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Versicherungen & Recht

Der Moment, in dem aus Müll plötzlich ein echtes Gemeinschaftsprojekt wurde.

by Winterberg 2025. 11. 15.

Die Sache mit den Mülltonnen – oder wie wir lernten, uns nicht mehr über Abfall zu streiten

Letzte Woche stand ich wieder da. Mit einem prall gefüllten Müllbeutel in der Hand, im Innenhof unseres Mehrfamilienhauses, und starrte auf die Tonnenreihe wie auf ein unlösbares Rätsel. Restmülltonne: voll bis obenhin, Deckel stand schon leicht schräg. Papiertonne: auch voll, und obendrauf lag noch ein zusammengefalteter Karton, den offensichtlich jemand nicht mehr reingekriegt hatte und deshalb einfach draufgelegt hat. Gelber Sack? Der hing so prall am Haken, dass ich mich nicht getraut habe, ihn auch nur anzufassen – ein falscher Griff, und der wäre mir garantiert geplatzt.

Ich stand da und dachte: Ernsthaft? Schon wieder?

Es ist nicht so, dass wir in einem riesigen Wohnkomplex leben würden. Wir sind sechs Parteien, verteilt über drei Stockwerke, in einem dieser typischen Altbauten in der Stadt, die man von außen schön findet und von innen praktisch. Die meisten von uns verstehen sich eigentlich ganz gut. Man grüßt sich im Treppenhaus, hält mal die Tür auf, redet kurz über das Wetter. So das normale Nachbarschaftsding eben. Aber wenn es um die Mülltonnen geht, wird es plötzlich kompliziert.

Das fing schon vor ein paar Monaten an. Ich weiß noch genau, wie ich an einem Montagmorgen – ich war spät dran, natürlich – den Müll runterbringen wollte und die Restmülltonne schon wieder komplett überfüllt vorgefunden habe. Daneben standen drei, vier Müllbeutel auf dem Boden. Einfach so. Als ob das eine Lösung wäre. Ich hab meinen Müll dann irgendwie obendrauf gequetscht, mich ein bisschen geärgert und bin zur Arbeit gefahren. Aber der Ärger blieb.

Am Abend kam ich nach Hause, und im Treppenhaus hing ein Zettel. Handgeschrieben, mit ziemlich energischer Handschrift: „Wer hat schon wieder die falsche Tonne benutzt? Papier gehört NICHT in den Restmüll!" Mit drei Ausrufezeichen. Ich bin nicht sicher, wer den Zettel geschrieben hat, aber ich hatte so eine Ahnung. Frau Meier aus dem zweiten Stock. Sie ist Lehrerin im Ruhestand und nimmt es mit der Mülltrennung sehr, sehr genau. Was ich ja prinzipiell verstehen kann. Aber der Ton war schon ziemlich... na ja, streng.

Mein Mann und ich haben uns den Zettel am Abend gemeinsam angeschaut und ein bisschen gelacht. „Klassiker", meinte er nur. Aber gleichzeitig war da auch dieses andere Gefühl. Diese leichte Anspannung, die sich einschleicht, wenn man merkt, dass etwas, das eigentlich eine Nebensächlichkeit sein sollte, plötzlich zum Konfliktthema wird.

Ein paar Tage später, morgens beim Kaffee, hab ich zu ihm gesagt: „Weißt du was, ich würd gern mal wissen, wie das rechtlich eigentlich aussieht. Haben wir überhaupt ein Recht darauf, die Tonnen zu benutzen? Oder ist das so eine Kann-Regelung?" Er hat die Augenbrauen hochgezogen. „Jetzt wird's juristisch beim Frühstück?" Aber er fand die Frage dann doch interessant genug, um nicht weiterzuscherzen.

Also hab ich mich, zugegeben etwas nerdig, hingesetzt und recherchiert. Und tatsächlich: Es gibt da einiges zu wissen. Die Mülltonnen gehören zur sogenannten Mietsache, hab ich rausgefunden. Das bedeutet, dass alle Mieter im Haus ein Recht darauf haben, sie zu nutzen. Steht so im Mietrecht. Der Vermieter muss dafür sorgen, dass ausreichend Tonnen vorhanden sind und dass die Müllentsorgung funktioniert – das ist Teil seiner Vermieterpflicht. Klingt erstmal logisch und beruhigend.

Aber – und hier wird es interessanter – mit diesem Recht kommen auch Pflichten. Man darf die Tonnen zwar nutzen, muss das aber ordnungsgemäß tun. Das heißt: richtig trennen, Deckel schließen, nichts danebenstellen. Was auf dem Papier total einfach klingt, ist im Alltag offenbar eine ziemliche Herausforderung. Für manche von uns zumindest.

Ich hab das meinem Mann erzählt, und er meinte: „Das Problem ist doch nicht das Recht, sondern die Praxis. Jeder weiß theoretisch, wie Mülltrennung funktioniert. Aber dann steht man da mit seinem Joghurtbecher und fragt sich: gespült oder nicht gespült? Gelber Sack oder Restmüll? Und schwupps landet er irgendwo, wo er vielleicht nicht hingehört."

Er hatte recht. Die Theorie ist das eine. Die Realität das andere. Besonders wenn es schnell gehen muss, wenn man gestresst ist, wenn die Kinder schreien oder man schon zu spät zur Arbeit kommt. Dann denkt man nicht über Mülltrennung nach. Man will einfach nur den Müll loswerden.

Was mich bei meiner Recherche aber wirklich überrascht hat, war die Frage, was passiert, wenn man sich nicht an die Regeln hält. Also wenn zum Beispiel jemand konsequent falsch trennt oder seinen Müll einfach neben die Tonnen stellt, weil die voll sind. Kann man als Mitmieter dann eigentlich was machen? Oder muss man das einfach hinnehmen?

Tatsächlich gibt es dazu Gerichtsurteile. Ernsthaft. Menschen haben sich vor Gericht gestritten wegen Mülltonnen. Ich fand einen Fall aus Berlin, wo ein Mieter seinen Nachbarn verklagt hatte, weil der ständig sperrigen Müll neben die Tonnen gestellt hatte. Das Gericht hat entschieden, dass das nicht geht – jeder Mieter hat zwar das Recht, die Tonnen zu nutzen, aber eben nicht auf Kosten der anderen. Man darf die Entsorgungssituation für andere nicht verschlechtern. Klingt fair, finde ich.

Ein anderer Fall, den ich gelesen hab, ging um Biomüll. Eine Mieterin hatte sich beschwert, dass die Biotonne immer so furchtbar roch, weil jemand offenbar unverpackte Essensreste reingeworfen hatte, die dann vor sich hin gammelten. Sie wollte durchsetzen, dass nur noch in Papiertüten verpackter Biomüll erlaubt ist. Hat nicht ganz geklappt – das Gericht meinte, ein gewisser Geruch sei bei Biomüll nunmal unvermeidbar. Aber die Idee mit den Papiertüten fand ich trotzdem gut.

Was mich an diesen ganzen rechtlichen Geschichten fasziniert hat, war weniger das Juristische an sich, sondern die Frage dahinter: Warum eskaliert so was überhaupt? Warum streiten sich erwachsene Menschen über Müll? Und wie kommt es, dass etwas so Alltägliches wie Abfallentsorgung zu so viel Frust führen kann?

Ich glaube, es hat mit mehreren Dingen zu tun. Erstens: Müll ist sehr sichtbar. Wenn jemand die Tonnen falsch benutzt oder Dreck hinterlässt, sehen das alle. Es ist nicht wie eine laute Musik, die man nur hört, wenn man nebenan wohnt. Müll betrifft alle gleichermaßen, und deshalb fühlt sich jeder irgendwie berechtigt, etwas dazu zu sagen.

Zweitens – und das hab ich später in einem Psychologie-Artikel gelesen – haben wir Menschen ein ziemlich stark ausgeprägtes Gerechtigkeitsgefühl, besonders wenn es um geteilte Ressourcen geht. In der Fachsprache nennt man das „Tragedy of the Commons" oder „Tragik der Allmende". Die Idee ist: Wenn eine Ressource allen gehört (in unserem Fall die Mülltonnen), dann besteht die Gefahr, dass einzelne sie übernutzen oder falsch nutzen, weil sie keine direkte Konsequenz dafür spüren. Und das führt dazu, dass die anderen sich ausgenutzt fühlen. Genau das passiert bei uns im Hof.

Wenn ich meinen Müll ordentlich trenne und die Tonnen pflege, aber andere es nicht tun, dann fühle ich mich verarscht. Einfach gesagt. Und dieses Gefühl führt zu Ärger, der sich dann in passiv-aggressiven Zetteln im Treppenhaus entlädt.

Ich hab das alles meinem Mann erzählt, an einem Abend, als wir zusammen auf dem Sofa saßen. Er hörte zu, nickte ab und zu, und irgendwann meinte er: „Okay, und was machen wir jetzt damit? Wir können ja schlecht eine wissenschaftliche Abhandlung über Müll ins Treppenhaus hängen."

Er hatte einen Punkt. Wissen ist schön und gut, aber es löst das praktische Problem nicht. Und das Problem war real: Unsere Tonnen waren chronisch überfüllt, die Stimmung im Haus wurde gereizter, und ich hatte keine Lust mehr, mich jedes Mal zu ärgern, wenn ich den Müll runterbringen musste.

Also hab ich mir ein Herz gefasst und bin zum Vermieter gegangen. Oder besser: Ich hab ihn angerufen, denn er wohnt nicht im Haus. Am Anfang war das Gespräch ein bisschen zäh. Er klang genervt, als ich das Thema ansprach. „Schon wieder die Mülltonnen", seufzte er. Offenbar war ich nicht die Erste, die sich bei ihm beschwerte.

Aber dann wurde das Gespräch konstruktiver. Ich hab ihm erklärt, dass es nicht nur um Beschwerden geht, sondern dass ich glaube, dass wir als Mieter einfach einen besseren Plan brauchen. Dass die aktuelle Situation für niemanden gut ist. Und dass ich bereit wäre, mich darum zu kümmern, wenn er einverstanden ist.

Er war überrascht, glaube ich. Positiv überrascht. „Wenn Sie das organisieren wollen, gerne", meinte er. „Aber sprechen Sie das bitte mit allen ab. Ich will nicht, dass nachher wieder einer anruft und sich beschwert, dass er nicht gefragt wurde."

Fair enough. Also hab ich Zettel in alle Briefkästen geworfen mit der Bitte, zu einem kurzen Treffen im Hof zu kommen. Ein Samstagnachmittag, fünfzehn Minuten, mehr nicht. Ich war ehrlich gesagt nicht sicher, ob überhaupt jemand kommen würde. Solche Treffen klingen immer ein bisschen nach lästiger Pflichtveranstaltung.

Aber dann kamen sie tatsächlich. Alle sechs Parteien. Manche ein bisschen skeptisch, manche neugierig. Frau Meier aus dem zweiten Stock kam mit einem Notizblock – natürlich. Der Student aus dem Erdgeschoss kam in Jogginghose und sah aus, als wäre er gerade erst aufgestanden. Die junge Familie aus dem dritten Stock kam mit Kinderwagen und Baby. Wir standen alle um die Tonnen herum, und für einen Moment war es ziemlich absurd. Sechs Erwachsene und ein Baby, versammelt um Mülltonnen.

Ich hab kurz erklärt, warum ich uns zusammengerufen hatte. Dass die aktuelle Situation niemanden glücklich macht. Dass wir alle das Recht haben, die Tonnen zu nutzen, aber dass das nur funktioniert, wenn wir uns auch alle kümmern. Und dass ich eine Idee hätte, wie wir das besser organisieren könnten.

Die Idee war simpel: Tonnen-Woche im Wechsel. Jede Partei ist für eine Woche verantwortlich. Das bedeutet: rausstellen zur Leerung, wieder reinstellen, ein Auge drauf haben, dass alles ordentlich ist. Keine große Sache, aber jeder trägt mal Verantwortung.

Am Anfang gab es Einwände. Natürlich. „Ich bin beruflich viel unterwegs", meinte einer. „Wir haben ein Neugeborenes, da haben wir echt andere Prioritäten", sagte die junge Mutter. Frau Meier wollte wissen, was passiert, wenn jemand seine Woche nicht macht.

Alles berechtigte Fragen. Also haben wir weiter diskutiert. Jemand schlug vor, dass man seine Woche mit jemandem tauschen kann, wenn man verhindert ist. Ein anderer meinte, dass es vielleicht sinnvoll wäre, eine Liste zu haben, wo jeder eintragen kann, wenn es Probleme gibt. Die Diskussion wurde lebhafter, und irgendwann merkte ich: Die Leute reden miteinander. Nicht übereinander, nicht in passiv-aggressiven Treppenhaus-Zetteln, sondern tatsächlich im Gespräch.

Am Ende haben wir uns auf den Plan geeinigt. Sechs Wochen Rotation, jeder ist mal dran. Wer verhindert ist, kann tauschen, muss das aber rechtzeitig sagen. Und wenn jemand sieht, dass die Tonnen überfüllt sind, darf er natürlich trotzdem aktiv werden, auch wenn er nicht gerade dran ist – es geht nicht um starre Regeln, sondern um Miteinander.

Frau Meier hat sich freiwillig gemeldet, den Plan zu schreiben und aufzuhängen. Sie machte das sehr gründlich, mit farbigen Markern und laminiert. Sieht jetzt aus wie ein Stundenplan in der Grundschule, aber es funktioniert.

Und wisst ihr was? Seitdem läuft es tatsächlich besser. Nicht perfekt, aber besser. Die Tonnen sind nicht mehr dauernd überfüllt. Es steht weniger Müll daneben. Und wenn doch mal was ist, dann spricht man drüber, statt nur genervt zu sein.

Was mich aber fast noch mehr freut als die gelöste Müllfrage: Wir reden jetzt mehr miteinander. Wirklich. Es fing damit an, dass der Student aus dem Erdgeschoss, als er seine erste Tonnen-Woche hatte, nicht wusste, wo die Tonnen hingestellt werden müssen. Also hat er bei Frau Meier geklingelt und gefragt. Sie hat es ihm gezeigt, und dabei haben sie sich unterhalten. Später hat er mir erzählt, dass er vorher nur „Guten Tag" zu ihr gesagt hatte, aber jetzt kennt er ihre Geschichte – dass sie früher Grundschullehrerin war und drei Kinder großgezogen hat, die jetzt alle in anderen Städten leben.

Die junge Familie aus dem dritten Stock hat in ihrer Tonnen-Woche tatsächlich Kuchen gebacken und runtergebracht. Mit einem Zettel: „Danke fürs Mitmachen!" Das war so eine kleine Geste, die überhaupt nicht nötig gewesen wäre, aber die irgendwie viel ausgelöst hat. Plötzlich brachten auch andere mal was mit. Keine Verpflichtung, einfach nur so. Ein Gefühl von Gemeinschaft, das vorher nicht da war.

Ich hab neulich mit einer Freundin darüber geredet, die in einem Reihenhaus wohnt und solche Probleme nicht hat, weil sie ihre eigene Tonne hat. Sie meinte: „Klingt anstrengend, das mit den geteilten Tonnen." Und ja, manchmal ist es das. Aber gleichzeitig hat es auch was Gutes. Es zwingt uns, miteinander zu reden, uns abzustimmen, Lösungen zu finden. In einem Einfamilienhaus hätte ich nie mit meinen Nachbarn über Müllentsorgung diskutiert – und wahrscheinlich hätte ich auch nie erfahren, dass Frau Meier früher Lehrerin war oder dass der Student Biologie studiert und sich total für Kompostierung interessiert.

Diese ganzen kleinen Gespräche, die sich aus so einer profanen Sache wie Müll ergeben haben, sind irgendwie wertvoll geworden. Nicht dass wir jetzt alle beste Freunde wären. Aber es ist eine andere Art von Nachbarschaft entstanden. Eine, in der man sich kennt, in der man weiß, wen man ansprechen kann, wenn etwas ist.

Was ich bei der ganzen Geschichte auch gelernt hab, ist, wie wichtig Strukturen sind. Nicht im Sinne von starren Regeln, sondern im Sinne von Klarheit. Vorher war die Situation diffus: Alle durften die Tonnen nutzen, aber niemand fühlte sich wirklich verantwortlich. Das führte dazu, dass jeder nur auf seinen eigenen Müll achtete und das Gesamtbild aus dem Blick geriet.

Jetzt, mit dem Wochenplan, gibt es einen Rahmen. Jeder weiß, wann er dran ist, und jeder weiß, dass er sich darauf verlassen kann, dass die anderen auch ihren Teil beitragen. Das nimmt viel von diesem diffusen Frust raus, der vorher da war. Es ist ein bisschen wie mit dem Abwasch in einer WG: Wenn klar ist, wer wann spült, gibt es viel weniger Streit, als wenn alle es irgendwann machen sollen.

Interessanterweise hab ich später noch ein bisschen mehr recherchiert und festgestellt, dass solche Modelle gar nicht so ungewöhnlich sind. In anderen Ländern, besonders in Skandinavien, gibt es oft sehr ausgeklügelte Gemeinschaftssysteme für sowas. In Schweden zum Beispiel gibt es in vielen Mehrfamilienhäusern „Gemeinschaftsräume" mit klaren Nutzungsplänen, und alle halten sich daran, weil es einfach zum sozialen Standard gehört. In Japan wiederum ist die Mülltrennung so komplex und ernst genommen, dass neue Bewohner oft Einführungskurse bekommen. Klingt krass, aber offenbar funktioniert es.

Wir in Deutschland sind irgendwo dazwischen, glaube ich. Wir haben klare Regeln für Mülltrennung – Restmüll, Papier, Plastik, Bio, Glas – aber die Umsetzung ist oft chaotisch. Jede Stadt macht es ein bisschen anders. Manche haben blaue Tonnen für Papier, andere grüne. Manchmal gibt es Gelbe Säcke, manchmal Gelbe Tonnen. Und je nachdem, wo man herkommt oder wie oft man umgezogen ist, hat man ein anderes System im Kopf.

Ich erinnere mich noch, wie wir vor ein paar Jahren in eine andere Stadt gezogen sind und ich völlig verwirrt war, weil dort plötzlich Tetrapacks nicht mehr in den Gelben Sack durften, sondern in den Restmüll. Oder war es andersherum? Ich hab ewig gebraucht, um das neue System zu verstehen. Und ich bin sicher, dass ich in der Anfangszeit öfter mal was falsch getrennt habe, ohne es zu wissen.

Deshalb verstehe ich auch die Frustration bei uns im Haus. Es ist nicht immer böse Absicht oder Faulheit. Manchmal ist es einfach Unwissenheit oder Unsicherheit. Manchmal ist man gestresst und macht Fehler. Und manchmal – ganz ehrlich – ist man auch einfach zu faul, den Joghurtbecher auszuspülen, bevor man ihn wegwirft.

Der Punkt ist: Wir sind alle Menschen. Keiner ist perfekt. Und ein System, das davon ausgeht, dass alle immer alles richtig machen, ist zum Scheitern verurteilt. Deshalb finde ich unseren neuen Plan so gut: Er geht nicht von Perfektion aus, sondern von Verantwortung. Jeder trägt seinen Teil bei, und wenn mal was schiefgeht, ist klar, wer ansprechbar ist.

Letzte Woche war ich wieder dran mit der Tonnen-Woche. Und weißt du was? Es war okay. Ich hab die Tonnen rausgestellt, die Müllabfuhr kam, ich hab sie wieder reingestellt. Alles entspannt, kein Drama. Und als ich fertig war, kam Frau Meier vorbei und meinte: „Danke fürs Kümmern!" Wir haben noch kurz über ihren Enkel geredet, der sie bald besuchen kommt, und dann sind wir beide wieder hoch in unsere Wohnungen.

So eine kleine Szene. Nichts Besonderes eigentlich. Aber irgendwie doch. Weil es zeigt, dass aus einem Problem eine Lösung geworden ist. Und aus einer Lösung ein bisschen mehr Gemeinschaft.

Mein Mann hat neulich gesagt: „Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Müll uns näher zusammenbringt?" Und er hat recht. Es ist absurd und schön zugleich. Manchmal sind es die alltäglichsten Dinge, die zeigen, wie Zusammenleben funktionieren kann. Oder eben nicht. Es braucht ein bisschen Struktur, ein bisschen Kommunikation, ein bisschen Bereitschaft, auf die anderen zuzugehen.

Und ja, manchmal braucht es auch jemanden, der den ersten Schritt macht. Der sagt: „Hey, lass uns darüber reden." Der ein Treffen organisiert, auch wenn es erstmal komisch wirkt. Der die Unbequemlichkeit auf sich nimmt, Leute anzusprechen, die man eigentlich kaum kennt.

Ich bin froh, dass ich das gemacht habe. Nicht nur, weil die Müllsituation jetzt besser ist – obwohl das natürlich auch schön ist –, sondern weil es etwas verändert hat in unserem Haus. Eine kleine Verschiebung in der Atmosphäre. Von nebeneinander zu miteinander.

Klar, wir sind immer noch sechs verschiedene Parteien mit verschiedenen Leben, verschiedenen Rhythmen, verschiedenen Prioritäten. Aber wir teilen uns diesen Innenhof, diese Tonnen, dieses Treppenhaus. Und jetzt haben wir einen Weg gefunden, das so zu tun, dass es für alle funktioniert. Meistens zumindest.

Neulich stand ich wieder mit einem Müllbeutel im Hof. Die Restmülltonne war fast voll, aber nicht ganz. Ich hab meinen Müll reingelegt, den Deckel geschlossen, und als ich mich umdrehte, stand der Student aus dem Erdgeschoss da, auch mit einem Müllbeutel. Wir haben uns angegrinst. „Fast voll", meinte er. „Ja", sagte ich, „aber es passt noch." Wir haben kurz geplaudert, über sein Studium, über das Wetter, über nichts Wichtiges. Dann sind wir beide wieder rein.

So eine Szene hätte es vor ein paar Monaten nicht gegeben. Da hätte ich meinen Müll abgestellt, wäre hochgegangen und hätte nicht weiter drüber nachgedacht. Jetzt gibt es diese kleinen Momente. Diese Begegnungen, die aus einer Notwendigkeit entstanden sind und zu etwas Angenehmem geworden sind.

Manchmal denke ich: Müll kann also doch verbinden. Wer hätte das gedacht?