
Als der Blumenkasten fast vom Balkon flog
Letzten Mittwoch stand ich auf dem Balkon und dachte eigentlich nur: schöner Abend, ein bisschen windig vielleicht, aber angenehm. Ich wollte die Geranien gießen – die hängen da seit Mai in ihren Kästen, vor sich hin blühend, und brauchen jetzt im Herbst nicht mehr ganz so viel Wasser, aber eben doch regelmäßig. Also bin ich raus, Gießkanne in der Hand, und hab nicht weiter drauf geachtet, wie stark der Wind eigentlich war.
Dann kam eine Böe. Keine Ahnung, woher die kam, aber plötzlich war sie da. Und mit ihr bewegte sich der Blumenkasten am äußeren Geländer. Nicht nur ein bisschen. Sondern richtig. Er hat sich angehoben, zur Seite gekippt, und für einen Moment – so eine Sekunde vielleicht, aber die hat sich angefühlt wie zehn – dachte ich: Der fliegt jetzt runter.
Ich hab die Gießkanne fallen gelassen. Wasser überall. Aber das war mir egal. Ich bin vorgesprungen und hab den Kasten festgehalten. Mit beiden Händen. Und hab ihn zurückgezogen, auf die sichere Seite des Geländers. Mein Herz hat geklopft wie verrückt. Ich stand da, völlig durcheinander, und hab erst mal nach unten geschaut.
Niemand da. Zum Glück. Der Gehweg unter unserem Balkon ist nicht besonders belebt, aber es gehen schon Leute vorbei. Jeden Tag. Und wenn in dem Moment jemand dort gegangen wäre, genau unter unserem Balkon, mit einem kleinen Kind vielleicht oder einem Hund, und der Kasten wäre runtergefallen…
Ich mag den Gedanken nicht zu Ende denken. Aber er war da. Und er ist geblieben.
Als ich wieder reinkam, hat Markus sofort gemerkt, dass was passiert war. Ich war noch ganz blass, glaube ich. „Was ist los?", hat er gefragt, und ich hab ihm erzählt, was gerade draußen passiert ist. Er ist aufgestanden, ist mit mir auf den Balkon gegangen, hat sich den Kasten angeschaut. „Der ist nicht richtig gesichert", hat er gesagt. Und dann, nach einer kleinen Pause: „Weißt du, dass du dafür haftbar wärst, wenn der runterfällt?"
Ich wusste es nicht. Ganz ehrlich. Ich hatte mir darüber noch nie Gedanken gemacht. Blumenkästen hängen da, man kümmert sich um die Pflanzen, und fertig. Dass die auch eine Gefahr sein könnten – dieser Gedanke war mir bis zu dem Moment nicht wirklich gekommen.
„Auch bei Sturm?", hab ich gefragt. Markus hat genickt. „Auch bei Sturm. Du bist verantwortlich dafür, dass die Dinger da sicher hängen. Wenn die durch Wind oder sonst was runterfallen und jemanden verletzen, bist du dran."
Das hat mich überrascht. Und gleichzeitig nicht. Weil es natürlich Sinn macht. Aber trotzdem hab ich erst mal gedacht: Moment mal, der Wind kann ja nichts dafür, dass er so stark weht. Und ich kann ja auch nichts dafür, dass der gerade in dem Moment eine Böe schickt. Aber das spielt wohl keine Rolle.
Ich hab dann am Abend gegoogelt. Bin am Laptop gesessen, während Markus neben mir auf dem Sofa eine Serie geschaut hat, und hab nach Dingen gesucht wie „Blumenkasten vom Balkon gefallen wer haftet" und „Haftung Mieter Balkon". Die Ergebnisse waren ziemlich eindeutig.
Wenn ein Blumenkasten vom Balkon fällt und jemanden verletzt oder etwas beschädigt, haftet grundsätzlich der Eigentümer oder Mieter der Wohnung. Das steht so nicht explizit in einem einzelnen Paragrafen, aber es ergibt sich aus der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht. Die besagt, dass man dafür sorgen muss, dass von seinem Eigentum oder von Dingen, für die man verantwortlich ist, keine Gefahr für andere ausgeht.
Das Prinzip dahinter ist eigentlich logisch. Wenn ich etwas auf meinem Balkon habe – egal ob Blumenkästen, Möbel, Sonnenschirme oder was auch immer – dann bin ich dafür verantwortlich, dass das nicht runterfällt. Das gilt auch bei Unwetter, Sturm oder anderen äußeren Einflüssen. Man kann sich nicht rausreden mit „aber der Wind war so stark" oder „das war höhere Gewalt". Die Gerichte sehen das meistens so: Wer Blumenkästen auf dem Balkon hat, muss sie ordentlich befestigen.
Ich hab dann auch gelesen, dass es tatsächlich Fälle gibt, in denen Leute durch herabfallende Blumenkästen verletzt wurden. In einem Fall, den ich gefunden habe, ist ein Kasten bei Sturm vom Balkon einer Mietwohnung gefallen und hat eine Passantin am Kopf getroffen. Sie hatte Glück – eine Platzwunde, aber nichts Lebensbedrohliches. Trotzdem: Der Mieter musste für Schmerzensgeld und Behandlungskosten aufkommen. Und die Privathaftpflichtversicherung hat gezahlt, aber nur, weil er eine hatte. Sonst wäre er auf den Kosten sitzen geblieben.
Das hat mich nachdenklich gemacht. Wir haben auch eine Haftpflichtversicherung, zum Glück. Aber trotzdem: Allein die Vorstellung, dass so etwas passieren könnte – dass jemand durch meine Unachtsamkeit verletzt wird – war unangenehm. Sehr unangenehm.
Markus hat später noch gesagt: „Stell dir vor, das wäre ein Kind gewesen. Oder eine ältere Person." Ja. Genau das hab ich mir vorgestellt. Und es war kein schöner Gedanke.
Am nächsten Tag sind wir in den Baumarkt gefahren. Samstag morgen, noch vor dem Frühstück. Wir haben uns verschiedene Sicherungen für Blumenkästen angeschaut. Es gibt da tatsächlich eine ganze Menge Möglichkeiten. Von einfachen Haken, die man am Geländer befestigt, bis hin zu speziellen Halterungen mit Schrauben und Dübeln. Wir haben uns für eine Lösung entschieden, die beides kombiniert: Die Kästen werden mit Metallhaken am Geländer fixiert, und zusätzlich gibt es eine Art Sicherheitskette, die verhindert, dass der Kasten auch bei starkem Wind abheben kann.
Sieht nicht besonders schön aus, muss ich sagen. Die Ketten sind sichtbar, und irgendwie wirkt das Ganze jetzt ein bisschen… industriell. Als hätten wir Angst, dass jemand unsere Geranien klaut. Aber es ist sicher. Und das ist mir wichtiger geworden als die Ästhetik.
Während wir die Kästen befestigt haben, haben wir auch über andere Balkone in unserem Viertel gesprochen. Die meisten haben Blumenkästen. Manche sehen aus, als würden sie nur so eben halten. Locker eingehängt, vielleicht mit einem einfachen Plastikhalter, der wahrscheinlich schon zehn Jahre alt ist und brüchig wird. Und ich hab mich gefragt: Wissen die Leute, dass sie dafür haften? Macht sich da jemand Gedanken?
Wahrscheinlich nicht. So wie ich auch keine Gedanken gemacht habe, bis es fast zu spät war.
Was mich an der ganzen Sache auch interessiert hat, war die rechtliche Seite. Nicht nur die Haftung, sondern auch die Frage: Wer ist eigentlich genau verantwortlich? Ist es der Mieter, weil er die Blumenkästen aufgehängt hat? Oder der Vermieter, weil es sein Haus ist?
Die Antwort ist: in der Regel der Mieter. Weil der Mieter derjenige ist, der die Blumenkästen aufstellt und für deren Sicherung sorgen muss. Der Vermieter hat damit nichts zu tun, solange er nicht explizit Blumenkästen zur Verfügung gestellt hat, die mangelhaft sind. Aber wenn ich als Mieter meine eigenen Kästen kaufe und aufhänge, bin ich dafür verantwortlich.
Es gibt allerdings auch Fälle, in denen der Vermieter mit in die Pflicht genommen werden kann. Zum Beispiel, wenn das Balkongeländer selbst nicht stabil genug ist, um Blumenkästen sicher zu halten. Oder wenn es bauliche Mängel gibt, die dazu führen, dass die Kästen nicht richtig befestigt werden können. Dann kann man argumentieren, dass der Vermieter eine Mitschuld trägt. Aber das sind Ausnahmefälle. In den meisten Situationen liegt die Verantwortung beim Mieter.
Ich hab auch gelesen, dass man in manchen Mietverträgen sogar ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass Blumenkästen ordnungsgemäß zu befestigen sind. Bei uns im Vertrag steht davon nichts. Aber das heißt nicht, dass wir nicht trotzdem dafür verantwortlich sind. Die Verkehrssicherungspflicht gilt auch ohne explizite Erwähnung im Mietvertrag.
Was ich spannend fand: Es gibt auch Urteile, die sich mit der Frage beschäftigen, ob der Vermieter das Anbringen von Blumenkästen überhaupt verbieten darf. Die Antwort ist: meistens nicht. Solange die Kästen keine bauliche Veränderung darstellen und ordnungsgemäß befestigt sind, haben Mieter das Recht, ihren Balkon zu bepflanzen. Das gehört zum normalen Mietgebrauch. Aber mit diesem Recht kommt eben auch die Pflicht, für Sicherheit zu sorgen.
Markus hat irgendwann gemeint, das sei wie mit dem Auto. Man darf Auto fahren, aber man muss dafür sorgen, dass das Auto verkehrssicher ist. Bremsen müssen funktionieren, Reifen müssen Profil haben, und so weiter. Wenn man mit einem kaputten Auto fährt und jemanden verletzt, ist man haftbar. Gleiche Logik bei den Blumenkästen.
Der Vergleich hat mir eingeleuchtet. Und gleichzeitig hat er mir auch gezeigt, wie wenig ich vorher darüber nachgedacht hatte. Beim Auto ist es selbstverständlich, dass man sich um die Sicherheit kümmert. Bei Blumenkästen irgendwie nicht. Aber eigentlich sollte es das sein.
Seitdem achte ich viel mehr auf solche Dinge. Nicht nur auf unsere eigenen Blumenkästen, sondern auch auf andere potenzielle Gefahren auf dem Balkon. Wir haben zum Beispiel einen kleinen Tisch da draußen und zwei Stühle. Bisher haben wir die bei Sturm nie reingeholt. Aber jetzt machen wir das. Weil auch die theoretisch vom Balkon fliegen könnten. Oder umfallen und jemanden verletzen.
Und der Sonnenschirm. Der steht in einem Ständer, der relativ schwer ist. Aber bei richtig starkem Wind könnte auch der umkippen. Also haben wir uns angewöhnt, den Schirm bei Wind zuzuklappen. Klingt banal, aber es macht einen Unterschied.
Ich hab auch angefangen, mehr auf die Balkone in unserer Nachbarschaft zu achten. Gegenüber von uns wohnt eine ältere Dame, die ihren ganzen Balkon voller Pflanzen hat. Überall Kästen, Töpfe, hängende Körbe. Es sieht wunderschön aus, wie ein kleiner Dschungel mitten in der Stadt. Aber ich hab mich gefragt: Wie sicher sind die alle befestigt?
Neulich haben wir sie zufällig im Treppenhaus getroffen. Wir haben kurz geplaudert, und ich hab sie gefragt, ob sie bei Sturm manchmal Sorge hat wegen der Blumenkästen. Sie hat gelacht und gesagt: „Ach, die halten schon. Die sind da seit Jahren." Ich hab nicht weiter nachgehakt, aber ich hab mich trotzdem gefragt, ob sie sich der Verantwortung bewusst ist.
Vielleicht ist das auch eine Generationenfrage. Früher hat man sich über so etwas weniger Gedanken gemacht. Blumenkästen hat man aufgehängt, und gut war's. Heute gibt es für alles Sicherheitsvorschriften, Haftungsfragen, Versicherungen. Ist das besser? Wahrscheinlich schon. Weil es Unfälle verhindert. Aber manchmal frage ich mich, ob wir nicht auch ein bisschen übervorsichtig geworden sind.
Andererseits: Wenn ich an den Moment zurückdenke, als der Kasten fast vom Balkon gefallen ist, und an das Gefühl, das ich hatte – diese Mischung aus Schreck, Angst und Erleichterung – dann denke ich: Nein, Vorsicht ist nicht übertrieben. Es geht um Menschen. Es geht um die Möglichkeit, dass jemand ernsthaft verletzt wird. Und dafür bin ich verantwortlich.
Diese Verantwortung zu akzeptieren, war für mich ein bisschen wie erwachsen werden. Klingt komisch, weil ich ja längst erwachsen bin. Aber manchmal gibt es diese Momente, in denen man merkt: Ach ja, stimmt, ich bin tatsächlich für Dinge verantwortlich, die über mich selbst hinausgehen. Meine Handlungen – oder meine Unterlassungen – können andere betreffen.
Markus hat das ähnlich gesehen. Wir haben eines Abends, während wir auf dem Balkon saßen – natürlich mit den jetzt super-gesicherten Blumenkästen – darüber gesprochen. Er meinte, das sei generell so im Leben. Man denkt oft nur an sich selbst, an die eigenen Bedürfnisse, an das, was man gerade braucht oder will. Aber eigentlich leben wir ja nicht isoliert. Alles, was wir tun, hat potenzielle Auswirkungen auf andere.
Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen philosophisch. Aber ich finde, es stimmt. Und Blumenkästen sind da ein gutes Beispiel. Sie sind so etwas Alltägliches, Harmloses. Man denkt nicht daran, dass sie gefährlich sein könnten. Aber das können sie. Wenn man nicht aufpasst.
Ich hab dann auch noch ein bisschen weiter recherchiert, weil mich das Thema nicht losgelassen hat. Dabei bin ich auf ein paar interessante Punkte gestoßen. Zum Beispiel gibt es Empfehlungen von Sicherheitsexperten, wie man Blumenkästen richtig befestigt. Die sagen: Am besten sind Kästen, die auf der Innenseite des Balkons stehen, nicht an der Außenseite hängen. Weil die dann gar nicht erst runterfallen können.
Das leuchtet ein. Aber natürlich sehen Kästen an der Außenseite schöner aus. Von der Straße sieht man sie besser, und sie geben der Fassade ein freundliches Aussehen. Deshalb hängen die meisten Leute ihre Kästen außen auf. Wir auch. Und solange sie sicher befestigt sind, ist das auch kein Problem.
Eine andere Empfehlung war: regelmäßig überprüfen. Gerade im Frühling, wenn man die Kästen neu bepflanzt, sollte man schauen, ob die Halterungen noch in Ordnung sind. Ob die Schrauben fest sitzen, ob das Material nicht brüchig geworden ist, ob die Haken noch halten. Klingt logisch, aber wie oft macht man das wirklich?
Bei uns jedenfalls nicht. Bis jetzt. Jetzt haben wir uns vorgenommen, das zweimal im Jahr zu machen. Einmal im Frühling, wenn die neuen Pflanzen reinkommen, und einmal im Herbst, bevor der Winter anfängt. Dann kann man auch gleich schauen, welche Pflanzen den Winter draußen überstehen können und welche besser reinkommen.
Was ich auch gelesen habe: In manchen Städten gibt es tatsächlich Vorschriften, wie Blumenkästen befestigt sein müssen. Besonders in Altstädten mit engen Gassen und viel Fußgängerverkehr. Da wird manchmal sogar kontrolliert, ob die Befestigungen sicher sind. Und bei Verstößen kann es Bußgelder geben.
Bei uns in der Stadt ist das nicht so streng. Aber die Idee dahinter finde ich gut. Weil es zeigt, dass das Thema ernst genommen wird. Dass es nicht nur um individuelle Verantwortung geht, sondern auch um öffentliche Sicherheit.
Markus hat dann irgendwann gemeint: „Vielleicht sollten wir das auch den Nachbarn erzählen. Damit die auch mal überprüfen, ob ihre Kästen sicher sind." Ich fand die Idee gut, aber ich wusste nicht, wie man das macht, ohne wie ein Besserwisser zu wirken. Niemand will hören: „Hey, eure Blumenkästen sind nicht sicher, ihr solltet das mal checken."
Aber dann ist mir eingefallen: In unserem Hausflur gibt es eine kleine Pinnwand, wo manchmal Zettel hängen. Informationen von der Hausverwaltung, Einladungen zu Nachbarschaftstreffen, solche Sachen. Ich hab einen kleinen Zettel geschrieben. Nichts Vorwurfvolles, nur eine freundliche Erinnerung. „Achtung bei Herbststürmen: Blumenkästen und Balkonmöbel sicher befestigen!" Mit einem kleinen Hinweis, dass man als Mieter dafür haftet, wenn etwas runterfällt.
Den Zettel hab ich dann aufgehängt. Keine Ahnung, ob ihn jemand gelesen hat. Aber zumindest hab ich das Gefühl, ich hab meinen Teil getan. Und vielleicht denkt ja der eine oder andere doch mal drüber nach.
Was mich an der ganzen Geschichte auch beschäftigt hat, ist die Frage nach der Balance zwischen Lebensqualität und Sicherheit. Wir wollen ja alle einen schönen Balkon haben. Mit Pflanzen, mit Möbeln, mit einer gemütlichen Atmosphäre. Gleichzeitig müssen wir dafür sorgen, dass nichts davon zur Gefahr wird.
Das ist manchmal ein schmaler Grat. Man kann nicht alle Risiken ausschließen. Selbst mit den besten Sicherungen könnte theoretisch noch etwas passieren. Vielleicht bricht ein Halter, vielleicht gibt es einen so starken Sturm, dass selbst die stabilste Befestigung nicht hält. Man kann nicht alles kontrollieren.
Aber man kann sein Bestes tun. Und genau das ist, glaube ich, das Entscheidende. Nicht Perfektion, sondern Sorgfalt. Nicht absolute Sicherheit, sondern Verantwortungsbewusstsein.
Ich hab seit dem Vorfall mit dem Blumenkasten eine andere Haltung zu solchen Dingen entwickelt. Nicht nur bei Blumenkästen, sondern generell. Ich achte mehr darauf, ob Dinge sicher sind. Ob die Leiter im Keller stabil steht, ob das Regal im Flur ordentlich an der Wand befestigt ist, ob die Kabel nicht so liegen, dass man drüber stolpern könnte.
Markus lacht manchmal und sagt, ich sei jetzt paranoid geworden. Aber ich glaube nicht, dass es Paranoia ist. Es ist einfach Achtsamkeit. Und die finde ich wichtig.
Heute, ein paar Wochen nach dem Vorfall, schaue ich jeden Tag auf den Balkon und sehe die Blumenkästen mit ihren neuen Sicherungen. Die Geranien blühen immer noch, jetzt Ende Oktober, was mich ein bisschen überrascht. Ich dachte, die wären längst verblüht. Aber sie halten sich tapfer.
Und die Ketten, die die Kästen sichern, stören mich gar nicht mehr so sehr. Ich hab mich daran gewöhnt. Vielleicht sehen sie nicht elegant aus, aber sie geben mir ein Gefühl von Sicherheit. Und das ist mehr wert als Ästhetik.
Manchmal, wenn ich die Blumen gieße, denke ich an den Moment zurück, als der Kasten fast gefallen ist. An das Adrenalin, das durch meinen Körper geschossen ist. An die Erleichterung, dass nichts passiert ist. Und an die Erkenntnis, dass ich mehr Verantwortung habe, als mir vorher bewusst war.
Es ist komisch, wie so ein kleiner Vorfall die eigene Perspektive verändern kann. Vorher waren Blumenkästen einfach nur Blumenkästen. Jetzt sind sie ein Symbol für etwas Größeres. Für die Tatsache, dass wir in einer Gemeinschaft leben und dass unsere Handlungen andere betreffen können. Für die Verantwortung, die damit einhergeht.
Und vielleicht ist das auch der Grund, warum ich diese Geschichte hier aufschreibe. Nicht, um anzugeben oder um andere zu belehren. Sondern einfach, um zu teilen, was ich gelernt habe. Falls jemand das liest und denkt: „Stimmt, ich sollte meine Blumenkästen auch mal überprüfen" – dann hat sich das Schreiben gelohnt.