doch, dass das Buch blau war." Und weißt du was? Er findet tatsächlich alles wieder. Weil er sich die Farbe merkt.

Ich hingegen sortiere meine Bücher nach Themen. Reisebücher zusammen, Romane zusammen, Kochbücher zusammen. Macht für mich Sinn. Für Markus sieht es chaotisch aus. Aber für mich ist es logisch.

Und genau das ist der Punkt: Es gibt kein richtig oder falsch. Es gibt nur verschiedene Systeme. Verschiedene Arten, die Welt zu ordnen. Und das Schöne ist, dass man zusammenleben kann, auch wenn man unterschiedliche Systeme hat. Man muss nur bereit sein, manchmal einen Kompromiss zu finden. Oder zu akzeptieren, dass der andere eben anders tickt.

In Japan gibt es diese ganze „KonMari"-Methode von Marie Kondo, die in den letzten Jahren total populär wurde. Das Prinzip ist: Man behält nur Dinge, die einen glücklich machen. Alles andere wird dankbar verabschiedet. Schöne Idee, finde ich. Aber auch ein bisschen radikal. Weil – macht mich der Topf mit dem abgebrochenen Griff glücklich? Nein. Aber ich will ihn trotzdem nicht wegwerfen. Vielleicht, weil Glück nicht das einzige Kriterium ist. Vielleicht, weil auch Vertrautheit zählt. Oder Erinnerungen. Oder einfach nur die Tatsache, dass er da ist und schon immer da war.

Und genau da zeigt sich wieder der Unterschied zwischen System und Realität. In der Theorie klingt vieles toll. Perfekte Ordnung, durchdachte Systeme, minimalistische Küchen. Aber im echten Leben? Da gibt's den Topf mit dem kaputten Griff. Da gibt's die Deckel, die zu nichts passen. Da gibt's den mittleren Topf, der eigentlich reichen würde, aber trotzdem alle anderen im Schrank.

Und das ist okay. Weil das Leben eben nicht perfekt ist. Weil wir nicht perfekt sind. Und weil ein Küchenschrank, der so tut, als hätte er alles im Griff, vielleicht genau das ist, was wir brauchen. Nicht, weil er wirklich perfekt ist. Sondern weil er sich so anfühlt.

Manchmal, wenn ich jetzt den Schrank öffne und den mittleren Topf raushole – wie jeden Tag –, muss ich schmunzeln. Weil die ganze Diskussion, die ganze Arbeit, letztendlich dazu geführt hat, dass alles beim Alten geblieben ist. Wir nehmen immer noch denselben Topf. Die anderen stehen rum, sehen schön aus, sind nach Größe sortiert. Aber benutzt? Kaum.

Ist das ein Scheitern? Kommt drauf an, wie man's sieht. Für mich nicht. Weil es nicht darum ging, das perfekte System zu finden. Es ging darum, überhaupt ein System zu haben. Eins, das uns gehört. Eins, für das wir uns entschieden haben. Zusammen.

Und vielleicht ist genau das die Lektion von diesem verregneten Sonntag: Es geht nicht darum, alles richtig zu machen. Es geht darum, es zusammen zu machen. Die Töpfe vielleicht nicht optimal, aber dafür gemeinsam zu sortieren. Zu diskutieren, zu lachen, Kompromisse zu finden. Und am Ende das Gefühl zu haben: Ja, das ist unser Schrank. Unsere Ordnung. Unser kleines Stück Kontrolle in einer chaotischen Welt.

Der Schrank steht immer noch da. Die Töpfe auch. Nach Größe sortiert. Und der mittlere Topf? Der macht seinen Job. Jeden Tag. Zuverlässig. Und das ist doch eigentlich alles, was man von einem Topf erwarten kann.

Und von einem Sonntag auch.