
Als der Freundschaftsdienst zum Versicherungsfall wurde – Haftpflicht beim Auto leihen unter Freunden
Letzten Sommer hat Markus das Auto eines Freundes geliehen – nur für den Umzug, ein paar Kilometer. Alles lief gut, bis ein kleiner Kratzer an der Stoßstange auffiel. Niemand wusste genau, wann er passiert war. Kurz Panik, dann Diskussion: Wer zahlt das eigentlich? Wir haben in die Haftpflicht geschaut – und gelernt, dass Freundschaft und Versicherung zwei verschiedene Welten sind. Am Ende haben wir's selbst übernommen. Vielleicht, weil Vertrauen manchmal mehr wert ist als der Lack eines Autos.
Zuletzt aktualisiert: 05.11.2025
🔹 Worum es heute geht: Was rechtlich und versicherungstechnisch gilt, wenn man das Auto eines Freundes leiht und dabei etwas passiert – von der Haftungsfrage über die Versicherungsdeckung bis zur Frage, wie man Freundschaften dabei nicht gefährdet.
🔹 Was wir gelernt haben: Auto leihen unter Freunden klingt unkompliziert, kann aber rechtlich komplex werden – und eine klare Absprache vorher erspart später Streit und Enttäuschung.
🔹 Was Leser:innen davon haben: Praktische Orientierung für den Ernstfall, rechtliche Grundlagen und Tipps, wie man sich absichert, ohne das Vertrauen zu beschädigen.
In dem Moment, als Markus abends mit dem Auto von seinem Freund Tom zurückkam, sah ich ihm an, dass etwas nicht stimmte. Er parkte den Wagen vor unserem Haus, stieg aus und kam mit gesenktem Blick auf mich zu. "Da ist ein Kratzer", sagte er leise. "An der hinteren Stoßstange. Ich weiß nicht, wann der passiert ist." Wir gingen gemeinsam zum Auto und schauten uns die Stelle an. Es war kein großer Kratzer, vielleicht fünf Zentimeter lang, aber deutlich sichtbar – der Lack war ab, und es war klar, dass das nicht einfach wegpoliert werden konnte. Markus war den ganzen Tag unterwegs gewesen, hatte Möbel vom alten zum neuen Apartment transportiert, mehrmals ein- und ausgeladen, in engen Parklücken rangiert. Der Kratzer könnte überall entstanden sein – beim Rückwärtsfahren, beim Beladen, vielleicht auch schon vorher, ohne dass wir es bemerkt hatten.
Später haben wir gemerkt, dass dieser kleine Kratzer der Anfang einer langen Lernkurve war. Wir mussten uns mit Fragen auseinandersetzen, über die wir vorher nie nachgedacht hatten: Wer haftet eigentlich, wenn man das Auto eines Freundes beschädigt? Greift die eigene Haftpflichtversicherung? Oder die des Autobesitzers? Muss man den Schaden überhaupt melden? Und vor allem: Wie geht man damit um, ohne dass die Freundschaft leidet?
Ganz ehrlich, am Anfang wussten wir das alles nicht. Markus war verzweifelt. Er rief Tom sofort an und erzählte ihm von dem Kratzer. Tom war überraschend entspannt: "Ach, das ist doch nicht so schlimm. Lass uns morgen mal zusammen schauen." Aber Markus ließ das nicht los. Er fühlte sich verantwortlich, wollte es wiedergutmachen. Wir haben die halbe Nacht im Internet recherchiert, Versicherungsbedingungen gelesen, Foren durchforstet. Und dabei festgestellt: Die rechtliche Lage ist komplizierter als gedacht.
In den Tagen danach haben wir uns intensiv mit dem Thema beschäftigt. Zunächst die Grundfrage: Wer haftet, wenn man ein geliehenes Auto beschädigt? Die rechtliche Antwort ist relativ klar: Der Fahrer haftet für Schäden, die er verursacht – auch wenn das Auto ihm nicht gehört. Das ergibt sich aus dem allgemeinen Haftungsrecht (§ 823 BGB, Stand: 2025). Wenn Markus beim Rangieren gegen eine Mauer fährt oder beim Beladen die Stoßstange beschädigt, ist er dafür verantwortlich. Das gilt auch unter Freunden. (Die Haftung kann in bestimmten Fällen eingeschränkt sein, dazu später mehr.)
Aber es gibt eine wichtige Ausnahme, die viele nicht kennen: die sogenannte Gefälligkeitshaftung. Wenn man jemandem einen Gefallen tut – etwa beim Umzug hilft oder das Auto für einen Freundschaftsdienst leiht – kann die Haftung unter Umständen gemildert oder sogar ausgeschlossen werden. Das hängt davon ab, ob ein unentgeltlicher Gefälligkeitsvertrag vorliegt. Die Rechtsprechung unterscheidet hier zwischen verschiedenen Abstufungen: Bei reinen Gefälligkeiten ohne Rechtsbindungswillen haftet man nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz, nicht aber bei leichter Fahrlässigkeit (ständige Rechtsprechung des BGH, Stand: 2025). (Die Abgrenzung zwischen leichter und grober Fahrlässigkeit ist im Einzelfall oft strittig.)
Später haben wir verstanden, was das konkret bedeutet. Wenn Markus das Auto geliehen hat, um Tom einen Gefallen zu tun – etwa um für Tom etwas zu transportieren – dann würde er möglicherweise nur bei grobem Verschulden haften. Aber in unserem Fall war es anders: Markus hatte das Auto für seinen eigenen Umzug geliehen, also zu seinem eigenen Nutzen. Das spricht eher für eine normale Haftung, auch bei leichter Fahrlässigkeit. Die Grenze ist fließend und hängt stark vom Einzelfall ab. Manche Gerichte sehen auch bei einem Freundschaftsdienst, von dem beide Seiten profitieren, eine gemilderte Haftung – andere nicht.
Ganz praktisch gesehen haben wir dann die Versicherungsfrage geklärt. Zunächst: Die Kfz-Haftpflichtversicherung des Autos haftet für Schäden, die das Auto anderen zufügt – also wenn Markus mit Toms Auto ein anderes Auto rammt oder einen Fußgänger verletzt. Diese Versicherung ist ans Fahrzeug gebunden, nicht an den Fahrer. Das bedeutet: Auch wenn Markus fährt, greift die Versicherung von Tom. Das ist gesetzlich vorgeschrieben und gilt auch, wenn der Fahrer nicht der Halter ist (§ 1 Pflichtversicherungsgesetz, Stand: 2025).
Aber – und das ist der entscheidende Punkt – die Kfz-Haftpflichtversicherung zahlt nicht für Schäden am eigenen Auto. Der Kratzer an Toms Stoßstange ist ein Eigenschaden, kein Fremdschaden. Dafür wäre eine Kaskoversicherung zuständig. Tom hatte eine Teilkaskoversicherung, die aber nur bestimmte Schäden abdeckt – etwa Diebstahl, Glasbruch, Wildunfälle oder Naturereignisse. Ein Kratzer beim Rangieren gehört nicht dazu. Eine Vollkaskoversicherung hätte den Schaden übernommen, aber Tom hatte keine. (Teilkasko- und Vollkaskobedingungen können je nach Versicherer variieren.)
Später haben wir uns gefragt: Könnte die private Haftpflichtversicherung von Markus einspringen? Das ist eine berechtigte Frage, denn die Privathaftpflicht deckt normalerweise Schäden ab, die man anderen zufügt. Wir haben in unsere Versicherungsunterlagen geschaut und mussten feststellen: Geliehene, gemietete oder gelagerte Sachen sind in der Regel vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Diese Klausel findet sich in fast allen Privathaftpflichtversicherungen. Der Grund: Die Versicherung will verhindern, dass man fahrlässig mit fremdem Eigentum umgeht, weil man weiß, dass die Versicherung zahlt. Es gibt aber Ausnahmen: Manche Privathaftpflichtversicherungen bieten gegen Aufpreis eine Deckung für bewegliche Sachen an – zum Beispiel für geliehene Werkzeuge, Sportgeräte oder eben auch Autos. Diese Deckung ist aber oft begrenzt (z.B. auf 5.000 oder 10.000 Euro) und gilt meist nicht für Autos (Quelle: Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft – GDV, Stand: 2025, abrufbar unter https://www.gdv.de). (Ausschlüsse und Einschlüsse können je nach Tarif stark variieren; man sollte die Police genau prüfen.)
In unserem Fall war klar: Unsere Privathaftpflicht würde nicht zahlen. Der Schaden war explizit ausgeschlossen. Das bedeutete: Entweder Tom trägt den Schaden selbst, oder Markus übernimmt die Kosten aus eigener Tasche. Es gibt keine Versicherung, die automatisch einspringt.
Ganz ehrlich, am Anfang haben wir überlegt, ob man den Schaden nicht einfach verschweigen könnte. Vielleicht war der Kratzer ja schon vorher da, und niemand hatte ihn bemerkt? Aber das fühlte sich falsch an, und rechtlich wäre es auch problematisch gewesen. Wenn man einen Schaden verschweigt und der Autobesitzer später klagt, kann das als arglistige Täuschung gewertet werden. Außerdem: Freundschaft basiert auf Ehrlichkeit. Also haben wir uns für Transparenz entschieden.
In den nächsten Tagen haben Markus und Tom sich zusammengesetzt und über den Schaden gesprochen. Tom meinte, der Kratzer sei nicht so schlimm, man könne ihn vielleicht selbst ausbessern. Markus bestand aber darauf, ihn professionell reparieren zu lassen. Wir haben mehrere Kostenvoranschläge eingeholt. Die Preise lagen zwischen 180 und 350 Euro, je nachdem, ob man nur den Kratzer ausbessert oder die ganze Stoßstange neu lackiert. Am Ende haben wir uns für eine Werkstatt entschieden, die für 220 Euro den Schaden behoben hat – die Stoßstange wurde punktuell nachlackiert, der Kratzer war danach nicht mehr zu sehen. Markus hat die Rechnung bezahlt, ohne zu zögern. Tom war dankbar, aber auch ein bisschen verlegen – er hätte das Geld nicht genommen, aber Markus bestand darauf. Rückblickend war das die richtige Entscheidung. Die Freundschaft blieb intakt, und alle waren zufrieden.
Später haben wir uns gefragt, wie man solche Situationen von vornherein vermeiden oder zumindest besser regeln kann. Wir haben mit anderen Leuten gesprochen, Erfahrungen gesammelt und eine Art Best-Practice-Liste entwickelt:
Vor dem Leihen: Klare Absprachen treffen. Es klingt vielleicht pedantisch, aber es lohnt sich, vor dem Ausleihen ein paar Punkte zu klären: Wofür wird das Auto gebraucht? Wie lange? Wer zahlt im Fall eines Schadens? Gibt es eine Vollkaskoversicherung? Diese Fragen sollten freundlich, aber klar besprochen werden. Das schafft Transparenz und vermeidet spätere Missverständnisse.
Zustand dokumentieren. Bevor man das Auto übernimmt, sollte man gemeinsam eine kurze Inspektion machen und den Zustand fotografieren – alle vier Seiten, plus eventuelle Vorschäden. Das dauert zwei Minuten und kann später Gold wert sein, falls ein Schaden auftritt und unklar ist, ob er neu ist oder schon vorher da war.
Versicherungsschutz prüfen. Der Verleiher sollte überprüfen, ob seine Kfz-Versicherung auch andere Fahrer abdeckt. Viele Versicherungen haben keine Einschränkung, aber manche haben einen Fahrerkreis definiert – zum Beispiel nur Personen über 23 Jahre oder nur Familienmitglieder. Wenn der Fahrer nicht im versicherten Fahrerkreis ist, kann die Versicherung im Schadensfall die Leistung kürzen oder verweigern. (Fahrerkreis-Regelungen können je nach Versicherer variieren.)
Eigene Haftpflicht checken. Der Entleiher sollte in seine Privathaftpflichtversicherung schauen, ob geliehene Fahrzeuge abgedeckt sind. Falls nicht, kann man überlegen, ob man für solche Fälle eine Zusatzdeckung abschließt oder sich anderweitig absichert.
Kleine Schäden selbst regeln. Bei kleinen Kratzern oder Beulen, die unter 500 Euro kosten, kann es sinnvoll sein, den Schaden selbst zu bezahlen, ohne die Versicherung einzuschalten. Der Grund: Jede Schadenmeldung kann sich negativ auf die Versicherungsprämie auswirken. Der Schadenfreiheitsrabatt kann sinken, und die Beiträge steigen. Bei kleinen Beträgen ist es oft günstiger, aus eigener Tasche zu zahlen. (Die Auswirkungen auf den Schadenfreiheitsrabatt hängen vom Versicherer und der Schadenhöhe ab.)
Ganz praktisch gesehen haben wir auch festgestellt, dass es verschiedene Konstellationen gibt, die man unterscheiden sollte:
Auto leihen ohne Gegenleistung (reine Gefälligkeit): Hier kann die Haftung gemildert sein. Man haftet möglicherweise nur bei grober Fahrlässigkeit.
Auto leihen gegen Bezahlung (Mietvertrag): Wenn man dem Freund etwas für die Nutzung zahlt – etwa eine Aufwandsentschädigung für Sprit oder Abnutzung – entsteht ein entgeltlicher Vertrag. Hier haftet man in der Regel voll, auch bei leichter Fahrlässigkeit.
Auto leihen für gemeinsamen Zweck: Wenn man zusammen verreist und einer das Auto stellt, während der andere fährt, liegt oft eine Gebrauchsüberlassung im gegenseitigen Interesse vor. Die Haftung kann hier unterschiedlich beurteilt werden.
Auto leihen für eigenen Nutzen: Wie in unserem Fall. Hier haftet man in der Regel voll für Schäden.
Später haben wir auch von Fällen gehört, in denen es richtig kompliziert wurde. Eine Bekannte erzählte, dass ihr Mann das Auto eines Kollegen geliehen hatte und auf der Autobahn in einen Unfall verwickelt wurde – nicht selbst verschuldet, aber das Auto wurde stark beschädigt. Der Kollege hatte nur eine Teilkasko, die nicht zahlte. Die gegnerische Versicherung übernahm zwar den größten Teil, aber der Restwert des Autos war nach dem Unfall deutlich gesunken. Der Kollege verlangte eine Entschädigung für den Wertverlust, und es kam zum Streit. Am Ende mussten sie zu einem Anwalt, und die Freundschaft war nachhaltig beschädigt. Solche Geschichten zeigen, wie wichtig klare Absprachen sind.
Ein anderer Freund berichtete von einer absurden Situation: Er hatte das Auto seiner Schwester geliehen und wurde damit geblitzt – 15 km/h zu schnell. Die Schwester bekam den Bußgeldbescheid und war sauer, weil sie nun einen Punkt in Flensburg hatte. Erst nach längerem Hin und Her stellte sich heraus, dass man als Halter den tatsächlichen Fahrer nennen kann, und der Punkt wurde auf ihn übertragen. Aber die Beziehung zur Schwester war angespannt, weil sie sich nicht rechtzeitig geeinigt hatten, wer den Bescheid bearbeitet. (Die rechtliche Behandlung von Verkehrsverstößen bei Fahrzeugüberlassung kann komplex sein.)
Ganz ehrlich, am Ende des Tages haben wir aus dieser Erfahrung vor allem eines gelernt: Auto leihen ist kein Bagatellthema. Es geht um viel Geld – ein Auto ist oft mehrere tausend oder zehntausend Euro wert. Und es geht um Vertrauen. Wer sein Auto verleiht, vertraut dem Fahrer nicht nur sein Eigentum an, sondern auch sein finanzielles Risiko. Wer ein Auto leiht, übernimmt Verantwortung – nicht nur für die sichere Fahrt, sondern auch für mögliche Schäden.
| Situation | Wer haftet? | Versicherung greift? |
| Unfall mit Fremdschaden (anderes Auto beschädigt) | Kfz-Haftpflicht des Fahrzeugs | Ja, unabhängig vom Fahrer¹ |
| Eigenschaden am geliehenen Auto (Kratzer, Beule) | Fahrer haftet persönlich | Nur bei Vollkasko¹ |
| Diebstahl des geliehenen Autos | Fahrer haftet bei Fahrlässigkeit | Teilkasko kann greifen¹ |
| Schaden durch reine Gefälligkeit (Freundschaftsdienst) | Haftung kann gemildert sein | Oft keine Versicherung¹ |
¹ Die genauen Haftungs- und Versicherungsbedingungen können je nach Einzelfall, Versicherer und Vertragskonstellation erheblich abweichen. Bei Unsicherheit sollte man rechtlichen Rat einholen.
In den Monaten nach diesem Vorfall haben wir unsere eigene Privathaftpflichtversicherung genauer unter die Lupe genommen. Wir haben festgestellt, dass es tatsächlich Tarife gibt, die eine gewisse Absicherung für geliehene Sachen bieten. Manche Versicherungen decken Schäden an gemieteten Wohnungen oder Hotelzimmern ab, andere auch geliehene bewegliche Sachen bis zu einem bestimmten Betrag. Wir haben uns entschieden, zu einem Tarif zu wechseln, der zumindest eine Grundabsicherung bietet – nicht speziell für Autos, aber für andere geliehene Gegenstände. Die Mehrkosten waren überschaubar – etwa 15 Euro pro Jahr. (Quelle: Stiftung Warentest, Stand: 2025, abrufbar unter https://www.test.de) (Tarifvergleiche lohnen sich; die Leistungsunterschiede zwischen Versicherern können erheblich sein.)
Später haben wir auch überlegt, ob es nicht sinnvoll wäre, bei längerfristigen Leihgaben – zum Beispiel wenn jemand das Auto für mehrere Tage oder Wochen leiht – einen schriftlichen Leihvertrag aufzusetzen. Das klingt vielleicht übertrieben unter Freunden, aber es kann helfen, Missverständnisse zu vermeiden. In einem solchen Vertrag kann man festhalten:
- Wer ist der Verleiher, wer der Entleiher?
- Welches Fahrzeug wird verliehen (Kennzeichen, Marke, Modell)?
- Für welchen Zeitraum?
- Wer zahlt Sprit, Maut, Parkgebühren?
- Wer haftet bei Schäden?
- Gibt es eine Selbstbeteiligung oder eine Höchstgrenze?
- Wie wird das Auto zurückgegeben (vollgetankt, gereinigt)?
Ein solcher Vertrag muss nicht notariell beglaubigt sein – eine einfache schriftliche Vereinbarung reicht. Und er kann tatsächlich helfen, spätere Konflikte zu vermeiden. (Die rechtliche Verbindlichkeit kann von der Formulierung und den Umständen abhängen.)
Ganz praktisch gesehen haben wir auch eine Checkliste für den Fall erstellt, dass doch etwas passiert:
✅ Schaden am geliehenen Auto – 6 Steps
- Ruhe bewahren – Schaden sofort dem Verleiher mitteilen, nichts verschweigen.
- Dokumentieren – Fotos vom Schaden machen, Unfallort fotografieren, wenn möglich Zeugen notieren.
- Kostenvoranschläge einholen – Mindestens zwei Angebote von Werkstätten einholen, um die Schadenhöhe einzuschätzen.
- Versicherung prüfen – Gemeinsam klären, ob eine Versicherung greifen könnte (Kasko, Privathaftpflicht).
- Einigung finden – Offen besprechen, wer die Kosten trägt, und schriftlich festhalten.
- Reparatur durchführen – Schaden zeitnah beheben lassen und Rechnung aufbewahren.
Später haben wir auch einen einfachen Musterbrief erstellt, den man verwenden kann, wenn man einen Schaden offiziell melden möchte:
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit melde ich einen Schaden am Fahrzeug [Kennzeichen] vom [Datum].
Der Schaden entstand während der Nutzung durch [Name]. Die Dokumentation liegt bei.
Ich bitte um Prüfung und Rückmeldung bezüglich des weiteren Vorgehens.
Mit freundlichen Grüßen, [Name]
Dieser Brief ist neutral formuliert und lässt offen, ob man eine Versicherungsleistung beantragt oder den Schaden nur dokumentieren möchte.
In den Gesprächen mit Freunden und Bekannten nach unserem Vorfall sind wir auf überraschend viele ähnliche Geschichten gestoßen. Eine Freundin erzählte, dass sie das Auto ihrer Mutter geliehen hatte und in eine Parklücke fuhr, die zu eng war – ein Kratzer am Kotflügel. Sie hat den Schaden selbst bezahlt, ohne die Mutter zu informieren, und später ein schlechtes Gewissen bekommen. Ein Kollege berichtete, dass er das Auto eines Bekannten für einen Wochenendtrip geliehen hatte und auf der Autobahn einen Steinschlag an der Windschutzscheibe bekam. Die Teilkasko des Bekannten hat den Schaden übernommen, aber der Bekannte verlor dadurch seinen Schadenfreiheitsrabatt. Der Kollege fühlte sich schuldig, obwohl er nichts dafür konnte.
Ganz ehrlich, am Ende des Tages geht es bei solchen Situationen nicht nur um rechtliche Fragen, sondern vor allem um Fairness und Respekt. Wer ein Auto leiht, sollte es behandeln, als wäre es sein eigenes – oder sogar noch vorsichtiger. Wer ein Auto verleiht, sollte sich bewusst sein, dass immer etwas passieren kann, und nicht sofort mit dem Schlimmsten rechnen. Und beide Seiten sollten offen kommunizieren und im Fall eines Schadens gemeinsam nach einer Lösung suchen, die für beide fair ist.
Später haben wir auch erfahren, dass es auf EU-Ebene Regelungen gibt, die den Versicherungsschutz im grenzüberschreitenden Verkehr harmonisieren. Die EU-Kraftfahrzeug-Versicherungsrichtlinie stellt sicher, dass jedes Fahrzeug in der EU eine Haftpflichtversicherung haben muss und dass diese Versicherung in allen EU-Ländern gültig ist (Richtlinie 2009/103/EG, Stand: 2025, Details unter https://europa.eu). Das bedeutet: Wenn man das Auto eines Freundes leiht und damit durch Europa fährt, ist man grundsätzlich über die Kfz-Haftpflicht des Fahrzeugs abgesichert – zumindest für Schäden an Dritten. (Einzelheiten zur Deckung können je nach Land und Versicherer variieren.)
Ganz praktisch gesehen haben wir auch festgestellt, dass es Unterschiede gibt zwischen privater Fahrzeugüberlassung und gewerblicher Vermietung. Wenn man ein Auto über eine Plattform wie Turo oder Getaround mietet, gelten andere Regeln. Hier ist in der Regel eine Vollkaskoversicherung enthalten, oft mit Selbstbeteiligung. Der Mieter haftet nur bis zur Höhe der Selbstbeteiligung, alles darüber übernimmt die Plattform-Versicherung. Das ist deutlich komfortabler als die private Leihe, kostet aber natürlich auch Geld. (Versicherungskonditionen bei Carsharing-Plattformen können stark variieren.)
In den Wochen nach unserem kleinen Unfall haben Markus und Tom noch mehrmals darüber gesprochen. Tom meinte irgendwann: "Weißt du, ich finde es eigentlich gut, wie wir das geregelt haben. Keine großen Diskussionen, keine Vorwürfe, einfach eine faire Lösung. Das zeigt, dass man sich aufeinander verlassen kann." Markus war erleichtert. Und ich auch. Denn am Ende geht es genau darum: Vertrauen. Vertrauen, dass der Freund sorgfältig mit dem Auto umgeht. Vertrauen, dass man im Fall eines Schadens ehrlich ist. Vertrauen, dass man eine Lösung findet, die für beide okay ist.
Heute, fast ein Jahr später, leihen wir und unsere Freunde uns immer noch gegenseitig Autos. Aber wir machen es bewusster. Wir besprechen vorher, wofür das Auto gebraucht wird, wie lange, und wer im Fall eines Schadens zahlt. Wir machen Fotos vom Zustand vor und nach der Fahrt. Und wir haben alle gecheckt, wie unsere Versicherungen aussehen. Das klingt vielleicht bürokratisch, aber es gibt allen Beteiligten ein besseres Gefühl. Und es bewahrt Freundschaften.
Viele Leser:innen haben uns nach einer früheren Version dieses Beitrags gefragt, welche Fragen bei ihnen noch offen geblieben sind. Deshalb haben wir die häufigsten Fragen hier zusammengestellt:
Darf ich das Auto eines Freundes überhaupt ohne Weiteres fahren?
Ja, grundsätzlich schon – sofern der Freund als Halter des Fahrzeugs zustimmt und man selbst einen gültigen Führerschein hat. Es ist aber wichtig zu klären, ob die Kfz-Versicherung alle Fahrer abdeckt oder ob es Einschränkungen gibt (z.B. Mindestalter, Fahrerkreis). Wenn man nicht im versicherten Fahrerkreis ist, kann die Versicherung im Schadensfall Regressforderungen stellen. (Quelle: Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft – GDV, Stand: 2025, abrufbar unter https://www.gdv.de) (Einschränkungen im Fahrerkreis können je nach Versicherer stark variieren.)
Was passiert, wenn ich mit dem geliehenen Auto geblitzt werde?
Der Bußgeldbescheid geht zunächst an den Fahrzeughalter – also den Freund. Dieser kann aber gegenüber der Behörde angeben, wer tatsächlich gefahren ist. Dann wird das Verfahren gegen den tatsächlichen Fahrer fortgesetzt, und dieser muss Bußgeld und gegebenenfalls Punkte übernehmen. Es ist wichtig, das zeitnah zu klären, sonst kann es zu Missverständnissen oder sogar zu falschen Eintragungen kommen. (Die Abläufe können je nach Bundesland leicht variieren.)
Kann ich verlangen, dass mein Freund eine schriftliche Bestätigung gibt, dass ich das Auto fahren darf?
Ja, das kann sinnvoll sein – besonders bei längeren Fahrten oder Fahrten ins Ausland. Eine einfache schriftliche Bestätigung, dass der Halter der Nutzung durch Sie zustimmt, kann bei Polizeikontrollen hilfreich sein. Manche Länder verlangen sogar eine sogenannte Vollmacht für Fahrer, die nicht der Halter sind. (Anforderungen können je nach Land unterschiedlich sein; bei Auslandsfahrten sollte man sich vorab informieren.)
Haftet mein Freund mit, wenn ich mit seinem Auto einen Unfall baue?
In der Regel nicht, sofern Sie als Fahrer den Schaden verursacht haben. Die Haftung liegt beim Fahrer, nicht beim Halter – außer der Halter hat das Fahrzeug jemandem überlassen, von dem er wusste oder hätte wissen müssen, dass dieser nicht fahrtüchtig oder nicht geeignet ist (z.B. ohne Führerschein, betrunken). In solchen Fällen kann auch der Halter mithaften. (Die Halterhaftung bei Fahrzeugüberlassung ist in der Rechtsprechung differenziert geregelt.)
Sollte ich vor jeder Fahrt den Zustand des Autos dokumentieren?
Bei gelegentlichen Fahrten unter Freunden ist das vielleicht übertrieben. Aber bei längeren Ausleihen oder wertvollen Fahrzeugen ist eine kurze Dokumentation mit Fotos durchaus sinnvoll. Das schafft Klarheit und vermeidet spätere Diskussionen darüber, ob ein Schaden schon vorher da war oder erst während der Leihe entstanden ist. (Der Aufwand sollte im Verhältnis zum Wert des Fahrzeugs und der Dauer der Leihe stehen.)
Kann ich als Fahrzeughalter ausschließen, dass andere mit meinem Auto fahren?
Ja, Sie können frei entscheiden, wem Sie Ihr Auto leihen. Sie können auch in Ihrer Kfz-Versicherung einen eingeschränkten Fahrerkreis vereinbaren – das senkt oft die Versicherungsprämie. Aber: Wenn dann jemand außerhalb dieses Kreises fährt und einen Unfall baut, kann die Versicherung die Leistung kürzen oder verweigern – und Sie als Halter könnten in Regress genommen werden. (Quelle: Stiftung Warentest, Stand: 2025, abrufbar unter https://www.test.de) (Die Höhe möglicher Regressforderungen ist tarifabhängig.)
Heute steht der Wagen von Tom wieder makellos da, der Kratzer ist längst verschwunden. Aber die Erinnerung ist geblieben – nicht als negative Erfahrung, sondern als Lernmoment. Wir haben gelernt, dass Freundschaft und Vertrauen auch bedeuten, sich mit unangenehmen Themen auseinanderzusetzen. Dass Ehrlichkeit mehr wert ist als falsche Harmonie. Und dass manchmal der Lack eines Autos weniger wichtig ist als das, was darunter liegt: die Bereitschaft, füreinander einzustehen und fair miteinander umzugehen.